Geschichtlicher Überblick

Der Dreißigjährige Krieg markiert eine der großen Zäsuren in der Geschichte Mitteleuropas und bedeutet gleichzeitig das Ende der kaiserlichen Macht im weitaus größten Teil des Heiligen Römischen Reiches. Der Niedergang des Kaisertums hatte jedoch weitaus früher begonnen und war durch die Zugeständnisse bedingt, welche die gewählten Kaiser den Kurfürsten gewähren mussten. Auch endete das Kaisertum nicht mit diesem Krieg, sondern wurde noch fast hundertsechzig Jahre am Leben erhalten. Allerdings war es danach nur noch eine Würde ohne Macht, die bis auf eine Ausnahme, den Wittelsbacher Karl VII., den Oberhäuptern des Hauses Habsburg vorbehalten war.

Die Gründe, die zum Dreißigjährigen Krieg führten, sind zu komplex, um sie in wenigen Worten darstellen zu können. Eine Überhöhung religiöser Gefühle mit dadurch steigendem Konfliktpotenzial zwischen den Konfessionen war ebenso daran beteiligt wie reines politisches Kalkül und der Wunsch, die persönliche Macht auszubauen. Dieses Zusammenspiel von Religion und Politik brachte auch Ferdinand, König von Böhmen und späterer Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, dazu, die Gegenreformation in Böhmen durchzuführen. Der Widerstand des noch von den Hussiten geprägten böhmischen Adels äußerte sich im Prager Fenstersturz und dem Versuch, den ungeliebten Habsburger Landesherrn abzusetzen und an seiner Stelle den Protestanten Friedrich von der Pfalz zum neuen böhmischen König zu wählen. Die verlorene Schlacht am Weißen Berg ließ Friedrich als den sogenannten Winterkönig in die Geschichte eingehen.

In den folgenden Jahren wechselte das Kriegsgeschick immer wieder von der einen auf die andere Seite, und es begann der kometenhafte Aufstieg eines Mannes aus böhmischem Landadel, der mit Geschick und Intelligenz ein schlagkräftiges und gut versorgtes Heer auszurüsten wusste, welches Kaiser Ferdinand die Krone rettete. Albrecht von Wallenstein stieg immer höher und sammelte Titel und Würden bis hin zum Herzog von Friedland, dem Herzog von Mecklenburg und dem General des Ozeanischen und Baltischen Meeres.

Der Reichtum und die Machtfülle, die Wallenstein anhäufte, sowie seine immer eigenwilligere Interpretation der Kriegsziele schufen ihm Feinde, die um ihren eigenen Einfluss fürchteten. Auch liebten es die Herren aus uraltem Adel nicht besonders, im Schatten eines Emporkömmlings zu stehen, und sie erzwangen im Jahr 1630 die Absetzung Wallensteins als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen. Der neue Generalissimus Tilly war zwar zu Beginn des Krieges am Weißen Berg siegreich geblieben. Nun war er jedoch bereits über siebzig Jahre alt und seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen. Das Massaker von Magdeburg durch die kaiserlichen Truppen, das er nicht verhindern konnte, empörte die protestantischen Reichsstände und brachte sie dazu, sich dem schwedischen König Gustav Adolf anzuschließen.

Nach mehreren verlorenen Schlachten und einem beispiellosen Siegeszug der Schweden sah Kaiser Ferdinand II. sich nach Tillys Tod im Frühjahr 1632 gezwungen, Albrecht von Wallenstein erneut das Kommando über das Reichsheer und die verbündeten Truppen zu übertragen.

Es gelang Wallenstein, den Vormarsch der Schweden zu stoppen und dadurch Österreich und Böhmen zu retten. Zudem kostete die in Sachsen ausgetragene Schlacht bei Lützen den Schweden ihren König. Über das, was danach kam, streiten sich die Historiker noch heute. Zwar gelang es Wallenstein, die nach Böhmen eingedrungenen Sachsen unter General Armin wieder aus dem Land zu treiben, aber er widersetzte sich jedem Befehl des Kaisers, gegen die in Bayern stehenden Schweden vorzugehen. Es mag sein, dass er aus persönlicher Abneigung gegen den bayerischen Kurfürsten Maximilian zögerte, doch kann dies auch durch geistige Ermattung und Entschlusslosigkeit infolge von Krankheit geschehen sein.

In jedem Fall verlor Wallenstein immer mehr den Rückhalt im Reich und war zuletzt den Intrigen seiner Feinde im katholischen Lager nicht mehr gewachsen. Schließlich wurde er in der Stadt Eger durch englische und schottische Söldner getötet.

Der Krieg dauerte danach noch weitere vierzehn Jahre und verheerte große Teile Mitteleuropas, so dass vielerorts nur ein Bruchteil der Bewohner überlebte. Die Greueltaten beider Seiten im Krieg übertrafen alles bisher Dagewesene, und bis im Jahre 1648 endlich Frieden geschlossen wurde, schien es, als hätten sich die Pforten der Hölle geöffnet.

Trotzdem gab es auch in diesem Krieg Gebiete, die kaum oder gar nicht von der Kriegsfurie heimgesucht wurden. Doch auch diese verarmten, und die Steuerlast, die den Bauern wegen der Kriegskosten auferlegt wurden, führte in einigen Gegenden zur Rebellion. In Österreich kam noch eine protestantische Grundhaltung bei einem Teil der Bevölkerung hinzu, die sich gegen die strikte Rekatholisierung zur Wehr setzte und zuletzt nur durch den Einsatz von Truppen niedergeschlagen werden konnte.

So schlimm der Dreißigjährige Krieg auch gewesen sein mag, er stellt nur den erweiterten Hintergrund dieses Romans dar. Das eigentliche Thema ist der Hexenwahn, der in diesen Kriegsjahrzehnten einem traurigen Höhepunkt zustrebte. Beinahe überall brannten in jenen Jahren die Scheiterhaufen mit unglücklichen Frauen und Männern, die sich durch unvorsichtige Äußerungen und abweichende Verhaltensweisen verdächtig gemacht hatten oder von anderen denunziert worden waren. Das Grauen des Krieges förderte den Aberglauben der Menschen und die Suche nach einem Grund für all das Unglück, das über ihre Welt hereinbrach. In der festen Überzeugung, dass dies nur durch das Wirken der höllischen Mächte geschehen sein könne, wurde gegen deren angebliche Anhänger rigoros vorgegangen. Wer einmal ins Blickfeld der Hexenjäger geraten war, war meist verloren, denn die Folter brachte selbst den Unschuldigsten dazu, alle Verbrechen zu gestehen, die ihm vorgeworfen wurden. Zwar gab es für den Einsatz der Folter strenge Maßregeln, aber die allgemeine Angst vor Teufelswerk sowie die zunehmende Verrohung der Menschen durch die Schrecken des Krieges sorgten dafür, dass kaum einer die Tortur ohne schwere körperliche Schäden überstand.

Doch gerade der Glaube an die teuflischen Mächte wie auch der Verlust des Glaubens an die himmlische Gerechtigkeit brachten es mit sich, dass sich viele der Kraft von Hexen und Zauberern bedienen wollten, sei es, um anderen zu schaden, sei es, um selbst aufzusteigen. In einer Zeit, in der alle Werte aus dem Gleichgewicht gerieten und zur allgemeinen Not noch die religiöse Desorientierung hinzukam, vermochten Scharlatane und angebliche Hexen genügend Menschen zu finden, die an ihre magischen Kräfte glaubten und sie dafür bezahlten, in ihrem Sinne tätig zu sein. Im Allgemeinen gerieten auch diese vermeintlichen Hexer und Hexen über kurz oder lang ins Blickfeld der Hexenjäger und endeten auf dem Scheiterhaufen.

Eine große Rolle in diesem Roman spielt auch das Herzogtum der Neuen Pfalz von Neuburg, das nach dem Landshuter Erbfolgekrieg im Jahr 1505 gegründet wurde und bis 1806 existierte, wenn es auch in den letzten Jahren seines Bestehens in Personalunion mit dem Kurfürstentum Bayern regiert wurde. Das Herzogtum Neuburg bestand aus mehreren Enklaven, die über das heutige Oberbayern, Schwaben, Mittelfranken und die Oberpfalz verteilt lagen. Neuburg selbst blieb nur für ein gutes Jahrhundert die Residenzstadt dieses kleinen Staates und wurde dann durch Düsseldorf, den Hauptort des Herzogtums Berg, ersetzt, das durch Erbfolge an die Neuburger Wittelsbacher fiel. Der Rang als Hauptstadt des Herzogtums Pfalz-Neuburg verblieb der Stadt jedoch bis zur Gründung des Königreichs Bayern in napoleonischer Zeit. Der Stolz auf dieses reiche geschichtliche Erbe ist in Neuburg an der Donau bis heute zu spüren.

Die Feuerbraut
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