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Aufgrund der Zeitverschiebung war es zwei Uhr nachmittags, als sie in Las Vegas landeten. Das große Flugzeug mit dem königlichen Wappen und dem Union Jack an der Seite versetzte die Flut von Limousinenchauffeuren und Casino-Hosts am Privatjet-Terminal des McCarren-Airports in ungeheure Aufregung.

Meryl legte Mac den Arm um die Taille, als sie durch den Zoll ins Hauptterminal gingen.

»Tut alle so, als wären wir steinreich«, empfahl ihnen Meryl lächelnd. »Ihr werdet staunen, was schon der geringste Duft von Geld in dieser Stadt alles bewirkt.«

Meryl blieb stehen und sah sich auffällig verwirrt um. Eine halbe Sekunde später lief ein untersetzter sonnengebräunter Mann auf sie zu, der aussah, als wolle er Golf spielen.

»Ein Frohes neues Jahr und willkommen in Las Vegas«, wünschte er mit chemisch gebleichtem Lächeln.

»Wir haben noch gar keine Unterkunft«, erklärte Meryl, »aber man hat mir gesagt, das Caesar′s Palace sei nett.«

»Das Caesar′s hat zwar eine lange Tradition, aber ich bin Julio Sweet, VIP-Host im Reef Casino Resort. Ich kann Ihnen eine Limousine anbieten, um Sie dorthin zu fahren, sowie eine Suite in der Top-Etage, auf freundliche Einladung des Managements.«

Meryl lächelte wohlwollend und versuchte, überrascht zu klingen. »Auf Einladung?«, antwortete sie. »Oh, das ist wirklich sehr nett von Ihnen, aber ich muss meine zehn Adoptivkinder und unseren russischen Bodyguard mitnehmen.«

»Wir haben über fünftausend Zimmer!«, sagte Julio und das gebleichte Lächeln wurde noch strahlender. »Ich bin sicher, wir werden Sie alle gut unterbringen.«

Das Reef Casino ging mit seinem Angebot ein kalkuliertes Risiko ein. Der Preis für ein paar Nächte im Hotel, freie Fahrten mit der Limousine und kostenloses Essen war verschwindend gering im Vergleich zu den hunderttausend oder sogar Millionen Dollar, die ein Reicher, der hier mit seinem Privatjet auftauchte, während seines Aufenthalts im Hotel-Casino verlieren konnte.

Die Hostess eines anderen Casinos umkreiste sie neidisch und ergriff sofort ihre Chance, als Julio sein Handy nahm, um die Limousine zu rufen.

»Darf ich Ihnen meine Karte geben?«, fragte sie. »Sie können mich jederzeit anrufen, Tag und Nacht, im Casino Taipei. Dann erhalten Sie ein vollständiges Dinner in einem unserer Restaurants, Behandlungen im luxuriösesten Spa von Las Vegas, und selbstverständlich bieten wir Ihnen und den Kindern auch jeglichen anderen Service.«

»Meinst du, die beschafft uns auch Nutten?«, flüsterte James Rat ins Ohr.

Rat musste lachen, doch Lauren stieß ihn an.

»Nicht lachen!«, warnte sie. »James ist so schon schlimm genug, da musst du ihn nicht auch noch ermutigen.«

Der Mann vom Reef schenkte seiner Rivalin einen bitterbösen Blick, gab hektisch ein paar Instruktionen in sein PDA ein und versuchte Meryl und ihre »Familie« zu einem der Ausgänge zu bugsieren.

»In fünf Minuten werden zwei Limousinen für Sie und Ihre Familie hier sein sowie ein Lieferwagen für das Gepäck.«

»Oh, das ist äußerst freundlich von Ihnen«, lächelte Meryl, die immer noch die Überraschte spielte.

»Ein sehr schönes Flugzeug, mit dem Sie da gekommen sind. Gehört es der britischen Königsfamilie, wenn ich fragen darf?«, erkundigte sich ihr Host.

»Ihre Majestät ist eine entfernte Cousine«, log Mac und versuchte, seinen schottischen Akzent so gepflegt wie möglich klingen zu lassen. »Sie ist regelmäßig unser Gast auf unserer Skihütte in den Schweizer Alpen, und als wir uns in letzter Minute entschieden haben, diesen Ausflug zu unternehmen, hat sie uns großzügigerweise den königlichen Flieger überlassen.«

»Faaannntastisch!«, jubelte Julio. »Sie haben ja solches Glück, die Queen persönlich zu kennen. Durch dieses Terminal kommen zwar unzählige Milliardäre und Filmstars, doch ich glaube nicht, dass wir schon jemals königliche Gäste hatten.«

Mac genoss es auf der einen Seite, dem Host eine so haarsträubende Geschichte aufzutischen, aber zugleich hatte er doch ein schlechtes Gewissen.

»Ich bin nur ein sehr entfernter Cousin«, betonte er. »Und für gewöhnlich prahlen wir damit nicht.«

»Selbstverständlich«, stimmte Julio sofort zu. »Das Reef-VIP-Team wird sich äußerst diskret um Ihre Wünsche kümmern.«

Da hielten die beiden Limousinen und der Lieferwagen mit dem Logo des Reef Casinos an der Straße vor dem Terminal an.

»Und wie lange beabsichtigen Sie zu bleiben?«, erkundigte sich Julio.

»Zwei Nächte«, entgegnete Meryl. »Wenn das in Ordnung ist?«

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Die Gratis-Suiten lagen im fünfunddreißigsten und damit höchsten Stock des Reef Casino Resorts und boten eine fantastische Aussicht über das südliche Ende des Vegas Strip. Meryl, Kazakov und Mac hatten eine riesige Suite mit drei Schlafzimmern und Marmorwänden, während die Kinder auf drei kleinere, aber keineswegs weniger luxuriöse Suiten im selben Gang verteilt waren.

James teilte sich eine Suite mit Jake und Kevin, doch bei zwei Schlafzimmern mit je zwei Doppelbetten, zwei großen Bädern und einem Wohnzimmer mit einem 80-Zoll-Flachbildschirm war das kein großes Problem.

Bis sich alle geduscht und umgezogen, die drei Jungen den Zimmerservice ausprobiert und sich eine heftige Schlacht mit den M&Ms aus der Minibar geliefert hatten, war es bereits dunkel. Und als die beiden von Julio organisierten Limousinen die dreizehnköpfige Truppe zu einer Rundfahrt um die spektakulär beleuchteten Casinos am Strip abholten, waren alle schon ziemlich müde. Nach englischer Zeit war es fünf Uhr in der Früh, und besonders Jake und Kevin konnten kaum noch die Augen offen halten.

Am nächsten Morgen wachte James vom Jetlag geplagt bereits um halb sechs auf. Er nutzte die Zeit, um sich im Casino umzusehen. Zwei Tage zuvor war Las Vegas noch voller Touristen gewesen, die hier ins neue Jahr gefeiert hatten. Doch jetzt waren nur noch die hartgesottenen Spieler übrig, die die Nacht durchgemacht hatten, sowie das Reinigungspersonal, das mit großen Maschinen die Böden polierte.

James durfte zwar noch nicht spielen, aber als Hotelgast konnte er sich im Casino aufhalten, solange er nicht vor einem der Tische oder Automaten herumlungerte. Eigentlich hätte er erwartet, dass Männer in Smoking und Fliege an eleganten Roulette-Tischen saßen wie in den James-Bond-Filmen. Doch die Wirklichkeit präsentierte ihm eine große, schlecht gelüftete Halle mit mehreren Tausend piependen Spielautomaten. Die Cocktailserviererinnen, die zwischen den Reihen hin und her liefen, sollten wohl sexy aussehen, aber nach einer Nacht auf hohen Absätzen wirkte ihr Lächeln eingefroren und das Make-up verlief im Schein der hellen Lichter.

Hinter der Spielhalle lag eine überdachte Einkaufsstraße mit über einem Dutzend Restaurants und einer exklusiven Shopping-Mall, vor der ein Schild prahlte: Das Einkaufsparadies auf vierhunderttausend Quadratmetern! Doch die einzigen Läden, die an einem Dienstagmorgen um sechs Uhr auf hatten, waren der 24-Stunden-Schnellimbiss und der Souvenirladen des Hotels.

James wusste selbst nicht genau, warum er ausgerechnet auf den Souvenirladen zusteuerte. Ein paar Minuten lang betrachtete er die billigen Vegas-Briefbeschwerer, die Schneekugeln mit dem Vegas Strip und die Plastik-Elvis-Figuren, die per Knopfdruck Viva Las Vegas sangen. Die Verkäuferin hatte Elvis wahrscheinlich schon ein paar Millionen Mal gehört und warf James einen bösen Blick hinter ihrer Zeitschrift zu, damit er bloß nicht noch einmal auf die Idee kam, Elvis singen zu lassen.

Im Bücherregal ganz hinten im Laden fand James Reiseführer und Straßenkarten, aber die Hälfte des Regals enthielt auch Bücher über das Glücksspiel. James′ Blick fiel auf einen schmalen Band mit dem Titel Das ultimative Blackjack-Handbuch.

Er nahm es heraus und blätterte es kurz durch. Überrascht stellte er fest, dass im Casino-Shop tatsächlich ein Buch mit mehreren ausführlichen Kapiteln über die Techniken des Kartenzählens verkauft wurde. Aber da diese Informationen im Web sowieso frei zugänglich waren, verdiente das Hotel wohl lieber noch etwas am Verkauf des Buches.

»Das macht sieben dreiundachtzig mit Steuern«, sagte die Verkäuferin, als James ihr das Buch gab. »Ich hab auch alte Casino-Kartenspiele für fünfzig Cent, wenn du willst.«

James fiel ein, dass er ein Kartenspiel brauchen würde, wenn er ein paar der Beispiele im Buch durcharbeiten wollte, und nickte. »Und ein Päckchen Kaugummi«, fügte er hinzu.

»Zehn Dollar dreiundsiebzig.«

Erst als er ihre gebräunten Beine hinter dem Tresen entdeckte, fiel James plötzlich auf, wie attraktiv die Verkäuferin war. Er sah sich um, ob außer ihm noch jemand im Laden war, und versuchte dann kurz entschlossen, zum ersten Mal in seinem Leben bei einer erwachsenen Frau zu landen.

»Wann hast du denn Feierabend?«, fragte er. Diesen Satz kannte er aus tausend Filmen.

Sie lächelte. »Was geht dich das an?«

»Weiß nicht«, antwortete James fantasielos. »Wir könnten uns ja treffen und irgendwohin gehen … oder so.«

Die junge Frau musste lachen. »Klar, wir gehen zu McDonalds und ich kaufe dir ein Happy Meal.«

James hatte das Gefühl, einen Eimer Wasser über den Kopf bekommen zu haben und sagte beleidigt:

»Ich bin älter als ich aussehe.«

»Wie alt denn?«

James wurde knallrot und sammelte sein Wechselgeld ein. »Achtzehn.«

»Monate oder Jahre?«, kicherte sie. »Halt dich lieber an die Mädels aus deiner Schule. Aber für den Versuch kriegst du Pluspunkte, und der englische Akzent ist echt süß!«

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Der Dauerwerbesender des Hotels hatte Kevin und Jake erfolgreich für den Vergnügungspark und das Aquarium des Reef begeistert, sodass sie unbedingt hingehen wollten, während James und die anderen Cherubs sich lieber die Stadt anschauten.

Das Reef befand sich am südlichen Ende des Las Vegas Boulevard, genannt der Strip, an dem entlang fast alle Sehenswürdigkeiten lagen. Nach einem üppigen Frühstück in ihrer Suite machten sich die acht älteren Cherubs auf den Weg nach Norden  – der sie sechs Kilometer lang über Gehwege, Rolltreppen und Laufbänder durch riesige Casinos mit Pyramiden- und Eiffelturm-Nachbildungen und venezianischen Kanälen führte; außerdem gab es jede Menge Shows, darunter spektakuläre Wasserspiele und eine unglaubliche mittelalterliche Schlacht. Da sie den typischen Touristen-Attraktionen nicht widerstehen konnten, unternahmen sie eine 3-D-Pharao-Fahrt  – die sich als ziemlich albern herausstellte  – und wagten sich in eine Indoor-Achterbahn  – die viel langweiliger war als gedacht  –, bis sie einstimmig beschlossen, sich nur noch auf die Sehenswürdigkeiten und das Shopping zu konzentrieren.

Mit ihrem Weihnachtsgeld in der Tasche bummelten sie durch ein paar der riesigen Shopping-Malls, die einige Schnäppchen versprachen. James leistete sich Cargo-Shorts und ein Polohemd, doch da er ja auch noch Jakes Handy ersetzen musste, konnte er nicht ganz so viel ausgeben wie die anderen.

In Nevada, einem der heißesten Orte der Welt, war es im Winter angenehm mild, sodass die kleine Gruppe bei der Ankunft am Nordende des Strips in ihren Jeans und Sweatshirts weder schwitzte noch fror. Allerdings schmerzten ihnen die Füße und so erfragte Kerry die Adresse des nächsten Kinos und sie quetschten sich in eine der vor jedem Casino stehenden Limousinen, um sich zum Abschluss ihrer Sightseeing-Tour einen Film anzusehen, der in England noch nicht lief.

Es war bereits nach acht Uhr abends, als sie wieder im Hotel ankamen. Ihr Host Julio hatte dafür gesorgt, dass sie das Abendessen auf der Dachterrasse vor der Suite der Erwachsenen einnehmen konnten.

Meryl, Kevin und Jake erzählten von ihrem Besuch im Aquarium, ihrem gemeinsamen Sightseeing und dem Mittagessen mit ein paar alten Freunden, die Meryl noch aus ihrer Zeit als Casino-Host kannte. Und während alle Cherubs die braven Adoptivkinder mimten, war überraschenderweise Mac derjenige, der etwas aus seiner Rolle fiel: Er hatte den größten Teil des Tages im Casino verbracht und kam nun ziemlich angeheitert und mit einer hübschen Texanerin im Arm zurück, die in den Vierzigern war, enge Jeans und schicke Cowboystiefel trug.

»Ich hab sieben Riesen beim Baccarat verloren«, grinste er, »aber dafür eine wunderschöne Frau gewonnen!«

James hatte ihn noch nie betrunken erlebt, aber da Mac ein halbes Jahr zuvor seine Frau und zwei seiner Enkelkinder verloren hatte, fand er, dass er die Chance ruhig nutzen durfte, sich auszutoben. Und Mac konnte es sich durchaus leisten, siebentausend Dollar in einem Casino liegen zu lassen.

Zwar wusste niemand genau, wie reich Mac eigentlich war. Aber es war bekannt, dass er vor seinem Job als CHERUB-Vorsitzender seine Anteile an der von ihm gegründeten Computerfirma für mehrere Millionen Pfund verkauft hatte. Und wenn man den Gerüchten Glauben schenkte, dann hatte er sein Vermögen in den darauffolgenden fünfundzwanzig Jahren durch gelungene Investitionen sogar noch vermehrt.

Die Kinder waren gut gelaunt und alberten beim Essen lautstark herum, und nachdem Mac und Meryl bereits ein paar Drinks genossen hatten, störten sie sich nicht weiter daran. Als sie beim Dessert angekommen waren, tauchte plötzlich Kazakov in Begleitung des freundlich lächelnden Hosts Julio Sweet und eines untersetzten Casino-Security-Mannes auf. Kazakovs Gesicht war knallrot angelaufen und auf seinem Hemd prangte ein hässlicher grauer Fleck, weil er einen übervollen Aschenbecher umgeworfen hatte.

»Hallo, hallo«, lächelte Meryl. »Wo zum Teufel waren Sie den ganzen Tag? Ich habe Sie ja seit dem Frühstück nicht mehr gesehen.«

»Es gab eine Auseinandersetzung unten im Casino«, erklärte der Wachmann kühl. James fiel auf, dass er eine dunkle Sonnenbrille und ein Headset trug wie die FBI-Agenten in den Filmen. »Wir haben den Gentleman gebeten, sich für den Rest seines Aufenthaltes vom Casino-Bereich fernzuhalten.«

»Verdammte Yankees!«, grollte Kazakov. »Ich habe sechs Mal auf Schwarz gesetzt, und sechs Mal kam Rot. Ich schwöre, dieses Spiel war getürkt!«

Kazakov war ziemlich groß und hätte den Wachmann höchstwahrscheinlich überwältigen können, wenn er gewollt hätte. Daher entstand eine gespannte Stille am Esstisch, bis Mac plötzlich mit der Faust auf den Tisch schlug und schallend lachte.

»Sie hätten auf Meryl hören sollen«, spottete er. »Roulette ist ein Halsabschneiderspiel.«

»Sechs verdammte Mal«, knurrte Kazakov. »Ich hatte schon viertausend Dollar gewonnen. Und fünf Minuten später war ich dreitausend im Minus. Bamm!«

»Das war′s dann für Sie mit dem Spielen«, stellte Meryl fest. »Ich bin übrigens auch ziemlich enttäuscht. Ich habe acht Dollar an den Fünf-Cent-Automaten verloren.«

Mac wankte über die Dachterrasse und fischte fünf Hundert-Dollar-Chips aus der Tasche seines Jacketts.

»Das sollte reichen, um Ihren Kummer zu ersäufen.« Mac drückte ihm die Chips in die Hand und umarmte den verdutzten Kazakov. »Holen Sie sich einen Stuhl, essen Sie was und vergessen Sie das alles.«

Julio nahm rasch Kazakovs Chips an sich und tauschte sie gegen Hundert-Dollar-Scheine ein, damit Kazakov gar nicht erst in Versuchung geriet, wieder hinunter an die Spieltische zu gehen.

»Bringen Sie mir ein Steak«, verlangte Kazakov. »Das größte, blutigste Steak der Stadt und eine Flasche Wodka, um den ganzen Ärger hinunterzuspülen.«

Die Aufgabe eines Casino-Hosts ist es, die Gäste zum Spielen zu animieren, damit sie so viel wie möglich verlieren. Und Julio hatte seinen Job bis jetzt äußerst geschickt erledigt, nachdem Mac und Kazakov zehntausend Dollar verloren hatten, obwohl sie mit der Absicht gekommen waren, höchstens ein Zehntel davon aufs Spiel zu setzen.

Julio begleitete Mac zu seinem Platz am Esstisch zurück.

»Vielleicht darf ich Sie später nach dem Dessert wieder an den VIP-Tischen begrüßen? Sie erwähnten Ihre Vorliebe für schottischen Single Malt Whisky und hinter der Bar haben wir eine wirklich ausgezeichnete Sammlung, darunter ein fünfzig Jahre alter Springbank. Ich glaube, davon gibt es keine hundert Flaschen mehr.«

Julio wollte Mac unbedingt wieder an den Baccarat-Tisch locken. Das zwar kalkulierte, aber dennoch hohe Risiko, das er eingegangen war, als er vier der besten Hotelsuiten an Leute vergab, die zwar in einem tollen Flugzeug angereist waren, aber keinen Ruf als Spieler hatten, sollte sich schließlich auszahlen. Doch bis jetzt reichten die zehn Riesen kaum für die Miete der vier Luxussuiten aus, und dazu kamen noch die Mahlzeiten, der Zimmerservice und die Fahrten mit der Limousine.

»Sie sind ja nur noch bis morgen in Las Vegas«, schmeichelte Julio und legte Mac eine Serviette auf den Schoß. »Einem so viel beschäftigten Mann wie Ihnen bietet sich wahrscheinlich so bald nicht mehr die Möglichkeit zum Spiel, und ich bin sicher, dass Ihre neue … äh … Freundin auch gerne noch ein wenig Zeit mit Ihnen an den Tischen verbringen würde.«

»Ich würde wahnsinnig gerne noch etwas spielen«, hauchte die Texanerin und küsste Mac aufs Ohrläppchen.

»Aber erst esse ich mein Dessert auf«, erklärte Mac.

Die älteren Cherubs machten sich langsam Sorgen um Mac.

»Daddy«, sagte Kerry streng, »du musst morgen früh aufstehen. Vielleicht solltest du lieber hier oben bleiben und noch ein wenig mit uns zusammensitzen.«

Julio schoss Kerry tödliche Blicke zu, während Mac ungerührt sein Dessert weiterlöffelte und sich dann mit der Texanerin nach drinnen zurückzog.

»Ich hoffe, es geht ihm gut«, sagte James zweifelnd.

Bruce zuckte mit den Achseln. »Ich finde, der alte Knabe soll sich ruhig amüsieren.«

Meryl prüfte mit einem Blick über die Schulter, ob Mac, Julio und die Texanerin auch wirklich außer Hörweite waren und lächelte dann: »Mac ist ein großer Junge und ich lasse ihm seinen Spaß. Aber wenn alles danach aussieht, als würde Julio ihn übers Ohr hauen, gehe ich runter und hole ihn aus dem Casino.«