Vierundsechzig

Anna

Da ist ein Geräusch auf dem Korridor. Das leise »Pling« des Aufzugs, der ankommt. Ich sehe zu meiner Mutter, doch ihr Blick fixiert die Tür.

»Wer ist das?«, flüstere ich, aber sie antwortet nicht. Könnte es die Polizei sein?

Mark muss sie angerufen haben, sobald er dachte, dass wir aus Eastbourne raus waren; sie wissen, wo wir sind. Und jetzt, nachdem sie Dads Leiche gefunden haben, müssen sie auch wissen, was meine Mutter getan hat. Ihnen muss klar sein, bei wem ich bin … Ich setze alle Hoffnung auf Mark und Murray, darauf, dass sie zwei und zwei zusammenzählen.

»Macht die Tür auf. Ich weiß, dass ihr da drinnen seid.«

Vor Erleichterung wird mir so schwindelig, dass ich fast loslache. Nicht die Polizei, aber das Zweitbeste.

Meine Mutter rührt sich nicht, ich hingegen sehr wohl. Wie blöd ich war! Der schwarze Mitsubishi Shogun hat uns nicht gejagt; er hat versucht, meine Mutter aufzuhalten. Ich laufe zur Tür und reiße sie auf, denn plötzlich sind wir zwei gegen eine, und ich fühle mich unbesiegbar.

»Gott sei Dank bist du hier!«

Auf einen Angriff von hinten bin ich vorbereitet, nicht von vorne. Er erwischt mich direkt auf der Brust und zwingt mich zurück, so dass es mir eben noch gelingt, Ella sicher festzuhalten, während ich stolpere und auf dem Hintern lande. Ich stöhne auf. Mein Verstand versucht, mit dem mitzuhalten, was meine Augen wahrnehmen.

Das hier ist nicht die Rettung.

Laura schließt die Wohnungstür und verriegelt sie. Sie hat eine enge schwarze Jeans an, hohe Schuhe und ein Glitzertop. Gekleidet für eine Party, zu der sie nun nicht geht. Unsere Silvesterparty. Ihr Haar fällt ihr in voluminösen Locken über die Schultern, und ihre Lider sind in glitzernden Grau- und Grüntönen geschminkt. Sie beachtet mich nicht, denn ihre Wut richtet sich gegen meine Mutter, die langsam zurückweicht, zum Balkon hin.

»Du verräterische Schlampe!«