1. März 2010, Sharm el Sheik, Ägypten
Victor Ivan Kurostzov hatte tief und fest geschlafen. Das tat er immer, nachdem er einen Job erledigt und sich Urlaub gegönnt hatte. Der Job südlich von Prag war gut gelaufen. Er war in der Nacht noch über die Grenze gefahren und irgendwo auf deutscher Seite in einem Hotel abgestiegen. Er hatte einen ganz einfachen Plan:
- Die „Erledigt“ SMS schicken,
- die 20.000,- Euro im geheimen Briefkasten abholen,
- Olga besuchen,
- sein Mietauto am Flughaben abgeben,
- ab in den sonnigen Süden fliegen.
Victor Ivan mochte es gern einfach. Jetzt war er hier in der ägyptischen Sonne am Strand. Plan erfüllt, Belohnung bekommen! Als sein Telefon klingelte, meldete er sich nur mit: „Ja?“ „Sie haben in Tschechien Mist gebaut und den Job versaut!“, bellte ihm die bekannte Stimme ins Ohr. „Ich habe vor wenigen Minuten mit ihm telefoniert. Er ist wohlauf. Ich will mein Geld zurück, sofort. Ich werde nicht mehr mit Ihnen arbeiten. Und andere auch nicht! Dafür werde ich sorgen!“
Die Welt geriet für Victor Ivan aus den Fugen! Er hatte noch NIE versagt! Was war passiert? Dieser Scheißkerl musste irgendwie überlebt haben! Urlaub ade! Victor Ivan antwortete: „Ich weiß nicht, was passiert ist. Meiner Meinung nach war alles erledigt. Ich bin zur Zeit im Ausland, aber ich bringe diese Sache zu Ende.“ „Nein, das tun Sie nicht! Dieser Job ist für Sie ausdrücklich beendet. Sie sind raus!“ „Ich sagte, ich bringe es ihn Ordnung. Der nächste Job geht aufs Haus!“ Stille in der Leitung. „OK, legen Sie 20 K in den Briefkasten. Sie bekommen eine allerletzte Chance. Dieser Auftrag geht dann auf Ihre Kosten! Am Donnerstag um 16:00 Uhr lasse ich mein Geld abholen. Ich melde mich wieder bei Ihnen. Halten Sie sich die nächsten vier Wochen auf Abruf bereit für Ihren nächsten Einsatz.“ Piep, piep, aufgelegt. Victor schäumte vor Wut. Er hämmerte mit aller Gewalt auf seinen Liegestuhl, sodass dieser fast zu Bruch ging. Was für eine verkackte Scheiße war das denn! Sein guter Ruf: futsch, 20 Riesen, seine Ausgaben der letzten Tage, Flugticket: futsch, Urlaub: futsch, Kohle für den nächsten Auftrag: futsch, und Victors Laune war so derart futschfutschfutsch, dass sie nur noch auf homöopathischer Ebene in einer tausender Verdünnung als „Laune“ bezeichnet werden konnte. Was für ein Mist! Auf diese Kohle zu verzichten, war Victor Ivans einzige Chance, um überhaupt noch irgendwie im Geschäft zu bleiben und irgendwann wieder einen guten Ruf zu haben. Und noch etwas schoss ihm durch den Kopf: Wenn der Kerl überlebt und Anzeige erstattet hatte, dann würde die Polizei ganz schnell Nachforschungen beginnen, seinen Mietwagen identifizieren und dann womöglich nach ihm fahnden. Seine verwendete Identität als Milko Staikowitsch aus Kroatien war somit unbrauchbar. Er würde sofort neue Ausweispapiere, Führerschein usw. benötigen. Und auch dies auf seine Kosten!
Was für eine unglaubliche Scheiße!