11. Kapitel

Ein Teil von Leia wusste, dass sie mehr Interesse an der Farm zeigen, sich von Jula Darklighter und seiner Familie durch das Gewirr weiß getünchter Räume führen lassen sollte, das sich um den zentralen Hof erstreckte. Dass sie versuchen sollte herauszufinden, wo Luke geschlafen, wo er als Kind gespielt, wo er sich im Freien hingelegt und zu den Sternen emporgeblickt hatte, während er davon träumte, ein Jägerpilot zu sein. Bevor sie die Feuchtfarm und das öde Land ringsum, das Lukes Zuhause gewesen war, mit eigenen Augen gesehen hatte, hatte sie nicht geahnt, wie viel härter, schlichter und einsamer sein Leben gewesen war als das ihre. Nun, da sie hier war, war sie voller Bewunderung für die Person, zu der er sich entwickelt hatte … und sie fragte sich, ob sie es so weit hätte bringen können, wenn sie in solch bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen wäre.

Doch Leia hatte kein Interesse, die Feuchtfarm zu besichtigen. Sie wollte nur in der oberirdischen Eingangskuppel sitzen, in den gelben Wirbel hinausstarren, dem trockenen Grollen des Donners auf der Ebene lauschen, die Sandblitze beobachten, die über den bedeckten Himmel zuckten – und die Macht bitten, dass dieser Sturm endlich zu einem Ende kommen oder zumindest Hans Stimme aus dem Komlink dringen möge, ganz gleich wie schwach oder verzerrt.

Unglücklicherweise erhörte die Macht keine Gebete. Sie war eine unpersönliche Energie, die man berühren, aber nie bewegen konnte, die sich nicht um das Individuum scherte und nur denen diente, die ihr dienten. Die Macht würde Han nicht retten. Nur Leia konnte das tun, und sie war nicht vorbereitet. Sie hatte zu viel Angst davor gehabt, was mit ihr geschehen könnte.

Von der Treppe, die zu den unterirdischen Stockwerken hinabführte, erklang das Räuspern einer Frau. Leia drehte sich herum und sah Silya Darklighter in das kleine Vorzimmer treten. Auf einem Tablett trug sie eine Kanne penetrant riechenden Tees aus Hubba-Rinde und Fladenbrot.

»Ihr könnt ruhig auf Jula böse sein … Ich bin es in der Regel auch.« Silya war schlank – höchstens ein Drittel von Jula. Sie hatte graues Haar und ein ledriges Gesicht, das sie anderthalbmal so alt aussehen ließ wie die fünfzig Jahre, auf die Leia sie angesichts von Gavins Alter geschätzt hätte. »Aber ich werde nicht zulassen, dass Ihr hier sitzt und hungert. Nicht in meinem Haus.«

»Ich bin nicht böse auf Jula«, sagte Leia.

Silya zog zweifelnd die Augenbraue nach oben.

»Nun, zumindest sollte ich es nicht sein.« Leia lächelte reuig. »Er hat recht. Das weiß ich. Ich mache mir nur solche Sorgen um Han.«

»Die machen wir uns alle. Selbst die Squibs berechnen Suchkoordinaten.«

»Natürlich. Zweifelsohne werden sie einen fürstlichen Preis dafür verlangen.«

»Und es wäre vermutlich nicht verkehrt, ihn zu zahlen.« Silya stellte das Tablett auf die Ablage an der Wand. »Niemand hier kennt die Wüste so gut wie diese drei, und solange die Imperialen sich dort draußen herumtreiben, können wir keine großangelegte Suchaktion starten.«

»Ein guter Rat. Danke.« Leia sah, dass nur eine Tasse auf dem Tablett stand. »Sie wollen nicht bleiben?«

Silya lächelte. »Ich bin sicher, Ihr wollt alleine sein – mir geht es jedenfalls immer so, wenn ich mir Sorgen um Jula oder Gavin mache. Außerdem muss ich noch etwas Proviant vorbereiten. Jula will mit der Suche beginnen, sobald der Sturm vorüber ist. Und da es hier um Han Solo geht, wird er vielleicht schon etwas früher aufbrechen.«

Leia fühlte sich sofort zuversichtlicher. »Ich kann gar nicht sagen, wie viel Ihre Hilfe mir bedeutet.«

»Das ist auch nicht nötig.« Silya schenkte ihr Tee ein. »Hier draußen waren wir alle schon einmal in einer solchen Situation.«

»Danke.« Leia nahm die Tasse entgegen. »Haben Sie schon etwas von dem Sandkriecher gehört? Wir dürfen schließlich nicht vergessen, dass Kitster Banai auch irgendwo dort draußen ist.«

»Keine Sorge wegen Kitster«, sagte Silya. »Die Jawas werden sich schon um ihn kümmern. Nur die Sandleute kennen die Wüste noch so gut wie sie. Sie werden ihren Sandkriecher an einem sicheren Ort unterstellen und dann nach Anchorhead fahren, sobald der Sturm vorübergezogen ist.«

»Sind Sie sicher?«

»Die Sandkriecher machen immer in Anchorhead Station.« Sie tätschelte Leias Handgelenk. »Mit ihm ist alles in Ordnung – genau wie mit dem Gemälde.«

Leia zuckte zusammen, als sie den Anflug eines Vorwurfs in Silyas Stimme hörte, doch sie widerstand dem Drang, der Frau von dem wahren Grund für ihre Sorge zu erzählen, von dem Geheimnis, das im Innern des Killik-Zwielichts schlummerte und tausende Streiter für die Sache der Neuen Republik – darunter Wedge Antilles, die Gespenster-Staffel und einen Großteil des askajianischen Widerstandes – das Leben kosten konnte.

Stattdessen fragte sie: »Wie geht es Chewbacca?« Nachdem Jula das Energiefeld verstärkt hatte, war der Wookiee noch wütender gewesen als Leia. »Ich hoffe, er hat nicht wieder angefangen zu brüllen.«

»Sorgt Euch nicht um Chewbacca. Jula lässt ihn ein Magnetometer in unser Marktskiff einbauen. Solange er Vorbereitungen für die Suche treffen kann, ist er einigermaßen friedlich.«

Leia stand auf. »Ich sollte auch etwas tun. Ich kann zwar keine Sensoren einbauen, aber vielleicht kann ich ja Ihnen helfen.«

»Noch eine Köchin in der Küche?« Silyas Gesicht versteinerte. »Danke vielmals, meine Gute.«

»Oh.« Leia fühlte sich, als hätte sie bei einem ithorianischen Bankett einen Nerfburger bestellt. »Dann werde ich mal nach Dreipeo sehen.«

»Das ist nicht nötig. Der Droide nimmt gerade ein Ölbad.« Sie hielt inne, einen verwirrten Ausdruck in den Augen, dann sagte sie: »Es ist geradezu unheimlich, wie gut er sich hier auskennt.«

»Dreipeo war schon einmal hier. Er gehörte kurzzeitig Lukes Onkel.«

»Oh, natürlich – wie dumm von mir, das zu vergessen.« Silyas Blick war erfüllt von Unbehagen. Sie machte einen Schritt auf die Treppe zu, dann hielt sie noch einmal inne und zog ein winziges Datapad aus der Tasche. »Wo wir gerade von den Lars reden – das hier ist nach ihrem Tod übrig geblieben. Es gibt ein paar Datensprünge, aber ich dachte mir, es könnte Euch interessieren.«

Leia klappte das Gerät auf und stellte fest, dass es sich dabei um einen kleinen Vidrekorder samt Wiedergabesystem handelte. »Ein Tagebuch?«

»Anya, meine Tochter, hat es letzten Monat gefunden. Es war zwischen den Pilzen unter einem Feuchtigkeitsevaporator vergraben. Wir wollten Gavin bei seinem nächsten Besuch bitten, es an Luke weiterzuleiten. Vielleicht könntet Ihr es nun mitnehmen.«

»Natürlich. Es gehörte also Owen und Beru Lars?«

»Ich denke schon.« Silya wandte sich ein wenig zu hastig ab und ging zur Treppe. »Ich habe es natürlich sofort deaktiviert, als ich merkte, dass es mich nichts angeht. Aber Luke hätte bestimmt nichts dagegen, wenn Ihr es Euch anseht. Vielleicht macht es das Warten ein wenig erträglicher.«

Leia wartete, bis Silya die Stufen hinabgestiegen war. Offensichtlich hatte die Frau mehr von dem Tagebuch gesehen, als sie zugab – doch warum wollte sie, dass Leia darin schmökerte? Vermutlich versuchte sie nur, ihren Gast von ihren Sorgen abzulenken. Die Prinzessin setzte sich wieder und aktivierte das Wiedergabesystem.

EINTRAG? erschien auf dem Bildschirm. Leia fragte nach dem ersten, und eine Zeitanzeige leuchtete in der unteren Ecke auf. Gegenüber davon befand sich ein Feld für die Datumsanzeige, doch dort stand nur »Kalenderdatei beschädigt«. Einen Moment später wurde eine Frau mit dunklen Augen sichtbar. Sie hatte eine kleine, nach oben geneigte Nase und nach hinten gebundenes braunes Haar, außerdem wirkte sie ein wenig müde. Sorgen und Wetter hatten Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Trotz der Erschöpfung war sie noch immer attraktiv, auf diese herbe, tatooinische Art, umgeben von einer stillen Anmut und Heiterkeit, die Leia selbst auf dem winzigen Bildschirm wahrnahm.

Nein … wahrnehmen war der falsche Ausdruck. Es war mehr ein Wiedererkennen. Solche Eigenschaften binnen zwei Sekunden anhand eines kleinen, elektronischen Bildes zu erkennen, war mehr als schwer, dennoch wusste Leia, dass sie diese Frau ausgezeichnet hatten. Es war wie das Gefühl der Vertrautheit mit Mos Espa, wie die Erkenntnis, als sie die Sklavenhütte betreten hatte, in der ihr Vater gelebt haben mochte.

Die Macht zog sie einmal mehr in die Vergangenheit der Skywalkers hinein.

»Also schön. Wer bist du?« Leia beugte sich vor, betrachtete das Bild genauer. »Lukes Tante Beru?«

Die rätselhafte Frau verharrte auf dem Bildschirm, ihre Stirn gefurcht, während sie sich auf etwas konzentrierte, dann begannen ihre Lippen sich zu bewegen, doch kein Laut erklang. Leia stellte die Lautstärke auf das Maximum … und hätte das Tagebuch beinahe fallen gelassen, als plötzlich eine warme, weibliche Stimme aus dem Lautsprecher dröhnte.

08:31:01

… dieses Ding nimmt nicht auf.

Eine raue Stimme, nicht ganz so laut, sagte: »Was tust du da, Frau? Ich sagte, du sollst meinen Laden aufräumen. Deine Speicherchips kannst du zu Hause reinigen.«

Das Bild der Frau wurde ersetzt durch einen kahlen blauen Kopf mit großen, selbstsüchtigen Augen, einem schlauchartigen Rüssel von einer Nase und einem gewaltigen Maul, in dem eine Handvoll großer Hauer steckte. Hinter dem Schädel flatterte ein Paar Flügel – so schnell, dass ihre Bewegungen verschwammen.

»Woher hast du das?«, fragte die Kreatur. »Gehört das dir?«

»Ich kaufte es vom Erlös der Speicherchips«, sagte die Frau. »Ich dachte …«

»Vielleicht sollte ich es verkaufen, weil du mir nicht gehorchst, eh?« Das Bild auf dem Schirm kippte, als das Wesen das Tagebuch herumdrehte. »Aber es ist nicht viel wert, denke ich. Zurück an die Arbeit, sonst verkaufe ich es trotzdem!«

Das Display wurde dunkel – der erste Eintrag war zu Ende.

Leia nahm einen Schluck Hubba-Tee und blickte in den tobenden Sturm hinaus. Trotz der Ablenkung durch das Tagebuch konnte sie nicht aufhören, an Han zu denken. Immer wieder erinnerte sie sich an das Bild des Swoops, wie es halb unter einer Sandverwehung begraben lag, und sie fragte sich, ob das, was sie gesehen hatte, der Wahrheit entsprach, was es bedeuten sollte, und mehr als alles andere fragte sie sich, wo Han war. Die Macht nahm Einfluss auf sie, daran hatte Luke keinen Zweifel gelassen. Doch was wollte sie von ihr?

Die Antwort war einfach: nichts. Die Macht kannte weder Wünsche noch Absichten. Sie existierte nur – das war zumindest, was Luke ihr erzählt hatte.

Dieses Wissen bot ihr jedoch wenig Trost. Sie konnte nicht leugnen, dass sich ihr das Bild durch die Macht offenbart hatte. Doch ihre Unfähigkeit, eine klare Bedeutung herauszulesen – einen eindeutigen Hinweis darauf, was sie tun sollte –, machte das Warten unerträglich. In ihrem Geist überschlugen sich Gründe, warum Han überleben würde, und Gründe, warum er sterben würde, und ihre Schuldgefühle und Einsamkeit wurden immer größer, ebenso wie die Qual, weil sie zugelassen hatte, dass er Kitster hinterherjagte.

Sie senkte den Blick und stellte fest, dass ein Schriftzug auf dem kleinen Bildschirm blinkte: EINTRAG ZWEI?

Sie gab den Befehl zur Wiedergabe, und das Gesicht der Frau tauchte wieder auf. Diesmal lächelte sie.

19:47:02

Vielleicht hättest du gerne etwas, das dich an Watto erinnert, darum werde ich Eintrag eins nicht löschen. Es gibt schlimmere Besitzer, und ich glaube, dass er deinen Schabernack manchmal wirklich vermisst.

Annie, dieses Tagebuch ist für dich. Ich weiß, du wirst eine lange Zeit fort sein, und manchmal wirst du dich einsam fühlen – genau wie ich. Wenn du eines Tages zurückkommst, soll dir dieses Tagebuch zeigen, dass du immer in meinem Herzen warst. Aber dein Schicksal liegt zwischen den Sternen. Du wirst große Taten in der Galaxis vollbringen, Anakin. Das wusste ich seit dem Moment deiner Geburt. Du darfst also nie denken, dass es ein Fehler war, Tatooine zu verlassen. Wo auch immer du hingehst, du wirst stets meine Liebe mit dir tragen. Vergiss das nie.

Das Tagebuch wäre Leia beinahe aus den Fingern gerutscht. »Annie« und »Anakin« – das musste Anakin Skywalker sein, der einst Wattos Sklave gewesen war. Demzufolge war die Frau seine Mutter … und Leias Großmutter.

Sie zögerte, atmete tief ein und verlangte dann nach dem nächsten Eintrag. Wieder erschien das Bild ihrer Großmutter auf dem Schirm.

19:12:03

Watto ist heute mit schlechten Nachrichten aus Mos Eisley zurückgekehrt. Er sagte mir, dass Qui-Gon Jinn bei einer Schlacht auf einem Planeten namens Naboo getötet wurde. Niemand weiß, ob er einen Jungen bei sich hatte, aber ich mache mir schreckliche Sorgen, Annie. Habe ich noch einen Grund, dieses Tagebuch weiterzuführen?

Watto sagt, ich hätte dich nie gehen lassen dürfen, und dass es für dich besser gewesen wäre, ein Sklave auf Tatooine zu bleiben. Ich will das nicht glauben … Qui-Gon versprach mir, er würde auf dich aufpassen und dich zum Jedi ausbilden. Ich will also darauf vertrauen, dass es dir gut geht. Doch wer passt nun auf dich auf? Wer wird dich ausbilden?

Annie, ich mache mir solche Sorgen.

Die Einträge der nächsten Monate hatten denselben Tenor – auch wenn viele von ihnen durch die Datensprünge zerstört waren, die Silya erwähnt hatte. Anakins Mutter gab sich zuversichtlich, erzählte von alltäglichen Ereignissen, um ihren Glauben daran zu stärken, dass ihr Sohn überlebt hatte und eines Tages zurückkehren würde, um sie sich anzuhören. Doch ebenso suchte sie weiter nach Informationen über sein Schicksal. Ein Raumfahrer berichtete, an der Schlacht habe angeblich ein Junge teilgenommen, ein anderer wollte gar gehört haben, dass es dieser Junge gewesen war, der den Kampf entschieden hätte.

Anakins Mutter gab ihre wenigen Credits für eine Suche im HoloNet aus, die aber nur die beunruhigende Nachricht zutage förderte, dass kurz vor der Schlacht ein Junge in der Gegenwart des »ermordeten Jedi-Ritters« gesehen worden war. Davon abgesehen waren nur wenige Details bekannt, da der Rat der Jedi sich hinsichtlich dieses Vorfalles noch verschlossener gab als sonst.

Während Leia sich die Einträge ansah, wurde sie von Emotionen überwältigt. Sie konnte die Angst und Frustration ihrer Großmutter nur allzu gut verstehen, jetzt, wo sie sich ganz ähnliche Sorgen um ihren Mann machte. Jedes trockene Donnergrollen, jeder zuckende Sandblitz vergrößerte ihre Beunruhigung. Vor mindestens zwölf Stunden musste Han das Wasser ausgegangen sein, und kein menschliches Wesen konnte einen ganzen Tag in der kochenden Atmosphäre von Tatooine überleben, wenn es kein Wasser hatte. Leia zählte die Minuten, die Stunden, fragte sich, wann dieser Sturm nachlassen würde – und sie dachte an ihre Großmutter und wunderte sich, wie sie wohl eine so viel längere Wartezeit überstanden hatte.

Leia wäre nur ungern die Person gewesen, die dieser sanftmütigen Frau die grausige Wahrheit darüber berichten musste, was aus ihrem Sohn geworden war.

Der Wind wehte Han zwar nicht in eine gemütliche kleine Höhle, auf die er gehofft hatte, doch die Öffnung, die er stattdessen fand, war zumindest tief und geschützt, eine perfekte Mischung aus Sand und Fleckstein. Solange er der Mündung seinen Rücken zukehrte und die Kapuze über den Kopf gezogen hielt, spürte er nicht einmal die schneidenden Winde, die aus der großen Ebene herbeiwehten, und er glaubte, dass er diesen Sturm überleben würde, solange nur seine Zunge nicht weiter anschwoll und seine Kehle blockierte.

Er kratzte eine weitere Handvoll Sand aus dem Loch, das er gegraben hatte, und kippte ihn als kleinen Haufen auf seinen Kochstein. So pudrig und grau, wie der Sand war, kam es einem Wunder gleich, dass er überhaupt Feuchtigkeit enthielt. Doch er fühlte sich kühl an, und was auf Tatooine kühl war, enthielt Wasser. Han platzierte das Visier des Helms über dem Haufen, dann benutzte er seinen Blaster – den er auf Betäubung gestellt hatte –, um den Stein zu erhitzen.

Der Dampf, der dem Sand entstieg, war nicht einmal sichtbar, aber er bildete drei Wassertropen von der Größe eines kleinen Fingernagels am Visier. Bevor die Feuchtigkeit in die trockene Atmosphäre verdunsten konnte, wischte Han mit einem Fetzen seines Hemds über die Scheibe, dann schob er das Stück Stoff zwischen seine Lippen und saugte die wenigen Tropfen Wasser in den Mund.

Er dachte mittlerweile nicht mehr an seine Chancen oder daran, ob er Leia wiedersehen würde. Während das Bild vor seinen Augen immer dunkler wurde und die Gedanken in seinem Kopf sich nur noch langsam oder gar nicht mehr formten, hatte er nur noch ein Ziel. Er legte das Visier beiseite, wischte den warmen Sand von seinem Kochstein und ersetzte ihn durch eine weitere Handvoll kühlen Sandes aus dem Boden, dann hielt er wieder das Visier darüber und richtete seinen Blaster auf den kleinen Haufen.

Han drückte den Abzug, und ein zirpendes Warnsignal erklang. Das Magazin war beinahe leer.

17:30:04

Heute wirst du elf Jahre alt, Anakin, und einige deiner Freunde sind vorbeigekommen, um Hallo zu sagen. Sie wissen nicht, was auf Naboo geschehen ist, sei also bitte nicht traurig, dass sie … Aber was rede ich da? Es geht dir gut. Ich würde es spüren, wenn es nicht so wäre.

Hier ist dein Freund Wald. Ich habe ihm einige deiner Werkzeuge gegeben – aber nicht den Droiden, den du gebaut hast. Den werde ich behalten, so wie ich es versprochen habe.

Das grün geschuppte Gesicht eines rodianischen Kindes erschien auf dem Bildschirm. Seine vorstehenden schwarzen Augen leuchteten vor Freude, und seine kegelförmige Schnauze zuckte vor Aufregung.

»Wie läuft es an der Jedi-Schule? Lerne fleißig, damit du zurückkommen und uns befreien kannst. Übrigens baue ich gerade das Raketen-Swoop, das du entworfen hast. Kitster hilft mir dabei. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«

Walds Züge wurden ersetzt durch das Gesicht eines schwarzhaarigen Jungen mit dunkler Haut und großen braunen Augen. Er lächelte, dann hob er ein Flimsiplast-Buch in die Höhe, dessen Titel Leia bereits kannte: Par Onthams Ratgeber für gutes Benehmen.

»Schau, was ich mir von deinen Credits gekauft habe. Rarta Dall sagte, sie würde mich als Page einstellen – aber erst einmal muss ich das ganze Buch auswendig lernen.«

Banai verschwand, und nun tauchte Anakins Mutter wieder auf dem Bildschirm auf, diesmal im Profil, als sie die Kinder anwies, sich an den Tisch zu setzen – sie hatte gerade einen Pallie-Kuchen im Ofen. Nachdem die beiden fort waren, wandte sie sich wieder dem Tagebuch zu.

Sie sind so stolz auf dich, Annie – und ich bin es ebenfalls. Du hast ihnen den Mut gegeben, von Dingen zu träumen, die sie sich zuvor nicht vorstellen konnten. Ich weiß ehrlich nicht, was ich tun werde, wenn sie mich nicht mehr besuchen. Ich sehe dein Bild vor mir, wann immer sie lächeln.

Vielleicht backe ich deshalb so viele Kuchen.

Leia wies das Tagebuch an, diesen Eintrag zu markieren, dann ließ sie es sinken und blickte hinaus in den heulenden Wind. Mehr als zwei Stunden waren vergangen, seitdem sie Silyas Fladenbrot gegessen und ihren Tee getrunken hatte, aber der Sturm tobte noch immer unvermindert. Zum vermutlich zehntausendsten Mal klickte sie ihr Komlink an, doch sie weigerte sich zu verzweifeln, als nur Rauschen erklang. Bis der Wind sich legte, konnte sie nichts tun, als vom Besten auszugehen und durchzuhalten.

Das hatte sie von ihrer Großmutter gelernt.

Der Geist von Tatooine
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