Schimmernde Metallkugeln schwebten in der Atmosphäre; sie drehten sich langsam um die eigene Achse und gaben eine Art Sphärenmusik von sich. Die lokale Bevölkerung zeigte ihnen gegenüber ein seltsames Verhalten, eine Mischung aus Verehrung und Sarkasmus. Diese Bevölkerung setzte sich unbestreitbar aus in Sozialformen lebenden Primaten zusammen — aber handelte es sich dabei um Wilde, Neo-Menschen oder Wesen einer dritten Gattung? Ihre Kleidung, die aus großen schwarzen Umhängen und Kapuzen mit Augenschlitzen bestand, ließ keine eindeutige Bestimmung zu. Die zerstörte Umgebung hatte anscheinend einen Bezug zu existierenden Landschaften — manche Ansichten erinnerten an die Beschreibung, die Daniel1 von Lanzarote gegeben hat; ich verstand nicht so recht, worauf Marie23 mit dieser ikonographischen Rekonstruktion hinauswollte.
Dem apperzeptiven Zentrum,
Dem emotiven IGUS,
Das den Untergang überlebt hat,
Legen wir Zeugnis ab.
Auch wenn Marie23, alle Neo-Menschen und ich selbst nur kybernetische Fiktionen waren, wie ich manchmal vermutete, zeigte allein die Prägnanz dieser Fiktionen, daß es ein oder mehrere IGUS gab, ganz gleich ob sie biologischer, digitaler oder intermediärer Art waren. Die Existenz eines IGUS reichte als solche aus, um zu beweisen, daß irgendwann im Rahmen der unzähligen Möglichkeiten der Wasserspiegel der Meere gesunken war; dieses Phänomen war die Voraussetzung für das Paradigma der Existenz. Selbst die Zukünftigen müßten, falls es sie eines Tages geben sollte, ihren ontologischen Status mit den allgemeinen Funktionsbedingungen der IG US in Übereinstimmung bringen. Hartle und Gell-Mann haben bereits nachgewiesen, daß die kognitive Funktion des IGUS (Information Gathering and Utilizing Systems) Stabilität und einen wechselseitigen Ausschluß der Ereignissequenzen voraussetzt. Für ein Beobachter-IGUS, ganz gleich ob natürlich oder künstlich, kann nur ein einziger Zweig des Universums eine reale Existenz besitzen; auch wenn diese Schlußfolgerung in keiner Weise die Existenz anderer Zweige des Universums ausschließt, verbietet sie einem gegebenen Beobachter jeden Zugang dazu, oder um es mit der etwas rätselhaften, aber durchaus synthetischen Formulierung von Gell-Mann zu sagen: »In jedem Zweig wird nur dieser Zweig bewahrt.« Die Existenz einer Gemeinschaft von Beobachtern, auch wenn sie nur auf zwei IGUS beschränkt sein sollte, erbrachte somit den Nachweis dafür, daß es eine Realität gab.
Wenn man an der üblichen Hypothese einer ununterbrochenen Evolution von Lebewesen innerhalb einer auf Kohlenhydratstoffwechsel basierenden Linie festhielt, bestand kein Grund für die Annahme, daß die stammesgeschichtliche Entwicklung der Wilden durch die Große Trockenzeit unterbrochen worden sei; nichts deutete jedoch daraufhin, daß sie, wie Marie23 vermutete, erneut die Fähigkeit der Sprache entwickeln konnten oder daß sich intelligente Gemeinschaften gebildet hätten, die neue Gesellschaften hervorbrachten, deren Grundlagen zu den von den Gründern seinerzeit gelegten in Gegensatz standen.
Das Thema der Gesellschaften von Wilden läßt Marie23 dennoch nicht los, denn sie kommt im Verlauf unseres Austauschs, der immer reger wird, immer öfter darauf zurück. Ich spüre, daß sie von einer gewissen Aufruhrstimmung, von Ungeduld erfaßt wird, die allmählich auf mich abfärbt, obwohl die äußeren Umstände es in keiner Weise rechtfertigen, daß wir unseren Zustand der Stase verlassen, und ich bin nach diesen Sequenzen der Intermediation häufig erschüttert und geradezu geschwächt. Zum Glück besänftigt mich die Anwesenheit von Fox bald wieder, und dann lasse ich mich in meinem Lieblingssessel im nördlichsten Winkel des großen Zimmers nieder und warte mit geschlossenen Augen ruhig im Licht sitzend auf unseren nächsten Kontakt.