XVII.
Trotz Ehrentrauds vielversprechender Reaktion wünschte Helene von Hochberg Fabian und Kiermeier zum Mond. Doch genauso, wie sie es nicht wagen durfte, den Prior Lexenthal zu verärgern, wollte sie nicht riskieren, als ungastlich zu gelten. Daher konnte sie den beiden Helden, die im Kampf gegen die ketzerischen Schweden verwundet worden waren, nicht das Obdach verweigern.
Nachdem Meinarda von Teglenburg den Anwesenden mitgeteilt hatte, dass sie sich müde fühle und gerne ein wenig ruhen wolle, löste sich die Gesellschaft auf. Helene winkte ihrer Tochter, ihr zu folgen, und führte sie in ihre eigene Schlafkammer. Dort wies sie mit dem Kinn auf ihr Bett. »Leg dich hin, zieh den Rock hoch und spreize die Beine, damit ich nachsehen kann, ob du deine Tugend bewahrt hast oder bereits zu einem faulen Apfel geworden bist.«
»Was soll das?« Johanna dachte nicht daran zu gehorchen, sondern verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Im selben Augenblick saß ihr die Hand ihrer Mutter im Gesicht. »Tu, was ich dir sage, sonst bekommt diese Maulschelle Geschwister.«
So zornig hatte Johanna ihre Mutter noch nie erlebt, und sie fühlte, wie ihr die Knie weich wurden. Unter dem verärgerten Blick ihrer Mutter legte sie sich hin und schürzte den Rock. Helene griff ihr zwischen die Beine und zupfte dort herum wie an Salatblättern. Das tat weh, und Johanna schrie protestierend auf.
Da trat ihre Mutter aufatmend zurück. »Ich sehe, du hast meinen Verstand geerbt und dir bewahrt, was für ein Mädchen wie dich am wertvollsten ist. Das solltest du auch weiterhin tun.« Helene sah das protestierende Aufblitzen in den Augen ihrer Tochter und kniff sie schmerzhaft in den Oberschenkel.
»Aua! Bist du verrückt geworden?«, fuhr Johanna auf. »Das gibt bestimmt einen blauen Fleck.«
Helene winkte spöttisch ab. »Der vergeht wieder. Doch wenn dein Häutchen gesprengt wird, macht es keiner mehr heil. Glaube nicht, ich hätte die Blicke übersehen, die du mit Fabian von Birkenfels gewechselt hast. Doch ich habe dich nicht geboren, damit du dich an so einen wie ihn verschleuderst. Der Mann, den du einmal heiraten wirst, wird sowohl über einen hohen Rang wie auch über Reichtümer verfügen.«
»So einen Mann wird höchstens diese Äffin Irmela bekommen, weil sie die Erbin ihres Vaters ist. Ich hingegen …« Johanna brach mitten im Satz ab, doch ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie ihre Mutter verantwortlich machte, weil sie nur als Irmelas arme Tante galt, der ihr Vater nicht einmal lumpige tausend Gulden als Mitgift vermacht hatte.
Helene maß ihre Tochter mit einem drohenden Blick. »Auch wenn es dich noch so sehr zwischen den Beinen jucken sollte, wirst du deine Jungfernschaft brav hüten! Meinetwegen kannst du es weiterhin mit Ehrentraud treiben, doch wage es nicht, dich dabei an der Stelle zu verletzen, an der ich dich untersucht habe.«
Johanna erschrak, als Helene ihre Spiele mit Ehrentraud erwähnte. Ihre Mutter schien selbst durch geschlossene Mauern und Türen sehen können, hatte sie doch alles getan, um die Zusammenkünfte zu verbergen. Nachdem sie einmal den Eindruck gewonnen hatten, es belausche sie jemand, hängten sie jedes Mal eine Decke von innen über die Tür, um Geräusche zu dämpfen und zu verhindern, dass jemand durch das Schlüsselloch spähte. Helene weidete sich an dem fassungslosen Gesicht ihrer Tochter, vergaß aber nicht, sie noch einmal zu warnen. »Ich will nicht erleben, dass der von mir ausgewählte Bräutigam dich zu mir zurückschickt, weil sein Stolz es nicht zulässt, den Spuren eines anderen zu folgen. Du bringst keine Reichtümer mit, die jemand über einen gewissen Makel hinwegsehen lassen. Ich werde dich zwar mit einer gewissen Mitgift versehen können …«
»Du bist doch selber so arm wie eine Kirchenmaus«, platzte Johanna heraus.
»Ich verwalte das Geld, das mir Irmelas Vermögensverwalter jeden Monat zukommen lässt, und vermag einiges für dich beiseitezuschaffen«, gab ihre Mutter überlegen lächelnd zurück, und vergesse auch mich selbst nicht, setzte sie in Gedanken hinzu. Um ihrer Tochter klarzumachen, wie diese ihre Zukunft gestalten sollte, setzte sie sich neben sie, zog sie an sich und gab ihr einige der Lehren weiter, die sie sich in ihrem Leben angeeignet hatte.