Daniel24,5

Da ich das Leiden der Menschen kenne, nehme ich an der Auflösung teil, sorge dafür, daß wieder Ruhe einkehrt. Wenn ich einen Wilden erlege, der kühner als die anderen ist und zu lange in der Nähe des Elektrozauns verweilt — häufig handelt es sich dabei um ein Weibchen mit schon erschlafften Brüsten, das sein Junges mit bittender Geste hochhält —, habe ich das Gefühl, eine notwendige, legitime Handlung zu vollziehen. Die Tatsache, daß unsere Gesichter identische Züge haben — was um so auffälliger ist, da die meisten Wilden, die in dieser Gegend umherirren, spanischer oder maghrebinischer Abstammung sind —, ist für mich ein untrügliches Zeichen dafür, daß sie zum Tode verurteilt sind. Das Menschengeschlecht wird verschwinden, muß verschwinden, damit die Worte der Höchsten Schwester in Erfüllung gehen können.

Das Klima im Norden von Almeria ist mild, es gibt nur wenige große Raubtiere; das ist vermutlich der Grund dafür, daß die Anzahl der Wilden noch relativ hoch ist, auch wenn sie ständig abnimmt — vor einigen Jahren habe ich sogar mit Entsetzen eine Herde von mindestens hundert Individuen gesehen. Meine Korrespondenten aus allen Teilen der Welt bezeugen das Gegenteil: Im großen und ganzen sterben die Wilden aus; in zahlreichen Gegenden ist ihre Präsenz schon seit mehreren Jahrhunderten nicht mehr gemeldet worden; manche halten daher ihre Existenz für einen Mythos.

Es gibt keine Begrenzung im Reich der Intermediären, aber manche Dinge stehen fest. Ich bin das Tor. Ich bin das Tor und der Hüter des Tores. Mein Nachfolger wird kommen; er muß kommen. Ich halte die Stellung, um die Ankunft der Zukünftigen zu ermöglichen.