13
James lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden eines Polizeitransporters. Die Plastikhandschellen schnitten ihm in die Handgelenke. Neben ihm saßen vier Cops auf Holzbänken, und die Polizistin, die er auf der Treppe an die Wand gestoßen hatte, drückte ihm ihren Fuß auf den Hinterkopf, sodass er den Geruch von Urin, Hunden und allem anderen, was sonst noch auf dem Boden eines Polizeifahrzeuges landete, aus nächster Nähe einatmen durfte.
»He Fahrer!«, rief einer der Cops fröhlich und sah durch das vergitterte Fenster in die Fahrerkabine. »Kannst du dir nicht ein paar schöne holperige Straßen für unseren Kleinen hier auf dem Boden aussuchen?«
Die Polizisten brachen alle möglichen Regeln, die für den Umgang mit Gefangenen galten. Aber James war klar, dass er nach einem Angriff auf einen Cop nicht damit rechnen konnte, mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Allerdings hätte es dazu keiner zusätzlichen Schlaglöcher bedurft. Die Stoßdämpfer des Mannschaftswagens waren mehr auf Geschwindigkeit als auf Komfort ausgelegt, sodass schon jede Unebenheit einer normalen Straße James einen schmerzhaften Stich in den Rücken versetzte, wo ihn der Schlagstock getroffen hatte.
»Verschwörung zum Terrorismus«, sagte einer der Beamten fröhlich. »Angriff auf einen Polizeibeamten und Widerstand bei der Festnahme. Du besorgst dir besser einen guten Anwalt.«
»Ganz zu schweigen von der kriminellen Frisur«, fügte die Frau hinzu.
James wusste, dass er als CHERUB-Agent nie angeklagt werden würde. Aber der Spott und das Gelächter ärgerten ihn trotzdem. Und es kam noch schlimmer. Plötzlich flog sein ganzer Körper hoch und schlug platt wieder auf dem Boden auf, weil die Stahlkiste mit über fünfzig Kilometern pro Stunde über eine Temposchwelle gebrettert war.
»Huuuch!«, lachte einer.
»War das zu schnell?«, rief der Fahrer durch das Gitter nach hinten.
»Ich weiß nicht«, entgegnete die Frau und drückte James ihren Stiefel noch ein wenig fester ins Genick. »Das werden wir sehen, wenn du um den Block fährst und das noch mal machst.«
»Und hübsch ist er auch noch«, witzelte einer der Männer. »Die Schwulen im Knast werden dich lieben!«
James war kurz davor, zu explodieren, doch er sah ein, dass ihm das nur weitere Schlagstockhiebe und vielleicht sogar noch ein paar Elektroschockwellen einbringen würde.
Nachdem er die Fahrt über die Temposchwelle noch ein zweites Mal über sich ergehen lassen musste, wurde der Wagen schließlich langsamer. James konnte nicht sehen, wohin sie fuhren, aber es war offensichtlich, dass sie auf eine Art Parkplatz einbogen.
»Aufstehen, Schwachkopf«, befahl der größte der Cops, machte die Tür auf und sprang hinaus.
James rollte sich auf den Rücken, doch mit gefesselten Händen war es einigermaßen schwierig, aufzustehen und hinauszuspringen. Er sah sich um und erkannte, dass sie auf dem gut beleuchteten Parkplatz eines Polizeireviers standen.
»Schwing deinen Hintern da raus«, blaffte ihn ein Polizist unfreundlich an und stieß ihn in den Rücken. Aber als er einen Hauptkommissar in Begleitung eines anderen Mannes auf sie zukommen sah, änderte sich seine Körpersprache schlagartig. Erleichtert erkannte James seinen Einsatzleiter John Jones.
»Ist das Ihr Junge?«, fragte der Hauptkommissar.
John nickte und sah den großen Cop an. »Entfernen Sie die Handschellen und geben Sie ihm seine Sachen wieder.«
Die Polizistin sah ziemlich wütend drein.
»Was ist los, Boss? Der kleine Scheißer war bei dem Meeting mit Bradford dabei. Und dann hat er mich angegriffen und fast die Treppe hinuntergestoßen.«
»Es steht uns nicht an, Fragen zu stellen, Catherine«, sagte der Hauptkommissar bestimmt. »Der Junge mit den grünen Haaren ist entkommen. Und wer etwas anderes behauptet, der kann sich darauf verlassen, dass der Rest seiner Polizeikarriere kurz und unangenehm sein wird. Ist das klar?«
»Kristallklar«, seufzte die Frau und sah kopfschüttelnd zu, wie ein anderer die Plastikhandschellen von James′ Handgelenken löste.
»Na dann, noch alles Gute, meine Herren – und die Dame«, wünschte James.
»Mir ist egal, wer du bist, Junge«, knurrte die Frau. »Aber ich kann dir nur raten, dich hier in der Gegend nicht mehr blicken zu lassen.«
James wedelte abschätzig mit der Hand. »Geh doch nach Hause und schieb dir einen Besenstiel in …«
»Hey, hey, hey!«, unterbrach ihn der Hauptkommissar.
»Mach jetzt bloß keine blöde Szene«, verlangte John, packte James am Arm und brachte ihn zu einem Jaguar, der auf der anderen Seite des Parkplatzes stand.
»Mann, tut mir der Rücken weh!«, ächzte James, als er sich auf den Beifahrersitz fallen ließ. »Die dumme Kuh hat mir den Schlagstock in die Rippen gerammt.«
»Klingt fair«, sagte John sarkastisch und ließ den Motor an. »Die nette Frau so die Treppe hinunterzuschubsen!«
James schüttelte den Kopf. »Die ist echt klein, aber an dem Tag, an dem sie das Schlagstocktraining absolviert haben, hat sie verdammt gut aufgepasst.«
»Oh ja«, lächelte John. »Als ich noch bei der Truppe war, kannte ich auch ein paar echt fiese Polizistinnen, ganz besonders die kleinen. Die versuchen ihre Größe immer dadurch auszugleichen, dass sie einen auf ganz hart machen.«
»Was ist da eigentlich abgelaufen? Wer hat diese Überwachung geleitet? Wer hat die Verhaftungen vorgenommen?«
John wartete, bis sie von dem überfüllten Parkplatz auf die Straße abgebogen waren, bevor er antwortete:
»Ich kenne noch nicht alle Details, aber es scheint sich um einen seltsamen Zufall zu handeln. Offensichtlich hat Rich eine EC-Karte auf seinen Decknamen Richard Kline verloren. Er ist in eine Filiale gegangen, um sich eine neue zu bestellen, und hat aus irgendeinem Grund dort einen Streit angefangen. Zufällig war einer der Kassierer ein Junge aus Belfast, der ihn als Rich Davis, Ex-IRA erkannt hat. Er hat die Antiterror-Einheit angerufen und die haben ihn beobachtet, unter der Adresse, an die die Ersatzkarte geschickt werden sollte.«
»Wann war das?«, fragte James.
»Irgendwann innerhalb der letzten zwei oder drei Wochen«, erwiderte John und hielt an einer roten Ampel. »Reiner Zufall: MI5 und die Antiterror-Einheit arbeiten am selben Fall, von verschiedenen Enden aus.«
»Haben die denn genug Beweise, um Davis und Bradford festzunageln?«
John nickte. »Sonst hätten sie nicht zugeschlagen. Wir konnten das Treffen ja nicht abhören, weil wir keine Ahnung hatten, wo es stattfinden würde. Sie wussten es offensichtlich, und als sie die beiden über terroristische Verschwörungen reden hörten, haben sie zugegriffen.«
»Na gut«, seufzte James, »man kann ja nicht immer gewinnen.«
»Aber immerhin ist das Ergebnis gut«, fand John. »Die Bösen werden für eine ganze Weile ins Gefängnis wandern.«
»Ja…«, grunzte James. »Aber das wäre auch passiert, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Und dafür musste ich jetzt sechs Wochen mit dieser bescheuerten Frisur herumlaufen.«
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Bethany und Andy breiteten die Bauplane aus und legten sie sich um die Schultern. Dann begannen sie, am Zaun hinaufzuklettern. Mit kalten Fingern und vom Schlamm glitschigen Schuhen fanden sie nur schwer Halt, aber die Angst trieb sie voran.
»Offenbar haben sie uns noch nicht gesehen«, sagte Andy mit einem Blick über die Schulter in Richtung der Polizisten und der Taschenlampen.
»Dauert aber bestimmt nicht mehr lange, bei dem riesigen orangefarbenen Ding hier«, warnte Bethany.
Da sie kleinere Füße hatte, kam sie auf dem Zaun besser zurecht und gelangte als Erste an die Stelle unterhalb des Stacheldrahtes.
»Okay«, sagte Andy schließlich, »bin bereit.«
Jetzt kam der schwierigste Teil von Andys Plan. Sie mussten sich mit einer Hand am Zaun festhalten und mit der anderen die Plane irgendwie über die V-förmigen Stacheldrahtstränge und die Stacheldrahtrollen werfen.
»Fertig?«, fragte Andy. »Dann los!«
Sie versuchten, die schwere Bauplane nach oben über den Zaun zu schwingen. Aber der Wind blies aus der falschen Richtung, sodass sie sich hoffnungslos verhedderte und dann auf Bethany zuwehte. Mit der einen freien Hand konnte Bethany das Gewicht der Plane nicht halten, sie verlor die Balance, ihre Schuhe rutschten ab und plötzlich hing sie nur noch an zwei Fingern am Zaun.
Andy versuchte, zu ihr zu gelangen, um ihr zu helfen, aber vor Schmerz musste Bethany loslassen und fiel vier Meter tief nach unten. Zum Glück landete sie auf dem vom Regen aufgeweichten Boden. Andy sprang hinterher und befreite sie von der Plane.
»Das funktioniert nie«, behauptete Bethany, als Andy ihr die Hand reichte und sie hochzog. »Wir schaffen es niemals, die Plane über den Draht zu kriegen und uns gleichzeitig festzuhalten.«
»Vielleicht können wir sie am Zaun festbinden, sie uns über den Kopf legen und hochschieben, während wir weiterklettern.«
»Könnte klappen«, nickte Bethany. »An den Ecken sind Löcher. Hast du eine Schnur?«
»Ich habe gehofft, du hättest eine«, meinte Andy enttäuscht.
»Wir sind erledigt«, stöhnte Bethany und stampfte heftig mit den Füßen auf. »Meine Klamotten sind ruiniert, ich bin todmüde und selbst meine Unterhosen triefen von eiskaltem Wasser.«
»Es sei denn, wir finden unsere Einstiegslöcher im Zaun wieder«, schlug Andy vor. »Ich weiß ungefähr, wo die sind.«
»Klar, und sobald die Cops die Wachen entdecken, wissen sie auch über die Löcher Bescheid!«, regte sich Bethany auf. »Das war doch der Grund, warum wir die Sache mit der Plane überhaupt versuchen wollten.«
»Stimmt«, seufzte Andy. »Aber du hast schließlich selbst gesagt, dass wir diese Plane nie über den Zaun kriegen. Also haben wir gar keine andere Wahl, oder?«
Als er sich umdrehte, sah er zwei kleine Gestalten über das Gras laufen, gejagt von einem halben Dutzend Polizisten mit ein paar Hunden an der Leine.
»Hierher!«, brüllte Andy und winkte hektisch.
»Was machst du denn?«, stieß Bethany hervor, schlug Andys Arm nach unten und versuchte, ihm den Mund zuzuhalten. Aber da kamen Kevin und Ronan bereits in ihre Richtung gerannt.
»Breite die Plane aus!«, befahl Andy. »Wir gehen noch mal rauf.«
»Warum?«, rief Bethany. »Und seit wann gibst du hier die Befehle?«
»Vertrau mir«, verlangte Andy.
Andys Zuversicht ließ Bethany verstummen, die sich ohne ein weiteres Wort an die Arbeit machte. Mit der Plane um die Schultern begannen die beiden, erneut hinaufzuklettern. Gerade als sie den Stacheldraht erreichten, kamen Ronan und Kevin am Zaun an; die Polizisten waren mit ihren Hunden nur noch ein paar Hundert Meter hinter ihnen.
»He, ihr zwei! Klettert unter die Plane und schiebt sie über den Stacheldraht«, rief Andy von oben herunter.
Ronan sah Andy verständnislos an, aber Kevin hatte einmal eine Übung absolviert, bei der sein Team ein paar Rollen Stacheldraht auf ähnliche Weise überwinden musste; damals hatten sie die Rollen unter Zeltplanen und Brettern flach getreten.
Bethany und Andy breiteten die Plane zwischen sich aus und Kevin kletterte als Erster darunter. Mit seinen kleineren Füßen fand der Elfjährige besseren Halt als Bethany und Andy und erklomm den vier Meter hohen Zaun erstaunlich schnell.
Oben angekommen gab er der Plane einen Stoß, sodass sie sich über seinen Kopf wölbte, hielt sich dann mit einer Hand am Zaun fest und schob sie mit der anderen über den Stacheldraht. In der Zwischenzeit hatte auch Ronan begriffen, was er tun sollte und war Kevin eiligst nachgeklettert. Jetzt half er ihm dabei, die Plane über den Draht zu schieben, und da ihr Gewicht nun von vier anstatt von zwei Personen gehalten wurde, gelang es Andy und Bethany schließlich, die Ecken der Plane über den Zaun zu werfen.
»Haben wir′s?«, erkundigte sich Kevin. Das Bellen der Hunde kam immer näher.
Andy nickte. Die dicke Plane lag jetzt über dem Stacheldraht. Allerdings war es zu dunkel, um sichergehen zu können, dass nirgendwo Stacheln durchdrangen und die rasiermesserscharfen Klingen ihnen nicht die Finger zerschneiden würden, wenn sie nach der Plane griffen.
Zögernd schwang Andy ein Bein darüber und wippte leicht auf den Stacheldrahtrollen. »Sieht gut aus«, rief er erleichtert.
»Runter da!«, schrie ein Militärpolizist von unten. Wild knurrend sprangen zwei Hunde am Zaun hoch, verfehlten die CHERUB-Beine jedoch um gut einen Meter.
Nachdem Andy auch sein anderes Bein über die Plane geschwungen hatte, sprang er hinunter und rollte sich auf dem weichen Boden ab.
Kevin und Bethany waren die Nächsten.
»Iiihhhh!«, schrie Bethany. »Ich bin in einem Kuhfladen gelandet! Ich bin total eingesaut!«
Jetzt war nur noch Ronan oben. Um die Polizisten daran zu hindern, ihnen nachzuklettern, besprühte Ronan die Plane mit dem Pfefferspray, das er einem der Wachmänner abgenommen hatte, und zündete sie mit seinem Feuerzeug an. Dann sprang er ab.
Das Pfefferspray entflammte, die Plastikschicht begann bereits zu schmelzen und dennoch schien einer der Polizisten fest entschlossen, das brennende Hindernis zu überwinden. Daher blieb Andy nichts anderes übrig, als seine letzte Metallkugel einzusetzen und dem Polizisten aus weniger als fünf Metern Entfernung mit der Steinschleuder in die Brust zu schießen.
»Hat jemand eine Drahtschere?«, rief ein anderer Cop.
»Schneidet ihnen den Weg ab!«, brüllte ein weiterer. »Durchs Haupttor auf die Felder!«
Andy war beeindruckt von Ronans schneller Reaktion. »Wo hast du denn das Feuerzeug her?«, fragte er, während die vier Cherubs querfeldein rannten.
»Hatte ich in der Hosentasche«, keuchte Ronan, der auf dem sumpfigen Acker ständig ausrutschte. »Hab ja schon mal gesagt, dass ich gern Sachen in Brand stecke.«
»Nett«, fand Andy und fischte sein Handy aus der Hosentasche, um den Einsatzleiter anzurufen. »Dennis, hier Andy. Wir müssen schnell irgendwo abgeholt werden … So weit? Ich weiß, dass überall Cops sind, aber …«
»Was ist los?«, fragte Ronan, als Andy wütend das Telefon zuklappte.
»Dennis kommt uns nicht holen. Er sagt, es sei zu riskant, uns an einer Hauptstraße einzusammeln. Wenn er gesehen wird, zieht das jede Menge unangenehmer Fragen nach sich. Also gibt es einen neuen Treffpunkt, fünf Kilometer weit weg.«
Alle stöhnten auf. Nach der ganzen Anstrengung hatte keiner mehr Lust, sich weitere fünf Kilometer durch den Matsch zu quälen.
Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als in gleichmäßigem Tempo dahin zu joggen, wobei sie im Dunkeln immer wieder aneinanderstießen.
Kevin sah Bethany an. »Bist du wirklich in Kuhscheiße gelandet?«
»Allerdings«, gab Bethany zurück. »Bin total voll damit. Und wenn einer von euch auch nur grinst, dann kriegt er eine volle Ladung davon ab …«
»Jake wurde von den Hunden geschnappt«, wechselte Kevin abrupt das Thema und verkniff sich gerade noch das Lachen. »Aber was ist mit Rat und Lauren?«
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Rat kannte diese Szene aus Hunderten von Filmen. Der Wagen prallt auf den Zaun, die Pfosten zersplittern und regnen auf die Straße und der Wagen zischt davon, dass die Funken sprühen.
»Festhalten!«, brüllte er Lauren zu und stellte entsetzt fest, dass er bei der hektischen Flucht vergessen hatte, sich anzuschnallen.
Er warf einen Blick auf den Tacho, während der kleine Fiat auf den Zaun mit den Betonpfosten zupflügte. Doch auf dem weichen Boden fanden die Räder keinen Halt und so prallte das Auto mit wenig mehr als 30 km/h auf den Zaun. Ein metallisches Krachen, ein lauter Knall, und Rat flog der Airbag ins Gesicht. Einer der Pfosten brach und die Nase des Fahrzeugs stieg so steil in die Höhe, dass der Fiat fast senkrecht stand.
Lauren befürchtete schon, dass er rückwärts aufs Dach kippen würden, doch da gab auch der andere Pfosten endlich nach. Der Wagen fiel nach vorne und rutschte langsam weiter.
»Gib Gas!«, schrie Lauren. »Oder hast du ihn etwa wieder abgewürgt?«
Rat klingelten die Ohren von der Airbag-Explosion, er konnte Lauren kaum hören.
»Der Motor ist aus«, schrie er zurück und wedelte den weißen Puder aus dem Airbag weg. »Wahrscheinlich eine Sicherheitsabschaltung, wenn der Wagen so schräg steht.«
Es war stockdunkel und über die halb aufgeblasenen Airbag-Reste hinweg konnte er erst recht kaum etwas sehen, doch er spürte, wie der Wagen sachte eine Böschung hinabglitt. Er trat kräftig auf die Bremse, was ohne Wirkung blieb, da die Räder über den Schlamm rutschten.
Nach etwa zehn Sekunden krachte der Fiat mit der Motorhaube gegen einen Baum, kippte zur Seite und blieb in einer fünfundzwanzig Zentimeter tiefen Pfütze stecken. Lauren wollte die Tür aufstoßen, doch das gelang ihr wegen des Matschs nur einen Spaltbreit – gerade so weit, dass das braune Pfützenwasser ins Auto lief.
Als sich Lauren und Jake zur Beifahrerseite hinüberarbeiteten, die in die Luft ragte, kamen sowohl Zivil- als auch Militärpolizisten den Abhang hinuntergerutscht und umringten das Auto. Lauren hörte das unmissverständliche Klicken eines Gewehrs, das entsichert wurde. Sie bezweifelte zwar, dass die Militärpolizei auf unbewaffnete Kinder schießen würde, dennoch lief es ihr kalt über den Rücken.
»Raus aus dem Auto! Und haltet die Hände da, wo ich sie sehen kann!«, schrie ein Mann, riss die Beifahrertür auf und zerrte Rat ins Freie. Lauren stieg selbst aus, doch kaum hatte sie einen Fuß in die Pfütze gesetzt, brach sie zusammen. In dem ganzen Chaos hatte sie ihren verdrehten Knöchel völlig vergessen.
Sie wurde hoch gezerrt und gegen das Auto gestoßen. Während sie versuchte, sich das Dreckwasser aus den Augen zu blinzeln, ging von der anderen Seite der Pfütze plötzlich ein Blitzlichtgewitter los.
Lauren verbarg das Gesicht in den Händen, als sie ein großer Polizist rückwärts aus dem Wasser zog.
»Nehmt die Kameras weg!«, schrie sie. »Los, verpisst euch!«