»Ja, ich bin’s. Bernd. Bernd Menkhoff. Sag mal, kannst du kurz was für mich rausfinden?« Ich schaute meinen Partner fragend an, doch der erwiderte meinen Blick nur flüchtig und drehte sich dann mit seinem Handy so von mir weg, dass ich ihn nicht verstehen konnte. Eine typisch menkhoffsche Unart. Seit wir Joachim Lichners schäbige Wohnung verlassen hatten, überlegte ich, wer der anonyme Anrufer gewesen sein mochte, dem wir diese seltsame Begegnung kurz vor Schichtende zu verdanken hatten. Jemand, der Lichner eins auswischen wollte? Aber woher hatte derjenige Menkhoffs Handynummer? Und was versprach sich jemand davon, dass die Polizei bei Lichner anrückt? Oder ging es nur um Lichner und Menkhoff?
Mein Partner beendete sein Telefonat und wandte sich mir wieder zu. Sein Gesicht hatte sich auf eine Art verändert, die nichts Gutes verhieß. Er nahm das Handy vom Ohr und sagte: »So eine Scheiße. Los, Alex, komm mit!«
»Aber … Was ist los?« Ohne mir eine Antwort zu geben, verschwand er wieder in dem düsteren Hausflur. Während ich hinter ihm die Treppe hochstieg und dabei immer zwei Stufen auf einmal nahm, versuchte ich es noch einmal: »Bernd, jetzt sag schon, was ist los? Warum gehen wir wieder zurück?«
»Das Schwein hat uns angelogen, Alex«, stieß er keuchend hervor. »Verarscht hat er uns!«
Vor Lichners Wohnungstür zog Menkhoff seine Waffe, klingelte und hämmerte gleich darauf mit der freien Faust gegen die Tür. »Machen Sie sofort auf.« Ich ging zwei Schritte zurück, zog ebenfalls die Walther und entsicherte sie, hielt sie aber auf den Boden gerichtet. Adrenalin jagte durch meinen Körper, als ich das kalte Metall in meiner Hand spürte. Schneller als beim ersten Mal wurde die Tür geöffnet. Als Lichner die Waffe sah, die Menkhoff gegen seinen Bauch richtete, zuckte er zurück. »Was –«
»Sie haben uns angelogen, Lichner, sagen Sie mi–«
»Ich habe was?«
»Sagen Sie mir sofort, wo das Mädchen ist!«, schrie Menkhoff ihn an. »Sofort!«
»Welches Mädchen? Ich hab Ihnen doch schon … ich weiß nicht …«
»Sarah Lichner.« Menkhoff schrie nun nicht mehr, seine Stimme klang kalt. »Laut Melderegister geboren am 18. Juni 2007, wohnhaft hier, in diesem Dreckstall. Ich frage Sie jetzt nochmal: Wo verdammt ist Ihre Tochter, Dr. Lichner?«
Ich ließ den Psychiater nicht aus den Augen und versuchte zu verstehen, was Menkhoff gerade gesagt hatte. Lichners Tochter? Zwei Jahre alt?
Mit versteinertem Gesicht sah Dr. Lichner uns abwechselnd an. »Meine … Tochter? Sind Sie jetzt total verrückt geworden? Ich habe keine Tochter.«