Amtshandlung mit menschlichen Zügen
Was der Hund für die Katze und der Kritiker für den Autor, ist der Verkehrspolizist für den kleinen Mann hinterm Steuer. Zwischen diesen beiden gibt es keine Kompromisse, keine Verhandlungen, keine Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz. Es ist ein Kampf auf Biegen oder Brechen. Es beginnt damit, daß man zu seinem geparkten Wagen zurückkommt, wo ein Uniformierter soeben dabei ist, ein Strafmandat auszuschreiben.
»Was steht auf dieser Tafel, Herr?« fragt er ohne aufzublicken.
»Hier steht«, antworte ich zaghaft, »Parken verboten bis 19 Uhr... «
»Und wie spät ist es?«
»19 Uhr 30.«
»Also?«
»Also darf ich hier parken.«
Das Auge des Gesetzes blinzelt verblüfft, sieht mich an, sieht die Verbotstafel an, dann wieder mich, dann den Wagen, dann seine Uhr, und dann das Ganze noch einmal.
»Hm... ja ... richtig. Aber was mache ich jetzt mit dem Zettel? Wir haben strenge Vorschrift, ein einmal ausgeschriebenes Strafmandat nicht mehr zurückzuziehen. Und das ist eine sehr gute Vorschrift, Herr. Sonst würden die Fahrer, die wir bei einem Verstoß ertappen, so lange betteln und winseln, bis wir -«
»Aber ich habe ja gar keinen Verstoß begangen«, unterbrach ich.
Der Hüter des Gesetzes dachte nach:
»Was Sie da sagen, hat etwas für sich. Ich behaupte nichts Gegenteiliges. Und wenn Sie mich rechtzeitig gewarnt hätten, so hätte ich diesmal, ausnahmsweise, fünf gerade sein lassen.
Aber jetzt kann ich nichts mehr machen. Sie sind zu spät gekommen, Herr. Also unterschreiben Sie hier auf der punktierten Linie und passen Sie nächstes Mal besser auf die Verkehrszeichen auf.«
Ich betrachtete ihn genauer. Für einen Verkehrspolizisten wirkte er verhältnismäßig sympathisch. Er war keiner von diesen Glattrasierten ohne Schnurrbart. Er schien ein Mensch zu sein.
»Ich habe nichts verbrochen«, sagte ich. »Ich zahle keinen Cent.«
»So?« Er hob drohend die Stimme. »Und wer wird zahlen? Vielleicht ich? Von meinem Gehalt? Ich bin Familienvater, Herr!« Dann wurde er etwas sanfter. »Es sind ohnehin nur 100 Shekel. Wenn ich aufsässig wäre, hätte ich Ihnen den Paragraph 5/T verpassen können. Also unterschreiben Sie endlich.«
»Aber ich bin doch vollkommen schuldlos!«
»Vollkommen schuldlos?« Jetzt wurde er zornig. »Und wie oft haben Sie die Verkehrsvorschriften gebrochen, ohne daß man Sie erwischt hätte? He? Ein merkwürdiges Benehmen. Wenn man Ihnen den Wagen stiehlt, rennen Sie sofort zur Polizei. Wenn Sie einen Unfall haben, können wir gar nicht rasch genug zur Stelle sein. Aber wenn Sie lumpige 100 Shekel zahlen sollen, werden Sie renitent!«
»Schon gut, schon gut«, sagte ich entschuldigend, unterschrieb und nahm das Strafmandat entgegen. »Man wird vielleicht noch fragen dürfen.«
»Aber nur, wenn's etwas zu fragen gibt«, belehrte mich das Amtsorgan und ging ab.