Kapitel Zehn

«Sie haben dann eine Fallbesprechung abgehalten», sagte Vera. Sie hielt gerade ihre eigene Fallbesprechung ab, in der Einsatzzentrale in Kimmerston. Das ganze Team war da: Joe Ashworth, ihre rechte Hand; die Lieblingsschülerin, die schöne Holly; und der alte Charlie, mit verquollenen Augen und zerknautschten Klamotten. Und Billy, der Chef der Spurensicherung, der, wie Vera manchmal dachte, mehr Verstand in seinem kleinen Finger hatte als der ganze Rest des Teams zusammen, auch wenn sein Schwanz immer auf Abwege geriet. «So was machen Sozialarbeiter offenbar, wenn sie nicht sicher sind, was sie unternehmen sollen.»

Das Wetter war umgeschlagen, draußen wurde es gar nicht richtig hell, und an den Fenstern rann der Regen hinab. Vera konzentrierte sich auf ihre Besprechung. Sie hatte nicht viel geschlafen und fühlte sich doch voller Energie, sie konnte förmlich spüren, wie sie ihr durch die großen, tapsigen Füße strömte und in den Fingern kribbelte.

«Die Hinweise von der besorgten Lehrerin waren ein bisschen schwammig. Elias kam müde und hungrig zur Schule. Er bekam Wutanfälle, was gar nicht typisch für ihn war. Ein paar Mal hat er sich in die Hose gemacht. Sie wusste, dass die Fürsorge mit dem Fall befasst war, deshalb nahm sie Kontakt zu Connie Masters auf. In jedem anderen Fall hätte sie wahrscheinlich einfach mit den Eltern gesprochen.»

«Keine Anzeichen für Misshandlungen?» Holly trug schicke Jeans und einen enggeschnittenen, schwarzen Pullover. Vera nahm immer genau zur Kenntnis, was die junge Frau anhatte; sie nährte ihren Neid genauso, als würde sie an einer schorfigen Wunde herumkratzen.

«Nichts Körperliches, nein», sagte Vera. «Keine Blutergüsse oder Verbrennungen. Wäre er jünger gewesen, hätten sie es wohl als ‹Entwicklungsstörung› abgetan. Er war halt ein bisschen teilnahmslos, anders als früher.» Sie dachte, dass Misshandlung viele Formen annehmen könne.

«Was hat die Fallbesprechung ergeben?» Joe Ashworth war gut darin, ihr die Bälle zuzuspielen; er wollte, dass es weiterging. Er sah müde aus. Aber er war ja auch fast die ganze Nacht auf gewesen und hatte im Fall Elias Jones herumgewühlt.

«Sie waren sich einig, dass es keinen Grund gibt, drastische Maßnahmen zu ergreifen. Connie Masters sollte ein bisschen regelmäßiger bei den Jones vorbeischauen – sie kam nur etwa drei- oder viermal im Jahr. Sie sollte allein mit dem Jungen sprechen, und mit seiner Mutter. Die Lehrerin sollte herausbekommen, was in der Schule so vor sich ging. War ja möglich, dass das veränderte Verhalten des Jungen gar nichts mit seiner häuslichen Situation zu tun hatte. Vielleicht ist er auf dem Spielplatz gehänselt worden oder hat sich mit einem Freund gestritten.»

Charlie hustete und spuckte in ein graues Taschentuch, das einmal weiß gewesen sein mochte. Vera schaute in ihr Klassenzimmer. «Bis dahin ist also alles nach Vorschrift gelaufen. Alle Entscheidungen und Maßnahmen sind schriftlich festgehalten worden. Vorbildlich durchgeführte Sozialarbeit.» Sie malte mit dem Finger ein Anführungszeichen in die Luft. Den letzten Satz hatte sie aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses.

«Und wo kommt unser Opfer ins Spiel?», fragte Charlie.

«Jenny Lister.» Vera legte Nachdruck auf die beiden Worte und funkelte ihn an, um sicherzugehen, dass er verstanden hatte: Die Frau verdiente es, mit Namen genannt zu werden. «Sie war die Chefin von Connie Masters. Hat die Fallbesprechung geleitet. Und sie hat Elias’ Mum gekannt, seit diese ein kleines Mädchen war. Auch Mattie Jones ist ihr ganzes Leben lang immer wieder von den Sozialbehörden betreut worden.» Sie blickte zu Ashworth hinüber, forderte ihn auf, die Geschichte weiterzuerzählen. Er kam nach vorn. Und, Bürschchen, ist es das, was du willst? Die Verantwortung übernehmen und mich rausdrängen, wie ein Kuckuck, der seine übergewichtige Pflegemutter aus dem Nest schubst? Sie wusste nicht recht, ob sie stolz auf ihn sein oder sich ärgern sollte, dass er sich so aufplusterte.

«Also ist es an Connie Masters hängengeblieben, die Familie weiter zu betreuen. Allerdings ist ihr Leben zu der Zeit auch gerade in Stücke gegangen. Ihr Mann hatte sie verlassen, und sie musste ganz allein ihre kleine Tochter großziehen. Das haben sie in der Untersuchung stark hervorgehoben. Sie hatten nicht den Eindruck, dass sie bei ihrer Arbeit mit Elias’ Familie wirklich objektiv war.» Jetzt klang er beinahe selbstgerecht. Das passierte ihm manchmal, und dann hätte Vera ihm immer am liebsten eine runtergehauen. Bloß weil er die perfekte Frau und perfekte Kinder hatte, glaubte er, dass das alle schaffen müssten. Aber sie ließ ihn weiterreden.

«Connie Masters nahm Elias auf einen Ausflug mit. Hat es ihm als einen Riesenspaß verkauft. Sie wollten an der Küste picknicken und auf dem Heimweg irgendwo Fish and Chips essen. Sie hat gedacht, wenn er einen ganzen Nachmittag mit ihr zusammen wäre, würde er sich ihr eher anvertrauen.»

«Ist so was üblich?», unterbrach Holly ihn und drehte sich auf ihrem Stuhl um, um sicherzustellen, dass alle auf sie schauten. «Ich meine, dass eine Sozialarbeiterin den ganzen Nachmittag mit einem einzigen Kind verbringt. Wo es doch keinen ernsthaften Grund zur Besorgnis gab. Ich dachte immer, die ertrinken alle in Arbeit.»

«Das hier war ein besonderes Kind», sagte Ashworth. «Ihr Hätschelkind, wenn du so willst. Und wie die Chefin schon sagte: Sie haben Mattie ja schon lang gekannt, sie gehörte fast zur Familie. Offenbar haben sie sich für ihren Sohn ganz besonders verantwortlich gefühlt.»

Er ließ keinen Ärger über die Unterbrechung erkennen und fuhr fort, als wäre nichts gewesen. «Also haben sie einen Nachmittag draußen am Meer verbracht. Longsands, Tynemouth, mit Schaufel und Eimer, Sandwiches und Limonade. Elias hatte jede Menge Spaß, er hat Sandburgen gebaut und Ball gespielt. Connie hat ihm Fragen über den Freund seiner Mutter gestellt: ‹Was ist mit Michael? Geht er auch mal mit dir spielen?› Aber es kam keine Antwort. Nicht mal: ‹Er ist ganz okay.› Elias hat sich einfach geweigert, über ihn zu reden.»

Er hielt inne, und einen Augenblick lang konnten sie das Summen eines Druckers im Nebenraum hören, den Regen vor dem Fenster, den Berufsverkehr auf der Straße, der allmählich dichter wurde.

«Und dann, als sie eigentlich schon wieder nach Hause wollten, schlug Connie vor, noch kurz planschen zu gehen. ‹Wenn wir schon am Strand sind, müssen wir uns doch wenigstens mal die Füße nass machen!› Elias sträubte sich, aber sie nahm ihn einfach bei der Hand und führte ihn an den Rand des Wassers. Als es ihm über die Zehen lief, schrie er auf, und Connie dachte, die Kälte hätte ihn erschreckt. Dann kam eine etwas größere Welle und spritzte ihn nass, und da ist er offenbar panisch geworden und hat sich an ihr festgeklammert, und sie musste ihn tragen, den Strand hoch auf den trockenen Sand. Sie hat dann versucht, seiner Panik auf den Grund zu kommen. Hatte er Angst, Mattie und Michael würden böse auf ihn sein, wegen der nassen Sachen? Kein Problem – sie würde ihnen sagen, dass es ihre Schuld war. Aber er hatte schon wieder komplett dichtgemacht. Als sie ihn dann vor der Wohnung absetzte, spürte sie, dass sie nicht das Geringste erreicht hatte.»

«Und das hast du alles aus dem Bericht, ja?», fragte Holly skeptisch. Sie war ehrgeizig, und wenn sie mit Ashworth zusammenarbeitete, war da immer auch eine gewisse Rivalität im Spiel.

Ashworth sah sie an. «Ja», sagte er. «So ziemlich. Masters war Journalistin, bevor sie zur Sozialarbeit gekommen ist. Sie weiß, wie man eine gute Story schreibt.»

Wieder schwiegen alle, und Vera dachte, dass sie jetzt dort waren, dort am Strand mit dem Jungen, und dass sie sich fragten: Was hätte ich getan? Und die Ehrlichen unter ihnen wussten wohl, dass sie nichts getan hätten. Ein kleiner Junge, der ein bisschen verweichlicht war und Angst bekam, wenn man ihn nassspritzte. Das reichte wohl kaum aus, um ihn aus seiner Familie zu nehmen. Der Richter hätte einem ins Gesicht gelacht. Sie selbst wurde schließlich panisch, wenn ihr Wasser ins Gesicht spritzte.

Ashworth fuhr fort, von Connie Masters zu erzählen. «Ein paar Wochen später hat sie der Familie abends einen Besuch abgestattet. Unangemeldet. Elias war schon im Bett, und sie konnte ihn nicht sehen, aber deshalb war sie auch gar nicht gekommen. In der Schule hatte man ja ein Auge auf ihn, und sie wollte mit der Mutter reden und mit dem Kerl, der faktisch Elias’ Stiefvater geworden war. Anscheinend lief alles sehr gesittet ab. Nach außen hin jedenfalls. Michael saß am Tisch und schrieb etwas – wohl für die Arbeit –, und Mattie spülte das Geschirr vom Abendessen. Masters fiel auf, dass Mattie ziemlich unterwürfig wirkte und ihm alles recht machen wollte.»

Charlie blickte auf. «Es gab Zeiten», sagte er, «da hätte man nichts Ungewöhnliches daran gefunden, dass der Mann arbeitet und die Frau das Abendbrot für ihn richtet.» Wieder hustete er und lehnte sich dann stumm zurück. Sie wussten alle, dass seine Frau ihn verlassen hatte, und beachteten ihn nicht weiter.

«Ihr fiel noch was auf.» Ashworth redete weiter, als hätte Charlie gar nichts gesagt. «Der Fernseher war weg. Als sie noch mit dem Jungen allein gewesen war, hatte Mattie gern ferngesehen und über die Soaps gesprochen, als wären die Figuren darin echte Menschen. Masters erkundigte sich danach. Sie dachte, er wäre vielleicht bei der Reparatur, oder sie warteten auf einen neuen. ‹Michael hält nichts vom Fernsehen›, sagte Mattie. ‹Er glaubt, das macht einen ganz dumpf im Kopf.› Es war nicht direkt eine Antwort auf die Frage.»

Während sie in ihrer Ecke lehnte und zuhörte, überlegte Vera, dass man manchmal doch genau das wollte. Dumpf im Kopf werden. Die Droge ihrer Wahl war Whisky, aber sie wusste, dass es Leute gab, bei denen nur das Fernsehen funktionierte, die endlosen Wiederholungen von Morse und Midsomer Murders, die Schönheits- und die Castingshows, damit sie am Abend in den Schlaf fanden.

«Also setzten sie sich zusammen», fuhr Ashworth fort. «Mattie Jones, Connie Masters und Michael Morgan. Masters erklärte ihnen, dass sie sich Sorgen um Elias machten. In der Schule sei er unkonzentriert und launisch. Ob ihnen zu Hause aufgefallen sei, dass er sich irgendwie verändert hatte? Und Mattie – die Masters zufolge schon an ihren besten Tagen alles andere als redegewandt war, ein zerbrechliches, hübsches Ding, und selbst fast noch ein Kind – schüttelte nur den Kopf und sah traurig vor sich hin.» Ashworth blickte Holly direkt in die Augen. «Und das Folgende habe ich wortwörtlich aus den Untersuchungsakten. Michael sagte, er habe versucht, sich mit dem Jungen anzufreunden. ‹Aber ich komme mit Kindern nicht so gut klar. Bin zu sehr mit mir selbst beschäftigt, fürchte ich.› Und dann überraschte er Masters, die nicht damit gerechnet hatte, dass so schnell etwas passieren würde, und fügte an: ‹Schauen Sie, wenn es so kompliziert ist, sollte ich vielleicht ausziehen. Ich möchte Mattie und Elias nicht das Leben schwermachen. Das ist das Letzte, was ich will.› Und Morgan hielt Wort. Schon am Wochenende war er verschwunden. Er hatte zwar versprochen, mit Mattie in Kontakt zu bleiben, war aber wieder in seine Wohnung in dem Zentrum für alternative Heilmethoden gezogen, die er nie so richtig aufgegeben hatte.»

Vera löste ihren Hintern von der Fensterbank. Zeit für sie, das Ganze wieder in die Hand zu nehmen. Wenn sie es Ashworth überließ, würden sie noch den ganzen Tag hier drinnen verbringen.

«Alle, die damit befasst waren, stießen einen Seufzer der Erleichterung aus», fiel sie ein, «und dachten, das Problem wäre jetzt gelöst. Wenn tatsächlich etwas mit dem Jungen nicht gestimmt hatte, dann war der Grund für den Ärger jetzt ja beseitigt. Jenny Lister war die Einzige, die weiterhin zur Vorsicht riet. Sie sagte, Connie könnte nicht davon ausgehen, dass Michael Morgan die Ursache für die Ängste des Kleinen war, und wies sie an, weiter regelmäßig dort vorbeizuschauen. Mattie wäre ein verstörtes Geschöpf, sagte sie, und man müsste sie weiterhin überwachen und unterstützen. Sie schickte allen, die an der Fallbesprechung damals teilgenommen hatten, eine E-Mail, in der das ungefähr so stand. Aber Connie wurde von ihren anderen Fällen abgelenkt: Familien mit Problemen, die dringlicher erschienen. Und ihr eigenes Privatleben war ein einziges Chaos. Sie stattete Mattie ein paar Stippvisiten ab, und die sagte ihr, dass alles in Ordnung wäre, aber Elias bekam sie nicht mehr zu sehen. Anscheinend hat nach jenem Gespräch in der Wohnung auch niemand mehr mit Michael geredet. In der Untersuchung, die auf Elias’ Tod folgte, kam dann heraus, dass der Junge immer noch Probleme in der Schule gehabt hatte, die Lehrerin wegen Jennys E-Mail aber geglaubt hatte, dass Connie sich um den Fall kümmerte. Vor etwas über einem Jahr ist der Kleine ums Leben gekommen. In der Badewanne ertrunken. Mattie hat ihn ertränkt. Erst hat sie gesagt, dass es ein Unfall gewesen wäre, aber beim Polizeiverhör hat sie dann zugegeben, dass sie ihn umgebracht hat. Sie hat ihm die Schuld daran gegeben, dass Michael ausgezogen ist. Und vielleicht hat sie ja gedacht, dass der Mann zu ihr zurückkommen würde, wenn der Junge nicht mehr da ist.»

Vera blickte sich im Zimmer um. Alle schenkten ihr die volle Aufmerksamkeit. Niemand machte eine dumme Bemerkung oder rollte mit den Augen, um anzudeuten, dass ihm langsam die Geduld ausging. Normalerweise wollten sie immer, dass sich etwas tat; der Tod eines Kindes aber ging ihnen nahe und ließ sie ruhig und schweigsam werden.

«Die Beamten, die den Tod des Kindes untersuchten, haben mit Michael gesprochen. Offenbar ist das Baden für den Jungen immer traumatisch gewesen. Beim Verhör hat Mattie zugegeben, dass sie das Wasser als Strafe benutzt hat, dass sie Elias untergetaucht hat, bis er keine Luft mehr bekam.» Veras Stimme blieb ruhig, aber sie stellte sich die Szene vor ihrem inneren Auge vor. Mattie, die flüsterte, damit ihr Geliebter sie nicht hören konnte: Michael kann’s nicht leiden, wenn überall was rumliegt. Michael kann’s nicht leiden, wenn du so viel Krach machst. Sei ein braver Junge, dann passiert das hier nicht wieder.

«Da überrascht es einen kaum, dass er am Strand total ausgerastet ist. Vor Gericht haben ihre Verteidiger den Geschworenen weiszumachen versucht, dass der Tod eine Folge der vorangegangenen Vorfälle war und sie nicht vorgehabt, ihren Sohn umzubringen.»

Jetzt ließen die anderen ihrer Wut freien Lauf, sie barsten geradezu vor rechtschaffener Entrüstung. «Hat ihr Freund denn nicht versucht, sie davon abzuhalten? Wie kann eine Mutter ihrem Kind so etwas antun?»

Die letzte Frage beantwortete Vera zuerst. «In dem psychiatrischen Gutachten wird Matties geringer IQ erwähnt. Michael war der erste Mann, der nett zu ihr gewesen ist, und sie hat ihn wirklich geliebt, sie war verrückt nach ihm. Die Psychologin hat sich nur gewundert, dass Mattie Wasser benutzt hat, um den Jungen unter Kontrolle zu bekommen. Das ist wohl keine übliche Art der Bestrafung. Sie hielt es für wahrscheinlich, dass Mattie selbst früher so bestraft worden ist, vielleicht in einer von ihren Pflegefamilien oder im Heim. Vielleicht war das für Mattie sogar eine ganz normale Erziehungsmaßnahme.»

Alle im Zimmer schwiegen. «Michael behauptet, er hätte keine Ahnung gehabt, dass Mattie ihren Sohn misshandelt», fuhr Vera fort. «Die Staatsanwaltschaft hat ihm offenbar geglaubt. Es wurde nie gegen ihn ermittelt.» Jetzt löste sich die Spannung etwas, ein paar der Anwesenden schnaubten verächtlich. In das Urteil der Staatsanwaltschaft hatte keiner von ihnen großes Vertrauen.

Vera sah zu Ashworth. Sie hatte ihm gründlich die Schau gestohlen. Sollte er jetzt wieder übernehmen.

«Die Zeitungen haben Connie Masters die Schuld gegeben», sagte er. «Erst hat man sie vom Dienst suspendiert, dann entlassen. Sie ist damit vors Arbeitsgericht gezogen, aber die haben die Entscheidung der Sozialbehörde bestätigt. Jenny Listers Vermerk gab den Ausschlag. Sie hatte Masters angewiesen, sich weiterhin um den Fall zu kümmern, nicht, sich ausschließlich auf Michael zu konzentrieren.»

Ashworth machte eine Pause. Vera fragte sich, ob er an der Schule wohl im Laientheater mitgespielt hatte. Er konnte seine Pausen so dramatisch platzieren wie sonst niemand, den sie kannte. Oder fast niemand. Keiner war so gut wie sie, wenn es darum ging, das Wesentliche eines Falls zusammenzufassen.

«Das Entscheidende, worüber wir uns klar werden müssen», sagte er und sah in die Runde, um sicherzugehen, dass er die volle Aufmerksamkeit genoss, «ist natürlich, ob das irgendeine Bedeutung für den Mord an Jenny Lister besitzt oder ob es einfach nur ein Zufall ist.»