Dieser Teil von Daniels Bericht ist für uns vermutlich ziemlich schwer verständlich. Die Videokassetten, auf die er sich bezieht, sind übertragen und seinem Lebensbericht als Anhang beigefügt worden. Ich habe diese Dokumente manchmal zu Rate gezogen. Da ich, genetisch gesehen, von Daniel1 abstamme, habe ich natürlich die gleichen Züge, das gleiche Gesicht; auch die Mimik (obwohl ich in einer nicht sozial geprägten Umgebung lebe und meine Mimik daher natürlich begrenzter ist) ist im wesentlichen die gleiche; aber diese urplötzliche, von einem spezifischen Glucksen begleitete Verzerrung des Gesichtsausdrucks, die er Lachen nannte, kann ich nicht nachvollziehen; ich kann mir nicht einmal dessen Mechanismus vorstellen.
Die Aufzeichnungen meiner Vorgänger, von Daniel 2 bis Daniel23, bezeugen im großen und ganzen das gleiche Unverständnis angesichts dieses Phänomens. Daniel2 und Daniel3 behaupten, daß sie noch imstande sind, unter Einfluß gewisser Getränke die Sache zu reproduzieren; aber für Daniel4 handelt es sich bereits um etwas Unzugängliches. Es gibt mehrere Untersuchungen über das Verschwinden des Lachens beim Neo-Menschen; alle stimmen darin überein, daß es sehr schnell erfolgt ist.
Eine ähnliche Entwicklung, auch wenn sie sich langsamer vollzog, hat man in bezug auf die Tränen beobachten können, ein weiteres Charakteristikum des Menschengeschlechts. Daniel bezeugt, daß er bei einer ganz bestimmten Gelegenheit geweint hat (beim Unfalltod seines Hundes Fox, der bei der Berührung des Elektrozauns einen tödlichen Schlag bekam); ab Daniel10 ist davon nicht mehr die Rede. Ebenso wie Daniel1 das Lachen zu Recht als symptomatisch für die menschliche Grausamkeit betrachtet, scheinen die Tränen bei dieser Spezies mit dem Mitleid verbunden zu sein. Man vergießt nie Tränen ausschließlich über sich selbst, hat ein anonymer Autor des Menschengeschlechts irgendwo geschrieben. Grausamkeit und Mitleid sind zwei Gefühle, die natürlich unter den Bedingungen absoluter Einsamkeit, unter denen sich unser Leben abspielt, kaum noch Sinn haben. Einige meiner Vorgänger wie etwa Daniel13 drücken in ihrem Kommentar eine seltsame Nostalgie über diesen doppelten Verlust aus; doch dann verschwindet auch diese Regung und läßt nur eine Neugier zurück, die immer sporadischer wird; heute kann man sagen, daß sie, wie alle meine Kontakte in unserem Netz bezeugen, praktisch erloschen ist.