Kapitel Siebenunddreißig
Über Nacht stieg der Wasserpegel in aller Stille an. Es ging kein Wind, der Regen prasselte nicht gegen die Fenster, doch es schüttete ohne Unterlass. Beim Aufwachen fand sich Vera in einer ganz anderen Welt wieder, einem Land, in dem das Wasser die Vorherrschaft übernommen hatte. Als sie aus dem Fenster ins Tal blickte, sah sie, dass das Ufer des kleinen Sees an ein paar Stellen weggebrochen war, sein Umriss war nun gezackt, beinahe wie bei einem Spitzendeckchen. Gräben waren zu Flüssen geworden, dann in tiefergelegene Wiesen gesickert, und nun formten sie eine Kette aus kleinen Tümpeln. Aber der Himmel war nicht mehr so finster, und es regnete nicht mehr.
Es war gerade erst hell geworden, ihr Handy hatte sie geweckt. Charlie. Großer Gott, er ist die ganze Nacht aufgewesen. «Ich habe den Wagen gefunden.» Er klang heiser, als hätte er auch die ganze Nacht geredet, doch man hörte seinen Triumph heraus.
«Wo?»
«Nicht weit von der Stelle, wo die Kamera ihn in Effingham aufgenommen hat. Am Ortsausgang, wo es nach Barnard Bridge geht, ist ein kleines Gewerbegebiet. Da auf dem Parkplatz steht er.»
«Wie um alles in der Welt haben Sie den gefunden, Mann?»
«Ich habe danach gesucht.»
Und sie stellte sich vor, wie er in der Dunkelheit und dem Regen durch die Gegend gefahren war, in jeder Seitenstraße und auf jedem Rastplatz des Tyne Valley nachgesehen hatte.
«Sind Sie jetzt noch dort?»
«Ja, ich habe den Wagen vor etwa einer Stunde gefunden, mir aber gedacht, dass Sie Ihren Schönheitsschlaf brauchen.»
«Das hätte Ihnen doch ganz egal sein müssen!»
«Aye, na ja, ich war so erledigt, dass ich selbst weggenickt bin, bevor ich Sie noch anrufen konnte.»
Sie lachte. «Sie sind ehrlicher, als gut für Sie ist, Charlie. Sie werden es nie in die Chefetage schaffen. Können Sie mir sagen, welche Unternehmen da ansässig sind?»
Es gab eine Unterbrechung, und sie hörte, wie er sich in seinem Sitz umdrehte. Sie sah ihn vor sich, sah ihn das große Schild an der Einfahrt des Parkplatzes ins Visier nehmen. Sie wusste genau, wie es da ausschauen würde: ein halbes Dutzend Büroeinheiten in blitzsauberen Backsteingebäuden, in denen Versicherungsgesellschaften, IT-Firmen, ein paar örtliche und ein paar größere Unternehmen ihren Sitz hatten. Die Mieten waren dort bestimmt niedriger als in der Stadtmitte.
Er ratterte ihr die Namen herunter. «Swift Computing, Northumbrian Organic Foods, Fenham and Bright Communications, General –»
«Reicht schon, Charlie. Christopher Eliot arbeitet bei Fenham and Bright. Sichern Sie den Wagen ab und lassen Sie niemanden in seine Nähe kommen, aber rufen Sie noch nicht die Spurensicherung, bevor ich nicht mit Eliot gesprochen habe. Beobachten Sie ihn, wenn er zur Arbeit kommt, aber halten Sie ihn nur auf, falls er versucht abzuhauen.» Dann fiel ihr ein, dass er ja die ganze Nacht auf gewesen war. «Ich schicke Holly, sie soll Sie ablösen.»
«Ach was», sagte er. «Machen Sie sich keine Gedanken. Ich warte hier, bis Sie da sind.»
«Aber ich fahre nicht direkt ins Tyne Valley. Ich will erst mit Morgan reden. Bevor ich mir die Eliots vorknöpfe, muss ich mir noch über ein paar Dinge Klarheit verschaffen.» Sie war schon dabei, sich anzuziehen, wühlte in den Schubladen nach frischer Unterwäsche und entschied, dass der Rock, den sie gestern getragen hatte, es für heute noch einmal tun würde. Nur gut, dass Trevira nicht knitterte. Keine Zeit zum Duschen. Die ganze Fahrt über hing sie am Telefon. Sie hatte das Headset aus ihrem Dienstwagen in Hectors Land Rover mitgenommen, mit dem sie bei der Überschwemmung besser durchzukommen hoffte.
Erst glaubte sie, Michael Morgan hätte das Weite gesucht. Die Vorhänge in seiner Wohnung waren noch zugezogen, und auch wenn es noch zu früh für seine Sprechstunde war, hatte sie doch erwartet, irgendein Lebenszeichen zu erkennen, sich ausgemalt, wie er und Freya gerade ihr Biomüsli mit Joghurt frühstückten, nachdem sie eine Stunde Yoga gemacht hatten. Mit Walgesängen als musikalischer Untermalung.
Sie hämmerte gegen die Tür, wobei sie sich bewusst war, dass die Nachbarn von gegenüber aus den Fenstern linsten. Sie erinnerten sich bestimmt noch an sie, von gestern Nacht. Jeden Augenblick würden sie jetzt die Polizei rufen. In Tynemouth funktionierte die Nachbarschaftsüberwachung sicher prima. Das war hier so eine Gegend.
Gerade als sie dachte, sie sollte den Schaden besser klein halten und losdüsen, um sich mit Charlie zu treffen, hörte sie Schritte auf der Treppe, und jemand öffnete die Tür.
Sie sah sofort, dass Morgan getrunken hatte. Vielleicht die ganze Nacht durch, vielleicht war er aber auch nach ein paar Stunden Schlaf mit einem Kater aufgewacht, der noch nicht voll durchgeschlagen hatte, weil Morgan immer noch betrunken war. Darin kannte sie sich aus. Er trug eine schlabbrige Jogginghose und einen Sweater mit Kapuze, und er stank nach Alkohol und Schweiß.
«Großer Gott, Mann, ich dachte, Sie stehen auf das Leben in Reinheit und Anständigkeit.» Sie stieß die Tür weiter auf, und er stolperte ein Stück zurück, bevor er ihr nach oben folgte. Sie zog die Vorhänge auf und öffnete die Fenster auf beiden Seiten des Zimmers. Auf dem Boden lag eine leere Wodkaflasche, daneben ein Glas. Wortlos ging sie in die Küche und machte zwei Becher löslichen Kaffee.
«Hat Freya den gekauft?» Sie hielt das Glas mit dem fair gehandelten löslichen Kaffee in die Höhe und schüttelte es in seine Richtung. «Sie selbst stehen doch auf den echten Stoff, nicht wahr? Sie und Danny Shaw haben doch immer ein ganz schönes Brimborium um Ihren Kaffee veranstaltet.»
«Freya ist weg», sagte er.
«Was ist passiert?» Innerlich jubelte sie, doch sie behielt einen mitfühlenden Ton bei. Man hätte sie geradezu für eine Sozialarbeiterin halten können.
«Sie hat sich in einen anderen verliebt. In einen ihrer Kommilitonen aus dem Schauspielkurs. Soll ein begnadeter Schauspieler sein. Dem ist der Ruhm gewiss.» Mit jedem Satz wuchs seine Bitterkeit. Vera fragte sich, wie viel davon wohl Kummer darüber war, dass Freya ihn verlassen hatte, und wie viel der Schock, dass sie es gewagt hatte, jemand anderen ihm vorzuziehen. Wie Danny, als Hannah ihm den Laufpass gegeben hatte. Ihr Stolz, das war noch etwas, worin sich die beiden Männer glichen.
«Nun, sie ist noch sehr jung», sagte Vera. «Vielleicht zu jung, um sich endgültig zu binden.»
«Aber ich wollte mich binden!» Das kam fast wie ein Schrei heraus. «Ich wollte ein Zuhause und eine Familie. Ich wollte das, was alle anderen auch haben.»
«Aber es geht nicht immer nur darum, was Sie wollen, nicht wahr, Herzchen?» Er kam ihr vor wie ein Kind, das sich im Supermarkt auf den Boden schmiss und um sich trat und schrie, weil seine Mutter ihm kein Eis kaufen wollte. «Davon abgesehen gibt es Wichtigeres als Ihr Liebesleben, über das wir sprechen müssen. Trinken Sie den Kaffee und kriegen Sie wieder einen klaren Kopf. Ich brauche ein paar Antworten und habe nicht den ganzen Tag Zeit.» Sie ließ sich auf dem Futon nieder und wartete, dass er ihr nachkam.
Später, als das Gespräch vorüber war und sie sich wieder hochgehievt hatte, bereit zum Gehen, sagte er: «Freya hat mir wirklich viel bedeutet. Es ging nicht nur um mich.»
Und du hast Mattie Jones viel bedeutet. Aber sie hat sich nicht eine Nacht lang mit billigem Wodka volllaufen lassen, sie hat ihren Sohn umgebracht. Vera blickte ihn an und schwieg. Vielleicht konnte sie ihm daran ja doch nicht die Schuld geben.
Als Vera beim Gewerbegebiet ankam, war Charlie immer noch da. Sie setzte sich zu ihm auf den Beifahrersitz. Holly und Joe saßen bereits im Fond. Es war eine moderne, begrünte Anlage, eine Reihe Bäume und Büsche verbarg den Besucherparkplatz vor Blicken aus den Bürogebäuden.
«Connies Wagen steht da drüben.» Charlie deutete auf eine Ecke am anderen Ende des Parkplatzes, die noch im Schatten lag. «Fast hätte ich ihn übersehen.» Er roch nicht ganz so schlimm wie Morgan, war aber auf dem besten Wege dorthin. Er sah aus, als hätte er sich seit Tagen nicht rasiert, und im Aschenbecher lag ein Haufen Zigarettenstummel.
«Ist Eliot schon gekommen?»
«Na ja, ich bin ihm ja nie begegnet, aber um halb neun ist ein großer Mann im Anzug und mit grauen Haaren in dem Wagen, den Sie mir beschrieben haben, angekommen, hat auf einem reservierten Platz neben dem Eingang geparkt und ist reingegangen.»
«Das ist er sicher.» Vera sah auf ihre Uhr. Es war kurz nach neun. «Joe, Sie kommen mit mir. Holly, Sie bleiben hier und sorgen dafür, dass die von der Spurensicherung sich den Wagen gründlich und ohne Rücksicht auf Verluste vornehmen. Charlie, Sie fahren heim und gehen unter die Dusche.»
Dagegen wollte er Einspruch erheben. «Sie sind hier der Held», sagte sie, «und das vergessen wir nicht. Duschen Sie, rasieren Sie sich, ruhen Sie sich ein Stündchen aus, dann können Sie wiederkommen. Sie werden nichts Aufregendes verpassen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.»
«Was stellen Fenham and Bright eigentlich her?», fragte Ashworth. Vera marschierte schnell auf das Bürogebäude zu, und Joe trabte neben ihr her, um Schritt zu halten, weshalb seine Frage nur stoßweise herauskam.
«Sie bieten Telefon- und Internetdienste an, vor allem in Entwicklungsländern. Deswegen ist Christopher Eliot ja auch so häufig unterwegs.» Nachdem sie in dem weißen Haus mit Christopher gesprochen hatte, hatte sie das Unternehmen gegoogelt.
«Glauben Sie, dass er was mit Connies Verschwinden zu tun hat?»
«Das weiß ich erst», sagte Vera, «wenn ich ihn gefragt habe.»
Durch eine Schwingtür traten sie in die Empfangshalle des Unternehmens. Hinter dem Empfangstisch saßen zwei herausgeputzte Dämchen und unterhielten sich über die Überschwemmungen, genossen den Schauer des Dramatischen. «Hast du die Nachrichten gesehen? Das Auto, das da weggespült worden ist? In manchen Orten ist der Strom ausgefallen.» Zu beiden Seiten des Tisches standen große Übertöpfe mit Pflanzen, die ebenso herausgeputzt aussahen wie die beiden Frauen.
«Kann ich Ihnen behilflich sein?» Ein derber Akzent mit vornehmer Tünche.
«Das will ich doch hoffen, Herzchen. Ich muss dringend mit Christopher Eliot sprechen.»
Die Antwort kam automatisch und ohne Zögern. «Mr Eliot ist den ganzen Tag beschäftigt, fürchte ich. Vielleicht kann seine Sekretärin Ihnen ja weiterhelfen.»
Vera legte ihren Polizeiausweis auf den Tisch. «Wie ich schon sagte, ich muss dringend mit Mr Eliot sprechen. Zeigen Sie uns einfach, wo es zu seinem Büro geht. Er braucht nicht zu wissen, dass wir auf dem Weg zu ihm sind.» Sie war schon halb durch die Tür in den Gang gestürmt, da blieb sie noch einmal stehen und drehte sich um, entzückt über den entrüsteten Gesichtsausdruck der Empfangsdame. «Ein paar von unseren Kollegen werden bald auf dem Parkplatz eintreffen, um dort ihre Arbeit zu erledigen. Bitte sorgen Sie für ausreichend Tee und Kaffee. Wir sind Ihnen sehr verbunden.» Als sie hörte, wie Joe neben ihr in sich hineinlachte, hatte sie auf einmal das Gefühl, sie könnte Bäume ausreißen.
Eliots Büro lag im ersten Stock und bot einen Blick über den Wald und die Hügel in der Ferne. Hier schien er sich viel heimischer zu fühlen als in dem weißen Haus. Er könnte genauso gut auch ein Soldat sein, dachte sie. Ein Offizier selbstredend. Einer von diesen wohlorganisierten Männern, die all ihre weltliche Habe in einem Rucksack verstauen konnten und in Afghanistan ebenso gut klarkamen wie in Südgeorgien. In seinem Reisepass hatte er bestimmt Stempel aus aller Welt. Doch im Moment war das hier sein Hauptquartier. An der Wand hing eine Landkarte, Afrika war übersät mit roten Stecknadelköpfen. Auf dem Schreibtisch stand ein Foto mit zwei kleinen Jungen darauf.
«Ist das Patrick?» Vera deutete auf den kleineren von beiden. Er war schmal und blond, kam mehr nach seinem Vater als nach seiner Mutter.
Eliot saß immer noch am Schreibtisch. Als Vera hereingekommen war, hatte er sich kurz erhoben. «Inspector Stanhope?» Was ebenso eine Begrüßung war wie die kühle Anfrage, weshalb sie so bei ihm eindrang. Jetzt blickte er auf das Foto. Sein Gesicht verriet mit keiner Regung, was er dachte. «Ja, das ist Patrick. Das Bild ist an seinem zweiten Geburtstag gemacht worden. Eine Woche darauf ist er ums Leben gekommen.»
«Bei Ihnen zu Hause gibt es keine Fotos von ihm.» Das war keine Frage.
Er runzelte die Stirn. «Jeder trauert auf seine Weise, Inspector.»
«Haben Sie nie daran gedacht, noch ein Kind zu bekommen?»
Vera hatte geglaubt, er würde sie anherrschen, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern – zumindest hätte sie das an seiner Stelle getan –, aber vielleicht war er ja dankbar, einmal mit jemandem darüber reden zu können, selbst wenn es eine Fremde war wie sie.
«Ich hätte gern noch ein Kind gehabt, aber davon wollte Veronica nichts wissen. Sie hat gesagt, das Risiko könne sie nicht eingehen. Was, wenn irgendwas passierte, irgendwas schiefging? Sie würde es nicht ertragen, noch ein Kind zu verlieren, hat sie gesagt. Das würde sie umbringen.»
«Fanden Sie, dass sie überreagiert hat?» Veras Stimme blieb ruhig und freundlich.
Er zuckte die Schultern. «Wie ich bereits sagte, Inspector, jeder trauert auf seine Weise.»
«Natürlich.» Und du machst das, indem du in Bewegung bleibst, Stunden auf Flughäfen verbringst, in Lastwagen staubige Straßen abfährst. Ständig neue Gesichter, neue Orte. Keine Bindungen. «Wie haben Sie Veronica kennengelernt?»
Diesmal erkundigte er sich nach dem Grund für die Frage.
«Erzählen Sie’s mir doch einfach», sagte sie.
Und das tat er. Vielleicht war er ebenso daran gewöhnt, Anweisungen entgegenzunehmen wie sie zu erteilen.
«Das war im Willows. Auf einer Verlobungsfeier. Über Freunde von Freunden. Ich glaube, als Kinder sind wir uns auch schon begegnet. Sie wissen bestimmt, wie das ist, wenn man in der gleichen Gegend aufwächst. Ihre Eltern stammten aus vornehmeren Kreisen als meine, aber sie hatten kein Geld. Es gab da eine ziemlich traurige Geschichte mit einem Feuer, und das Haus war nicht versichert gewesen. Aber auf dieser Feier im Willows haben wir uns das erste Mal richtig miteinander unterhalten. Ich glaube, sie war vorher eine Weile weg. Auf einer Art Au-pair-Stelle oben an der schottischen Grenze bei Freunden von ihren Eltern. Sie war wunderhübsch. Das ist sie natürlich immer noch, aber damals war sie einfach atemberaubend schön.»
Loyalität. Noch so eine Soldatentugend.
Er nahm ein kleines Foto aus seiner Brieftasche. Es zeigte Veronica mit Anfang zwanzig. Sehr schmal und blass. Langes, dunkles Haar, das aus dem Gesicht gekämmt war. Ernst. Nicht mal die Andeutung eines Lächelns.
«War Simon Veronicas erstes Kind?», fragte Vera.
«Natürlich!» Er lachte kurz auf. «Die Schwangerschaft ist ohne jede Komplikation verlaufen. Alles ganz ohne Probleme, sie hatte auch keine Fehlgeburten vorher. Nichts in der Art. Er ist etwas zu früh gekommen, und die eigentliche Geburt habe ich verpasst, ich war im Nahen Osten und bin zurückgekommen, als alles schon vorbei war. Aber es ist alles völlig glattgegangen. Deshalb habe ich ja auch gedacht, wir könnten es riskieren, noch ein Kind zu bekommen, nachdem Patrick ums Leben gekommen war.» Er blickte auf. «Warum geht es hier eigentlich, Inspector?»
«Hintergrundinformationen.» Sie behielt den Plauderton bei. «Oder sogar eher pure Neugier. Aber deswegen bin ich gar nicht da. Ich bin hier, weil da draußen das Auto von einer Frau steht, die vermisst wird.»
«Ach ja?»
«Connie Masters. Sie wohnt im Mallow Cottage, gleich gegenüber von Ihnen.»
«Ich habe meine Frau mal von ihr reden hören, aber Mrs Masters selbst habe ich nie kennengelernt.»
«Dann wissen Sie also nicht, was ihr Nissan Micra auf dem Parkplatz Ihres Unternehmens macht?»
«Tut mir leid, Inspector, aber ich habe keinen Schimmer.» Er sah ihr mit klaren, grauen Augen ins Gesicht, und mit einem Mal konnte sie nicht mehr erkennen, ob ihr Gegenüber die Wahrheit sagte oder nicht. Sie stellte sich vor, wie er geschäftliche Verhandlungen führte. Oder Poker spielte. Er war bestimmt gut. Es konnte sein, dass er bluffte, aber sein Gesicht verriet rein gar nichts.
Sie stand auf und bemerkte Ashworths Überraschung, dass sie es offenbar dabei belassen wollte. An der Tür blieb sie kurz stehen und drehte sich noch einmal um, um Eliot ins Gesicht zu sehen. «Ist Patrick beerdigt worden?», fragte sie. «Gibt es ein Grab?»
Der Mann ließ nicht erkennen, ob die Frage ihn schockierte. «Nein. Er ist eingeäschert worden. Veronica wollte es so.»
«Und die Asche ist auf Greenhough verstreut worden, dem alten Anwesen von Veronicas Familie.» Das war eine Feststellung diesmal, keine Frage.
«Ja.»
«Und deswegen liegt ihr das Grundstück so am Herzen?», fragte Vera.
«Es liegt uns allen sehr am Herzen.»
Und dann ging Vera aus dem Büro und schloss behutsam die Tür hinter sich.