George und Hofmannsthal

 

Zum Briefwechsel: 1891–1906

Walter Benjamin zum Gedächtnis

 

Wer den Briefwechsel zwischen George und Hofmannsthal zur Hand nimmt, um daraus Erkenntnis dessen zu gewinnen, was mit der deutschen Lyrik in den fünfzehn Jahren sich zutrug, die der Band umschließt, der wird vorab enttäuscht. Während die beiden mit Strenge und Vorsicht bis zur Stummheit sich voreinander verschließen, fördert ihre persönliche Disziplin kaum je die sachliche Erörterung. Vielmehr scheint der Gedanke von der Starre mitbefallen. Publikationstechnische und verlagspolitische Details, dazwischen gereizt-zurückhaltende Angriffe und stereotype Verteidigungen füllen die Seiten. Stellen, wie Georges Kritik eines überzähligen Wortes in einem Hofmannsthalschen Vers, wie seine Polemik gegen Dehmel und sein gleichsam verhandlungsloses Urteil über das ›Gerettete Venedig‹ sind die Ausnahme. Der Gestus der Briefe möchte glauben machen, daß die Materialnähe des Künstlers weitgreifender Reflexionen nicht bedürfe oder auch, daß man gemeinsamer Erfahrungen und Anschauungen zu sicher sei, um sich auf profanierendes Zerreden einzulassen.

Dieser Anspruch indessen beruht eher auf stillschweigender Vereinbarung, als daß die Briefe selber ihn bewährten. Ihm widerspricht der formale Charakter der Rezeption zumal von Hofmannsthals Gedichten durch George, der dem Jüngeren gegenüber durchweg in der Position des Redaktors sich befindet. Nicht von George, sondern von einem wohlwollenden Herausgeber wären Sätze zu erwarten wie: »ich empfange und lese Ihre gedichte und danke Ihnen. Sie können kaum eine strofe schreiben die einen nicht um einen neuen schauer ja um ein neues fühlen bereichert.«[106] Es handelt sich um zwei von Hofmannsthals denkwürdigsten lyrischen Modellen, »Manche freilich müssen drunten sterben« und das »Weltgeheimnis«, das noch in dem »Lied« aus Georges letztem Band erinnert wird. An das erledigende Lob schließt George die unbegreifliche Frage: »Ist es Ihre absicht das gedicht ›Manche freilich müssen‹ ... auf ›Weltgeheimnis‹ folgen zu lassen? oder ist es teil? eine angabe darüber fehlt.«[107] Die Unterstellung der bloßen Möglichkeit, daß die zwei Gedichte, das eine trochäisch, vier- und sechszeilig gegliedert, das andere jambisch-daktylisch, durchweg vierfüßig, in dreizeiligen gereimten Strophen, zusammen eines abgeben könnten, straft das vorausgesetzte sachliche Einverständnis Lügen. So muß die Armut an theoretischem Gehalt aus der Position der beiden wenig naiven Autoren geklärt werden.

Unter den Plänen zur Zusammenarbeit an den ›Blättern für die Kunst‹, wie sie Hofmannsthal 1892 mit dem Bevollmächtigten Georges, Carl August Klein, brieflich erwog, fehlen nicht durchaus solche theoretischer Publikationen. Hofmannsthal fragt am 26. Juni: »Womit werden die einzelnen [Hefte] bei der notwendiger Weise geringen Zahl der Mitarbeiter und der quantitativ geringen Produktion von wirklichen Kunstwerken ausgefüllt werden? oder soll der Kritik und der technischen Theorie Raum gewährt werden, und wenn, wieviel?«[108] Er erhält den Bescheid: »von landläufigen kritischen essays kann keine rede sein«[109], der dann von Klein einigermaßen undeutlich dahin abgemildert wird, es bleibe »nicht ausgeschlossen dass jeder von uns über ein beliebiges kunstwerk sein urteil abgibt«[110]. Denn es sei – im altfränkischen Sprachgebrauch der deutschen décadence – »sehr interessant über bilder über ein theater- oder musikstück irgend eine neue oder pikante ansicht zu hören«[111]. Hofmannsthal, längst Mitarbeiter an Zeitschriften wie ›Die Moderne‹ oder die ›Moderne Rundschau‹, gibt sich dabei nicht zufrieden. »Unter Prosaaufsätzen hatte ich mir weit weniger landläufige kritische Essays als vielmehr Reflexionen über technische Fragen, Beiträge zur Farbenlehre der Worte und ähnliche Nebenproducte des künstlerischen Arbeitsprocesses vorgestellt, durch deren Mittheilung einer den andern, wie ich meine, wohl zu fördern im Stande wäre.«[112] Die »Farbenlehre der Worte« spielt vermutlich auf die »Voyelles« an, eines der drei Gedichte Rimbauds, die George später in die Übertragungen zeitgenössischer Dichter aufgenommen hat. Die »Voyelles« sind eine Litanei der Moderne, die ihre Macht noch über die Surrealisten behauptet. Wenn Rimbaud darin die Enthüllung der naissances latentes der Vokale für die Zukunft verspricht, dann hat mittlerweile das Geheimnis des Gedichtes selber sich enthüllt. Es ist die Genauigkeit des Ungenauen, wie sie erstmals in Verlaines »Art poétique« als Verbindung des Indécis und des Précis gefordert war. Poesie wird zur technischen Beherrschung dessen, was vom Bewußtsein sich nicht beherrschen läßt. Die Belehnung von Lauten mit Farben, die mit ihnen in keinem Zusammenhang als dem der bedeutungsfernen Gravitation der Sprache stehen, emanzipiert das Gedicht vom Begriff. Zugleich indessen überantwortet die Sprache als Instanz das Gedicht der Technik: die Charakteristik der Vokale ist nicht sowohl deren assoziative Verkleidung als eine Anweisung, wie sie im Gedicht sprachgerecht zu verwenden seien. Auch die »Voyelles« sind ein Lehrgedicht. Das Verlainesche kommt mit ihm überein. Die Nuance, die Verlaine als Regel proklamiert, ist vom Schlage jener Korrespondenz von Laut und Farbe: ihre Unterstellung unter den Primat der Musik hält zugleich ihre Bedeutungsferne fest und macht die technische Stimmigkeit zum Kriterium der Nuancen selber, der recht oder falsch gegriffenen Töne1. Das schweigsame Verfahren von George und Hofmannsthal appelliert an nichts anderes als Rimbauds und Verlaines Manifeste: das Inkommensurable. Das ist nicht das metaphysische Absolutum, auf welchem die erste deutsche Romantik und ihre Philosophie bestand. Träger des Inkommensurablen ist nicht zufällig der Ton: es ist nicht intelligibel sondern sinnlich. Der Dichtung fallen jene sensuellen Momente des Gegenstandes – fast könnte man sagen: des naturwissenschaftlichen Objekts – zu, die sich exakten Meßmethoden entziehen. Der poetische Kontrast des Lebens zu dessen technischer Entstellung ist selbst technischer Art. Die überlaut gepriesene Feinnervigkeit des Künstlers macht ihn gewissermaßen zum Komplement des Naturforschers: als befähigte ihn sein Sensorium, kleinere Differenzen zu registrieren als die den Apparaten zugänglichen2. Er versteht sich als Präzisionsinstrument. Die Sensibilität wird zur Versuchsanordnung, ja zur Veranstaltung, jene Grundreize auf der Skala der Empfindungen ablesbar zu machen, die anders der subjektiven Herrschaft sich entzögen. Als Techniker wird der Künstler zur Kontrollinstanz seiner Sensibilität, die er an- und abstellen kann, wie Niels Lyhne sein Talent. Er bemächtigt sich des Unerwarteten: dessen, was unter den kurrenten Ausdrucksmaterien noch nicht vorkommt; des Neuschnees, in welchem noch keine Intentionen ihre Spur hinterlassen haben3. Wenn aber die nackte Empfindung der Deutung durch den Dichter sich verweigert, unterjocht er sie, indem er die unberechenbare in den Dienst berechneter Wirkung stellt.

Das Geheimnis des sinnlichen Datums ist kein Geheimnis sondern die blinde Anschauung ohne Begriff. Es ist vom Schlag des gleichzeitig etwa von Ernst Mach formulierten Empiriokritizismus, in dem das Ideal naturwissenschaftlicher Akribie mit der Preisgabe jeglicher Selbständigkeit der kategorialen Form sich zusammenfindet. Die reine Gegebenheit, welche diese Philosophie herauspräpariert, bleibt undurchdringlich wie das Ding an sich, das sie verwirft. Das Gegebene läßt sich nur »haben«, nicht halten. Als Erinnerung und gar in Worten ist es nicht mehr es selbst; ein Abstraktum, in dessen Bereich man das unmittelbare Leben verwiesen hat, nur um es mit der Technik desto besser manipulieren zu können. Nicht länger vermögen die kategorialen Formen Subjekt und Objekt zu fixieren: beide versinken im »Bewußtseinsstrom« als im wahren Lethe der Moderne. Das Gedicht an George, das den Briefwechsel eröffnet, hat zum Titel: »Einem, der vorübergeht«. George wird sogleich des Ungehörigen gewahr: »aber bleibe ich für Sie nichts mehr als ›einer, der vorübergeht‹?«[113]4 Er ist von Anbeginn darauf aus, das Sein vorm Strom des Vergessens zu schützen, an dessen Rand gleichsam er seine Gebilde aufrichtet5. Zum Schutz dient die Esoterik: als Geheimnis wird festgebannt, was anders entglitte. Daher das Schweigen des nicht existenten Einverständnisses. Denn das statuierte Geheimnis existiert selber nicht. Das hochtrabende Gleichnis, worin der Briefwechsel es designiert, bleibt ganz inhaltslos: »später aber wär ich gewiss zusammengebrochen hätt ich mich nicht durch den Ring gebunden gefühlt, das ist eine meiner lezten weisheiten – das ist eins der geheimnisse!«[114] Es muß gewahrt werden, nicht sowohl um Profanierung als um Demaskierung zu verhüten. In der mystischen Zelle sind die puren Stoffe versammelt. Würde aber die Technik öffentlich, die über die Stoffe disponiert, so ginge mit ihr der Anspruch des Dichters auf eine Herrschaft verloren, die längst an die Veranstaltung zediert ward. Geheimgehalten wird das nicht Geheime; eingeweiht wird ins Rationale die Technik selber. Je mehr die Fragen der Dichtung in Fragen der Technik sich übersetzen, um so lieber bilden sich exklusive Zirkel. Der Teppich, das intentionslose Stoffgewirk, stellt ein technisches Rätsel; dessen »lösung« aber »wird den vielen nie und nie durch rede«[115]. Die Rechtfertigung des Zirkels jedoch, wie er für George in der Mitarbeiterschaft an den ›Blättern für die Kunst‹ sich auswies, ist keineswegs die Teilnahme an verborgenen Gehalten, keineswegs die Substantialität des Einzelnen, sondern technische Kompetenz: »Und nicht einmal von den ganz kleinen will ich schweigen · den zufälligen schnörkeln und zieraten · die ich an sich betrachtet völlig preisgebe. Dass aber diese kleinsten solche arbeit zu liefern vermochten: dass man ihnen rein handwerklich bei aller dünnheit nicht soviel stümperei anzukreiden hat als manchen Vielgerühmten: das scheint mir zeitlich und örtlich betrachtet für unsre kunst und kultur von höherer bedeutung als alle verbände und alle theaterstücke auf die Sie damals hoffnungen sezten.«[116] Es bleibt offen, ob die Technik als Arcanum, sakramental tradiert, nicht notwendig in technische Insuffizienz umschlägt: in jene Routine, die der vulgären Kritik vor Augen steht, wenn sie von Formalismus schwatzt.

Je leerer das Geheimnis, um so mehr bedarf sein Wahrer der Haltung. Sie ist es, die George an seinen Schülern außer Technik zu rühmen weiß: »Ihnen aber mit Ihrem grossen gefühl für stil muss es doch mindestens zu denken gegeben haben – muss es doch sehr anmutend geschienen haben – diese menschen zu sehen ›die nie mitthaten‹ ›sich nie öffentlich machten‹ von so vornehmer haltung wie sie in Ihrem kreis etwa durch unsren gemeinsamen freund Andrian vertreten sind.«[117] Wie sehr auch das nicht Mittun und die Distanz vom Betrieb für diese Haltung spricht, es wird der Begriff zugleich kompromittiert durch das Epitheton vornehm, das jene Distanz positiv bestimmen soll. Ja, dem Begriff Haltung selber ist nicht zu trauen. In der intelligiblen Welt spielt er eine ähnliche Rolle, wie in der profanen das Rauchen. Wer Haltung hat, lehnt sich in seine Persönlichkeit zurück: die Kälte, die sein Ausdruck vorstellt, macht einen guten Eindruck. Monaden, die durch ihr Interesse voneinander abgestoßen werden, ziehen durch die Geste des Uninteressierten noch am ehesten sich an. Die Not der Entfremdung wird in die Tugend der Selbstsetzung umgebogen. Darum sind im Lob der Haltung alle einig. Sie wird an einem Revolutionär so gern gerühmt wie an Max Weber, und in den ›Nationalsozialistischen Monatsheften‹ präsentierten bereits die Jagdhunde sich knapp, gefaßt und entschlossen. Das Unrecht, das der überlegene Einzelne in der Konkurrenzgesellschaft allen anderen notwendig antut, schreibt er sich durch Haltung als moralischen Profit gut. Nicht bloß die stramme, noch die edle Haltung ist stigmatisiert, und selbst jene Anmut, die nach Georges Ideenhierarchie als Schönheit des einfach gestalthaften Seins die oberste Stelle einnimmt. War Anmut einmal Ausdruck des Dankes am Menschen – des Dankes, den diesem die Götter abstatten, wenn er ohne Angst und ohne Hochmut in der Schöpfung sich zu bewegen vermag, als wäre sie es noch –, dann ist Anmut heute, entstellt, Ausdruck jenes Dankes am Menschen, den ihm die Gesellschaft abstattet, weil er als einstimmend Zugehöriger sicher zugleich und widerstandslos in ihr sich bewegt. Charme und Grazie und ihr Erbe, der gut Aussehende, taugen eben noch dazu, das Privileg vergessen zu machen. Das Edle selber ist edel kraft des Unedlen. Das kommt bei George nicht bloß in sinistren Formulierungen zu Tage wie: »Ich habe nie etwas andres als Ihr bestes gewollt. Mögen Sie sich davon nicht zu spät überzeugen.«[118] Wer vor seinen Gedichten die Besonnenheit aufbringt, den pragmatischen Gehalt nicht über der prätendierten Identität mit dem lyrischen zu vergessen, dem ist ein Niedriges an den gehobenen Stellen oft unverkennbar. Schon im berühmten Eingangszyklus des ›Jahres der Seele‹, »Nach der Lese«, wird eine demütigende Ersatzliebe vorgeführt, deren Restriktionen vor der Beleidigung der Geliebten nicht zurückscheuen. Zwischen den zartesten Versen stehen solche von unbedachter Roheit. Kein Geschäftsmann ließe so leicht sich beikommen, seiner Freundin »und ganz als glichest du der Einen Fernen« und ähnliche karge Freundlichkeiten zu sagen. Mit Grund stellt der Gedanke an den Geschäftsmann sich ein: das Ideal, das man sich selber nicht gönnt und das einem gerade gut genug dazu ist, das herabzusetzen, was man ohnehin hat, gehört zur eisernen Ration des Bürgers. Solche Idealität ist die Kehrseite von Sein, Gehalt und Kairos. »Der heut nicht kam bleib immer fern!«[119] Er muß sich am Parkgitter die Nase plattdrücken und obendrein noch eine platte Nase nachsagen lassen. In jedem Augenblick wird die Georgesche Kultur mit Barbarei erkauft.

Der Gegensatz von George und Hofmannsthal bewegt sich um das Postulat der Haltung, das George durch Vorbild wie Rede immer wieder erhebt und dem Hofmannsthal mit unablässig variierten Wendungen sich entzieht, wie dem Ausfall »es widerstrebt mir sehr, den Ausdruck der Herrschaft über das Leben, der Königlichkeit des Gemüthes aus einem Munde zu vernehmen, dessen Ton mich nicht zugleich mit der wahren Ehrfurcht erfüllt«[120] oder der Parade »in mir ist vielleicht die Dichterkraft mit anderen geistigen Drängen dumpfer vermischt als in Ihnen«[121]. Er setzt jedoch der Haltung eine Lässigkeit entgegen, die kaum menschlicher sich bewährt als das Unerbittliche. Es ist die geflissentliche Weltoffenheit des Jungen Herren aus großem Hause, als welchen Hofmannsthal später seine am ersten Tage schon legendäre Vergangenheit stilisierte; dessen der keiner Haltung bedarf, weil er ohnehin dazugehöre. Krampfhaft identifiziert er sich mit der Aristokratie oder wenigstens jener Art großbürgerlicher society, die mit ihr manche Interessen teilt und Bescheid weiß: »Soviel von mir: außerdem bin ich wohl, werde ein paar Tage dieses Sommers in München vor den Bildern zubringen, den Herbst wohl in Böhmen zur Jagd. Und Sie? Wenigstens ein paar Zeilen bei Gelegenheit wären mir sehr erwünscht. Hugo Hofmannsthal.«[122] Die böhmischen Wälder haben es ihm angetan. Von »einem meiner Freunde« heißt es: »Er gehört völlig dem Leben an, keiner Kunst. Er wird Ihnen einen schönen Begriff von österreichischem Wesen geben, bei reichlicher Übersicht über vielfältige äußere und innere Verhältnisse auch der anderen Länder. Es ist der Graf Joseph Schönborn, von der böhmischen Linie des Hauses«[123], deren mit Nonchalance Erwähnung geschieht. George, in chthonischen Dingen zuständiger und nüchtern genug, um die Hoffnungslosigkeit solcher Anbiederung zu erkennen, nennt darauf das Kind beim Namen: »Sie schreiben einen satz, mein lieber freund: ›er gehört völlig dem Leben an, keiner Kunst‹ den ich fast als lästerung auffassen möchte. Wer gar keiner kunst angehört darf sich der überhaupt rühmen dem leben anzugehören? Wie? höchstens in halbbarbarischen zeitläuften.«[124] Hofmannsthals Lässigkeit assimiliert die Kritik in weniger als einem halben Jahr: »Mir schwebt eine Art von Brief an einen sehr jungen Freund vor, der dem Leben dient, und dem gezeigt werden soll, daß er sich mit dem Leben niemals recht verknüpfen kann, wenn er sich ihm nicht zuerst in der geheimnisvollen Weise entfremdet, deren Werkzeug das Aufnehmen von Dichtungen ist.«[125] Unbestimmt bleibt, zu welcher Art Leben der junge Freund vorbereitet werden soll. Es ist aber Grund zur Annahme, daß das höhere von Attachés und Offizieren gemeint ist, die sich mit den Söhnen der Bankiers und Fabrikbesitzer beim Vornamen nennen, wobei alle Beteiligten ihren Adel taktvoll sich verschweigen6. Man braucht das Glücksverlangen nicht zu verkennen, das den Snob inspiriert, der aus dem Bereich des Praktischen in ein gesellschaftliches zu entweichen trachtet, das dem Geist in der Absage an Utilität verschworen scheint. Die Mädchen zu Hofmannsthals Gedichten waren nicht im Mittelstand zu finden. Aber der Geist, der auf jene gesellschaftlichen Abenteuer sich einläßt, hat es nicht leicht. Er kann beim Glanz des schönen Lebens sich nicht bescheiden und muß in dessen Mitte die Erfahrung des Das ist es nicht wiederholen, von der er sich abwandte. Dem ist der eine Proust gerecht geworden. Seine Jugendphotographien ähneln denen Hofmannsthals, als hätte die Geschichte zweimal an verschiedenen Stellen das gleiche Experiment geplant. An Hofmannsthal ist es gescheitert. Der Intellektuelle, der, von Hunden umspielt, fröhlichem Waidwerk obliegt oder »viel Reiten durch Abenddämmerung, Wind und Sternlicht«[126] vorhat, kann sich schwerlich gut sein. Der Geist ist reçu um den Preis seiner Selbstdenunziation. Hofmannsthals böhmischen Affiliationen entspricht der verstohlene Eifer des Umgänglichen, von anderen Intellektuellen sich fernzuhalten. In seinem paradis artificiel waltet kein Bergotte und kein Elstir: »Leider ist meine Gesellschaft eine so durchaus unlitterarische, daß ich Ihnen keinen ernst zu nehmenden Mitarbeiter vorzuschlagen weiß.«[127]

Solche krampfhafte Selbstverleugnung des Literaten gründet in den problematischen Beziehungen zwischen der Macht und den Intellektuellen. Ohne angedrehten Charme und gewundene Schultern geht es nicht ab. Die deutsche society, die sich aus Landadligen und Großunternehmern rekrutierte, war der künstlerischen und philosophischen Tradition weniger verbunden als die westliche. Die feinen Leute nach 1870 haben meist unsicher und nervös mit der Kultur sich eingelassen; unsicher und nervös sind die Intellektuellen denen entgegengekommen, die keinen Augenblick ihre Bereitschaft vergessen ließen, jeden herauszuwerfen, der unbequem wurde. Die paar Schriftsteller, die darauf bestanden, die »Nation« zu repräsentieren, hatten die Wahl, entweder die herrschende Halbroheit als Substantialität und »Leben« zu glorifizieren, oder der wirklichen society, der sie nachliefen und vor der sie Angst hatten, eine Traumsociety zu substituieren, die sich nach ihnen richtete und die man jener als pädagogisches Muster vor Augen stellen konnte. Hofmannsthal hat beides versucht: er hat, vertrauend auf substantielle Momente der österreichischen Tradition, eine Ideologie für das high life gemacht, welche diesem eben jene humanistische Gesinnung zuschiebt, gegen die der Jagdstiefel erhoben ist, und hat eine fiktive Aristokratie sich ausgedacht, die seine Sehnsucht als erfüllt vorspiegelt. Der Schwierige Kari Bühl ist das Produkt dieser Bemühung. Der junge Hofmannsthal war derart kunstreicher Kreationen noch nicht mächtig. Er macht sich bei den Feudalen als Zwischenhändler des fin du siècle beliebt; er vermittelt ihnen bald auf anpreisende, bald auf apologetische Weise, womit die Eliten in England, Frankreich und Italien den Ton angeben. Es ist, als wolle er manche derer, die er sucht, zum Dank intellektuelle Manieren lehren. Das eröffnet ihm zugleich den Zugang zum Markt. Die Unterweisungen, die er den Wiener Phäaken über d'Annunzio, die Bashkirtseff und den modern style erteilt, waren als Feuilletons recht wohl danach angetan, dem mittleren Bürger, der von alldem ausgeschlossen ist, das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen, wie denn in der ganzen Esoterik der schmeichelnde Appell an jene mitklingt, die nicht mitspielen dürfen7. Auch darin erweisen die Geheimnisse des Ästhetizismus sich als öffentliche. Der Plauderer Loris gibt mit der Miene der Heimlichkeit den Zeitgeist jenem Publikum preis, von dem er ohnehin stammt. – Der Flügel der deutschen Rechten, mit dem Hofmannsthal sympathisiert, ist zum Nationalsozialismus übergegangen, soweit man es ihm erlaubt hat, oder tobt sich in jener geistigen Handweberei aus, deren Figuren Lorenz und Cordula heißen. Sie dienen der Propaganda auf eigene Weise: ihr besonnenes Maßhalten dementiert das maßlose Grauen. 1914 begnügte sich die äußerste Gemeinheit mit den Reimen, zu denen freilich auch Hofmannsthal beitrug. Im Zeitalter der Konzentrationslager haben die Skribenten das verschlossene Schweigen, die herbe Rede und die nachsommerliche Fülle gelernt. Hans Carossa übertäubt mit dem Wachsen des Grases das Donnern der Geschütze8.

Die Georgesche Schule hat, bei geringerer Weitläufigkeit, mehr Widerstand aufgebracht: darin zeigte die angestrengte Haltung immer noch jener »Herrschaftlichkeit«, jenem Blick »von oben herab« sich überlegen, den Borchardts Mißverständnis an Hofmannsthal zu rühmen wußte[128]. George selber zumindest blieb unverführt von einer mondanité, die auch über Hitler internationale Gespräche zu führen verstand. Das »geheime Deutschland«, das George proklamierte, vertrug sich weniger gut mit dem aufgebrochenen als das legere Einverständnis, das von Anbeginn sich nicht durch die Landesgrenzen beengt fühlte, die später revidiert werden sollten. Er hatte den Blick für die fatale Toleranz, die ihm die maßgebenden Salons hätten bewilligen mögen. Diesen zieht er Konventikel vor, zu denen er ohnehin gravitiert: als Verfemter. Davon gibt der Briefwechsel Zeugnis. Der Grund der Aufregung, die George im Hause des siebzehnjährigen Hofmannsthal hervorrief, wird nicht ausgesprochen. Robert Boehringer datiert die Affäre auf einen Tritt zurück, den George im Café einem Hund mit den Worten »sale voyou« erteilt haben soll[129]. Die Sphäre des Konflikts wird richtiger wohl bezeichnet in dem Brief, mit dem George – in der Absicht nach Mexiko auszuwandern – von Hofmannsthals Vater sich verabschiedet: »Mögen ihr hr. sohn und ich uns auch im ganzen leben nicht mehr kennen wollen, wendet er sich weg, wende ich mich weg, für mich bleibt er immer die erste person auf deutscher seite die ohne mir vorher näher gestanden zu haben mein schaffen verstanden und gewürdigt – und das zu einer zeit wo ich auf meinem einsamen Felsen zu zittern anfing es ist schwer dem nicht-dichter zu erklären von wie grosser bedeutung das war. Das konnte denn kein wunder sein dass ich mich dieser person ans herz warf (Carlos? Posa?) und habe dabei durchaus nichts anrüchiges gefunden.«[130] Zwei Tage früher heißt es in einem Brief an Hofmannsthal selber: »Also auf etwas hin und gott weiss welches etwas ›das Sie verstanden zu haben glauben‹ schleudern Sie einem gentleman der dazu im begriff war Ihr freund zu werden eine blutige kränkung zu. Wie konnten Sie nur so unvorsichtig sein, selbst jeden verbrecher hört man nach den schreiendsten indizien.«[131] Das ist die Sprache des Verfemten: nichts als die Angst, in die Maschinerie der Sittlichkeit zu geraten, kann George dazu vermocht haben, sich einen Gentleman zu nennen. Besser als jeder andere mußte er die Spielregel der Sprache kennen, der zufolge die Anrufung eines solchen Wortes genügt, um den Anrufenden von dessen Inhalt auszunehmen. Dafür bietet es bei ihm einen zweiten Aspekt. Der Sprengstoff der Angst fördert das Bild des Gentleman als historisches Modell des zeitlosen George zutage: das Phantasma des fin du siècle. Wie hier das priesterhafte Zivil des Unholds inkognito9, wird in Georges Traumprotokollen aus ›Tage und Taten‹ – nur in diesen – die Eisenbahn vor dem Zeit-Ende zitiert[132]; nicht anders stehen englische Titel in Gedichten Verlaines. Die »blutige Beleidigung« scheint weniger dem Gentleman zugefügt, als daß sein beleidigendes Antlitz von Anbeginn die Blutspur trägt. Aus Georges Sätzen blickt das Wort Gentleman wie ein Mörder. Seine Korrektheit bedarf des Frevels wie der Anzug des Dandys der Gardenia. In Georges Ära nimmt der Verfemte die Last des unfruchtbaren Widerstandes auf sich. Er erfährt das Unwesen der Gesellschaft an der Familie, zu deren Vernichtung es ihn treibt. Das hält der Spruch »Vormundschaft« des ›Siebenten Ringes‹ fest: »Als aus dem schönen sohn die flammen fuhren / Umsperrtest du ihn klug in sichern höfen. / Du hieltst ihn rein für seine ersten huren .. / Öd ist dies haus nun: asche deckt die öfen.«[133] Der von der Familie Umsperrte verfällt eben der Welt als Markt und Öde, vor welcher der moralische Verfall ihn hätte bewahren mögen. In den sichern Höfen aber erkennt George den Besitz, der diese Welt am Leben erhält, und ihnen gegenüber pointiert er sich in dem Spruch an Derleth: »In unsrer runde macht uns dies zum paare: / Wir los von jedem band von gut und haus.«[134]10 Von der Bohème trennt ihn deren Schlamperei, die auf die Welt vertraut, wie sie ist; mit der Bohème verbindet ihn die Möglichkeit der Kriminalität als der Weise von Opposition, die der Welt das letzte Vertrauen kündigt. Der Beginn des Gedichtes an den Jugendfreund Carl August: »Du weisst noch ersten stürmejahrs gesell /Wie du voll trotz am zaun den hagelschlossen / Hinwarfst den blanken leib auf den blauschwarz / die trauben hingen?«[135] mahnt an den Weinberg Hänschen Rilows in ›Frühlings Erwachen‹. Die Tradition, der zufolge George Wedekind hoch soll geschätzt haben, ist einleuchtend. Der Möglichkeit der Kriminalität zeigt Georges großes Gedicht vom Täter eher sich verschworen als daß es sie, eine Möglichkeit unter anderen, gestaltete. Dazu stehen noch petrifizierte Verse wie der dritte Jahrhundertspruch des ›Siebenten Ringes‹ und der »Gehenkte« des ›Neuen Reichs‹. Hier allein liegt das Recht von Georges Haltung beschlossen: der Baudelairesche Hochmut des Verstoßenen, »trésor de toute gueuserie«11. Wenn freilich der Gehenkte in einer ungefügen Metapher sich rühmt »und eh ihrs euch versahet · biege / Ich diesen starren balken um zum rad«[136], so degeneriert im Stiftertum des späten George der Frevler zum Helden. Der Protest gegen Ehe und Familie schlägt um, sobald der totalitäre Staat, dessen Schatten über den letzten Büchern Georges liegt, selber von Ehe und Familie sich lossagt und deren Geschäfte in die Hand nimmt. Dann wird der Brandstifter als Entzünder, der Täter als Prophet des Büttels rezipiert. Wer eben noch »los von jedem band von gut und haus« sich wußte, versteht sich nun als Freischärler: »Wir einzig können stets beim ersten saus / Wo grad wir stehn nachfolgen der fanfare.«[137] Die ominöse Reinheit, die schon den ›Algabal‹ des frühen George befleckte und den Täter so gut wie das bündische Wesen entgleisten Schulmeistern empfahl, pervertiert ihn schließlich zur Lichtgestalt. Georges Transzendenz zur Gesellschaft entlarvt deren Humanität. Seine Unmenschlichkeit aber wird von der Gesellschaft aufgesogen.

Transzendenz zur Gesellschaft beansprucht auch Hofmannsthal, und der Gedanke an Outsidertum ist dem nicht fremd, der seine society fingieren muß. Aber es ist ein konziliantes Outsidertum, zu verliebt in sich selber, um den anderen ernsthaft böse zu sein. »Ich hatte von der Kindheit an ein fieberhaftes Bestreben, dem Geist unserer verworrenen Epoche auf den verschiedensten Wegen, in den verschiedensten Verkleidungen beizukommen. Und die Verkleidung eines gewissen Journalismus – in einem so anständigen Sinn genommen, daß allenfalls jemand wie Ruskin, bei uns dagegen niemand als Vertreter davon anzusehen wäre – hat mich öfters mächtig angezogen. Indem ich in den Tagesblättern und vermischten Revuen veröffentlichte, gehorchte ich einem Trieb, den ich lieber gut erklären als irgendwie verleugnen möchte.«[138] Der Trieb zur Verkleidung, in prästabilierter Harmonie auf die Erfordernisse des Marktes eingestimmt, ist der des Schauspielers. Ihn wiederum hat George sehr früh erkannt. Einem Brief vom 31. Mai 1897 sind Verse eingefügt, die gemildert im ›Jahr der Seele‹ mit Hofmannsthals Initialen wiederkehren: »Finder / Des flüssig rollenden gesangs und sprühend / Gewandter zwiegespräche. frist und trennung / erlaubt dass ich auf meine dächtnistafel / Den alten hasser grabe. thu desgleichen!«[139] Damit ist nicht der Dramatiker charakterisiert, sondern der »Schauspieler deiner selbstgeschaffnen Träume«[140], der Page im ›Tod des Tizian‹, den sein Freund, der Dichter, verteidigend apostrophiert12. Vor aller Stilkostümierung, ja vor aller dramatischen Absicht komponieren die Gedichte Hofmannsthals, und gerade die vollkommensten, die rollende Stimme des Schauspielers mit. Es ist, als objektiviere diese Stimme das Gedicht so, wie in Musik die lyrische Unmittelbarkeit des Subjekts durchs mitgedachte Instrument objektiviert wird. Verse wie: »Er glitt durch die Flöte / Als schluchzender Schrei, / An dämmernder Röte / Flog er vorbei«[141] tragen in sich den Ton von Josef Kainz, dem Hofmannsthal den Nekrolog geschrieben hat13. Hofmannsthals Schauspielertum, gleichgültig worauf Psychologie es zu reduzieren vermöchte, entspringt in der technischen Handhabung der Lyrik. Wie zur eigenen Kontrolle rezitieren seine Gedichte sich selbst. Ihr Redendes gestattet es den Versen sich zuzuhören14. Daher die Vorliebe für den redenden, den Blankvers. Dessen Synkopierung, Hofmannsthals berühmtes Stilmittel, hat er den Engländern abgelernt. Sie ist eine Veranstaltung des technischen Dichters, die dem formimmanenten Schauspieler dient: sie nimmt die Freiheit, mit der der Vers sonst erst rezitiert wird, in die Geschlossenheit des poetischen Metrons selber auf. Es ist aber zugleich der Vers, der dem Kind aus einem Theater übriggeblieben ist, das seit Hofmannsthals Jugend den Hamlet und wieviel mehr Schiller Schülern vorbehält. Mit Grund datiert Hofmannsthal das Bestreben zur intellektuellen Verkleidung auf die Kindheit zurück. Wer da Theater spielt, hängt die Worte und ihren Widerstand um wie den ererbten Bühnenschmuck mit bunten Steinen und Rheinkieseln. Wohl mag von Hofmannsthal bestehen bleiben, daß er unermüdlich die Gestik dieses Kindes geübt und gleichsam die Stufe wiederhergestellt hat, auf der allein noch das Trauerspiel sich erfahren läßt. Unter den Händen seiner Stimme verzaubert jeglicher Stoff sich in Kindheit, und es ist diese Transformation, kraft deren er der Gefahr von Haltung und Verantwortung stets wieder entschlüpft. Die magische Verfügung über Kindheit ist die Stärke des Schwachen15: er entrinnt der Unmöglichkeit seiner Aufgabe als Peter Pan der Lyrik. Wahrhaft einer Unmöglichkeit. Denn Hofmannsthals Schauspielertum verdankt sich bis in seine alexandrinischen Konsequenzen hinein, bis zu den Pseudomorphosen der späteren Zeit einer höchst realen Einsicht: daß die Sprache nichts mehr zu sagen erlaubt, wie es erfahren ist16. Entweder ist sie die verdinglichte und banale von Warenzeichen und fälscht vorweg den Gedanken. Oder sie installiert sich selber, feierlich ohne Feier, ermächtigt ohne Macht, bestätigt auf eigene Faust, kurz, von dem Schlage, wie Hofmannsthal an der Georgeschen Schule es bekämpfte. Sie verweigert sich vollends dem Gegenstand in einer Gesellschaft, in der die Gewalt der Fakten solches Entsetzen annimmt, daß noch das wahre Wort wie Spott klingt. Hofmannsthals Kindertheater ist der Versuch, die Dichtung von der Sprache zu emanzipieren. Indem dieser die Substantialität aberkannt wird, verstummt sie: Ballett und Oper sind die notwendige Folge. Unter den tragischen und komischen Masken ist kein menschliches Antlitz übrig. Daher die Wahrheit von Hofmannsthals Schein. Dort gerade nimmt diese Sprache den Ausdruck des Schreckhaft-Schwankenden an, wo sie aus epischer Vernunft zu reden vorgibt. »Circe, kannst du mich hören? / Du hast mir fast nichts getan«[142], heißt es im Text der ›Ariadne‹. Das epische Fast, das noch im Angesicht der mythischen Metamorphose einschränkend innehält, entzieht dem gleichen Mythos den Boden durch neuzeitliche Lässigkeit.

Gegen Hofmannsthals Schauspielertum hält George den trivialsten Einwand bereit: »Woran Sie am schmerzlichsten leiden ist eine gewisse wurzellosigkeit ...« ...«[143] Er scheint damit das Vokabular eines Antisemitismus zu bemühen, dessen Spuren seinem Werk trotz der Absage an Klages nicht fehlen. Der Übersetzer der Baudelaireschen ›Malabaraise‹ proklamiert im ›Stern des Bundes‹: »Mit den frauen fremder Ordnung / Sollt ihr nicht den leib beflecken / Harret! lasset pfau bei affe! / Dort am see wirkt die Wellede /Weckt den mädchen tote kunde: / Weibes eigenstes geheimnis«[144] – Verse, die in der Turnhalle eines rheinländischen Gymnasiums nicht übel sich ausgenommen hätten. Aber mit deren Atmosphäre möchte George am wenigsten zu schaffen haben: »Es war nur unfug des schreibenden pöbels diese äusserst Verschiedenartigen zu einem haufen zu werfen weil sie sich in gleicher weise von ihm entfernten – eine ähnliche scheidung wie dermalen des rheinischen janhagels der alle die sich anders trugen als ›juden‹ anrief.«[145] Dem Wurzellosen hat George nicht seine empirische Existenz als verwurzelte gegenüberstellen wollen: »Um weihnachten hab ich hier wenig zu bieten · weiss auch kaum ob ich dann hier bin. das von Ihnen ausgemalte trauliche winterzusammensein gewährt nur (sei es in stadt oder land) wer wie Sie ein Heim hat · nicht wer wie ich überall gleichsam nur besucher ist.«[146] Erstaunlicher noch formuliert ein kaum wohl ironisch gemeinter Brief Georges vom 27. August 1892: »ich glaube in der leidenschaft für ein schönes und klangvolles können Sie sich nicht so weit reissen lassen. Das ist das graniten-germanische in Ihnen, das romanische an mir. Das werden Sie bei dauerndem verkehr mit leuten wälscher zunge merken dass die in ihren vor- und abneigungen thätlicher · lauter sind.«[147]17 Seinen Gegensatz zum »Wurzellosen« legt George zu Anfang nicht als einen der Ursprünge aus, sondern vielmehr als einen des Entschlusses18. Er beruft sich nicht auf Erde, Seinsgewalt und Unbewußtes. Strategische Überlegungen zur Situation, und zwar recht genau zur literarischen, inspirieren ihn zu dem prinzipiellen Brief an Hofmannsthal vom Juli 1902, ohne daß dabei die Gegenposition von Anbeginn als minderwertig oder unebenbürtig ausgeschlossen wäre: »So lassen Sie mich ausreden nachdem Sie es getan: Wenn Sie es als schön preisen sich von den vielfarbigen thatsächlichkeiten treiben zu lassen bedeuten sie mir nichts ohne auswahl und zucht. Was das bessere sei bleibe ganz unberedet · nur soviel ist gewiss: dass in allgemeinem wie besonderem sinn etwas geschehe ermöglicht nur die eine art der führung · wol weiss ich: durch alle haltung und führung wird kein meisterwerk geboren – aber ebensogut wird ohne diese manches oder alles unterdrückt. auch Ihnen wird schon aufgefallen sein wie unsre ganze kunst bestürzt durch das fetzen- und sprunghafte · durch die reihe von kraftmenschen denen immer das lezte versagt blieb – all das hat seinen grund in derselben geistesart ... Und nun die höhere tagesschriftstellerei die Sie rühmen und die sehr zu billigen ist – erfordert nicht die lauliche reizbarkeit und weichtierhafte eindrucksfähigkeit die heut ›Berliner naturalismus‹ morgen ›Wiener symbolismus‹ untergeht – sondern das gegenteil: das strenge sich-aufeinenpunktstellen ...«[148] Über den Sprachzerfall kennt er so wenig Illusionen wie Hofmannsthal: »Sagbar ward Alles: drusch auf leeres stroh.«[149] Aber wo Hofmannsthal die Finte wählt, greift er mit Desperation zur Gewalt. Er würgt die Worte, bis sie ihm nicht mehr enteilen können: der toten meint er sich sicher, während sie als tote vollends ihm so verloren sind, wie die flüchtigen es waren. Darum überschlägt sich der Georgesche Heroismus. Seine mythischen Züge sind das Gegenteil jenes Erbgutes, als welches die politische Apologetik sie beschlagnahmte. Sie sind Züge von Trotz. »Es ist worden spät.«[150] Keine Spur des Archaischen in Georges Werk, die nicht diesem Späten als Gegensatz unmittelbar verschwistert wäre. Er blickt auf die Worte so nah und fremd, als vermöchte er dadurch ihrer an ihrem ersten Schöpfungstag innezuwerden. Solche Entfremdung ist vom liberalen Zeitalter so vollkommen determiniert wie die antiliberale Politik, die in Deutschland so gern auf George sich berief. Wie sehr bei ihm die liberale Vorstellung von Rechtssicherheit, der trotzige Drang zur Herrschaft und der Vorstellungskreis urgeschichtlicher Verhältnisse ineinanderspielen, zeigen Sätze aus einem Brief vom 9. Juli 1893: »Jede gesellschaft auch die kleinste und loseste baut sich auf verträge Ihre stimme gilt soviel als jede andre sie muss sich aber in jedem fall unverhüllt vernehmen lassen.«[151] Setzen die Verträge anscheinend die volle Rechtsgleichheit bürgerlicher Kontrahenten voraus, so ist ihre Anrufung in Fragen geistiger Solidarität doch ein Mittel zur Suspension der Gleichheit und zur Unterdrückung und nimmt einen Zustand tödlicher Feindschaft zwischen den Subjekten an, durch den die Gesellschaft der Konkurrenten der der Horden sich annähert. Die Aufforderung, sich »unverhüllt vernehmen zu lassen« jedoch, wie sie George Hofmannsthal gegenüber immer wieder mit Rücksicht auf die ›Blätter für die Kunst‹ erhebt, kann dem von ihr Betroffenen allemal nur Unheil bringen. Wann immer Hofmannsthal zur Kritik an George und dessen Hörigen sich verführen ließ, ist es ihm übel angeschlagen.

George ruft gegen jene Welt, die ihm als wurzellos erscheint, die Eindeutigkeit der Natur auf. Eindeutig aber wird dieser Moderne Natur nur durch Naturbeherrschung. Das gibt den berühmten Schlußstrophen des Templergedichtes, die die Georgesche Lehre von der Gestalt umreißen, ihren geschichtsphilosophischen Sinn, so wie er an Ort und Stelle nicht vermeint war: »Und wenn die grosse Nährerin im zorne / Nicht mehr sich mischend neigt am untern borne / In einer weltnacht starr und müde pocht: / So kann nur einer der sie stets befocht / Und zwang und nie verfuhr nach ihrem rechte / Die hand ihr pressen · packen ihre flechte / Dass sie ihr werk willfährig wieder treibt: /Den leib vergottet und den gott verleibt.«[152]19 Wer Natur nur denken kann, indem er ihr Gewalt antut, sollte nicht das eigene Wesen als Natur rechtfertigen. Solcher Widersinn ist das Georgesche Gegenbild zur Hofmannsthalschen Fiktion. – George möchte Hofmannsthal beherrschen. Was in dem Andrian gewidmeten Gedicht »Den Brüdern« von Österreich gesagt wird, bezeichnet das Verhältnis: »Da wollten wir euch freundlich an uns reissen / Mit dem was auch in euch noch keimt und wächst.«[153] Hofmannsthal ist in der Verteidigung. Wie er privat der Werbung um Freundschaft und Nähe sich entzieht, nimmt er literarisch den Standpunkt des hochmütig Unbeteiligten ein. Es macht ihm nicht einmal viel aus, seine Gedichte in obskuren Zeitschriften erscheinen zu sehen, während George, sobald es ums schriftstellerische Metier geht, auf Haltung verzichtet und so leidenschaftlich sich zeigt wie nur je einer seiner Pariser Freunde. Hofmannsthals Abwehr bietet umsichtig alle Kräfte der Phantasie auf. Bald surrogiert er das Zeremonial des alten Goethe oder der Wahnsinnsbriefe Hölderlins; bald desertiert er kokett zur »lesenden menge«; bald versöhnt er durch Teilnahme, selbst für die sonst verachteten Freunde Georges, bald kränkt er durch das Pathos eines Dankes, der Distanz setzt. Selbst die unzählige Male und bis zum Schluß beteuerte »Nähe« zu George wird durch die Stereotypie der Versicherung in den Dienst der Ferne gestellt. Er versteckt sich in die Nähe und schlüpft in Georges Sprache: seine Briefe an andere ließen niemals den gleichen Verfasser erraten. Die zuverlässigste Technik aber ist die der Selbstanklage. Unübertrefflich die von George als solche durchschaute »bescheidene ausflucht«[154], mit der er auf den Vorschlag Georges reagiert, mit diesem gemeinsam die Redaktion der ›Blätter für die Kunst‹ zu übernehmen[155]. Hofmannsthal fängt selbst beleidigende Vorwürfe Georges wie den der Solidarität mit der »schwindelhaftigkeit« durch die Berufung auf den eigenen schlechten Zustand ab[156]. Seine Nachgiebigkeit und Belehrbarkeit – noch im letzten Brief teilt er mit, daß er Georges vernichtende »Beurtheilung des ›geretteten Venedig‹ die im ersten Augenblick hart erschien, nach und nach« sich »völlig zu eigen machen konnte« [157] – ist so grenzenlos, daß er unbelehrbar erscheint: nur wen keine Kritik je erreicht, kann so widerstandlos jede akzeptieren.

Die Freundschaft der beiden ist im Zerfall, ehe sie jemals sich verwirklichte. Damals bereits war Freundschaft selbst unter Menschen der außerordentlichsten Produktivkraft nicht mehr aus bloßer Sympathie und bloßem Geschmack möglich, sondern einzig auf dem Grunde bindend gemeinsamer Erkenntnis: Freundschaft aus Solidarität, welche die Theorie als Element ihrer Praxis einschließt. Im Briefwechsel wird Erkenntnis von den Voraussetzungen der Freundschaft beklommen ferngehalten: das Trauma des ersten Wiener Zusammentreffens wirkt fort und macht jeden Versuch der Explikation zum neuen Akt der Verwirrung: »ich ging vielleicht früher zu streng mit Ihnen zu gericht · nicht wegen gesühnter that sondern wegen der geäusserten gesinnung. ich zog Ihre ganz verschiedene art des fühlens zu wenig in betracht wie Ihre ganz verschiedene erziehung unter andrem himmelstrich · ich glaubte der satz von der edlen plötzlichkeit an der grosse und vornehme menschen sich allzeit erkannt haben erleide keine ausnahme und ich wies in meinem geist Ihnen den platz an ›wo die schweren ruder der schiffe streifen‹. doch immer wieder hatte ich als entschuldigung für Sie die unbegreiflichkeit des wahnsinnes und habe nie aufgehört Sie zu lieben mit jener liebe deren grundzug die verehrung ist und die für die höhere menschlichkeit allein in betracht kommt. Soweit das persönliche.«[158] Man kann kaum erwarten, das Persönliche sei durch diese undeutlichen, zugleich saugenden und beißenden Sätze gefördert worden. Sie stehen in Georges feierlichem Versöhnungsbrief, dem gleichen, dem die Verse über den »alten hasser« beigefügt sind. Durch den Briefwechsel hindurch variiert George die allemal fatale Absicht, das Frühere vergessen und vergeben sein zu lassen. Jeder freundlich intermittierende Brief sucht eine Schuld auszulöschen, während doch durch die hartnäckige Nachsicht das Schuldkonto unaufhaltsam anschwillt: es bedarf nur einer entgegenkommenden Geste des einen, um den anderen zur Bosheit oder zum Zurückweichen zu inspirieren. Hinter der Kasuistik der Briefe stehen Fragen des Prestiges, des Verfügungsrechts über fremde – sei's auch geistige – Arbeit und schließlich selbst des intellektuellen Eigentums und einer Art von Originalität, die dem von beiden Autoren emphatisch vertretenen Begriff des Stils kraß widerspricht. 1892 heißt es in einem Brief Hofmannsthals an George: »Im ›Tod des Tizian‹ wird Ihnen ein bekanntes Detail entgegentreten: ich meine das Bild des Infanten.«[159] Das spielt an auf ein Gedicht der ›Hymnen‹[160]. Mit gereizt ostentativer Noblesse entgegnet George: »Da Sie über den ›Prolog‹ kein motto setzen so liess ich da man in der selben nummer auszüge aus meinen büchern bringt meinen ›Infanten‹ streichen, die masse könnte da leicht mit misverständnis reden.«[161] Die Verachtung gegen die Masse hat George nicht vor einer Eifersucht bewahrt, wie sie in eben den Zirkeln alltäglich ist, denen seine Exklusivität ausweicht. Nichts aber könnte die Absurdität solcher Besorgnisse greller ins Licht stellen als der Gegenstand der Kontroverse. Das Bildungserlebnis des Infanten ist weder von George noch von Hofmannsthal zuerst gemacht worden: es stammt von Baudelaire20. Kalkulationen solcher Art sind es, die Solidarität ausschließen und noch solidarische Handlungen wie das publizistische Eintreten des einen für den anderen belasten. Hofmannsthal hat zwar wiederholt über George, nie aber dieser über jenen geschrieben, obwohl der Vorwurf mangelnder Solidarität stets vom Älteren ausgeht. Einmal ist es beinahe soweit gewesen, aber die vorweg aufgebrachte Mitteilung über den Plan, die implizit Hofmannsthal seinen Ruhm vorwirft, läßt keinen Zweifel daran, warum Georges Essay nie zustande kam. »Ich sinne seit einiger zeit an einem aufsatz über Sie – doch werde ich mir zur veröffentlichung ein grosses ausländisches blatt aussuchen müssen – wo künstlerische ereignisse überhaupt als ereignisse gelten – Ich rede nicht über Sie nachdem alle wilden volksstämme alle gold- und gewürz-händler zu wort gekommen sind.«[162] Im Zerfall der Freundschaft Georges mit Hofmannsthal setzt der Markt sich durch, in dessen Negation ihre Lyrik entspringt: die sich gegen die Erniedrigung durch Konkurrenz wehren, verlieren sich als Konkurrenten.

George stand weniger naiv zum Markt als Hofmannsthal. Aber er stand kaum weniger naiv zur Gesellschaft. So handelt er dem Markt als Phänomen entgegen, ohne an dessen Voraussetzungen zu rühren. Er möchte die Dichtung von der Nachfrage des Publikums emanzipieren und gleichwohl in einem sozialen Zusammenhang verbleiben, den er später mit Worten wie Bund und Held, Volk und Tat mythologisiert hat. Sich der »rücksicht auf die lesende menge«[163] entheben, heißt ihm, durch eine Technik der Beherrschung, die der artistischen aufs engste verknüpft ist, die lesende Menge in eine von Zwangskonsumenten verwandeln. Daher seine ambivalente Stellung zum Erfolg. Der Entwurf eines verlorengegangenen Briefes an Hofmannsthal enthält die Sätze: »Keinesfalls beginne ich eh ich vertragsmässig mit allen über lieferung und belohnung format und haltung mich geeinigt habe. das ist bei einigen meiner freunde unnötig bei andern jedoch umsomehr. Nichts zufälliges darf dazwischentreten was den erfolg verhindern könnte. denn wie Sie wissen ist keinen erfolg suchen: gross – ihn suchen und nicht haben unanständig.«[164]21 Die Verachtung des Erfolgs bezieht sich bloß auf den Marktmechanismus, der die Konkurrierenden Fehlschlägen aussetzt. Erfolg wird angestrebt unter Umgehung des Marktes. Die Größe, die sich stolz dazu bescheidet, ihn nicht zu suchen, ist die des literarischen Trustmagnaten, als den George sich früher konzipierte, als ihm zumindest die deutsche Wirtschaft die Modelle beistellen konnte: »Ich war des festen glaubens dass wir · Sie und ich · durch jahre in unsrem schrifttum eine sehr heilsame diktatur hätten üben können · dass es dazu nicht kam dafür mach ich Sie allein verantwortlich.«[165] Schwer nur können Diktatoren Fehler begehen. Die gefährlich leben, haben die wahre Sekurität. Ihnen ist auf längere Frist die Unanständigkeit des Fehlschlags erspart. Mit der Hellsichtigkeit des Hasses hat Borchardt in der Polemik gegen das ›Jahrbuch für die geistige Bewegung‹ die monopolistischen Züge der Georgeschen Schule getroffen: »Das Zentralblatt für die deutschen Industriellen muß verkünden, daß wirtschaftliche Kraft nur frei werde, wo der Mensch sich dem Menschen um des Menschen willen verbinde, daß der Eigenbrödler sich über wirtschaftlichen Ruin nicht beklagen solle, und dergleichen mehr ... Die Freunde des Herrn Wolfskehl machen diese Not nicht sowohl zur Tugend als zum Dogma von der verödenden und verschrumpfenden Wirkung dessen, was sie strafend ›Vereinzelung‹ nennen, und variieren Schillers Heldenwort in ihr modernes: ›Der Starke ist am mächtigsten im Kreis‹, im Syndikat der Seelen.«[166]22 Konkurrenz wird in die Herrschaft überzuführen gesucht, und ans Konkurrenzmotiv wird zynisch appelliert, wenn die Herrschaft es verlangt. 1896 trägt George Hofmannsthal die Mitredaktion der ›Blätter für die Kunst‹ an. Dem verleiht er Nachdruck durch die Worte: »Da es sich hier um ein ernsthaftes zusammenwirken aller kräfte dreht so wäre Ihre gelegentliche mitarbeiterschaft (die Sie wol anbieten könnten) bedeutungslos. Ihre stelle müssen wir alsdann durch einen andren auszufüllen trachten, doch will ich an diesen schweren verlust lieber nicht denken.«[167]

Die ›Blätter für die Kunst‹ machen den sinnfälligen Gegenstand der Differenz Georges und Hofmannsthals aus. Im Verhalten der beiden zu den Blättern und deren Partei23 offenbart sich eine wahre Antinomie. Sie hat später im eigentlich politischen Bereich sich durchgesetzt an Stellen, von denen beide Autoren sich nichts träumen ließen. Hofmannsthal teilt 1893 Klein mit: »Einen Aufsatz über die ›Blätter‹ in einem Tagesblatt zu schreiben, ist mir nicht sehr genehm: in den bisherigen Heften steht für meinen Geschmack 1. zu wenig wirklich wertvolles, 2. zu viel von mir. Beides müßte mein Reden so einschränken, daß ich vorziehe, zu schweigen.«[168] Der Hintergrund dieser Äußerung wird in einem früheren Brief Hofmannsthals an Klein aufgedeckt: »Überhaupt befremdet mich Ihr Vorschlag, in einem andern öffentlichen Blatt unser Unternehmen zu besprechen, aufs höchste. Wozu? warum dann nicht gleich meine Sachen wo anders unter Fremden abdrucken lassen? dann habe ich offenbar das ganze Wesen der Gründung falsch verstanden. Ich habe absolut keine Angst davor mich zu ›compromittieren‹ und ich bin in künstlerischen Dingen durch keine Rücksicht und Verbindung gehemmt. Aber bitte, sagen Sie mir klar, was Sie wollen und wozu Sie es wollen.«[169] Es geht dialektisch genug zu: Georges Exklusivität drängt als diktatoriale auf öffentliche, selbst journalistische Stellungnahme und hebt damit virtuell sich selber auf: das aber erlaubt Hofmannsthal, sich eben auf die verletzte Esoterik zu berufen und seine Sachen »wo anders unter Fremden«, also vollends unter Preisgabe der Esoterik, drucken zu lassen. Die Furcht, sich zu kompromittieren, die er verleugnet, bestimmt sein Verhalten: sich zu kompromittieren nicht sowohl, indem er sich mit der kommerziellen Öffentlichkeit einläßt, als vielmehr, indem er es mit ihr verdirbt. Seine Isolierung im Kreis der Blätter macht ihn zum verständnisvollen Sprecher des profanum vulgus, gegen den die Blätter gegründet waren: »Wonach es mich verlangt ist nicht sosehr, dreinzureden, als minder spärliches zu erfahren. Ich berechne nach meiner mangelnden Einsicht in Vieles die fast vollständige Ratlosigkeit des Publicums einem so fremdartigen und herb-wortkargen Unternehmen gegenüber.«[170] Die Aversion des Publikums hat Hofmannsthal durch kritische Einsicht überboten. Mit seiner Ablehnung nicht bloß der schlechten Gedichte, die die Blätter füllten, sondern auch der Nachahmer Georges selber hielt er nicht hinterm Berge. Noch zu den höflicheren rechnet eine Formulierung wie: »Hätten Sie die Freunde und Begleiter die Sie verdienen, wieviele Freude würde dadurch auch auf mein Theil kommen.«[171] Wie es mit den Blättern bestellt war, hat George fraglos so gut gewußt wie Hofmannsthal. Er konnte diesem den Vorwurf der geringen literarischen Qualität seiner Freunde bequem zurückgeben, nur daß mit diesen Hofmannsthal niemals ebenso verbindlich sich eingelassen hatte wie George mit seinen Mitarbeitern. Aber George hat sich damit nicht begnügt: »Ich halte nun meine ansicht ... der Ihrigen gegenüber die alle mitarbeit ausser der Ihren und meinen ablehnt. Gar nicht zu reden von ausländern wie Lieder · Verwey begreife ich nicht wie Sie an künstlern und denkern wie z.B. Wolfskehl und Klages vorüber gehen konnten. – die dunklen gluten des Einen wie die scharfe ebnenluft des andren sind so einzig so urbedingt dass ich aus Ihrem kreis (soweit er sich geoffenbart hat) niemanden auch nur annähernd mit ihnen vergleichen dürfte ... Reden Sie aber von den kleineren sternen – so ist es leicht das urteil zu fällen das sie selber kannten – doch befinden Sie sich in grossem irrtum wenn Sie dort die von Ihnen angeführte unehrlichkeit und falsche abgeklärtheit wittern – es sind alle menschen von guter geistiger zucht mit denen Sie wenn Sie sie kennten · aufs schönste leben würden · sich wie geniusse geberden – thaten sie nie, sondern grade diejenigen die Sie den unsren gegenüber in schutz nahmen ... In den ›Blättern‹ weiss jeder was er ist · hier wird der scharfe unterschied gezeigt zwischen dem geborenen werk und dem gemachten · hasser der ›Blätter‹ ist jeder dem es darum zu thun ist diesen unterschied zu verwischen ... Wenn aber auch Sie mir erklärten dort nur eine ansammlung mehr oder minder guter verse zu sehen – und nicht das Bauliche (construktive) von dem freilich heut nur die wenigsten wissen – so würden Sie mir eine neue grosse enttäuschung bringen.«[172] Das Konstruktive umschließt ebenso die Gleichschaltung der Beherrschten wie die Einheit der bewußt tradierten Technik: Unterdrückung und Steigerung der Produktivkraft. Hofmannsthal sieht das Unterdrückende, hat aber dagegen nichts aufzubieten als kurrente Ansichten von Tradition und Individualität: »ich würde vieles wertvolle, dem Individuum homogene an Formen, Beziehungen, Einsichten dadurch gegen Flacheres eintauschen.«[173] Beide sind gegeneinander im Recht. George wittert in Hofmannsthals für sich Stehen »die ausgespiztheit die sofort aus der milchstraße butter machen und für die jeweiligen marktbedürfnisse herrichten will«[174]; Hofmannsthal enthüllt dafür das Pseudos des kommandierten, der Spontaneität entäußerten Kollektivs und das Verhängnis des »Ordinären«[175], dem kein solches Kollektiv entrinnt. Der Einzelgänger und der Organisierte sind gleich bedroht, dem Bestehenden zu verfallen; jener durch die eigene Ohnmacht, die trügerisch sich als Maß installiert und real der feindlichen Macht das Recht überläßt; dieser durch die Macht, der er gehorcht und die das gleiche Unrecht, dem widerstanden werden soll, in die Reihen der Widerstehenden trägt. Denn beide müssen in der Welt des universalen Unrechts leben. Bis in die Sprache hinein ist Georges Haltung von ihr stigmatisiert. In den Tagen des ursprünglichen Konflikts fordert er Hofmannsthal heraus: »Wie lange noch das versteckspiel? Wenn Sie frei reden wollen (was nun auch meine absicht ist) so lade ich Sie ein noch einmal auf neutralem gebiet zu erscheinen. Ihr Brief der ja auch so diplomatisch war – aber war es meine schuld dass Sie gerade in jenes unglückl. cafe kamen ...?«[176] Wie später die Rede von Verträgen, so bläht hier die von neutralem Gebiet und Diplomatie das Private zum Allgemeinen auf, als wäre es politisch relevant. Das aber reflektiert die Zeitung, die das Allgemeine, politisch Bedeutsame dem Privaten zuträgt. Leicht könnte das esoterische Pathos in der Warenwelt entspringen: die Würde des Einzelnen ist der der Schlagzeilen abgeborgt. Georges ausgreifende Gebärde hat die Naivetät dessen, der mit den großen Worten sich bekleidet, ohne zu erröten. Er vermag keine Sache, und wäre es die privateste, je anders denn als öffentliche anzuschauen. Seine literarische Strategie stammt von verirrten politischen Impulsen.

Einmal jedenfalls haben diese Impulse an ihrem wahren Objekt sich bewährt. 1905 hat Hofmannsthal im Namen des von ihm selbst, in einigen Briefen an Bodenhausen, höchst kritisch beurteilten Grafen Harry Kessler[177] sich zum Sprachrohr jenes schillernden Pazifismus der ruling class gemacht, der teleologisch schon die Attitüde derer in sich trug, die später während der Okkupation von Paris sich aufführten, als wäre sie vom Penklub arrangiert, damit sie mit den französischen Kollegen bei Prunier speisen könnten. George sollte mittun. Hofmannsthals Brief, Weimar, 1. Dezember 1905 datiert, lautet:

 

mein lieber George

ich werde gebeten, zu einem sehr ernsthaften und über das Persönliche hinausgehenden Zwecke an Sie zu schreiben.

Die furchtbare nicht auszudenkende Gefahr eines englisch-deutschen Krieges – wenn auch im Sommer beschworen – ist näher, fortdauernd näher als die zeitungschreibenden und die meisten der politikmachenden Individuen sich ahnen lassen. Die wenigen die diesseits die Ernsthaftigkeit der Situation kennen, und die wenigen die jenseits dem drohenden Losbrechen sich entgegenstemmen wollen, haben – wissend wieviel Gewalt in solchen Epochen die imponderabilia in sich tragen – sich geeinigt offene Briefe zu wechseln, jederseits unterschrieben von 40–50 der absolut ersten Namen des Landes (mit Ausschluß von Berufspolitikern). Der englische offene Brief (unterschrieben von Lord Kelvin, George Meredith, A. Swinburne u.s.f.) wird an die Herausgeber der deutschen Journale gerichtet sein, der deutsche an die englischen. (da die Journale die eigentlichen Pulverfässer sind.)

Man bittet ganz ausnahmsweise und wohl wissend, wie wenig Sie Publicität lieben, um Ihren Namen, während man sich z.B. nicht mit der Absicht trägt, den des bekannten Sudermann aufzunehmen. Man wünscht in dieser tiefernsten Angelegenheit durchaus die ernsthaftesten geistigen Kräfte der Nation zu vereinigen. Wenn es Ihnen gefällt, den beigelegten Brief zu unterzeichnen so senden Sie ihn dann bitte innerhalb 10 Tagen zurück an Harry Graf Kessler Weimar Cranachstraße 3.

Ihr Hofmannsthal[178]

 

Die Musterkollektion der »absolut ersten Namen«, der Ausschluß des unseligen Sudermann, der dazu herhalten muß, die Zugelassenen im Gefühl ihrer Superiorität zu bestärken, und das vage »Man«, das hinter der Wichtigmacherei gewaltige Mächte suggeriert, die so erhaben sind, daß ihr Beauftragter vor eitel Respekt sie nicht zu nennen wagt – all das hat soviel Stil wie die ›Josephslegende‹. George hat das unwürdige Schriftstück nicht beantwortet. Aber ein Entwurf zur Antwort ist erhalten geblieben und in den Briefwechsel, unterm Druck des Hitlerregimes ohne den wichtigsten Satz, nun vollständig, aufgenommen worden:

»Käme diese zuschrift nicht von Einem dessen verstand ich aufs höchste bewundre: so würd ich sie für einen scherz halten. wir treiben doch weder mit geistigen noch mit greifbaren dingen handel von hüben nach drüben. was soll uns das? Und dann: so einfach wie diese zettel vermelden liegen die verhältnisse doch nicht. Krieg ist nur lezte folge eines jahrelangen sinnlosen draufloswirtschaftens von beiden seiten. das verklebmittel einiger menschen däucht mir ohne jede wirkung. Und noch weiter gesehen: Wer weiss ob man als echter freund der Deutschen ihnen nicht eine kräftige See-schlappe wünschen soll damit sie jene völkische bescheidenheit wieder erlangen die sie von neuem zur erzeugung geistiger werte befähigt. Ich hätte mit grösserer gelassenheit erwidert wenn sich nicht die trauer darüber einstellte dass es kaum noch einen punkt zu geben scheint wo wir uns nicht misverstehn.«[179]

Kurz danach bot eine Verlagsangelegenheit den Anlaß zur endgültigen Entzweiung.

Daß George den Zusammenhang internationaler Betriebsamkeit und imperialistischer Ambitionen durchschaut; daß der spätere Emigrant damals schon Worte über Deutschland findet, die seinem eigenen Kreis blasphemisch klingen mußten; ja, daß er ohne theoretische Einsicht in Gesellschaft den objektiven Zwang wahrnimmt, der zum Krieg treibt – all das wird nicht mit seinem von Borchardt notierten »bedeutenden Weltverstand«[180] hinreichend erklärt. Vielmehr ist seine Erkenntniskraft dem dichterischen Gehalt zuzuschreiben. In der Arbeiterbewegung ist es zumal seit Mehring üblich, die auf die unmittelbare Abbildung des gesellschaftlichen Lebens gerichteten Tendenzen der Kunst, naturalistische und realistische, dem Fortschritt zuzurechnen und die ihnen entgegengesetzten der Reaktion. Wer nicht Hinterhöfe, werdende Mütter und neuerdings Prominenzen darstellt, sei Mystiker. Solche Stempel mögen das Bewußtsein der zensierten Autoren zuweilen treffen. Aber die Insistenz auf der Wiedergabe des gesellschaftlich Unmittelbaren teilt die empiristische Befangenheit der bekämpften Bürger. Die Tauschgesellschaft treibt ihre Kinder dazu, unablässig Zwecke zu verfolgen, stur auf sie hin zu leben, die Augen von dem Vorteil aufgezehrt, nach dem man schnappt, ohne nach rechts und links zu blicken. Wer aus seinem Weg geht, dem droht der Untergang. Die zwangshafte Unmittelbarkeit hindert die Menschen daran, bewußt eben den Mechanismus zu erkennen, der sie verstümmelt: er reproduziert sich in ihrem fügsamen Bewußtsein. Dies Bewußtsein wird in dem Postulat der Anschauung und Abbildung des Unmittelbaren – mit ihrem Komplement, der fetischisierten Theorie, die man durch Treue verrät – hypostasiert. Der Realist, der literarisch aufs Handgreifliche sich eingeschworen weiß, schreibt aus der Perspektive des Hirnverletzten, dessen Regungen nicht weiter reichen als die Reflexe auf Aktionsobjekte. Er tendiert zum Reporter, der den sinnfälligen Begebenheiten nachjagt, wie Wirtschaftskonkurrenten dem geringsten Profit. Solcher Promptheit sind die als Luxus verpönten literarischen Gebilde entzogen. Heute vollends ist mit dem längst staatsfrommen sozialistischen Realismus kein Staat mehr zu machen. Selbst an den Konservativen George und Hofmannsthal indessen träfe die Rede von der Flucht vor der Realität kaum die halbe Wahrheit. Zunächst kehrt beider Werk pointiert sich wider die mystische Innerlichkeit: »Schwärmer aus zwang weil euch das feste drückt / Sehner aus not weil ihr euch nie entfahrt / Bleibt in der trübe schuldlos die ihr preist – / Ein schritt hinaus wird alles dasein lug!«[181] In Hofmannsthals ›Gespräch über Gedichte‹, seiner verbindlichen Äußerung zu Georges Lyrik, bemüht er sich um die Theorie dazu: »Wollen wir uns finden, so dürfen wir nicht in unser Inneres hinabsteigen: draußen sind wir zu finden, draußen. Wie der wesenlose Regenbogen spannt sich unsere Seele über den unaufhaltsamen Sturz des Daseins. Wir besitzen unser Selbst nicht: von außen weht es uns an, es flieht uns für lange und kehrt uns in einem Hauch zurück.«[182] Wie der nachkonstruierende Empiriokritizismus in der reinen Immanenz der Subjektivität zur Verneinung des Subjekts und zum zweiten naiven Realismus gelangt, so verlöscht Innerlichkeit in Hofmannsthals Konzeption. Ist aber das Geheimnis der Symbolisten nicht sowohl eines von Innerlichkeit als von Metier, so geht es gewiß nicht an, ihnen anstandslos als »Formalisten« technisch fortschrittliche Funktion zuzumessen, die mit reaktionären Inhalten verkoppelt seien. Viele Progressive haben das grobschlächtige Form-Inhalt-Schema vom Positivismus auf die Kunst übertragen, als sei deren Sprache jenes ablösbare Zeichensystem, das sie schon in Wissenschaften nicht ist. Selbst wenn sie recht hätten jedoch, fiele keineswegs alles Licht auf die souveräne Form und alles Dunkel auf den hörigen Inhalt.

Falsch wäre es, in Lob oder Tadel George, Hofmannsthal und den unter dem Namen Symbolismus und Neuromantik figurierenden Bewegungen, aus denen sie hervorgegangen sind, zu attestieren, was sie wohl selber sich attestiert hätten: daß sie das Schöne bewahrten, während die Naturalisten vor der Verwüstung des Lebens im Industrialismus resignierten. Die Preisgabe des Schönen vermöchte dessen Idee mächtiger festzuhalten als die scheinhafte Konservierung verfallender Schönheit. Umgekehrt ist nichts an George und Hofmannsthal so vergänglich wie das Schöne, das sie zelebrieren: das schöne Objekt. Es tendiert zum Kunstgewerbe, dem George seinen Segen nicht versagt hat: wie in der Vorrede der zweiten Ausgabe der ›Hymnen‹ dem »freudigen aufschwunge von malerei und verzierung«[183], so in einem nicht abgesandten Brief an Hofmannsthal von 1896: »Es macht sich in unsrem deutschland an vielen stellen eine sehnsucht nach höherer kunst bemerkbar nach jahrzehnten einer rein körperlichen oder auch wissenschaftlichen anstrengung. Sie geht von malerei ton und dichtung durch verzierung und baukunst sogar allmählich in mode und leben.«[184] Auf dem Weg in Mode und Leben fraternisiert die Schönheit mit der gleichen Häßlichkeit, der sie, die Nutzlose, den Kampf ansagte. Das Leben der Gemeinschaft, die George sich wünschte, hat kunstgewerbliche Färbung: »Heut ist dies nun alles leichter zu vergessen da unsre bestrebungen doch zu einem guten ende geführt wurden und eine jugend hinter uns kommt voll vertrauen selbstzucht und glühendem schönheitswunsch.«[185] Das sind die »grossen und vornehmen menschen«[186], wie sie seit Charcot und Monna Vanna der Familie in die Krankheit entflohen. Die Depravation ins Kunstgewerbe hat mit den Dingen die Individuen betroffen: Kunstgewerbe ist das Mal der emanzipierten Schönheit. Sie erliegt, sobald die neugewonnenen und technisch beherrschten Stoffe, beliebig herstellbar, billig und marktfähig werden. George ist dem Bewußtsein dessen im Schlußgedicht der ›Pilgerfahrten‹, das zum ›Algabal‹ überleitet, sehr nahegekommen. Es redet vom Ideal des Schönen im Gleichnis der Spange: »Ich wollte sie aus kühlem eisen / Und wie ein glatter fester streif · / Doch war im schacht auf allen gleisen /So kein metall zum gusse reif. / Nun aber soll sie also sein: / Wie eine grosse fremde dolde / Geformt aus feuerrotem golde / Und reichem blitzendem gestein.«[187] Wenn »so kein metall zum gusse reif«, in den Bedingungen des materiellen Lebens die objektive Möglichkeit des Schönen nicht angelegt war, das vielmehr »wie eine grosse fremde dolde« schimärisch in der Negation des materiellen Lebens sich öffnet, so zieht das materielle Leben die Schimäre wiederum in sich hinein durch Imitation. Die schlichte Spange des Kunstgewerbes, aus wohlfeilem Eisen, stellte allegorisch jene goldene dar, die gegossen werden mußte, weil es am rechten Eisen gebrach. Über den schimärischen Charakter des Erlesenen läßt der Briefwechsel keinen Zweifel. Es geht selber aus ökonomischen Machinationen hervor. Georges bibliophiles Pathos hat eine Druckschrift ersonnen, die seine Handschrift nachahmt: »Ich sende hier neue proben des einbandes · sowie der schrift (meiner eignen an deren besserung ich schon lang arbeite) ich glaube dass sie Ihnen gefallen wird. Sie sehen dass sie meiner handschrift angeglichen ist: jedenfalls ein guter weg nachdem alle neueren zeichner von buchstaben die bereits bestehenden mit irgendwelchen erdachten schnörkeln versahen · um so vom alten loszukommen.«[188] Das kunstgewerbliche Pseudos des technisch Massenhaften, das als originär auftritt, entspringt in der Not einer Veranstaltung, die kein sachlich bindendes Maß des Schönen hat, sondern nur das dürre Programm: »vom alten loszukommen«. Die trügende Einmaligkeit wird aber zugleich um des materiellen Wertes willen geplant: »Erstes ziel ist unsrem kreis (durch die festen abnehmer der händler erweitert) wahrhaft schöne und dabei erschwingliche bücher zu geben · die auch für den liebhaber ein wesentliches: die seltenheit nicht einbüssen dürfen · der nachhinkende uns ganz ferne leser mag dann den erhöhten preis zahlen ... Einen andren weg wie den der Einzeichnung giebt es nicht.«[189] Daß schon der erlesene Reiz nach Wertbegriffen sich ausdrücken, das Einmalige sich vergleichen läßt; diese Abstraktheit von Malachit und Alabaster macht das Erlesene fungibel. Doppelt entstellt ist das symbolistisch Schöne: durch krude Stoffgläubigkeit und durch allegorische Ubiquität. Auf dem kunstgewerblichen Markt kann alles alles bedeuten. Je weniger vertraut die Stoffe, desto schrankenloser ihre Verfügbarkeit für Intentionen. Lange Seiten bei Oscar Wilde könnten den Katalog eines Juweliers abgeben, ungezählte Interieurs vom fin du siècle gleichen dem Raritätenladen. Noch George und Hofmannsthal zeigen rätselhaften Ungeschmack in Dingen der bildenden Kunst ihrer Ära. Unter den Malern, die der Briefwechsel preist, nehmen Burne-Jones, Puvis de Chavannes, Klinger, Stuck und der unsägliche Melchior Lechter die hervorragendsten Stellen ein. Der großen französischen Malerei der Epoche geschieht zwischen ihnen mit keinem Wort Erwähnung24. Wenn George in freilich ganz anderem Zusammenhang mit Bedauern davon redet, daß »unsre besseren geister ... den kecken farbenkleckser nicht mehr vom maler trennen konnten«[190], so ist das vom Wilhelminischen Urteil über Impressionismus und Kloakenkunst nicht so gar sehr verschieden. Tabuiert sind die Bilder, in denen die wahren Impulse des Gedichts vom Frühlingswind oder der Eislandschaften des ›Jahres der Seele‹ sich verwirklichen. Bejaht werden abbildlich treue Idealgestalten, schöne Wesen im erotischen Geschmack der Zeit, welche die erhabenen Bedeutungen auf sich nehmen, ohne daß die autonome peinture der allegorischen Absicht im Wege stünde. Verkannt wird nichts Geringeres als das Formgesetz, dem die eigene Dichtung untersteht.

Diesem Formgesetz aber entzieht George sich späterhin um so vollkommener, je mehr er die Stoffe Deutungen unterwirft, um sich vom Vorwurf des Ästhetizismus zu reinigen. In seiner Jugend war er noch so gleichgültig gegen den Sinn wie der Rimbaud der »Voyelles«: »Den einen fehler ›sangen‹ st. saugen brauchen Sie nicht zu bedauern denn er verschlimmert nichts. es passt auch sehr gut.«[191] Der wahre Symbolismus ist ein lucus a non lucendo. In Hofmannsthals Georgedialog meint der Schüler von der Sprache: »Sie ist voll von Bildern und Symbolen. Sie setzt eine Sache für die andere.« Hofmannsthal weist ihn zurecht mit den Worten: »Welch ein häßlicher Gedanke! Sagst du das im Ernst? Niemals setzt die Poesie eine Sache für eine andere, denn es ist gerade die Poesie, welche fieberhaft bestrebt ist, die Sache selbst zu setzen, mit einer ganz anderen Energie als die stumpfe Alltagssprache, mit einer ganz anderen Zauberkraft als die schwächliche Terminologie der Wissenschaft. Wenn die Poesie etwas tut, so ist es das: daß sie aus jedem Gebilde der Welt und des Traumes mit durstiger Gier sein Eigenstes, sein Wesenhaftestes, herausschlürft.« Und auf den Einwand: »Es gibt keine Symbole?« – »Oh, vielmehr, es gibt nichts als das, nichts anderes.«[192] Mit dem intentionsfremden Stoff die in konventionellen Bedeutungen verhärtete Realität aufzusprengen, ist das Desiderat: zu den frischen Daten flüchtet, was sein könnte, daß es von keiner geläufigen Kommunikation hinabgezogen werde in den Kreis dessen, was ist. Durch jeden deutenden Zugriff über die bloßen Stoffe hinaus kompromittiert sich diese Dichtung: mit dem Engel des ›Vorspiels‹ triumphiert Melchior Lechter. Schuld daran aber trägt nicht Georges besondere Verblendung. Was er den reinen Stoffen zutraute, konnten diese nicht bewähren. Als abstrakte Relikte der Dingwelt so gut wie als »Erlebnis« des Subjekts gehören sie eben jenem Umkreis an, dem man sie entrückt meinte. Ironisch bleibt Hofmannsthal im Recht: das Unsymbolische verkehrt notwendig sich ins Allsymbolische. Zwischen den reinen Lauten Rimbauds und den edlen Materialien der Späteren ist darin kein Unterschied. Wohl mag man den frühen ästhetischen George real nennen und schlecht ästhetisch den späten realen: dennoch ist dieser in jenem mitgesetzt. Die Schönheit, aus deren blinden Augen grelle Preziosen blicken, enthält schon die Ideologie vom »Jungen Führer im ersten Weltkrieg«, die das Geschäft zudeckt, von dessen Fluch der Zauber befreien sollte. Die Preziosen empfangen ihren Wert aus der Mehrarbeit. Das Geheimnis der intentionslosen Stoffe ist das Geld. Baudelaire ist allen, die ihm folgten, überlegen darum, weil er an keiner Stelle jener Schönheit als positiver und unmittelbarer sich zugeneigt hat, sondern bloß als unwiederbringlich verlorener oder in äußerster Verneinung. Ihm ist Satan, der vom Schicksal verratene deus absconditus, »le plus savant et le plus beau des Anges«[193]; ihn betrügt nicht der rosige Engel des schönen Lebens, zu dessen Fidusbild Schönheit selber in George sich hergibt. Durch sie kommuniziert George mit den realistischen Abbildnern.

Was ihn zu dieser Schönheit zog, war nicht vorab der dichterische Formwille, sondern ein Inhaltliches. Wie ein Schibboleth wird der Gegenstand unter Anrufung seiner Schönheit dem drohenden Verderben entgegengehalten. Die Korrespondenz mit Hofmannsthal gibt dafür ein merkwürdiges Beispiel. Es handelt sich um die Publikation des ›Tod des Tizian‹ in den ›Blättern für die Kunst‹: »die lesezeichen wo unbeabsichtigt weggelassen vervollständigte ich in Ihrem sinn ... und dann auf eigne faust (es war so wenig zeit) in der anmerkung ›da Tizian 99jährig an der pest starb‹ das bestrichene. damit brachten Sie eine schädliche luft in Ihr werk und augenscheinlich ungewollt.«[194] Demnach könnte die bloße Erwähnung der Pest im Kunstwerk diesem Schaden tun und nicht diesem allein. Die Magie krampfhafter Schönheit beherrscht den Symbolismus. Hofmannsthal sucht im Georgedialog das ästhetische Symbol als Opferritual zu fassen: »Weißt du, was ein Symbol ist? ... Willst du versuchen dir vorzustellen, wie das Opfer entstanden ist? ... Mich dünkt, ich sehe den ersten, der opferte. Er fühlte, daß die Götter ihn haßten ... Da griff er, im doppelten Dunkel seiner niedern Hütte und seiner Herzensangst, nach dem scharfen krummen Messer und war bereit, das Blut aus seiner Kehle rinnen zu lassen, dem furchtbaren Unsichtbaren zur Lust. Und da, trunken vor Angst und Wildheit und Nähe des Todes, wühlte seine Hand, halb unbewußt, noch einmal im wolligen warmen Vlies des Widders. – Und dieses Tier, dieses Leben, dieses im Dunkel atmende, blutwarme, ihm so nah, so vertraut – auf einmal zuckte dem Tier das Messer in die Kehle, und das warme Blut rieselte zugleich an dem Vlies des Tieres und an der Brust, an den Armen des Menschen hinab: und einen Augenblick lang muß er geglaubt haben, es sei sein eigenes Blut; einen Augenblick lang, während ein Laut des wollüstigen Triumphes aus seiner Kehle sich mit dem ersterbenden Stöhnen des Tieres mischte, muß er die Wollust gesteigerten Daseins für die erste Zuckung des Todes genommen haben: er muß, einen Augenblick lang, in dem Tier gestorben sein, nur so konnte das Tier für ihn sterben ... Das Tier starb hinfort den symbolischen Opfertod. Aber alles ruhte darauf, daß auch er in dem Tier gestorben war, einen Augenblick lang ... Das ist die Wurzel aller Poesie.« – »Er starb in dem Tier. Und wir lösen uns auf in den Symbolen. So meinst du es?« – »Freilich. Soweit sie die Kraft haben, uns zu bezaubern.«[195] Diese blutrünstige Theorie des Symbols, welche die finsteren politischen Möglichkeiten der Neuromantik einbegreift, spricht etwas von ihren eigentlichen Motiven aus. Angst zwingt den Dichter, die feindlichen Lebensmächte anzubeten: mit ihr rechtfertigt Hofmannsthal den symbolischen Vollzug. Im Namen der Schönheit weiht er sich der übermächtigen Dingwelt als Opfer. Ist aber der Primitive, dem Hofmannsthal die Ideologie beistellt, nicht wirklich gestorben, sondern hat das Tier geschlachtet, so ist dafür das unverbindliche Opfer des Modernen um so drastischer zu nehmen. Er möchte sich retten, indem er sich wegwirft und zum Mund der Dinge macht. Die von George und Hofmannsthal urgierte Entfremdung der Kunst vom Leben[196], die die Kunst zu erhöhen gedenkt, schlägt in grenzenlose und gefügige Nähe zum Leben um. Symbolismus ist in Wahrheit nicht darauf aus, alle Stoffmomente sich als Symbole eines Inwendigen zu unterwerfen. Eben an dieser Möglichkeit verzweifelt man und proklamiert, das Absurdum, die entfremdete Dingwelt selber, in ihrer Undurchdringlichkeit fürs Subjekt, verleihe diesem Weihe und Sinn, wenn nur das Subjekt in die Dingwelt sich auflöse. Nicht länger weiß sich Subjektivität als das beseelende Zentrum des Kosmos. Sie überliefert sich jenem Wunderbaren, das geschähe, wenn die bloßen sinnverlassenen Stoffe von sich aus die verlöschende Subjektivität beseelten. Anstatt daß die Dinge als Symbole der Subjektivität nachgäben, gibt Subjektivität nach als Symbol der Dinge, bereit, in sich selber schließlich zu dem Ding zu erstarren, zu dem sie von der Gesellschaft ohnehin gemacht wird. So ist denn der arglosen Zutraulichkeit des früheren Rilke gerade das Wort Dinge zur kultischen Formel geworden. Solche Angst meldet Erfahrungen von der Gesellschaft an, die dem unmittelbaren Blick auf diese verwehrt sind. Sie beziehen sich auf die Komposition des Individuums. Ehmals forderte Autonomie, daß die unverbrüchliche Äußerlichkeit des Objekts durch Aufnahme in den eigenen Willen überwunden werde. Der wirtschaftlich Konkurrierende bestand, indem er die Schwankungen des Marktes, wenn er schon nichts darüber vermochte, bewußt vorwegnahm. Der Dichter der Moderne läßt von der Macht der Dinge sich überwältigen wie der Outsider vom Kartell. Beide gewinnen den Schein der Sekurität: der Dichter jedoch auch die Ahnung ihres Gegenteils. Die »Chiffern, welche aufzulösen die Sprache ohnmächtig ist«[197] – nämlich die, welche sich in der Signifikation ihrer Gegenstände erschöpft –, werden Hofmannsthal zum Menetekel. Die Entfremdung der Kunst vom Leben ist doppelten Sinnes. In ihr liegt nicht bloß, daß man mit dem Bestehenden sich nicht einlassen will, während die Naturalisten immerzu in Versuchung sind, die von ihnen mit zärtlich-scharfen Künstleraugen gesehenen Abscheulichkeiten als einmal so seiende zu bejahen. Nicht weniger haben George und Hofmannsthal mit der Ordnung sich encanailliert. Aber eben als mit einer entfremdeten. Die veranstaltete Entfremdung enthüllt soviel vom Leben, wie nur ohne Theorie sich enthüllen läßt, weil das Wesen die Entfremdung selber ist. Die anderen stellen die kapitalistische Gesellschaft dar, aber lassen die Menschen fiktiv so reden, als ob sie noch miteinander reden könnten. Die ästhetischen Fiktionen sprechen den wahrhaften Monolog, den die kommunikative Rede bloß verdeckt. Die anderen erzählen Begebenheiten, als ob vom Kapitalismus sich noch erzählen ließe. Alle neuromantischen sind letzte Worte25. Die anderen bedienen sich der Psychologie als Klebemittels zwischen Innen und entfremdetem Außen, einer Psychologie, die an die gesellschaftlichen Tendenzen des Zeitalters nicht heranreicht, während sie zugleich, nach einer Bemerkung Leo Löwenthals, hinter der wissenschaftlich entwickelten seit dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts zurückbleibt [198]26. Anstelle der Psychologie tritt bei ihren ästhetischen Gegnern das unauflösliche Bild, das – wie sehr auch der Transparenz entratend – doch die Kräfte designiert, die zur Katastrophe treiben. Es ist die Konfiguration dessen, wovon die Psychologie nur abgeleitete und zerstreute Kunde gibt, so wie die Individuen, mit denen sie sich einläßt, selber nur Ableitungen des geschichtlich Wirklichen sind. Baudelaires »Petites Vieilles«, noch Georges »Täter« oder »Ihr tratet zu dem herde« stehen der Einsicht ins Zusammenbruchsgesetz näher als die unverdrossene Beschreibung von Slums und Bergwerken. Tönt in dieser dumpf das Echo des historischen Stundenschlags, so wissen jene Gedichte, was die Stunde geschlagen hat. In diesem Wissen und nicht im unerhörten Gebet zur Schönheit entspringt die Form: im Trotz. Die leidenschaftliche Bemühung um sprachlichen Ausdruck, der bannend das Banale fernhält, ist der sei's auch hoffnungslose Versuch, das Erfahrene dem tödlichsten Feind zu entziehen, der ihm in der späten bürgerlichen Gesellschaft heranwächst: dem Vergessen. Das Banale ist dem Vergessen geweiht; das Geprägte soll dauern als geheime Geschichtsschreibung. Daher die Verblendung gegen den Impressionismus: man verkennt, daß keine Macht der Erde mehr der Vergängnis standzuhalten vermag, die nicht auch selber Macht der Vergänglichkeit wäre. – Der Trotz gegen die Gesellschaft ist einer gegen deren Sprache27. Die anderen teilen die Sprache der Menschen. Sie sind »sozial«. Die Ästheten sind ihnen um so weit voraus, wie sie asozial sind28. Ihre Werke messen sich an der Erkenntnis, daß die Sprache der Menschen die Sprache ihrer Entwürdigung ist. Die Sprache ihnen rauben, der Kommunikation sich versagen, ist besser als Anpassung. Der Bürger verklärt das Daseiende als Natur und verlangt vom Mitbürger, daß er »natürlich« rede. Diese Norm wird von der ästhetischen Affektation umgestoßen. Der Affektierte redet, als wäre er sein Idol. Er macht sich damit zum billigen Ziel. Alle können ihm beweisen, er sei ihresgleichen. Er jedoch vertritt die Utopie, nicht man selber zu sein. Wohl üben die anderen Kritik an der Gesellschaft. Aber sie bleiben sich so treu wie deren Vorstellung vom Glück der eines gesunden, wohl organisierten, vernünftig eingerichteten Lebens. Die Utopie des Ästhetizismus kündigt dem Glück den Gesellschaftsvertrag. Es lebt von der antagonistischen Gesellschaft, einer Welt, »où l'action n'est pas la soeur du rêve«[199]29. Noch als gemäßigte Schüler Baudelaires haben George und Hofmannsthal das Glück dort aufgesucht, wo es verfemt ist. Vorm Verfemten sinkt ihnen das Erlaubte in nichts zusammen. Unnatur soll die vom Primat der Zeugung entstellte Vielheit des Triebes wieder herstellen, unverantwortliches Spiel den verderblichen Ernst dessen überkommen, was man bloß ist. Beide rütteln lautlos lärmend an der Identität der Person, aus deren Mauern die innerste Gefängniszelle des Bestehenden sich fügt. Was immer sie der herrschenden Gesellschaft positiv kontrastieren mögen, ist ihr untertan als Spiegel des Individuums, so wie Georges Engel dem Dichter gleicht, so wie der Liebende im ›Stern des Bundes‹ am Geliebten »mein eigen fleisch«[200] errät. Was überlebt, ist die bestimmte Negation.

 
Fußnoten

 

1 Der junge George hat die Musik noch nicht mit jenem Verdikt bedacht, das er später seinen Gehilfen zu exekutieren erlaubte, ohne sich im Beethovenspruch des ›Siebenten Ringes‹ selber daran zu kehren. Dafür ersetzt er das Wort Musik durch »Ton« oder »Töne«. Der Protest gegen ein Cliché, das der Muse ein einzelnes ästhetisches Stoffbereich zuteilt, verführt ihn dazu, die ausgebildete Kunst in ihr mythisches Urstadium romantisch zu transponieren. Dem ist dann die Doktrin des Kreises in der Tat gefolgt. Zugleich jedoch enthält die Reduktion der Musik auf Töne den Verweis auf das technische Element. Nahe verwandt ist die Gewohnheit Georges, das Wort Dichter im Plural zu bringen.

 

2 An Jacobsen, der Naturwissenschaften studierte und den Darwinismus propagierte, ehe seine literarische Produktion begann, ist das früh bemerkt worden. In einer 1898 geschriebenen, ungemein eindringlichen Einleitung zu der Ausgabe der ›Gesammelten Werke‹ bei Eugen Diederichs von 1905 sagt Marie Herzfeld: »J.P. Jacobsen ist zugleich ein traumwirrer Phantasiemensch und ein hellwacher Realist.«[201] Die Einheit beider Momente in der Komplexion der Neuromantik konnte damals noch nicht durchschaut werden. Die Verfasserin jener Einleitung befindet sich unter den vier Lesern, die Hofmannsthal am 24. August 1892 »persönlich von unsern Absichten verständigen«[202] möchte. – Der erste Band von Georges Übertragung zeitgenössischer Dichter stellt Jacobsen zu Rossetti und Swinburne.

 

3 In der Musik handhabt Berlioz, der Platzhalter des modern style in der älteren Romantik, das Orchester als Palette im Namen des imprévu. Er ist der erste Orchestertechniker. Der Begriff des imprévu geht auf Stendhal zurück. Der junge Hofmannsthal bezieht sich darauf: »Es ist nichts anderes als die suchende Sehnsucht des Stendhal nach dem ›imprévu‹; nach dem Unvorhergesehenen, nach dem, was nicht ›ekel, schal und flach und unerträglich‹ in der Liebe, im Leben.«[203] Das imprévu suspendiert die gleichförmige Mechanik des bürgerlichen Lebens und ist doch selber mechanisch hervorzubringen: durch Tricks. – Die Interpretation vor-Berliozscher Musik in Kategorien ihrer Technik gehört einem späteren Aspekt an und konnte sich erst historisch erschließen. Man wird in der Zeit Mozarts oder Beethovens schwerlich dem Wort Kompositionstechnik begegnen. Beethoven freilich begann, sich der Relevanz technischer Mittel im Gegensatz zum »Naturgenie des Komponisten« bewußt zu werden.

 

4 Die mutwillige Verfügung über die Vergänglichkeit gehört zum ältesten Inventar des Ästhetizismus. In den Diapsalmata aus Kierkegaards ›Entweder-Oder‹ heißt es 1843: »An jedem Erlebnis vollziehe ich die Taufe der Vergessenheit und weihe es der Ewigkeit der Erinnerung.«[204]

 

5 Von diesem Impuls zeugt eine Briefstelle, wo er nach ein paar Sätzen über eine Nummer der ›Blätter für die Kunst‹ fortfährt: »Verzeihen Sie dass ich den geschichtlichen teil meines briefes wieder so wenig ausdehne.«[205] Ihm wird das Vergängliche sogleich als Geschichtliches verewigt. Die Überspannung des Geschichtlichen ist die Gegenwehr gegen den Zerfall des Gegenstandes. Hofmannsthals »organische« und Georges »plastische« Formgesinnung, die man zu kontrastieren pflegt, datieren auf den gleichen geschichtsphilosophischen Sachverhalt zurück.

 

6 Der junge Hofmannsthal hat sich der Einsicht in solche Aspekte seiner Welt nicht durchaus versagt. Von Marie Bashkirtseff, der Schutzheiligen des fin du siècle, sagte er: »En attendant ist sie so hochmütig als möglich. Alles, was an Macht und Königlichkeit erinnert, berauscht sie: Die Paläste der Colonna und Sciarra; die königlichen Treppen des Vatikan; irgendein Triumphwagen in irgendeinem Museum; irgendein hochmütiges und ruhig überlegenes Wort, eine feine und legitime Arroganz. Sie selbst ist für diesen großen Stil der Vornehmheit bei aller inneren Eleganz ihres Wesens zu lebhaft und nervös; es liegt in ihrer stark betonten Sympathie dafür etwas von dem Neid, mit dem Napoleon einsah, daß er das legitime Gehen nicht erlernen könne; sie spricht zu laut und wird zu leicht heftig; auch der Ton des Tagebuchs ist lauter, weniger reserviert, als man in guter Gesellschaft gewöhnlich spricht.«[206] Man mag in diesen Sätzen ein Stück uneingestandener Selbstkritik Hofmannsthals suchen. Der Vorwurf der Lautheit zeigt eine von Proust beschriebene Urgeste des Snobs: den anderen einen Snob zu nennen[207]. Sie entspringt dem Konkurrenzmotiv. Vornehmheit verbietet dem vitalen Aufstiegswillen niemals den Gebrauch der Ellenbogen.

 

7 Am deutlichsten bei Oscar Wilde: der ›Dorian Gray‹ reklamiert l'art pour l'art und ist ein Kolportageroman. In Deutschland hat diese Tendenz auf der Bühne sich durchgesetzt. Die Vorbilder waren d'Annunzios ›Gioconda‹ und Maeterlincks ›Monna Vanna‹. Hofmannsthal hing mit der Sphäre schon vor seiner Kollaboration mit Richard Strauss zusammen. – George hat das früh erkannt und gegen Hofmannsthal den Vorwurf des Sensationalismus erhoben, insbesondere in der Kritik am ›Geretteten Venedig‹: »Das ganze neuere geschichts- und sittenstück leidet · für mich · an übelangewandtem Shakespeare. Bei ihm bildet sich die handlung aus gestalten seiner leidenschaftlichen seele · bei den heutigen aus gedanklichem: aus abwickelungen bei diesen oder jenen voraussetzungen · dort ist alles rauhe und rohe notwendigkeit – hier aber befleckende zutat oder gar kitzel ...«[208] In der Sensation kommt das technische Geheimnis des Künstlers unter die Leute. Am Sensationellen hat George selbst größeren Anteil, als die asketische Ideologie zumal der Spätwerke glauben machen möchte: keineswegs nur mit den Provokationen des ›Algabal‹, sondern noch mit einem Gedicht wie der »Porta Nigra« des ›Siebenten Ringes‹. Der römische Buhlknabe Manlius, der die moderne Zivilisation verflucht, mahnt an Hugenbergs Nachtausgabe, wenn sie gegen den Kurfürstendamm wettert. Man wirbt von alters her Bundesgenossen gegen die Verderbtheit, indem man mit dieser auf vertrautem Fuße sich zeigt.

 

8 Hofmannsthal schreibt am 5. August 1909 an Rudolf Alexander Schröder, daß er von Carossa »viel halte«[209].

 

9 Der Name des Unholden erscheint im ›Stern des Bundes‹ als Symbol für »nicht ganz gestalte kräfte«. Es liegt nahe, diese als noch jenseits der Polarität der Geschlechter vorzustellen, etwa wie die Hexen des Macbeth. Das Gedicht mißt ihnen gerade die Möglichkeit zu, welche die Epoche versäumte. »Unholdenhaft nicht ganz gestalte kräfte: / Allhörige zeit die jedes schwache poltern / Eintrug ins buch und alles staubgeblas / Vernahm nicht euer unterirdisch rollen – / Allweis und unkund des was wirklich war. /Euch trächtig von gewesnem die sie nutzen / Sich zur belebung hätte bannen können / Euch übersah sie dunkelste Verschollne .. / So seid ihr machtlos rückgestürzt in nacht / Schwelende sprühe um das innre Licht.«[210]

 

10 Borchardt kontrastiert Hofmannsthal der »zernichteten Bagage, die von keinem Hause mehr weiß als dem Kaffeehause, dem Pfandhause und dem verrufenen«[211]. Solch schändliches Lob könnte George nicht gespendet werden, davon zu schweigen, daß der Wiener Schauplatz der Freundschaft mit Hofmannsthal nach allen Zeugnissen des Briefwechsels eben das Café ist. Klagend über einen unterbliebenen Besuch Hofmannsthals findet George ein Wort, das allein genügt, ihn untauglich zu machen zur Hetze gegen den Literaten: das von der »landschaft als haus«[212]. Die chthonische Erfahrung, die es anmeldet, ist aufs tiefste verschränkt mit der des Obdachlosen. Homer hat sein ganzes Epos aus dem Heimweh dessen hervorgesponnen, der Ithaka noch einmal sehen will. Die Chthoniker von heutzutage kennen das Heimweh nicht. Sie sind immer bei sich zu Hause. In Gedichten wie der »Rückkehr« des ›Jahres der Seele‹ zeigt George ihnen sich weit überlegen: »Du wohntest lang bei fremden stämmen · / Doch unsre liebe starb dir nicht.«[213] – Solche Verse freilich verdanken sich eher dem mächtigen Kindergefühl bei Indianergeschichten als dem Gedanken an gentile Gesellschaftsformen, der dem früheren George verhaßt war: »Gegen das biderbe das Sie so erträglich finden hab ich auch wenig einzuwenden wo es den grund bildet auf dem noch etwas wachsen kann wo · Sie es aber hervorheben wird Ihnen bei näherer betrachtung klar werden dass nichts verlogener versunkener wurmstichiger sein kann als dieses derb und dumm-thun.«[214]

 

11 Baudelaire, Le Vin du Solitaire, ›Les Fleurs du Mal‹. – Von den Perfidien des verstorbenen Gundolf ist nicht die geringste die Herrichtung des Verfemten für den Nachttisch von Rechtsanwälten. In der dritten Auflage des Georgebuchs heißt es geschwollen, doch beschwichtigend: »Was jeweils Tugend, Ordnung, Macht dünkt, bedarf eines unterirdischen Tilgers, zugleich Hegers und Erneuerers, des Trägers der künftigen Gottesgeschichte. Genauer ertönt hier eine Lehre Georges, die schon der ›Siebente Ring‹ verkündet: sein Glaube an die Erneuerung der Welt aus dem Fernsten, an ihren Umbau auf dem Stein des Anstoßes, der Grundstein wird ... an den Vollzug jeder heilsamen Tat durch die jeweiligen Verbrecher, ja Zuchthäusler.«[215] Für Zwecke der Erneuerung, des Umbaus und ähnliche Kulturmaßnahmen sind Gundolf auch die Verbrecher recht, als wäre bei George an deren Zwangsarbeit gedacht und nicht ans Attentat. Georges Gehenkter ist zweideutig genug, aber er bringt immerhin noch den blutigsten Hohn für jene Sittlichkeit auf, in deren Dienst der Kommentator die Unsittlichkeit stellen möchte: »Als ich zum richtplatz kam und strenger miene / Die Herrn vom Rat mir beides: ekel zeigten / Und mitleid musst ich lachen: ›ahnt ihr nicht / Wie sehr des armen sünders ihr bedürft?‹ /Tugend – die ich verbrach – auf ihrem antlitz / Und sittiger frau und maid · sei sie auch wahr · / So strahlen kann sie nur wenn ich so fehle!«[216] Gundolf fährt fort: »In solchen Gedichten (auch der ›Täter‹ im ›Teppich des Lebens‹ gehört dazu) verrät George den Abgrund, woraus seine vielgepriesene und vielbelächelte Schönseligkeit steigt. Mit Genießertum hat sie nichts zu tun, sondern setzt – wie der griechische Apollo die Titanen, wie Dantes Paradies seine Hölle, wie Shakespeares Lustspiele seine Tragödien, den Aufenthalt in der unbarmherzigen Schrecknis voraus.«[217] Diesen aber kann der Literarhistoriker nur kurzfristig sich vorstellen. Die Unmoral wird erst zur mythischen Amoral neutralisiert und dann in den Zug positiver Entwicklung als eben die Schwelle eingefügt, deren Begriff George als idealistisch verworfen hat. Einzig als Ausflugsort wird die Hölle in der Landkarte des »gotthaft gestaltigen Seins«[218] verzeichnet.

 

12 An das Wort des Pagen glaubt Borchardt in der Rede über Hofmannsthal die Verteidigung vor dem Vorwurf des Ästhetizismus anschließen zu müssen: »Er, den man als ›bildungssatten Décadent‹, als ästhetenhaften Klängehascher abzutun vermeint, – denn dafür wagt das dummdreiste Gezücht, das bei uns Bücher und Theater beurteilt, ihn immer noch auszugeben – ist seit Goethe der erste deutsche Dichter, der einem selbstdurchlittenen problematischen Zustande durch den Ernst der Vertiefung, die Gewalt der Vision und die Verbindung mit allem höheren Dasein seiner Zeit Allgemeingültigkeit und völligen Kunstwert zu geben gewußt hat.«[219] So armselig der Vorwurf, gegen den Borchardt zu Felde zieht, Begriffe wie Ernst der Vertiefung und höheres Dasein sind ihm nicht überlegen. Hofmannsthal ist nicht vor der Verleumdung in Schutz zu nehmen, er sei ein Ästhet: zu retten ist der Ästhetizismus selber. Leicht genug könnte sich herausstellen, daß die von Borchardt so genannten »moralischen Dramen«, wie ›Der Tor und der Tod‹ und ›Der Kaiser und die Hexe‹, in denen der Schein thematisch und eben jenem »Ernst der Vertiefung« zur Korrektur überantwortet wird, in Wahrheit den Verrat Hofmannsthals an seiner tragenden Erfahrung darstellen, gar nicht so verschieden von der Wendung Georges seit dem ›Teppich‹.

 

13 George bietet dazu ein Seitenstück. Die Beschreibung der Anemonen am Ende von »Betrübt als führten sie zum totenanger«: »Und sind wie seelen die im morgengrauen / Der halberwachten wünsche und im herben / Vorfrühjahrwind voll lauerndem verderben /Sich ganz zu öffnen noch nicht recht getrauen«[220] nimmt in ihrer letzten Zeile akustisch fast den rheinischen Tonfall an, der dem Dichter mag eigen gewesen sein.

 

14 Das Sich selbst Zuhören Hofmannsthals tendiert zur Anpreisung. Gelegentlich schließen Gedichte die Augen und schmecken sich mit der Zunge ab, als wollten sie ihr Unvergleichliches empfehlen. Nach den Zeilen: »Dein Antlitz war mit Träumen ganz beladen. / Ich schwieg und sah dich an mit stummem Beben« folgt der Satz: »Wie stieg das auf!«[221] Er wird dreimal wiederholt.

 

15 Sie bedingt den Ton der zweiten Naivetät in Hofmannsthals Dichtung. Ihr Begriff gehört Jacobsen an. Er findet sich in der kleinen Prosa ›Es hätten Rosen da sein müssen‹ (1881), einer Schatzkammer Hofmannsthalscher Motive. Die Personen des »Proverbs«, das zu einem südlichen Garten geträumt wird, sind zwei Pagen. Deren Beschreibung springt über zu der der beiden Schauspielerinnen, die die Pagen geben. »Die Schauspielerin, welche der jüngere von den Pagen sein soll, ist in dünner Seide, die ganz dicht anschließt und die blaßblau ist, mit eingewebten, heraldischen Lilien aus lichtestem Gold. Das und dann so viele Spitzen als anzubringen möglich, ist das hervorstechendste an der Tracht, die nicht so sehr auf ein bestimmtes Jahrhundert hinweisen, als die jugendlich volle Figur, das prachtvolle blonde Haar und den durchsichtigen Teint hervorheben will. Sie ist verheiratet, aber es währte bloß anderthalb Jahre; dann wurde sie von ihrem Manne geschieden, und soll sich gegen ihn durchaus nicht gut aufgeführt haben. Und das mag schon sein; allein etwas Unschuldigeres kann man nicht leicht vor seinen Augen sehen. Das will sagen, es ist ja nicht jene ungemein niedliche Unschuld aus erster Hand, die gewiß auch ihr Ansprechendes hat; es ist im Gegenteil jene soignierte, wohl entwickelte Unschuld, in der kein Mensch sich irren kann und die Einem geradewegs in's Herz geht und Einen gefangen nimmt mit all der Macht, die einmal dem Vollendeten gegeben ist.«[222]

 

16 Diese Einsicht ist, wie sehr auch lebensphilosophisch verdorben, von Hofmannsthal im Chandosbrief formuliert worden: »Mein Fall ist, in Kürze, dieser: Es ist mir völlig die Fähigkeit abhanden gekommen, über irgend etwas zusammenhängend zu denken oder zu sprechen. Zuerst wurde es mir allmählich unmöglich, ein höheres oder allgemeineres Thema zu besprechen und dabei jene Worte in den Mund zu nehmen, deren sich doch alle Menschen ohne Bedenken geläufig zu bedienen pflegen. Ich empfand ein unerklärliches Unbehagen, die Worte ›Geist‹, ›Seele‹ oder ›Körper‹ nur auszusprechen ... Die abstrakten Worte, deren sich doch die Zunge naturgemäß bedienen muß, um irgendwelches Urteil an den Tag zu geben, zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.«[223]

 

17 Noch am 26. März 1896 schreibt George an Hofmannsthal: »wer weiss ob ich – wenn ich Sie nicht oder Gérardy als dichter gefunden hätte – in meiner muttersprache weitergedichtet hätte!«[224]; noch Februar 1893 hat er im ›Floréal‹ die ursprünglich französische Fassung eines Gedichtes publiziert. Der treudeutsche Gundolf hat davon nichts wissen wollen: »Wenn man ihn als Jünger der französischen Parnassiens und Symbolisten in die ›Richtung‹ Swinburnes oder d'Annunzios eingereiht hat, so verwechselt man die Oberfläche mit dem Grund: diese Dichter waren für ihn – einerlei was sie ihrem Land als Literaturrichtungen bedeuten, welche Motive oder Techniken sie brachten – lediglich willkommen als die damals dichtesten, reinsten und feinsten Sprachkomplexe ihres Volkes. Baudelaires Höllenweihe und Verlaines Endschafts-anmut und Müdigkeit, d'Annunzios Sinnenprunk, Swinburnes rauschende Seelenwoge, Rossettis keltisch-italische schwermütige Glut, selbst die Poesie seiner persönlichen Freunde Verwey und Lieder, gingen ihn nur insofern an, als sie die Sprache um neue Massen, Gewichte, Widerstände, Bewegungen, Tiefen und Lichter bereicherten. Es ist ein Literatenmißverständnis, wenn man nachher auf Georges Spuren all diese Dichter als ›Richtungen‹ oder Seelenwerte, als Stimmung oder Manier importierte, und ihren ersten Vermittler als Jünger ihrer Gesinnung ansah.«[225] Nur Dilettanten vermögen den dichterischen »Grund« von bloßen »Motiven oder Techniken« abzuheben; nur Banausen bringen den Namen Baudelaires nicht über die Lippen, ohne den Verlaines mitzuplappern.

 

18 Es wird dem Entschluß – und in letzter Instanz der politischen Aktion – von George zugemutet, was gerade nicht Sache des Entschlusses sein kann: die Präsenz des Gewesenen. Damit aber wandelt sich der Entschluß in den Feind dessen, wozu man sich entschließt. Die Neuchthoniker haben vergessen, daß Rumpelstilzchen sich in Stücke reißt, sobald ihm sein Name vorgehalten wird. Solches Unheil bereitet der agitatorische Kult der Ursprungsmächte. George und Klages nehmen darin verhängnisvolle Tendenzen des Nationalsozialismus vorweg. Unablässig zerstören die Mythologen, was sie für ihre Substanz halten, durch Benennung. Sie waren die Herolde des Ausverkaufs vorgeblicher Urworte wie Tod, Innerlichkeit und Echtheit, der dann im Dritten Reich Platz griff. Die Phänomenologie, welche die Wesenheiten gewissermaßen ausstellt, hat ebenfalls für diesen Ausverkauf gute Vorarbeit geleistet. Das Buch ›Die Transzendenz des Erkennens‹ von Frau Edith Landmann stellt zwischen der Georgeschen und der phänomenologischen Schule die Verbindung her.

 

19 In der Vorstellung des Zwanges, der der »großen Nährerin« widerfahren soll, tritt George in so bestimmten Gegensatz zu Klages, wie er diesem durch die neuheidnische Invokation der Erde ähnlich bleibt. So schwankend war seine Stellung zu Klages insgesamt. Im Briefwechsel mit Hofmannsthal verteidigt er den Pelasger. Hofmannsthal hatte bereits 1902 die bizarre Inkonsistenz zwischen der pedantischen Nüchternheit des Ausdrucks und dem Dogma des Rausches erkannt, welche die Klagessche Philosophie unablässig desavouiert und der Kostümfestlyrik von Alfred Schuler nahebringt: »Aber ich muß offen gestehen, daß mir in Klages' Schrift über Sie an unendlich wichtigen Stellen der Ausdruck, also die Kraft das Innerlich-geschaute zu verleiblichen, peinlich zurückzubleiben schien. Es fanden sich da Metaphern, die ich zu vergessen trachte.«[226] Georges Antwort darauf ist recht allgemein: »Wegen K. und seinem Buch lassen Sie mich heut nur sagen dass wir uns da auf würdigem streit-boden befinden. Er ist ein Edler der für höchste werte glüht aber auch ein titan der blöcke entgegen wälzt.«[227] Im ›Stern des Bundes‹ von 1913 wird den Chthonikern eine Absage erteilt, die auf den gleichen Nationalsozialismus auftrifft, dessen Sprachbereich sie selber angehört: »Ihr habt fürs recken-alter nur bestimmte / Und nacht der urwelt später nicht bestand. / Dann müsst ihr euch in fremde gaue wälzen /Eur kostbar tierhaft kindhaft blut verdirbt / Wenn ihrs nicht mischt im reich von korn und wein. / Ihr winkt im andren fort · nicht mehr durch euch · / Hellhaarige schar! wisst dass eur eigner Gott / Meist kurz vorm siege meuchlings euch durchbohrt.«[228] Der Dialog von Mensch und Drud jedoch im ›Neuen Reich‹ ist in der Tendenz von Klages nicht mehr zu unterscheiden. Je mehr die von George abstrakt verherrlichte Tat in tödlich politische Praxis überging, um so notwendiger bedurfte sie der unverstörten Natur und des »Lebens« als Ideologie.

 

20 »Je suis comme le roi d'un pays pluvieux, / Riche, mais impuissant, jeune et pourtant très-vieux.« Das Gedicht ist von George übersetzt[229].

 

21 Der Briefentwurf ist von 1897. Damals erschien das ›Jahr der Seele‹. Man mag die Wendung vom ›Buch der Hängenden Gärten‹ zum ›Jahr der Seele‹ mit dem Gedanken an die Technik des Erfolgs wohl in Zusammenhang bringen. Die Wendung hat ihr Vorbild an Verlaine, dem das ›Jahr der Seele‹ Entscheidendes verdankt. Der Titel »Traurige Tänze«, Gedichte wie »Es winkte der abendhauch« mit den Schlußzeilen: »Meine trübste stunde / Nun kennest du sie auch«[230] sind ohne Verlaine nicht zu denken. Die Lobrede aus ›Tage und Taten‹ beschreibt den für George maßgeblichen Vorgang: »Nach seinen ersten Saturnischen Gedichten wo der jüngling in persischem und päpstlichem prunke sich berauscht · aber noch gewohnte parnassische Klänge spielt · führt er uns in seinen eigenen rokokogarten der Galanten Feste wo gepuderte ritter und geschminkte damen sich ergehen oder zu zierlichen gitarren tanzen · wo stille paare in kähnen rudern und kleine mädchen in versteckten gängen lüstern zu den nackten marmorgöttern aufblicken. Über dieses leichte lockende Frankreich aber haucht er eine nie empfundene luft peinigender innerlichkeit und leichenhafter schwermut ... Was aber ein ganzes dichtergeschlecht am meisten ergriffen hat das sind die Lieder ohne Worte – strofen des wehen und frohen lebens .. hier hörten wir zum erstenmal frei von allem redenden beiwerk unsre seele von heute pochen: wussten dass es keines kothurns und keiner maske mehr bedürfe und dass die einfache flöte genüge um den menschen das tiefste zu verraten. Eine farbe zaubert gestalten hervor indes drei spärliche striche die landschaft bilden und ein schüchterner klang das erlebnis gibt.«[231] Die Wendung besteht im Versuch, dem Interieur zu entweichen und die »landschaft als haus« zu betreten. Sie involviert die äußerste Vereinfachung der Mittel: die Sprache des ganz Einsamen tönt als Echo der vergessenen Sprache aller. Diese Vereinfachung eröffnet nochmals die Lyrik einem Leserkreise: der ganz Einsame aber ist der Diktator derer, die ihm gleichen (vgl. Walter Benjamin, Über einige Motive bei Baudelaire, in: Schriften, Frankfurt a.M. 1955, Bd. 1, S. 426ff.).

 

22 Borchardts Kritik hat der Georgeschen Schule gegenüber den Standpunkt des Ultrarechten eingenommen. Er erlaubt zuweilen materialistische Durchblicke. Der bedeutende Aufsatz über die toskanische Villa entwickelt diese als Kunstform aus den ökonomischen Voraussetzungen der Pachtherrschaft.

 

23 Aber auch in anderen Sphären, von der Bayreuther Runde bis zu den Psychoanalytikern, haben sich um die gleiche Zeit sektenhafte Gruppen formiert. Bei divergierendem Inhalt zeigen sich auffallende Übereinstimmungen im Bau. Gemeinsam ist ihnen ein mehrdeutiger Begriff von Reinigung und Erneuerung, der die Resistenz gegen das Bestehende vortäuscht und zugleich vereitelt. Politische Solidarität wird vom Glauben an die Panazee ersetzt. Die Realitätsgerechtigkeit solcher Katharsis bewährte sich im Guerillakrieg der Konkurrenz ebenso wie im Einparteiensystem.

 

24 Nochmals ist an Marie Bashkirtseff zu erinnern. Sie war ohne die leiseste Beziehung zur avancierten Kunst. Ihr malerischer Horizont war durch den Salon bestimmt; bewundert hat sie Bastien-Lepage. Ihre Bilder sind wie frühe Ansichtskarten. Mit jener Offenheit, die dem Geständniszwang gleichkommt und die zumal die gesunde Erfolgsgier der Kranken preisgibt, charakterisiert sie sich gelegentlich selber als rohe und ignorante Barbarin[232]. Ihr Urteil über besuchte Kunststätten ist das der Bildungsreisenden; zur Wahrnehmung von Nuancen ist sie unfähig, da sie alles, was ihr begegnet, brutal ihrem Geltungsinteresse subsumiert. Das hat nicht verhindert, daß die Mischung von Machtkult, Naivetät und Morbidezza, die sie zur Schau stellt, sie zur Heroine einer Bewegung machte, mit der sie sachlich nichts gemeinsam hat.

 

25 Der Testamentsvollstrecker war Wedekind. Sein Dialog beruht auf dem Prinzip, daß kein Sprecher je den anderen versteht. Wedekinds Stücke sind Mißverständnisse in Permanenz. Darauf hat erstaunlicherweise Max Halbe in seinen Memoiren hingewiesen. Die dramatischen Personen nähern als Akrobaten den Mechanismen sich an. Sie können bereits nicht mehr sprechen – daher das tiefe Recht des Wedekindschen Papierdeutschs –, wissen es aber noch nicht.

 

26 Hofmannsthal, der mit Schnitzler befreundet war, hat der Psychoanalyse Interesse entgegengebracht, ohne daß sie doch in seine Werke eingegangen wäre. Vom psychologischen Roman hat er sich ferngehalten. Die Georgesche Schule vollends ist anti-psychologistisch gleich der Phänomenologie.

 

27 Daher die Vormacht der Übersetzung von Rossetti und Baudelaire bis George und Borchardt. Sie alle suchen die eigene Sprache vorm Fluch des Banalen zu retten, indem sie sie von der fremden her visieren und ihre Alltäglichkeit unterm Gorgonenblick der Fremdheit erstarren lassen; jedes Gedicht von Baudelaire so gut wie von George ist der eigenen Sprachform nach am Ideal der Übersetzung einzig zu messen[233].

 

28 Freilich nur um so weit; solange sie den Anstoß der »Entartung« bieten, die ihnen seit Max Nordaus Buch vorgeworfen worden ist[234]. Jede Wendung ins Positive ist in der Tat Verfall. Ein Beleg für viele: das große Baudelairesche Motiv der Unfruchtbarkeit. Die Unfruchtbare entzieht sich dem Generationszusammenhang der verhaßten Gesellschaft. Von Baudelaire wird sie mit der Lesbierin und der Dirne gefeiert. Er vergleicht die froide majesté de la femme stérile[235] mit dem nutzlosen Sternenlicht, das dem Umkreis der gesellschaftlichen Zwecke entrückt ist. Hofmannsthal übernimmt das Motiv, um es ins Staatserhaltende und zugleich Triviale zu wenden. Von »allen diesen Dingen / Und ihrer Schönheit – die unfruchtbar war«[236], sagt er sich um der Geliebten willen los. In der ›Frau ohne Schatten‹ ist Unfruchtbarkeit ein Fluch, von dem erlöst werden soll.

 

29 George übersetzt: »Ich fliehe wahrlich gerne dies geschlecht / Das traum und tat sich zu verbinden wehrte.«[237] Die Übersetzung ist ein Verrat. Baudelaire spricht vom monde, der Gesamtverfassung der Wirklichkeit, die den Traum vom tätigen Handeln fernhält. George macht daraus das »geschlecht«, als ob es sich um einen Abfall, um »Dekadenz« handelte, wo die Baudelairesche Revolte das Prinzip der Ordnung selber trifft. Bei George tritt an Stelle des Aufruhrs jene »Erneuerung«, die dem »Geschlecht« allemal sich assoziiert.

 

 
Gesammelte Werke
adorno-theodor-w.xml
adorno-theodor-w-0000001-0000001.xml
adorno-theodor-w-0000002-0000023.xml
adorno-theodor-w-0000024-0000024.xml
adorno-theodor-w-0000025-0000025.xml
adorno-theodor-w-0000026-0000028.xml
adorno-theodor-w-0000029-0000037.xml
adorno-theodor-w-0000038-0000124.xml
adorno-theodor-w-0000125-0000130.xml
adorno-theodor-w-0000131-0000147.xml
adorno-theodor-w-0000148-0000148.xml
adorno-theodor-w-0000149-0000151.xml
adorno-theodor-w-0000152-0000187.xml
adorno-theodor-w-0000188-0000271.xml
adorno-theodor-w-0000272-0000342.xml
adorno-theodor-w-0000343-0000382.xml
adorno-theodor-w-0000383-0000457.xml
adorno-theodor-w-0000458-0000515.xml
adorno-theodor-w-0000516-0000553.xml
adorno-theodor-w-0000554-0000632.xml
adorno-theodor-w-0000633-0000638.xml
adorno-theodor-w-0000639-0000646.xml
adorno-theodor-w-0000647-0000647.xml
adorno-theodor-w-0000648-0000652.xml
adorno-theodor-w-0000653-0000701.xml
adorno-theodor-w-0000702-0000755.xml
adorno-theodor-w-0000756-0000803.xml
adorno-theodor-w-0000804-0000844.xml
adorno-theodor-w-0000845-0000888.xml
adorno-theodor-w-0000889-0000927.xml
adorno-theodor-w-0000928-0000971.xml
adorno-theodor-w-0000972-0001004.xml
adorno-theodor-w-0001005-0001039.xml
adorno-theodor-w-0001040-0001079.xml
adorno-theodor-w-0001080-0001084.xml
adorno-theodor-w-0001085-0001086.xml
adorno-theodor-w-0001087-0001088.xml
adorno-theodor-w-0001089-0001092.xml
adorno-theodor-w-0001093-0001104.xml
adorno-theodor-w-0001105-0001175.xml
adorno-theodor-w-0001176-0001244.xml
adorno-theodor-w-0001245-0001315.xml
adorno-theodor-w-0001316-0001400.xml
adorno-theodor-w-0001401-0001476.xml
adorno-theodor-w-0001477-0001576.xml
adorno-theodor-w-0001577-0001577.xml
adorno-theodor-w-0001578-0001641.xml
adorno-theodor-w-0001642-0001643.xml
adorno-theodor-w-0001644-0001645.xml
adorno-theodor-w-0001646-0001653.xml
adorno-theodor-w-0001654-0001751.xml
adorno-theodor-w-0001752-0001795.xml
adorno-theodor-w-0001796-0001894.xml
adorno-theodor-w-0001895-0001955.xml
adorno-theodor-w-0001956-0002055.xml
adorno-theodor-w-0002056-0002146.xml
adorno-theodor-w-0002147-0002177.xml
adorno-theodor-w-0002178-0002178.xml
adorno-theodor-w-0002179-0002179.xml
adorno-theodor-w-0002180-0002246.xml
adorno-theodor-w-0002247-0002326.xml
adorno-theodor-w-0002327-0002385.xml
adorno-theodor-w-0002386-0002485.xml
adorno-theodor-w-0002486-0002583.xml
adorno-theodor-w-0002584-0002587.xml
adorno-theodor-w-0002588-0002666.xml
adorno-theodor-w-0002667-0002717.xml
adorno-theodor-w-0002718-0002817.xml
adorno-theodor-w-0002818-0002822.xml
adorno-theodor-w-0002823-0002823.xml
adorno-theodor-w-0002824-0002824.xml
adorno-theodor-w-0002825-0002828.xml
adorno-theodor-w-0002829-0002919.xml
adorno-theodor-w-0002920-0002981.xml
adorno-theodor-w-0002982-0003041.xml
adorno-theodor-w-0003042-0003120.xml
adorno-theodor-w-0003121-0003162.xml
adorno-theodor-w-0003163-0003163.xml
adorno-theodor-w-0003164-0003198.xml
adorno-theodor-w-0003199-0003298.xml
adorno-theodor-w-0003299-0003311.xml
adorno-theodor-w-0003312-0003410.xml
adorno-theodor-w-0003411-0003414.xml
adorno-theodor-w-0003415-0003499.xml
adorno-theodor-w-0003500-0003518.xml
adorno-theodor-w-0003519-0003519.xml
adorno-theodor-w-0003520-0003524.xml
adorno-theodor-w-0003525-0003526.xml
adorno-theodor-w-0003527-0003626.xml
adorno-theodor-w-0003627-0003720.xml
adorno-theodor-w-0003721-0003726.xml
adorno-theodor-w-0003727-0003727.xml
adorno-theodor-w-0003728-0003811.xml
adorno-theodor-w-0003812-0003911.xml
adorno-theodor-w-0003912-0004007.xml
adorno-theodor-w-0004008-0004013.xml
adorno-theodor-w-0004014-0004113.xml
adorno-theodor-w-0004114-0004196.xml
adorno-theodor-w-0004197-0004241.xml
adorno-theodor-w-0004242-0004341.xml
adorno-theodor-w-0004342-0004371.xml
adorno-theodor-w-0004372-0004465.xml
adorno-theodor-w-0004466-0004540.xml
adorno-theodor-w-0004541-0004611.xml
adorno-theodor-w-0004612-0004626.xml
adorno-theodor-w-0004627-0004715.xml
adorno-theodor-w-0004716-0004735.xml
adorno-theodor-w-0004736-0004742.xml
adorno-theodor-w-0004743-0004743.xml
adorno-theodor-w-0004744-0004744.xml
adorno-theodor-w-0004745-0004762.xml
adorno-theodor-w-0004763-0004800.xml
adorno-theodor-w-0004801-0004877.xml
adorno-theodor-w-0004878-0004890.xml
adorno-theodor-w-0004891-0004941.xml
adorno-theodor-w-0004942-0004983.xml
adorno-theodor-w-0004984-0005035.xml
adorno-theodor-w-0005036-0005068.xml
adorno-theodor-w-0005069-0005108.xml
adorno-theodor-w-0005109-0005145.xml
adorno-theodor-w-0005146-0005158.xml
adorno-theodor-w-0005159-0005218.xml
adorno-theodor-w-0005219-0005250.xml
adorno-theodor-w-0005251-0005347.xml
adorno-theodor-w-0005348-0005375.xml
adorno-theodor-w-0005376-0005376.xml
adorno-theodor-w-0005377-0005409.xml
adorno-theodor-w-0005410-0005444.xml
adorno-theodor-w-0005445-0005452.xml
adorno-theodor-w-0005453-0005471.xml
adorno-theodor-w-0005472-0005517.xml
adorno-theodor-w-0005518-0005528.xml
adorno-theodor-w-0005529-0005543.xml
adorno-theodor-w-0005544-0005571.xml
adorno-theodor-w-0005572-0005608.xml
adorno-theodor-w-0005609-0005635.xml
adorno-theodor-w-0005636-0005643.xml
adorno-theodor-w-0005644-0005698.xml
adorno-theodor-w-0005699-0005709.xml
adorno-theodor-w-0005710-0005724.xml
adorno-theodor-w-0005725-0005757.xml
adorno-theodor-w-0005758-0005787.xml
adorno-theodor-w-0005788-0005788.xml
adorno-theodor-w-0005789-0005789.xml
adorno-theodor-w-0005790-0005838.xml
adorno-theodor-w-0005839-0005923.xml
adorno-theodor-w-0005924-0005975.xml
adorno-theodor-w-0005976-0006025.xml
adorno-theodor-w-0006026-0006026.xml
adorno-theodor-w-0006027-0006086.xml
adorno-theodor-w-0006087-0006092.xml
adorno-theodor-w-0006093-0006129.xml
adorno-theodor-w-0006130-0006169.xml
adorno-theodor-w-0006170-0006176.xml
adorno-theodor-w-0006177-0006185.xml
adorno-theodor-w-0006186-0006204.xml
adorno-theodor-w-0006205-0006212.xml
adorno-theodor-w-0006213-0006217.xml
adorno-theodor-w-0006218-0006309.xml
adorno-theodor-w-0006310-0006335.xml
adorno-theodor-w-0006336-0006344.xml
adorno-theodor-w-0006345-0006444.xml
adorno-theodor-w-0006445-0006449.xml
adorno-theodor-w-0006450-0006511.xml
adorno-theodor-w-0006512-0006552.xml
adorno-theodor-w-0006553-0006571.xml
adorno-theodor-w-0006572-0006615.xml
adorno-theodor-w-0006616-0006653.xml
adorno-theodor-w-0006654-0006654.xml
adorno-theodor-w-0006655-0006655.xml
adorno-theodor-w-0006656-0006661.xml
adorno-theodor-w-0006662-0006670.xml
adorno-theodor-w-0006671-0006676.xml
adorno-theodor-w-0006677-0006681.xml
adorno-theodor-w-0006682-0006697.xml
adorno-theodor-w-0006698-0006716.xml
adorno-theodor-w-0006717-0006727.xml
adorno-theodor-w-0006728-0006738.xml
adorno-theodor-w-0006739-0006750.xml
adorno-theodor-w-0006751-0006783.xml
adorno-theodor-w-0006784-0006790.xml
adorno-theodor-w-0006791-0006817.xml
adorno-theodor-w-0006818-0006848.xml
adorno-theodor-w-0006849-0006849.xml
adorno-theodor-w-0006850-0006855.xml
adorno-theodor-w-0006856-0006873.xml
adorno-theodor-w-0006874-0006878.xml
adorno-theodor-w-0006879-0006884.xml
adorno-theodor-w-0006885-0006896.xml
adorno-theodor-w-0006897-0006933.xml
adorno-theodor-w-0006934-0006977.xml
adorno-theodor-w-0006978-0007003.xml
adorno-theodor-w-0007004-0007045.xml
adorno-theodor-w-0007046-0007107.xml
adorno-theodor-w-0007108-0007152.xml
adorno-theodor-w-0007153-0007177.xml
adorno-theodor-w-0007178-0007215.xml
adorno-theodor-w-0007216-0007224.xml
adorno-theodor-w-0007225-0007225.xml
adorno-theodor-w-0007226-0007288.xml
adorno-theodor-w-0007289-0007311.xml
adorno-theodor-w-0007312-0007317.xml
adorno-theodor-w-0007318-0007346.xml
adorno-theodor-w-0007347-0007354.xml
adorno-theodor-w-0007355-0007385.xml
adorno-theodor-w-0007386-0007386.xml
adorno-theodor-w-0007387-0007387.xml
adorno-theodor-w-0007388-0007421.xml
adorno-theodor-w-0007422-0007447.xml
adorno-theodor-w-0007448-0007490.xml
adorno-theodor-w-0007491-0007533.xml
adorno-theodor-w-0007534-0007577.xml
adorno-theodor-w-0007578-0007603.xml
adorno-theodor-w-0007604-0007629.xml
adorno-theodor-w-0007630-0007679.xml
adorno-theodor-w-0007680-0007702.xml
adorno-theodor-w-0007703-0007782.xml
adorno-theodor-w-0007783-0007808.xml
adorno-theodor-w-0007809-0007870.xml
adorno-theodor-w-0007871-0007871.xml
adorno-theodor-w-0007872-0007889.xml
adorno-theodor-w-0007890-0007901.xml
adorno-theodor-w-0007902-0007922.xml
adorno-theodor-w-0007923-0007930.xml
adorno-theodor-w-0007931-0007936.xml
adorno-theodor-w-0007937-0007947.xml
adorno-theodor-w-0007948-0007962.xml
adorno-theodor-w-0007963-0007973.xml
adorno-theodor-w-0007974-0007989.xml
adorno-theodor-w-0007990-0007996.xml
adorno-theodor-w-0007997-0008013.xml
adorno-theodor-w-0008014-0008049.xml
adorno-theodor-w-0008050-0008056.xml
adorno-theodor-w-0008057-0008094.xml
adorno-theodor-w-0008095-0008108.xml
adorno-theodor-w-0008109-0008145.xml
adorno-theodor-w-0008146-0008232.xml
adorno-theodor-w-0008233-0008313.xml
adorno-theodor-w-0008314-0008381.xml
adorno-theodor-w-0008382-0008385.xml
adorno-theodor-w-0008386-0008401.xml
adorno-theodor-w-0008402-0008419.xml
adorno-theodor-w-0008420-0008457.xml
adorno-theodor-w-0008458-0008467.xml
adorno-theodor-w-0008468-0008485.xml
adorno-theodor-w-0008486-0008515.xml
adorno-theodor-w-0008516-0008544.xml
adorno-theodor-w-0008545-0008563.xml
adorno-theodor-w-0008564-0008625.xml
adorno-theodor-w-0008626-0008707.xml
adorno-theodor-w-0008708-0008732.xml
adorno-theodor-w-0008733-0008762.xml
adorno-theodor-w-0008763-0008789.xml
adorno-theodor-w-0008790-0008806.xml
adorno-theodor-w-0008807-0008807.xml
adorno-theodor-w-0008808-0008907.xml
adorno-theodor-w-0008908-0009001.xml
adorno-theodor-w-0009002-0009049.xml
adorno-theodor-w-0009050-0009145.xml
adorno-theodor-w-0009146-0009205.xml
adorno-theodor-w-0009206-0009255.xml
adorno-theodor-w-0009256-0009326.xml
adorno-theodor-w-0009327-0009396.xml
adorno-theodor-w-0009397-0009469.xml
adorno-theodor-w-0009470-0009534.xml
adorno-theodor-w-0009535-0009612.xml
adorno-theodor-w-0009613-0009613.xml
adorno-theodor-w-0009614-0009647.xml
adorno-theodor-w-0009648-0009661.xml
adorno-theodor-w-0009662-0009683.xml
adorno-theodor-w-0009684-0009716.xml
adorno-theodor-w-0009717-0009736.xml
adorno-theodor-w-0009737-0009762.xml
adorno-theodor-w-0009763-0009776.xml
adorno-theodor-w-0009777-0009789.xml
adorno-theodor-w-0009790-0009806.xml
adorno-theodor-w-0009807-0009807.xml
adorno-theodor-w-0009808-0009812.xml
adorno-theodor-w-0009813-0009825.xml
adorno-theodor-w-0009826-0009829.xml
adorno-theodor-w-0009830-0009841.xml
adorno-theodor-w-0009842-0009853.xml
adorno-theodor-w-0009854-0009859.xml
adorno-theodor-w-0009860-0009865.xml
adorno-theodor-w-0009866-0009875.xml
adorno-theodor-w-0009876-0009886.xml
adorno-theodor-w-0009887-0009893.xml
adorno-theodor-w-0009894-0009897.xml
adorno-theodor-w-0009898-0009905.xml
adorno-theodor-w-0009906-0009911.xml
adorno-theodor-w-0009912-0009924.xml
adorno-theodor-w-0009925-0009931.xml
adorno-theodor-w-0009932-0009941.xml
adorno-theodor-w-0009942-0009952.xml
adorno-theodor-w-0009953-0009957.xml
adorno-theodor-w-0009958-0009981.xml
adorno-theodor-w-0009982-0009982.xml
adorno-theodor-w-0009983-0009986.xml
adorno-theodor-w-0009987-0009991.xml
adorno-theodor-w-0009992-0010030.xml
adorno-theodor-w-0010031-0010109.xml
adorno-theodor-w-0010110-0010189.xml
adorno-theodor-w-0010190-0010289.xml
adorno-theodor-w-0010290-0010316.xml
adorno-theodor-w-0010317-0010321.xml
adorno-theodor-w-0010322-0010324.xml
adorno-theodor-w-0010325-0010332.xml
adorno-theodor-w-0010333-0010334.xml
adorno-theodor-w-0010335-0010335.xml
adorno-theodor-w-0010336-0010434.xml
adorno-theodor-w-0010435-0010528.xml
adorno-theodor-w-0010529-0010573.xml
adorno-theodor-w-0010574-0010672.xml
adorno-theodor-w-0010673-0010769.xml
adorno-theodor-w-0010770-0010864.xml
adorno-theodor-w-0010865-0010865.xml
adorno-theodor-w-0010866-0010868.xml
adorno-theodor-w-0010869-0010885.xml
adorno-theodor-w-0010886-0010941.xml
adorno-theodor-w-0010942-0010953.xml
adorno-theodor-w-0010954-0010966.xml
adorno-theodor-w-0010967-0010972.xml
adorno-theodor-w-0010973-0010980.xml
adorno-theodor-w-0010981-0010995.xml
adorno-theodor-w-0010996-0011008.xml
adorno-theodor-w-0011009-0011017.xml
adorno-theodor-w-0011018-0011041.xml
adorno-theodor-w-0011042-0011052.xml
adorno-theodor-w-0011053-0011078.xml
adorno-theodor-w-0011079-0011097.xml
adorno-theodor-w-0011098-0011111.xml
adorno-theodor-w-0011112-0011146.xml
adorno-theodor-w-0011147-0011149.xml
adorno-theodor-w-0011150-0011152.xml
adorno-theodor-w-0011153-0011184.xml
adorno-theodor-w-0011185-0011192.xml
adorno-theodor-w-0011193-0011193.xml
adorno-theodor-w-0011194-0011195.xml
adorno-theodor-w-0011196-0011202.xml
adorno-theodor-w-0011203-0011265.xml
adorno-theodor-w-0011266-0011292.xml
adorno-theodor-w-0011293-0011365.xml
adorno-theodor-w-0011366-0011401.xml
adorno-theodor-w-0011402-0011429.xml
adorno-theodor-w-0011430-0011470.xml
adorno-theodor-w-0011471-0011551.xml
adorno-theodor-w-0011552-0011640.xml
adorno-theodor-w-0011641-0011740.xml
adorno-theodor-w-0011741-0011816.xml
adorno-theodor-w-0011817-0011915.xml
adorno-theodor-w-0011916-0011935.xml
adorno-theodor-w-0011936-0011937.xml
adorno-theodor-w-0011938-0011938.xml
adorno-theodor-w-0011939-0011939.xml
adorno-theodor-w-0011940-0011943.xml
adorno-theodor-w-0011944-0011947.xml
adorno-theodor-w-0011948-0011976.xml
adorno-theodor-w-0011977-0011995.xml
adorno-theodor-w-0011996-0012017.xml
adorno-theodor-w-0012018-0012040.xml
adorno-theodor-w-0012041-0012080.xml
adorno-theodor-w-0012081-0012119.xml
adorno-theodor-w-0012120-0012152.xml
adorno-theodor-w-0012153-0012183.xml
adorno-theodor-w-0012184-0012187.xml
adorno-theodor-w-0012188-0012196.xml
adorno-theodor-w-0012197-0012198.xml
adorno-theodor-w-0012199-0012204.xml
adorno-theodor-w-0012205-0012248.xml
adorno-theodor-w-0012249-0012329.xml
adorno-theodor-w-0012330-0012417.xml
adorno-theodor-w-0012418-0012478.xml
adorno-theodor-w-0012479-0012531.xml
adorno-theodor-w-0012532-0012587.xml
adorno-theodor-w-0012588-0012589.xml
adorno-theodor-w-0012590-0012593.xml
adorno-theodor-w-0012594-0012596.xml
adorno-theodor-w-0012597-0012597.xml
adorno-theodor-w-0012598-0012696.xml
adorno-theodor-w-0012697-0012796.xml
adorno-theodor-w-0012797-0012871.xml
adorno-theodor-w-0012872-0012970.xml
adorno-theodor-w-0012971-0013005.xml
adorno-theodor-w-0013006-0013006.xml
adorno-theodor-w-0013007-0013015.xml
adorno-theodor-w-0013016-0013016.xml
adorno-theodor-w-0013017-0013059.xml
adorno-theodor-w-0013060-0013083.xml
adorno-theodor-w-0013084-0013101.xml
adorno-theodor-w-0013102-0013122.xml
adorno-theodor-w-0013123-0013123.xml
adorno-theodor-w-0013124-0013169.xml
adorno-theodor-w-0013170-0013198.xml
adorno-theodor-w-0013199-0013221.xml
adorno-theodor-w-0013222-0013268.xml
adorno-theodor-w-0013269-0013338.xml
adorno-theodor-w-0013339-0013406.xml
adorno-theodor-w-0013407-0013489.xml
adorno-theodor-w-0013490-0013526.xml
adorno-theodor-w-0013527-0013599.xml
adorno-theodor-w-0013600-0013660.xml
adorno-theodor-w-0013661-0013702.xml
adorno-theodor-w-0013703-0013720.xml
adorno-theodor-w-0013721-0013721.xml
adorno-theodor-w-0013722-0013816.xml
adorno-theodor-w-0013817-0013911.xml
adorno-theodor-w-0013912-0013974.xml
adorno-theodor-w-0013975-0013975.xml
adorno-theodor-w-0013976-0013978.xml
adorno-theodor-w-0013979-0014014.xml
adorno-theodor-w-0014015-0014029.xml
adorno-theodor-w-0014030-0014039.xml
adorno-theodor-w-0014040-0014049.xml
adorno-theodor-w-0014050-0014116.xml
adorno-theodor-w-0014117-0014125.xml
adorno-theodor-w-0014126-0014192.xml
adorno-theodor-w-0014193-0014201.xml
adorno-theodor-w-0014202-0014211.xml
adorno-theodor-w-0014212-0014217.xml
adorno-theodor-w-0014218-0014224.xml
adorno-theodor-w-0014225-0014235.xml
adorno-theodor-w-0014236-0014251.xml
adorno-theodor-w-0014252-0014282.xml
adorno-theodor-w-0014283-0014289.xml
adorno-theodor-w-0014290-0014290.xml
adorno-theodor-w-0014291-0014365.xml
adorno-theodor-w-0014366-0014366.xml
adorno-theodor-w-0014367-0014419.xml
adorno-theodor-w-0014420-0014436.xml
adorno-theodor-w-0014437-0014454.xml
adorno-theodor-w-0014455-0014465.xml
adorno-theodor-w-0014466-0014472.xml
adorno-theodor-w-0014473-0014482.xml
adorno-theodor-w-0014483-0014499.xml
adorno-theodor-w-0014500-0014508.xml
adorno-theodor-w-0014509-0014523.xml
adorno-theodor-w-0014524-0014572.xml
adorno-theodor-w-0014573-0014668.xml
adorno-theodor-w-0014669-0014768.xml
adorno-theodor-w-0014769-0014868.xml
adorno-theodor-w-0014869-0014964.xml
adorno-theodor-w-0014965-0015062.xml
adorno-theodor-w-0015063-0015162.xml
adorno-theodor-w-0015163-0015212.xml
adorno-theodor-w-0015213-0015213.xml
adorno-theodor-w-0015214-0015227.xml
adorno-theodor-w-0015228-0015238.xml
adorno-theodor-w-0015239-0015244.xml
adorno-theodor-w-0015245-0015253.xml
adorno-theodor-w-0015254-0015256.xml
adorno-theodor-w-0015257-0015264.xml
adorno-theodor-w-0015265-0015268.xml
adorno-theodor-w-0015269-0015275.xml
adorno-theodor-w-0015276-0015303.xml
adorno-theodor-w-0015304-0015336.xml
adorno-theodor-w-0015337-0015342.xml
adorno-theodor-w-0015343-0015347.xml
adorno-theodor-w-0015348-0015367.xml
adorno-theodor-w-0015368-0015375.xml
adorno-theodor-w-0015376-0015383.xml
adorno-theodor-w-0015384-0015424.xml
adorno-theodor-w-0015425-0015437.xml
adorno-theodor-w-0015438-0015441.xml
adorno-theodor-w-0015442-0015444.xml
adorno-theodor-w-0015445-0015463.xml
adorno-theodor-w-0015464-0015508.xml
adorno-theodor-w-0015509-0015509.xml
adorno-theodor-w-0015510-0015522.xml
adorno-theodor-w-0015523-0015608.xml
adorno-theodor-w-0015609-0015623.xml
adorno-theodor-w-0015624-0015625.xml
adorno-theodor-w-0015626-0015627.xml
adorno-theodor-w-0015628-0015634.xml
adorno-theodor-w-0015635-0015642.xml
adorno-theodor-w-0015643-0015651.xml
adorno-theodor-w-0015652-0015666.xml
adorno-theodor-w-0015667-0015670.xml
adorno-theodor-w-0015671-0015676.xml
adorno-theodor-w-0015677-0015684.xml
adorno-theodor-w-0015685-0015698.xml
adorno-theodor-w-0015699-0015701.xml
adorno-theodor-w-0015702-0015705.xml
adorno-theodor-w-0015706-0015708.xml
adorno-theodor-w-0015709-0015713.xml
adorno-theodor-w-0015714-0015717.xml
adorno-theodor-w-0015718-0015718.xml
adorno-theodor-w-0015719-0015817.xml
adorno-theodor-w-0015818-0015902.xml
adorno-theodor-w-0015903-0015996.xml
adorno-theodor-w-0015997-0016096.xml
adorno-theodor-w-0016097-0016193.xml
adorno-theodor-w-0016194-0016202.xml
adorno-theodor-w-0016203-0016245.xml
adorno-theodor-w-0016246-0016343.xml
adorno-theodor-w-0016344-0016365.xml
adorno-theodor-w-0016366-0016465.xml
adorno-theodor-w-0016466-0016523.xml
adorno-theodor-w-0016524-0016524.xml
adorno-theodor-w-0016525-0016536.xml
adorno-theodor-w-0016537-0016546.xml
adorno-theodor-w-0016547-0016551.xml
adorno-theodor-w-0016552-0016561.xml
adorno-theodor-w-0016562-0016573.xml
adorno-theodor-w-0016574-0016578.xml
adorno-theodor-w-0016579-0016581.xml
adorno-theodor-w-0016582-0016585.xml
adorno-theodor-w-0016586-0016588.xml
adorno-theodor-w-0016589-0016597.xml
adorno-theodor-w-0016598-0016605.xml
adorno-theodor-w-0016606-0016627.xml
adorno-theodor-w-0016628-0016629.xml
adorno-theodor-w-0016630-0016665.xml
adorno-theodor-w-0016666-0016672.xml
adorno-theodor-w-0016673-0016680.xml
adorno-theodor-w-0016681-0016689.xml
adorno-theodor-w-0016690-0016697.xml
adorno-theodor-w-0016698-0016704.xml
adorno-theodor-w-0016705-0016715.xml
adorno-theodor-w-0016716-0016732.xml
adorno-theodor-w-0016733-0016738.xml
adorno-theodor-w-0016739-0016746.xml
adorno-theodor-w-0016747-0016794.xml
adorno-theodor-w-0016795-0016813.xml
adorno-theodor-w-0016814-0016818.xml
adorno-theodor-w-0016819-0016851.xml
adorno-theodor-w-0016852-0016919.xml
adorno-theodor-w-0016920-0016970.xml
adorno-theodor-w-0016971-0017001.xml
adorno-theodor-w-0017002-0017006.xml
adorno-theodor-w-0017007-0017007.xml
adorno-theodor-w-0017008-0017008.xml
adorno-theodor-w-0017009-0017065.xml
adorno-theodor-w-0017066-0017160.xml
adorno-theodor-w-0017161-0017196.xml
adorno-theodor-w-0017197-0017225.xml
adorno-theodor-w-0017226-0017234.xml
adorno-theodor-w-0017235-0017249.xml
adorno-theodor-w-0017250-0017285.xml
adorno-theodor-w-0017286-0017325.xml
adorno-theodor-w-0017326-0017331.xml
adorno-theodor-w-0017332-0017333.xml
adorno-theodor-w-0017334-0017339.xml
adorno-theodor-w-0017340-0017344.xml
adorno-theodor-w-0017345-0017349.xml
adorno-theodor-w-0017350-0017352.xml
adorno-theodor-w-0017353-0017364.xml
adorno-theodor-w-0017365-0017367.xml
adorno-theodor-w-0017368-0017370.xml
adorno-theodor-w-0017371-0017373.xml
adorno-theodor-w-0017374-0017377.xml
adorno-theodor-w-0017378-0017390.xml
adorno-theodor-w-0017391-0017393.xml
adorno-theodor-w-0017394-0017395.xml
adorno-theodor-w-0017396-0017402.xml
adorno-theodor-w-0017403-0017405.xml
adorno-theodor-w-0017406-0017407.xml
adorno-theodor-w-0017408-0017410.xml
adorno-theodor-w-0017411-0017413.xml
adorno-theodor-w-0017414-0017425.xml
adorno-theodor-w-0017426-0017436.xml
adorno-theodor-w-0017437-0017445.xml
adorno-theodor-w-0017446-0017449.xml
adorno-theodor-w-0017450-0017545.xml
adorno-theodor-w-0017546-0017615.xml
adorno-theodor-w-0017616-0017705.xml
adorno-theodor-w-0017706-0017706.xml
adorno-theodor-w-0017707-0017709.xml
adorno-theodor-w-0017710-0017738.xml
adorno-theodor-w-0017739-0017757.xml
adorno-theodor-w-0017758-0017778.xml
adorno-theodor-w-0017779-0017799.xml
adorno-theodor-w-0017800-0017802.xml
adorno-theodor-w-0017803-0017813.xml
adorno-theodor-w-0017814-0017816.xml
adorno-theodor-w-0017817-0017822.xml
adorno-theodor-w-0017823-0017841.xml
adorno-theodor-w-0017842-0017855.xml
adorno-theodor-w-0017856-0017858.xml
adorno-theodor-w-0017859-0017862.xml
adorno-theodor-w-0017863-0017864.xml
adorno-theodor-w-0017865-0017869.xml
adorno-theodor-w-0017870-0017872.xml
adorno-theodor-w-0017873-0017875.xml
adorno-theodor-w-0017876-0017879.xml
adorno-theodor-w-0017880-0017888.xml
adorno-theodor-w-0017889-0017899.xml
adorno-theodor-w-0017900-0017903.xml
adorno-theodor-w-0017904-0017906.xml
adorno-theodor-w-0017907-0017907.xml
adorno-theodor-w-0017908-0017912.xml
adorno-theodor-w-0017913-0017913.xml
adorno-theodor-w-0017914-0017915.xml
adorno-theodor-w-0017916-0017918.xml
adorno-theodor-w-0017919-0017921.xml
adorno-theodor-w-0017922-0017933.xml
adorno-theodor-w-0017934-0017936.xml
adorno-theodor-w-0017937-0017940.xml
adorno-theodor-w-0017941-0017946.xml
adorno-theodor-w-0017947-0017950.xml
adorno-theodor-w-0017951-0017952.xml
adorno-theodor-w-0017953-0017957.xml
adorno-theodor-w-0017958-0017959.xml
adorno-theodor-w-0017960-0017963.xml
adorno-theodor-w-0017964-0017966.xml
adorno-theodor-w-0017967-0017973.xml
adorno-theodor-w-0017974-0017975.xml
adorno-theodor-w-0017976-0017993.xml
adorno-theodor-w-0017994-0017997.xml
adorno-theodor-w-0017998-0018001.xml
adorno-theodor-w-0018002-0018021.xml
adorno-theodor-w-0018022-0018022.xml
adorno-theodor-w-0018023-0018028.xml
adorno-theodor-w-0018029-0018090.xml
adorno-theodor-w-0018091-0018162.xml
adorno-theodor-w-0018163-0018181.xml
adorno-theodor-w-0018182-0018189.xml
adorno-theodor-w-0018190-0018206.xml
adorno-theodor-w-0018207-0018210.xml
adorno-theodor-w-0018211-0018216.xml
adorno-theodor-w-0018217-0018224.xml
adorno-theodor-w-0018225-0018233.xml
adorno-theodor-w-0018234-0018234.xml
adorno-theodor-w-0018235-0018268.xml
adorno-theodor-w-0018269-0018285.xml
adorno-theodor-w-0018286-0018302.xml
adorno-theodor-w-0018303-0018340.xml
adorno-theodor-w-0018341-0018342.xml
adorno-theodor-w-0018343-0018377.xml
adorno-theodor-w-0018378-0018420.xml
adorno-theodor-w-image-appendix.xml
adorno-theodor-w-image-appendix-0000000.xml