Eine abwechslungsreiche Konversation
Vor einigen Tagen suchte ich das Büro einer großen Fluggesellschaft auf, bei der ich einen Flug buchen wollte, und sprach mit einer der Damen am Buchungsschalter. Sie hatte ein sehr junges Gesicht, das einen reizvollen Kontrast zu ihrem grauen, in einen Pferdeschwanz gebundenen Haar ergab. Zum Abschluß unseres Gesprächs bat sie mich, meine Adresse zurückzulassen, worauf ich meiner Brieftasche eine Visitenkarte entnahm und sie ihr übergab. Am nächsten Tag mußte ich feststellen, daß bei dieser Gelegenheit die Notizblätter mit den Telefonnummern herausgefallen waren, kleine, rechteckig geschnittene Blätter, blau liniert, mit einem roten Querstreifen, sehr übersichtlich. Und sehr wichtig. Ich rief sofort im Büro der Fluggesellschaft an. Eine weibliche Stimme sagte: »Guten Morgen.«
»Guten Morgen«, antwortete ich. »Ich war gestern bei Ihnen und habe mit einer Ihrer Beamtinnen gesprochen, ihren Namen weiß ich nicht mehr, sie hat ein sehr junges Gesicht und trägt ihr graues Haar in einem Pferdeschwanz. Sie bat mich, meine Adresse zurückzulassen, und als ich meiner Brieftasche eine Visitenkarte entnahm, müssen einige Papiere herausgefallen sein, mit Telefonnummern, die ich dringend brauche. Bitte würden Sie -«
»Einen Augenblick, mein Herr. Ich bin nur die Telefonistin. Ich verbinde Sie mit dem Sekretariat.«
»Danke.«
»Hallo.« Das war jetzt eine männliche Stimme. »Hier ist das Sekretariat.«
»Es handelt sich um folgendes«, begann ich. »Ich war gestern bei Ihnen und habe mit einer Ihrer Beamtinnen gesprochen, ihren Namen weiß ich nicht mehr, sie hat ein sehr junges Gesicht und trägt ihr graues Haar in einem Pferdeschwanz. Sie bat mich, meine Adresse zurückzulassen, und ich erinnere mich sehr deutlich, daß ich meine Brieftasche herauszog und ihr eine Visitenkarte entnahm. Zu Hause habe ich festgestellt, daß bei dieser Gelegenheit auch einige Blätter mit wichtigen Notizen herausgefallen waren, und -«
»Bitte warten Sie«, unterbrach mich die männliche Stimme. »Ich gebe Sie zum Buchungsschalter durch.«
Es vergingen nur wenige Minuten, bis eine weibliche Stimme sich am Buchungsschalter meldete.
»Ich weiß nicht, ob Sie es waren, mit der ich gestern vormittag gesprochen habe«, begann ich. »Es war jedenfalls eine Ihrer Beamtinnen, eine Dame mit sehr jungem Gesicht und grauen Haaren in einem Pferdeschwanz. Sind Sie das?«
»Leider nicht. Aber vielleicht kann ich Ihnen trotzdem helfen?«
»Danke vielmals. Also die Dame, mit der ich zu tun hatte, bat mich, meine Adresse zurückzulassen, und ich erinnere mich deutlich, daß ich meine Brieftasche herausgezogen habe, um ihr eine Visitenkarte zu entnehmen. Bei dieser Gelegenheit sind einige wichtige Notizblätter -«
»Wann ist das passiert?«
»Gestern vormittag. Am frühen Vormittag, Fräulein.« »Ich bedaure. Gestern hatte ich keinen Dienst. Sie müssen mit Alissa sprechen. Bitte bleiben Sie am Apparat.«
Nach einer Pause meldete sich eine neue Frauenstimme:
»Guten Morgen.« »Guten Morgen, Fräulein. Ich war gestern in Ihrem Büro und sprach mit einer Ihrer Buchungsbeamtinnen, an ihren Namen erinnere ich mich nicht mehr, aber sie hat ein junges Gesicht mit einem grauen Ponyschwanz und bat mich, meine Adresse -«
»Verzeihen Sie, daß ich unterbreche. Hier ist wieder die Telefonistin. Sie haben heute schon einmal angerufen, nicht wahr? Mit wem wollen Sie jetzt verbunden werden?«
»Mit Fräulein Alissa.«
»Sofort... Alissa! Du wirst am Telefon verlangt... Bitte sprechen Sie.«
»Guten Tag, Fräulein Alissa. Man hat mich wegen dieser herausgefallenen Notizblätter an Sie gewiesen. Ich war gestern in Ihrem Büro und habe am Buchungsschalter mit einer Ihrer Damen gesprochen, ihren Namen weiß ich nicht mehr, ich erinnere mich nur, daß sie ein junges Gesicht und graue Haare in einem Pferdeschwanz hatte und daß ich meine Brieftasche herausnahm, um ihr eine Visitenkarte zu geben, weil sie meine Adresse haben wollte, und -«
»Welche Alissa meinen Sie? Alissa von der Luftfracht oder Alissa von der Buchung?«
»Von der Buchung.«
»Das bin nicht ich. Ich gebe Sie an die Zentrale zurück.«
»Hallo?« flötete die Zentrale. »Was wünschen Sie?«
»Alissa von der Buchung.«
Ein kurzes Geräusch, ein kurzes Knacken, ein abgehobener Hörer.
»Fräulein Alissa von der Buchung?« fragte ich.
»Ja.«
»Endlich. Ich habe eine Anfrage, weiß aber nicht, ob ich mit der richtigen Abteilung verbunden bin.«
»Sagen Sie mir bitte, um was es sich handelt. Dann werden wir's wissen.«
»Ich war gestern bei Ihnen. Gestern vormittag. Eine Ihrer Beamtinnen, ich erinnere mich nicht mehr an ihren Namen, sie hat ein sehr junges Gesicht und trägt ihr graues Haar in einem Pferdeschwanz, also diese Dame bat mich, meine Adresse zurückzulassen -«
»Nein, nein«, unterbrach mich Alissa. »Das war nicht meine Abteilung. Haben Sie schon mit dem Sekretariat gesprochen?«
»Ja. Mit einem Herrn.«
»Mit Stern?«
»Möglich. Ich konnte das durchs Telefon nicht erkennen.«
»Sicherlich war es Stern. Ich verbinde.«
»Guten Abend«, sagte Stern. »Hier Stern.«
»Habe ich vorher mit Ihnen gesprochen, Herr Stern?«
»Worüber?«
»Über die Visitenkarte aus meiner Brieftasche, gestern vormittag, und über die verlorenen Notizblätter mit den Telefonnummern.«
»Nein, das muß jemand anderes gewesen sein. Um was handelt es sich?«
»Es handelt sich um folgendes. Gestern vormittag war ich bei Ihnen, das heißt am Buchungsschalter, wegen einer Buchung. Die Beamtin, eine Dame mit sehr jungem Gesicht und grauem Haar in einem Pferdeschwanz, wollte meine Adresse haben -«
»Entschuldigen Sie, hier herrscht ein solcher Lärm, daß ich Sie nicht hören kann. Bitte bleiben Sie am Apparat. Ich melde mich aus einem anderen Zimmer.«
Tatsächlich meldete er sich etwas später aus einem anderen Zimmer:
»Hallo? Ja, jetzt ist es besser. Also wenn ich richtig verstanden habe, dann waren Sie gestern bei uns...«
»Stimmt. Gestern vormittag. Und ich habe mit einer Ihrer Beamtinnen gesprochen, ihren Namen weiß ich nicht mehr, sie hat ein sehr junges Gesicht und trägt ihr graues Haar in einem Pferdeschwanz. Sie bat mich, meine Adresse zurückzulassen, und als ich meiner Brieftasche eine Visitenkarte entnahm, müssen einige sehr wichtige Notizblätter herausgefallen sein -«
»Das kann vorkommen«, tröstete mich Stern. »Ich nehme an, daß diese Blätter irgendwo bei uns liegen. Lassen Sie mich doch einmal herumfragen... «
Ich hörte seine gedämpfte Stimme, die der Belegschaft im Nebenraum bekanntgab, daß gestern vormittag jemand hier gewesen sei und mit einem der Mädchen gesprochen hätte, einem Mädchen mit jungem Gesicht und grauem Ponyschwanz, wahrscheinlich Stella, er wollte ihr seine Adresse geben und hatte sein Taschenbuch herausgenommen und bei dieser Gelegenheit sein Notizbuch verloren oder die Blätter mit den wichtigen Telefonnummern...
»Augenblick«, hörte ich eine andere Stimme rufen. »Ich glaube, der Portier hat etwas davon gesagt, daß er ein Notizbuch gefunden hat.«
Es dauerte nicht lange, und ich war mit dem Portier verbunden.
»Waren es rechteckige Blätter, blau liniert?« fragte er.
»Richtig. Und es standen Telefonnummern drauf.«
»Ich habe die Blätter heute an Ihre Adresse geschickt. Sie müßten morgen in der Post sein.«
»Danke. Danke vielmals.«
»Was war denn eigentlich los?«
»Nichts Besonderes. Ich hatte vorgestern in Ihrem Büro mit einer Ihrer Damen gesprochen, ihren Namen weiß ich nicht mehr, sie hat ein sehr junges Gesicht und trägt ihr graues Haar in einem Pferdeschwanz. Sie bat mich, meine Adresse zurückzulassen, und als ich meiner Brieftasche eine Visitenkarte entnahm, müssen diese Papiere herausgefallen sein, mit Telefonnummern, die ich sehr dringend brauche -«
»Na, Hauptsache, daß sich die Blätter gefunden haben«, sagte der Portier.
»Ja, wirklich. Das ist die Hauptsache. Gute Nacht.«
»Gute Nacht«, sagte der Portier.