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Eine Sache, die Kazakov an Amerika hasste  – neben vielen anderen Sachen  –, waren die Straßen. Die Wüstenlandschaft war ihm zu langweilig und die Federung des Wagens zu weich und daher ließ er James fahren.

Das erste Restaurant, das auf ihrem Weg lag, war ausgerechnet jenes 24-Stunden-Diner, aus dem sie auf dem Hinweg von der Chefin mit einer Waffe hinauskatapultiert worden waren. Obwohl er fast verhungerte, machte sich James nicht einmal die Mühe, Kazakov zu fragen, ob sie bei einem Drive-In-McDonalds anhalten sollten. Als sie endlich das erste vernünftige Restaurant erreichten, waren sie schon auf halbem Weg in Vegas und es war nach Mittag.

»Vielleicht sollte ich auf dem Campus anrufen«, schlug James vor, als er Kazakov an einem senfgelben Tisch gegenüber saß. »Damit sie uns einen Rückflug besorgen und so.«

»Könntest du machen«, sagte Kazakov, der den Mund voller Cheeseburger und Fritten hatte, sodass er nur abgehackt sprechen konnte. »Nur … ich habe auf dem Campus nichts vor, bis in zehn Tagen die nächste Grundausbildung anfängt. Und warum willst du so dringend nach Hause?«

James zuckte mit den Achseln. »Ich hatte gedacht, Sie hassen Amerika und alles, wofür es steht. Das haben Sie zumindest während der Fahrt hierher über fünfzehn Mal gesagt.«

Kazakov kniff die Augen zusammen. »Ich will meine dreitausend Dollar wiederhaben.«

»Oha«, lachte James. »Sie wollen wieder spielen, Boss. Nichts für ungut, aber ich habe gesehen, was im Reef neulich passiert ist. Sie trinken zu viel und sind ein miserabler Verlierer.«

»Aber dieses Kartenzählen«, entgegnete Kazakov und hob eine Augenbraue, »du hast gesagt, es funktioniert.«

James lächelte. »Es bringt einem einen Vorteil, aber dazu muss man unglaublich viel üben. Ich darf an keinen Spieltisch, bis ich einundzwanzig bin, und selbst wenn Sie ein Gespür für Mathematik hätten, bräuchte ich Tage, um es Ihnen beizubringen.«

Kazakov kramte in seiner Tasche und legte den Videotransmitter, mit dem er die Kommandozentrale von Fort Reagan verwanzt hatte, auf den Tisch.

»Ich kenne die Grundregeln von Blackjack. Ich trage die Kamera, du zählst die Karten und gibst mir ein Zeichen, wenn ich kaufen soll.«

James war geschockt. »Sie machen wohl Witze! Ich müsste den ganzen Tisch sehen können und auf diesem winzigen Bildschirm kann ich gar nichts erkennen.«

»Den Empfänger kann man an meinem Laptop anschließen. Die Kamera selbst ist hochauflösend. Da ich nicht wusste, was ich brauchen würde, habe ich ein komplettes Überwachungssystem mitgenommen. Wanzen, Kameras, Weitwinkel, Telefotos, Auslöser, Relais, Signalgeber. Ist alles im Auto.«

James sah sich vorsichtig um, ob ihnen jemand zuhörte, dann sagte er leise: »Es ist legal, Karten im Kopf zu zählen. Aber wenn Sie anfangen, Geräte und Kameras einzusetzen, dann betrügen Sie das Casino und das ist kriminell. Ich habe die Gefängnisse hier in der Gegend kennengelernt und glauben Sie mir, da wollen Sie bestimmt nicht enden.«

»Ich bin fast fünfzig«, entgegnete Kazakov entschlossen. »Ich habe kein Haus und nur eine kleine Pension von der Regierung. Ich bin nicht so reich wie Mac. Ich kann es mir nicht leisten, dreitausend Dollar zu verlieren.«

»Tja, Glücksspiel ist nun mal riskant«, sagte James. »Das hätten Sie vorher wissen können.«

»Nun komm schon, James«, bat Kazakov. »Wo ist denn dein Abenteuergeist? Ich habe den Ausdruck in deinen Augen gesehen, als du auf dem Bett gesessen und die Karten in deinem Kopf gezählt hast. Du hast dich total konzentriert. Du willst es jetzt ausprobieren, du willst keine fünf Jahre mehr warten.«

Kazakov merkte James an, dass er langsam schwach wurde.

»Wir haben das beste Werkzeug«, fuhr Kazakov fort. »Du musst nur die Karten zählen und mir ein Zeichen geben, wenn die Chancen gut für uns stehen. Unsere Ausrüstung ist CHERUB-Material: das Neueste vom Neuen. Die Kamera ist so groß wie ein Stecknadelkopf und die Übertragungsgeräte sind so sicher, dass sie von keinem Überwachungssystem entdeckt werden können.«

James wusste, dass er bei CHERUB rausfliegen und wahrscheinlich auch noch vor Gericht landen würde. Doch andererseits hatte Kazakov recht: Die CHERUB-Technologie war besser als alles, was sich normale Casino-Betrüger leisten konnten. Außerdem fühlte sich James nach dem, was in letzter Zeit geschehen war, leer und ausgebrannt; seine Antiterror-Mission war schiefgelaufen, Dana hatte ihn sitzenlassen, er war aus Fort Reagan hinausgeworfen worden und es war Tatsache, dass er mit seinen sechzehneinhalb Jahren seine CHERUB-Karriere zum größten Teil hinter sich hatte.

Er brauchte einen Sieg, um sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen  – und ein Casino mit einem Stapel Dollarscheine zu verlassen, wäre da genau das Richtige.

»Vielleicht könnten wir einen Testlauf machen«, schlug er unsicher vor. »In einem der kleineren Casinos. Unsere Limousine hier hat verdunkelte Scheiben, ich könnte also von einem Parkplatz aus arbeiten.«

»Guter Junge«, strahlte Kazakov und klatschte James über den Tisch hinweg ab. »Du weißt, dass es klappen wird!«

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Als er die schwarze Limousine nach Las Vegas steuerte, dachte James über sich selbst nach. Er war dafür bekannt, sich in riskante Abenteuer zu stürzen und Ärger zu bekommen, und trotzdem hatte er immer noch Lust auf mehr. Diese Lust konnte er beim CHERUB-Training und bei den Missionen ausleben, und schließlich war sein Hunger nach Risiko und Abenteuer auch einer der Gründe gewesen, warum er überhaupt rekrutiert worden war. Aber was bedeutete das für seine Zukunft?

Wenn James seine Kollegen wie Kerry und Shakeel betrachtete, dann sah er sie als Dreißigjährige mit Kindern vor sich, die Freunde zum Grillen einluden und am Wochenende den Heimwerker spielten. Doch sich selbst sah er nie so. Vielleicht konnte er seine mathematische Begabung einsetzen, um Karten zu zählen oder Aktien zu handeln und damit reich werden  – aber was, wenn das nicht funktionierte?

James war klug genug, sich wegen ihres Vorhabens Sorgen zu machen, doch als sie auf dem Parkplatz einer riesigen Shopping-Mall ankamen, um ihre Ausrüstung zu sichten, spürte er kribbelnde Aufregung in sich aufsteigen. Es war gut, Kazakov an seiner Seite zu wissen. Der Ukrainer war zwar ziemlich impulsiv, aber auch intelligent und hatte es schon mit wesentlich härteren Gegnern als den Casino-Securitys zu tun gehabt  – und gegen sie gewonnen.

In einem der Läden besorgten sie Kazakov ein etwas weniger militärisches Outfit: elegante Hosen, ein weißes Hemd, einen Blazer und eine Sonnenbrille. Und vor allem kauften sie ihm einen Schal. Wenn die Kamera am Revers oder am Hemd befestigt war, ließ sich ihr Blickwinkel kaum mehr unauffällig verändern, aber an einem lose um den Hals geschlungenen Schal konnte man sie leicht auf und ab bewegen, um den bestmöglichen Blick auf den Tisch zu garantieren.

»Eines gefällt mir in Amerika«, grinste Kazakov als er sich das Hemd zuknöpfte. »Hier haben so viele Leute Übergewicht, dass ich alles in meiner Größe bekomme.«

James fand Amerika cool und Kazakovs bissige Bemerkungen langweilten ihn, aber er erwiderte nichts darauf, denn er saß gerade hinten im Auto und verband den Empfänger mit dem Laptop.

»Was siehst du?«, fragte Kazakov.

James drehte den Bildschirm zu Kazakov hin. Sie hatten ein Fischauge angebracht, um eine Weitwinkelansicht zu erhalten, die an den Rändern verzerrt war.

»Die Übertragung ist ausgezeichnet, ich kann schwenken und zoomen, aber Sie müssen den mittleren Platz am Tisch nehmen, damit ich eine vernünftige Chance habe, die Karten zu zählen.«

Kazakov zeigte James die Rückseite seiner Uhr, an der er einen vibrierenden Signalgeber angebracht hatte. »Du wirst zwar hören können, was ich sage, aber es ist zu gefährlich, einen Stöpsel im Ohr zu tragen. Wir müssen uns einen Code überlegen.«

»Der Platz an der Uhr ist besser als am Bein«, fand James. »Ich schicke zwei Impulse, wenn Sie mitgehen sollen, drei, wenn Sie aussteigen sollen. Ein langer Impuls bedeutet, dass ich nicht mehr mitzählen konnte, zwei lange, dass es Ärger gibt.«

»Okay«, sagte Kazakov. »Wir brauchen aber noch ein paar Signale dafür, ob ich die Kamera nach oben oder unten richten muss.«

James schüttelte den Kopf. »Sie müssen die Kamera immer aufs Spiel gerichtet halten. Wenn sie abschwenkt, verliere ich zwei oder drei Züge, und bis das Bild dann wieder stimmt, habe ich mich verzählt.«

»Ich kann nicht völlig still sitzen«, erklärte Kazakov. »Das würde verdächtig aussehen.«

»Sie müssen ja nicht stocksteif dasitzen«, erklärte James. »Aber bewegen Sie sich nicht zu weit von Ihrer Ausgangsposition, sonst sehe ich nicht alle Karten.«

Kazakov öffnete die Wagentür und stieg aus. »Ich laufe mal ein wenig damit herum, bevor wir richtig anfangen.«

»Gute Idee«, stimmte James zu. »Gehen Sie ins Café, üben Sie, still zu sitzen, ohne dabei auszusehen, als würden Sie still sitzen. Ich rufe Sie an und sage Ihnen Bescheid, wie das auf dem Bildschirm wirkt. Oh, und wenn Sie da sind, bringen Sie mir einen Kaffee und einen Obstsalat mit!«

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Es dauerte zwei Stunden, bis Kazakovs Bewegungen so geschmeidig und exakt waren, dass sie James zufriedenstellten: Kazakov konnte mit der Kamera an seinem Schal herumlaufen, sich setzen und die Kamera sofort so justieren, dass sie einen mehrere Meter weit reichenden Blick in alle Richtungen übertrug.

Das Kartenzählen brachte dem Spieler einen leichten Vorteil, wenn er einfach nur die ausgeteilten Karten und die noch im Stapel verbleibenden Karten zählte. Doch wenn Kazakov während des Spiels die Zahl der verbleibenden Karten im Auge behielt, dann konnte James unabhängig davon die Asse zählen und die Chancen noch weiter erhöhen. Mithilfe einer einfachen Tabelle kalkulierte er die Summe, die Kazakov einsetzen sollte, und ließ diese in der rechten Ecke des Laptops neben den übertragenen Bildern stehen.

Kurz vor vier Uhr nachmittags parkten sie vor dem Wagon Wheel Hotel und Casino. James händigte Kazakov die fünfhundert Dollar Feriengeld aus, die von seinem Einkaufsbummel aus den ersten Tagen in Las Vegas übrig geblieben waren, und zog mit mulmigem Gefühl weitere dreihundert am Automaten. Im Casino wechselte Kazakov James′ Geld zusammen mit zweitausend Dollar von seiner eigenen Kreditkarte in Chips um.

Sie hatten in der entlegensten Ecke des offenen Casino-Parkplatzes geparkt, und nun saß James im Fond mit den getönten Scheiben und sah über den Laptop-Bildschirm zu, wie Kazakov an den Reihen von jaulenden Spielautomaten entlang ging und den Blackjack-Tisch suchte.

Das Wagon Wheel war eher als Casino für Einheimische bekannt. Es hatte keine zehntausend Zimmer und kein Sphinxmodell in der Lobby wie die großen Casinos am Strip, aber laut James′ Handbuch verfügte es über einen der stadtbesten Blackjack-Tische mit zwei Spielen.

Bei zwei Spielen waren die Gewinnchancen höher, sobald man günstige Karten hatte, als wenn mit sechs oder acht gespielt wurde. Es war auch leichter, zu sehen, wie viele Karten noch übrig waren, weil der Croupier sie in der Hand hielt und sie nicht in einem Kartenschlitten verblieben.

»Der hier?«, murmelte Kazakov auf Russisch, als er sich einem Tisch zuwandte.

Nach dem Gesetz von Nevada musste jeder Spieltisch die Regeln und die Einsatzlimits deutlich ausweisen. Da die Casinos gerne ein paar Zusatzregeln zu ihren Gunsten einführten, las James sie kurz durch und drückte dann zweimal die F5-Taste auf dem Laptop, um das vibrierende Signal unter Kazakovs Uhr zu aktivieren und ihm anzuzeigen, dass er sich dort hinsetzen konnte.

Der mittlere Platz war belegt, also ließ sich Kazakov einen Stuhl weiter links nieder. Mit ihm zusammen spielten noch drei ältere Damen. Kazakov setzte gerade das Tisch-Minimum von zehn Dollar, um ein Gefühl für die Sache zu bekommen, als ihn eine der Damen ansprach und ihm sagte, dass ihr sein Akzent gefiele und ihr Cousin als Diplomat in Odessa gearbeitet habe. Das Schwierigste für einen Kartenzähler waren Ablenkungen, womit Kazakov jedoch kein Problem hatte, da James ja den kniffligen Teil des Jobs übernahm.

Über Kazakovs Mini-Laptop auf dem Schoß, der über den Zigarettenanzünder mit Strom versorgt wurde, konnte James die Karten gut sehen, zumal die Gespräche der Frauen mit dem Croupier das Spiel verlangsamten.

Kazakov wählte eine einfache Blackjack-Strategie und gewann die ersten drei Spiele, doch James sah enttäuscht, dass viele hohe Karten über den Tisch gingen. Er zählte bis minus fünf, was stark erhöhte Chancen für das Casino bedeutete. Kazakov setzte zwischen zehn und zwanzig Dollar, doch der Vorteil des Casinos machte sich bald bemerkbar und als die letzten Karten ausgeteilt wurden, hatte Kazakov seinen vorherigen Gewinn und weitere achtzig Dollar verloren.

Ein Cowboy gesellte sich an den Tisch und der Croupier wurde von einer Kollegin abgelöst. Jetzt musste James mindestens zwölf Karten pro Spiel zählen, und die neue Croupière unterhielt sich nicht und teilte schneller aus als ihr Vorgänger. Doch diesmal entwickelte sich die Zahl zu Kazakovs Gunsten und James drückte zweimal die F5-Taste, um ihm zu signalisieren, dass er den Einsatz erhöhen sollte.

Kazakov setzte jetzt zwischen dreißig und fünfzig Dollar pro Spiel, doch obwohl der Vorteil aufseiten des Spielers lag, hatte er immer noch kein Glück. Das Kartenzählen konnte zwar die Chancen gegenüber dem Casino erhöhen, jedoch nicht den Gewinn eines bestimmten Spiels garantieren  – und Kazakov bekam einfach nicht die richtigen Karten.

Als die Croupière die Karten mischte, um neu zu geben, hatte Kazakov kaum mehr als vierhundert Dollar übrig, während der Cowboy neben ihm mit der sogenannten Selbstmordmethode  – nämlich seiner bloßen Eingebung zu folgen  – zweihundert Dollar gewonnen hatte.

James konnte Kazakovs Gesicht nicht erkennen, aber der Trainer war eindeutig nervös und rieb sich die Fingerknöchel. Eine hübsche Bedienung spendierte ihm einen Orangensaft und dem Cowboy einen Bourbon. Kurz darauf verließen die drei Damen lächelnd den Tisch und gaben der Croupière ein Trinkgeld von zwanzig Dollar.

Da jetzt nur noch zwei Spieler am Tisch saßen, rutschte Kazakov auf den mittleren Platz. Im folgenden Spiel hatte er bei einem Einsatz von vierzig Dollar einen Blackjack  – die perfekte Kartenkombination von einundzwanzig Punkten. Kazakov gewann ein paar weitere Spiele mit kleineren Einsätzen von zehn und zwanzig Dollar, und zum zweiten Mal wendete sich das Blatt zugunsten des Spielers.

Kazakov erhöhte seinen Einsatz auf das Tischlimit von fünfzig Dollar und gewann sieben der nächsten acht Spiele. Als noch weitere Karten ins Spiel kamen, ergab James′ Zählung, dass der Vorteil wieder aufseiten des Casinos lag, aber Kazakovs Glückssträhne hielt an und am Ende der zweiten Runde hatte er ihre Verluste ausgeglichen und saß vor dreihundert Dollar Gewinn.

»Es funktioniert«, flüsterte er auf Russisch.

In den nächsten eineinviertel Stunden spielte Kazakov weiter und vermehrte langsam seinen Gewinn. Manchmal wendete sich das Blatt gegen ihn und er verlor etwas oder trat auf der Stelle, aber sobald er im Vorteil war, erhöhte er seinen Einsatz und damit seine Gewinne. Aus seinen knapp dreitausend Dollar in Chips waren viertausendsiebenhundert geworden und der Spielmanager, der für die Tische in diesem Teil des Casinos zuständig war, stimmte Kazakovs Antrag zu, das Tischlimit von fünfzig auf hundert Dollar zu erhöhen.

James sah, dass der Manager und ein Kollege herumzuschleichen begannen und beobachteten, wie sich Kazakovs Chipsstapel erhöhte. Der Croupier und das leitende Casino-Personal waren natürlich darin geschult, Kartenzähler zu erkennen. Außerdem wurde jeder Tisch von Kameras überwacht und so war Kazakov nach eineinhalb Stunden und mehreren Tausend Dollar Gewinn klar, dass im Kontrollraum jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgt wurde.

Wenn er weiterhin jedes Mal den Einsatz erhöhte, sobald die Zahlen zu seinen Gunsten standen, würde er noch mehr Verdacht erregen und man würde ihn schließlich bitten, das Casino zu verlassen. Daher musste er ab jetzt gelegentlich mit Absicht verlieren, um das Casino zu verwirren, auch wenn das natürlich Geld kostete.

Nach zweieinviertel Stunden bemerkte James, dass der Manager nervös wurde. Er tauschte die Croupière aus und brachte neue Karten, dann setzte er das Tischlimit wieder auf fünfzig Dollar herunter, um Kazakovs Gewinne einzuschränken.

James wollte bei seinem ersten Kartenzähl-Versuch nicht zu viel riskieren. Ihm taten die Augen weh, weil er so intensiv auf den winzigen Laptop-Monitor starrte, ihm war schwindelig und außerdem hatte er Hunger und musste aufs Klo. Daher gab er Kazakov das Signal zum Aufbruch.

Kazakov gab dem Croupier fünfzig Dollar Trinkgeld und ging zur Casino-Kasse, um seine Chips einzutauschen. James rieb sich die Augen und trank eine halbe Flasche Wasser, bevor er wieder auf den Monitor sah. Vor dem Kassenschalter waren dicke goldene Gitterstäbe und die Kassiererin ließ Kazakovs Stapel von Zwanzig- und Fünfzig-Dollar-Chips in eine automatische Zählmaschine fallen.

Auf dem blau erhellten Display tauchte die Summe von 8760 $ auf.

»Sie hatten einen guten Tag«, stellte die Kassiererin fröhlich fest. »Verwahren Sie das Geld so bald wie möglich an einem sicheren Ort.«