7. Kapitel
Leia beobachtete, wie die Landschaft an ihr vorüberzog, während der Landgleiter um die Außenbezirke von Mos Espa herumflog. Auf einer Seite erhoben sich die kuppelförmigen Hütten und von Mauern umgebenen Andockbuchten des Raumhafens, die Zeugnis von der beharrlichen Natur des galaktischen Handels ablegten – und von der Zähigkeit der Wesen verschiedenster Spezies, die diese unwirtliche Welt ihr Zuhause nannten. Auf der anderen Seite des Gleiters erstreckte sich das goldene Auf und Ab der tristen Wüste, das in unermessliche Ferne reichte, bis zu der violetten Wand des davonziehenden Sandsturms, und einen auf schonungslose Art an seinen Platz in der Ordnung von Tatooine erinnerte … und an die Willensstärke, die nötig war, um auf diesem Planeten zu überleben.
Leias Gedanken kehrten immer wieder zu ihrem Vater zurück. Die Worte des Rodianers hatten sie völlig durcheinandergebracht. Zu erfahren, dass Anakin Skywalker als Kind ein Sklave gewesen war, machte aus ihm ein Opfer – eine Vorstellung, die so unvereinbar mit dem Bild des Monsters in ihrer Erinnerung war, dass sie am liebsten Walds haarsträubender Erklärung geglaubt hätte, ihr Vater wäre nicht Darth Vader gewesen.
Vielleicht noch verstörender als diese Offenbarung war die Art, wie Tatooine ihr zu schaffen machte. Sie sah in Mos Espa nicht länger den korrupten Raumhafen, als der er ihr während des Wartens auf die Auktion erschienen war, sondern als das Zuhause von Personen wie Tamora und Wald, die hier lebten, alt wurden und ihr Maß an Glück fanden. Selbst die Wüste machte mittlerweile einen einladenden Eindruck auf sie. Sie war sich ihrer Gefahren bewusst – mehr als je zuvor, um ehrlich zu sein –, doch sie sah nun auch ihre Schönheit, die Majestät ihrer Größe, die feinen Farbunterschiede und die Verheißung eines Geheimnisses, das in ihrem Herzen verborgen war.
Vielleicht gewöhnte sie sich einfach nur an diesen Ort. Vielleicht war es aber auch die Macht, die sie beeinflusste und eine spirituelle Verbindung zum Vorschein brachte, die sie von ihrem Vater geerbt hatte. Leia vermochte nicht zu sagen, was davon zutraf. Sie wusste nur, dass ihre Unruhe immer weiter zunahm, dass sie das Gefühl hatte, die Kontrolle über die Mission zu verlieren. Der Einfluss der Macht war deutlich zu spüren – in allem, was sie über ihren Vater erfahren hatte, in den Träumen, die sie an Bord des Falken und während ihres letzten Besuches gehabt hatte. Leia wurde nicht geführt, aber doch berührt, auf eine dunkle Gasse zugeschoben, die sie nicht betreten wollte.
Der Flitzer erreichte eine gewaltige, tiefer gelegene Arena am Rande der Stadt. Es gab zwar keine Absperrung, aber ein geschwungenes Metallschild am Rande des Geländes, das verkündete: SWOOP-ARENA MOS ESPA. Das SWOOP war über ein anderes Wort genietet, und das PO davor und das NN dahinter waren noch zu erkennen.
Tamora wies Chewbacca den Weg zur anderen Seite der Arena und an einer Reihe verwahrloster Hangars vorbei, die durch ein kleines Schild als BESITZERGASSE gekennzeichnet war. Rostflecken überzogen die Außenseite der Hangartore, und in den Ecken hatten sich hohe Sandhaufen gebildet, was den Eindruck erweckte, als wären diese Tore seit Jahren nicht mehr geöffnet worden. Die meisten von ihnen hatten jedoch Türen von der Größe eines Wookiees in ihrer Mitte, und der festgetretene Boden davor deutete auf regelmäßige Benutzung hin.
Chewbacca klappte die Haube des Gleiters auf, und sie kletterten aus der klimatisierten Kühle in die staubige Hitze des späten Nachmittages hinaus. Tamora – die vorausschauend genug gewesen war, ihre Kinder in Walds Obhut zu lassen – ging auf einen Hangar in der Mitte der Gasse zu, wo hinter einem Paar zusätzlicher Transparistahltüren ein kleiner Begrüßungsdroide stand. Um ihre Identität diesmal besser zu verschleiern bedeuteten sie Chewbacca und C-3PO zurückzubleiben, dann zogen Han und Leia sich ihre Kapuzen ins Gesicht und folgten Banais Frau.
Als sie sich den Türen näherten, beugte Han sich zu ihr hinüber. »Wie geht es dir?«
»Gut.« Sie wusste, worauf seine Frage wirklich abzielte, aber sie wollte nicht darüber sprechen. »Sehe ich etwa nicht so aus?«
»Das habe ich nicht gesagt.« Han war die einzige Person, die es nie zu bemerken schien, wenn sich ein abweisender Ton in ihre Stimme schlich. »Ich wollte nur wissen, was da vorhin bei Wald los war. Warum kümmert es dich, ob er glaubt, Anakin wäre eine Art Held gewesen?«
»Ich glaube das eben nicht.« Noch während sie sprach, bedauerte sie die Schärfe ihrer Worte. Sie blieb stehen und nahm seine Hand. »Es tut mir leid. Dieses ganze Gerede vom guten Darth Vader macht mir zu schaffen.«
»Ja, ich frage mich auch, wann uns endlich jemand vom echten Anakin erzählt«, sagte Han. »Der Junge, der Granaten an Banthaschwänze gebunden hat.«
Leia lächelte schwach. »So einfach ist es nicht.«
Er zog eine Augenbraue in die Höhe und wartete.
»Nicht hier.« Sie nickte in Richtung der Türen. »Wir müssen uns jetzt erst einmal ein Swoop besorgen.«
»Aber ich werde es nicht vergessen.« Er lächelte und küsste sie, dann zog er die Kapuze tiefer ins Gesicht und wandte sich dem Hangar zu. »Fang bitte keinen Streit an, falls dort drinnen ein Hologramm von deinem Vater auf einem Podest steht. Es wird auch so schwer genug, diese Ulda zu überreden, dass sie uns bei der Rettung ihres Ex-Mannes hilft.«
Wie sich herausstellte, gab es im Inneren keinerlei Hologramme. Man hatte eine Podrenner-Box in eine Mischung aus Bar und Wettstube umgewandelt, sauber, aber auch karg, mit einer Theke und mehreren Wettannahmefenstern im hinteren Teil des Raumes. Im vorderen Teil waren drei Reihen von Plastoid-Tischen entlang einer Transparistahlscheibe aufgereiht, durch die man auf die Rennstrecke hinabblicken konnte. Obgleich es nicht so aussah, als ob in nächster Zeit ein Rennen stattfinden würde, saß ein Dutzend Wesen an diesen Tischen, die Notizen auf Datapads kritzelten und Swoop-Mechaniker bei ihren Testfahrten beobachteten.
Zu Leias eigener Überraschung beschleunigte sich ihr Herzschlag, als ihr das ganze Ausmaß der heruntergekommenen Rennstrecke bewusst wurde. Sie war mindestens fünfhundert Meter breit und erstreckte sich zwei Kilometer in jede Richtung, bevor sie auf einer Seite hinter einem Labyrinth von Felsspitzen verschwand und auf der anderen in einer gewaltigen Ebene aus grauem Staub wieder auftauchte.
Hier hatte ihr Vater seine Freiheit gewonnen. Als ihr Blick über die riesigen Tribünen glitt, konnte sie beinah den Jubel hören, der Anakin Skywalkers Zieleinfahrt begleitet haben musste. Damals hatte er noch nicht gewusst, welcher Pfad vor ihm lag. Das Leben war ihm sicherlich verheißungsvoll erschienen – dem einzigen Menschen, der je das Boonta-Eve-Rennen gewonnen hatte. Wäre ihm an jenem Tag bewusst gewesen, was sein Sieg bedeutete – was dieser Sieg ihn und die Galaxis letzten Endes kosten würde –, hätte er sich dann mit dem zweiten Platz zufriedengegeben? Hätte er den Mut gehabt, weiter ein Sklave auf Tatooine zu bleiben?
Eine menschliche Frau von ungefähr fünfzig trat hinter der Bar hervor und kam auf sie zu, die Augen fest auf Tamora gerichtet, ihr Blick überrascht. Sie war schlank und groß, und sie hatte die hohen Wangenknochen und geschwungenen Augenbrauen einer Kuati-Adeligen – ein Eindruck, der durch ihr breitschultriges Gewand und den juwelenbesetzten Gürtel noch verstärkt wurde.
»Na, wenn das nicht Tamora Spice ist!« Sie blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften, während sie Tamora von Kopf bis Fuß musterte. »Hast ein paar Kilo zugenommen – aber das passiert nun mal, wenn man sich vom Mann einer anderen Frau schwängern lässt.«
Tamoras Gesicht lief rot an, doch sie widerstand der Versuchung, mit einer scharfen Entgegnung zu kontern. »Du siehst so liebreizend aus wie immer, Ulda.«
Die Frau winkte nonchalant mit der Hand. »Das kommt vom Geld.« Sie lächelte bitter. »Wo wir gerade davon sprechen: Ich habe gehört, dass Kit diesen grässlichen Holowürfel bei Mawbo versteigern ließ.«
Banais Frau nickte.
»Dann ist er jetzt ja endlich fort.« Nun warf Ulda auch Tamoras Begleitern einen Blick zu, doch offenbar sah sie kein Anzeichen dafür, dass sie ihrer Aufmerksamkeit würdig waren, und so wandte sie sich wieder an die Frau ihres Ex-Mannes. »Jetzt, da das Rendala-Anwesen geschlossen wurde, ist eure finanzielle Situation bestimmt alles andere als rosig.«
»Wir kommen schon zurecht.«
Die Kuati schob ihre Unterlippe vor. »Zu schade. Ich dachte, du wärst hier, weil du mich um einen Kredit bitten möchtest.«
»Nun«, sagte Han. Er machte einen Schritt nach vorne, der Sticheleien der Frau überdrüssig – genau, wie Leia erwartet hatte. »Wir wollten …«
Sie griff nach seinem Handgelenk. »Tamora soll das klären.«
»Ja, das soll sie.« Ulda warf Han einen funkelnden Blick zu. »Wer immer Sie auch sein mögen.«
Offensichtlich hegte diese Frau schon seit Langem einen tiefen Groll, und Tamora ging auf die richtige Weise damit um. Leia zog Han also zurück an ihre Seite und flüsterte ihm zu, er solle sich zurückhalten.
Banais Frau schluckte, dann sagte sie: »Wie mein Freund gerade zu sagen versuchte, wir möchten etwas von dir borgen.«
Uldas Gesicht hellte sich auf. »Wirklich?« Ohne Han oder Leia eines Blickes zu würdigen führte sie Tamora zu einem Tisch und setzte sich. Sie bot der anderen Frau aber keinen Platz an. »Sprich weiter. Ich glaube, ich werde das genießen.«
»Vielleicht auch nicht. Kit ist in Schwierigkeiten.«
Die Kuati kicherte. »Warum sollte ich das nicht genießen? Er hat es verdient.«
»Er ist in großen Schwierigkeiten«, fuhr Tamora fort. »Die Imperialen suchen nach ihm.«
»Nach Kit?« Uldas Gesicht spiegelte eine Mischung aus Schreck und Unglauben wider. »Und weswegen?«
Anstelle einer Antwort sagte Tamora: »Er hat Walds Swoop genommen.«
Ulda wurde bleich. »Er hat was?«
»Er hat Walds Swoop genommen und ist in den Bogencanyon geflohen«, erklärte Tamora. »Um die Imperialen abzuschütteln.«
»Kit ist ein miserabler Swoop-Pilot. Und im Bogencanyon …« Ulda brach ab und schüttelte den Kopf, dann blickte sie wieder zu Tamora hoch. »Du hast mir noch immer nicht gesagt, warum die Imperialen hinter ihm her sind.«
Leia entschied, dass nun der richtige Moment war, um die Kontrolle über das Gespräch zu ergreifen, und so trat sie an die Seite von Banais Frau. »Er hat ein Gemälde gestohlen, das sie ersteigern wollten.«
Ulda starrte sie einen Moment lang an, wartete offenbar darauf, dass sie ihre Kapuze zurückschob. Als Leia nichts dergleichen tat, zuckte die Kuati mit den Achseln, ohne weiter darauf einzugehen. Auf Tatooine lernte man, niemanden zu bedrängen, der sein Gesicht nicht zeigen wollte. Stattdessen fragte sie: »Das Killik-Zwielicht?«
Leia nickte.
»Warum hat er es gestohlen?«
»Das wissen wir selbst nicht so genau«, sagte Leia.
»Er wollte es schützen«, stieß Tamora hervor. »Ein Devaronianer versuchte, es während der Auktion zu zerstören, und Wald sagt, dass die Imperialen jetzt glauben, etwas wäre in diesem Bild verborgen.«
»Ja, Kit wollte nur das Richtige tun«, sagte Han mit dem für ihn so typischen Zynismus. »Zu ein paar Credits würde er aber vermutlich auch nicht Nein sagen.«
Ulda dachte über das Gehörte nach, dann schüttelte sie traurig den Kopf. »So oder so, ich werde ihn vermissen.« Sie wandte sich wieder Tamora zu. »Von Zeit zu Zeit kam er hierher, um zu wetten – zumindest, wenn er Geld hatte.«
»Hierher?«, hauchte Tamora. »Wirklich?«
Ulda lächelte matt. »Ich wusste, dass er es dir nicht gesagt hat. Männer … Man kann ihnen nicht trauen.«
Tamora nahm sich zusammen. »Wald meinte, du hättest noch Raos Swoop.«
Die Kuati zog die Schultern hoch. »Und?«
»Wir werden es brauchen, um Kit zu folgen«, erklärte Han.
Uldas wütender Blick richtete sich auf Leia. »Ach, ist das so?«
»Mein Mann ist ein ausgezeichneter Swoop-Pilot.« Leia bedeutete Han, sich zurückzuhalten. Kuati-Frauen mochten es nicht, von fremden Männern angesprochen zu werden. »Wir werden Sie natürlich dafür bezahlen.«
»Dieses Swoop ist nicht zu vermieten«, erklärte Ulda. »Vielleicht kann ich ihm ein anderes besorgen.«
»Aber die anderen Swoops sind nicht schnell genug«, wandte Tamora ein. »Wenn Kit sieht, dass jemand ihn verfolgt, wird er ihm einfach davonrasen, und das weißt du.«
»Dann kaufen wir Raos Swoop eben«, schlug Leia vor. »Wären fünfzehntausend Credits genug.«
Das ließ Ulda aufhorchen. Sie blickte in die Schatten unter Leias Kapuze, so als versuchte sie, die Identität ihrer Besucherin zu erahnen – oder abzuschätzen, wie viel Geld sie ihr abnehmen konnte.
»Dreißigtausend«, erhöhte Leia. »Kitster hat bereits einen Vorsprung von zwanzig Minuten.«
»Sie werden ihn nicht einholen, wenn Ihr Mann gegen den nächstbesten Felsen rast.« Ulda stand auf und wandte sich der Gruppe zu, die sich vor der Transparistahlscheibe versammelt hatte. »Ody, hol Rao! Sie soll ihr Swoop startklar machen.«
»Das wäre keine so gute Idee, Ma’am.« Ein blauhäutiger Er’Kit mit großem, eiförmigem Kopf und nach unten geneigten Ohren drehte sich zu ihr herum. »Im Moment könnte sie nicht einmal einen Landgleiter fliegen.«
»Schon wieder?«
Der Er’Kit nickte und wandte sich wieder seinem Datapad zu.
Leia warf Han einen erleichterten Blick zu, dann sagte sie: »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass dreißigtausend zu wenig sind, aber …«
»Es geht nicht um die Credits«, schnaubte Ulda. »Ich würde es Ihnen auch für zwanzig geben. Aber dieses Swoop kostete schon sechs Piloten das Leben. Ich habe es nur gekauft, um es von der Strecke zu nehmen.«
Han trat auf sie zu. »Hören Sie, Lady, wenn es einen Sitz und einen Antrieb hat, dann kann ich es fliegen.«
Zu Leias Überraschung fauchte Ulda Han nicht an, weil er es wagte, sie anzusprechen. Stattdessen musterte sie ihn eingehend, bevor sie sich wieder an Leia wandte. »Erst möchte ich sehen, wie er mit einem normalen Swoop zurechtkommt.«
»Dafür ist keine Zeit …«
»Wenn er gut genug ist, um Raos Swoop zu fliegen, kann er jeden Rückstand aufholen. Es wird nur zehn Minuten dauern.« Ohne auf eine Antwort zu warten drehte Ulda sich wieder zu dem Er’Kit um. »Ody, bring diesen Mann runter in den Hangar. Er soll mit dem alten Novastar eine Runde auf der Teststrecke drehen.«
Der Angesprochene erhob sich und kam stark humpelnd auf sie zu. »Mit dem Novastar?«
»Mit dem Novastar. Müssen wir dir etwa schon wieder die Ohren ausspülen?« Sie blickte Leia an. »Podrennpiloten. Ich frage mich, ob sie so dumm sind, weil sie Rennen fuhren, oder ob sie Rennen fuhren, weil sie so dumm sind.«
Es war ein nettes Ablenkungsmanöver, aber Leia war eine zu aufmerksame Zuhörerin, als dass ihr die Überraschung in der Stimme des Er’Kits entgangen wäre. Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Novastar. Sie drehte sich zu Han herum.
»Nimm den Wookiee mit und sieh dir das Swoop genau an. Wenn dir etwas daran nicht gefällt, verlange nach einem anderen.« Sie fühlte sich schon schuldig genug, Han in diese Geschichte hineingezogen zu haben, da wollte sie ihn nicht einem unnötigen Risiko aussetzen. »Ulda macht das bestimmt nichts aus.«
»Was soll denn damit nicht stimmen?« Han neigte kurz den Kopf, um zu zeigen, dass er ihre Warnung verstanden hatte, dann drehte er sich zu Ody herum. »Swoops wie das Novastar werden schon seit zwanzig Jahren nicht mehr gebaut.«
Ulda lächelte. »Ihr Mann scheint sich ja wirklich mit Swoops auszukennen. Möchten Sie etwas trinken? Es wird ein paar Minuten dauern, bis sie unten bei der Strecke sind.«
»Eyeblaster.« Dieses Getränk bestellte Leia immer, wenn sie in die Rolle einer harten Frau schlüpfte. »Atomisiert, nicht geschäumt.«
»Die einzige Art, einen Eyeblaster zu trinken.« Ulda blickte Tamora an. »Wenn es dir nichts ausmachen würde … Du weißt ja noch, wo alles steht.«
Banais Frau starrte sie wütend an, zwang aber ein falsches Lächeln auf ihre Lippen. »Natürlich.«
Ob diese Reaktion nun beabsichtigt war oder nicht, sie erzielte die richtige Wirkung. Ulda schmunzelte zufrieden, als Tamora hinter die Bar schritt.
»Tamora war meine beste Mixerin.« Sie deutete auf den vorderen Teil des Raumes. »Aus ihr hätte etwas werden können, aber dann musste sie mir ja meinen Mann klauen.«
Leia schritt ein paar Stufen zu der vordersten Reihe von Tischen hinab, wo die Wesen mit ihren Datapads saßen und die Testfahrten beobachteten. Die meisten von ihnen waren alt, doch nur einer – ein Veknoid, dessen Gesicht nur aus einem Maul mit gezackten Zähnen zu bestehen schien – war ebenso gebeugt und verrunzelt wie Ody. Er hatte nur noch einen Arm, und seine Haut war von Brandnarben übersät.
»War er auch ein Podrennpilot?«, fragte Leia.
»Sind leicht zu erkennen, nicht wahr?«, meinte Ulda. »Nicht einmal Swoop-Piloten sehen so mitgenommen aus.«
Sie bedeutete Leia, ihr zu folgen und ging zu dem Veknoiden hinüber, dann beugte sie sich zu den verschmorten Überresten seines Ohrs hinab.
»Teemto!«, schrie sie. »Erzähl dieser Dame von deinen Tagen als Podrennpilot.«
Der Veknoid tat so, als hätte er nichts gehört. Unten auf der Teststrecke war gerade der Antrieb eines Swoops abgestorben, und die Maschine krachte in den Sand. Teemto machte eine Notiz auf seinem Datapad, wobei er es mit dem Körper abschirmte, sodass Leia und Ulda nicht sehen konnten, was er schrieb.
»Ich weiß, das ist dein gutes Ohr«, sagte Ulda. »Tu also nicht so, als ob du mich nicht hören könntest.«
Nun blickte der Veknoid doch von seinem Datapad auf. »Wir waren schnell.«
»Das ist alles?«, fragte Leia. »Nur schnell?«
Tamora erschien, in der Hand ein Tablett mit zwei Getränken. Teemto grinste und nahm eines der Gläser.
Er blinzelte mit seinem guten Auge. »Sehr schnell.«
Die Röte schoss in Uldas Wangen. Es gefiel ihr nicht, vor ihren Gästen lächerlich gemacht zu werden – ganz besonders nicht von einem männlichen Wesen. »Wenn ich mich recht erinnere, hast du deswegen deinen Arm verloren – weil du zu schnell geworden bist.«
Teemto runzelte die Stirn, dann bohrte er mit einem Finger in seinem Ohr herum.
»Ähm, Ulda, so wichtig ist es nun auch wieder nicht.« Leia lebte nun schon lange genug mit Han zusammen, um zu wissen, was die Kuati tat. Es gab keinen schnelleren Weg, einen Piloten zum Reden zu bringen, als seine Fähigkeiten infrage zu stellen. »Wenn Teemto nicht darüber sprechen möchte …«
Ulda ignorierte sie und deutete auf den Armstumpf des Veknoiden. »Du hast mich schon verstanden. Ich sagte, du hast den Arm verloren, weil du nicht mit der Geschwindigkeit zurechtkamst.«
Teemto starrte sie einen Moment wütend an, dann entblößte er seine Zähne und wandte sich Leia zu. »Ich kam problemlos mit der Geschwindigkeit zurecht, bis dieser Verbrecher Beedo einen Schraubenschlüssel in mein rechtes Triebwerk geworfen hat.«
»Das klingt nicht sehr fair«, meinte die Prinzessin.
»Alles nur Ausflüchte«, schnaubte Ulda.
Die Gründe, aus denen Kitster sie für Tamora verlassen hatte, wurden mit jeder Sekunde offensichtlicher, wenngleich es Leia ein Rätsel blieb, warum Banai die Kuati überhaupt geheiratet hatte. Sie blickte zur Strecke hinunter. Ein paar Mechaniker und Piloten waren in der Boxengasse beschäftigt, doch Han konnte sie nirgends sehen.
»Erzähl der Dame, warum deine Ohren geschmolzen sind«, verlangte Ulda. Als der Veknoid nicht schnell genug antwortete, fügte sie hinzu: »Oder soll ich dich vielleicht an deine Schulden erinnern?«
Der wütende Ausdruck auf Teemtos Gesicht machte Schrecken Platz. Er grunzte und blinzelte zu Leia hinauf. »Das ist beim Boonta passiert. Die Tusken haben eines meiner Triebwerke zerschossen.« Er wandte sich wieder an Ulda. »Ich habe ein Vid, auf dem es deutlich zu sehen ist. Soll ich ihr jetzt auch noch erzählen, wie ich mein Auge verloren habe?«
Leia hörte diese letzte Bemerkung kaum. »Das Boonta? Meinen Sie damit das Boonta Eve Classic?«
»Genau das«, sagte er. »Ist im selben Jahr passiert, als dieses Menschenkind das Rennen gewann.«
»Anakin Skywalker?« Leia hörte den Schrecken in ihrer Stimme, und sie erkannte, dass sie zu viel Interesse zeigte. Eigentlich hätte sie rasch das Thema wechseln und darauf hoffen sollen, dass es niemandem auffiel, aber sie wollte wissen, was für eine Art Pilot ihr Vater gewesen war – wie wichtig es ihm gewesen war, seine Freiheit zu gewinnen. Davon abgesehen war Han noch immer nicht auf der Strecke aufgetaucht. »War der Junge so gut, wie man sich erzählt?«
Teemto musterte sie einen Moment lang, und seine Lippen verzogen sich, doch dann beschloss er wohl, dass diese Frage es nicht wert war, Ulda gegen sich aufzubringen, und so stellte er seinen stibitzten Eyeblaster beiseite.
»Anakin war ein großartiger Pilot. Kein anderer Mensch hätte Sebulba schlagen können.« Er strich über seine Brandnarben, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. »Es ist nur schade, dass ich mich kaum noch an dieses Rennen erinnern kann.«
»Aber du bist doch zuvor schon gegen den Jungen gefahren«, beharrte Ulda. »Erzähl ihr, was für ein Pilot er war.«
Leia fragte sich allmählich, ob Ulda vielleicht ihre Identität erraten hatte. In dem Fall würde sie sich nur noch verdächtiger machen, wenn sie jetzt das Thema wechselte. »Es klingt so, als wäre bei diesen Rennen oft betrogen worden.«
»Nicht von Skywalker.« Teemto starrte durch die Transparistahlscheibe, seine Gedanken verloren in einer anderen Zeit, und er lachte. »Dieser kleine Mensch hat nicht ein einziges Mal betrogen – er war wohl noch jung genug, um zu glauben, dass er fair gewinnen könnte.«
»Wirklich nie?« Es fiel Leia schwer, das zu glauben. »Vielleicht haben Sie es nur nicht bemerkt.«
Nun fletschte Teemto die Zähne. »Gute Frau, haben Sie schon einmal ein Podrennen gesehen?«
Ulda nahm Leia am Arm. »Alle sagen, dass Anakin fair gefahren ist – offensichtlich als einer von wenigen.« Die Kuati führte sie zur anderen Seite der Raumes. »Da ist Ihr Mann. Sehen wir uns an, wie er sich schlägt.«
Tamora trat mit einem neuen Eyeblaster neben sie, gerade als Han und Chewbacca in Sicht kamen. Hinter Ody stapften sie auf das Testrund zu, wobei sie ein zerbeultes Swoop zwischen sich herschoben. Die alten Fahrer am anderen Ende der Bar beugten sich murmelnd nach vorne, und Leia spürte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Han hatte sie oft mit Geschichten über die Rennen gelangweilt, die er als Junge gewonnen hatte. Sie schienen die einzigen positiven Kindheitserinnerungen zu sein, die er hatte – neben den Gedanken an Dewlanna natürlich, die alte Wookiee-Köchin, die auf ihn aufgepasst hatte. Doch irgendetwas stimmte mit diesem Schlitten nicht. Ganz und gar nicht.
»Das reicht jetzt«, sagte sie, an Ulda gewandt.
»Kein Grund zur Sorge.« Die Kuati blickte weiter zu den Gestalten hinab, die sich der Teststrecke näherten. »Wenn dein Mann wirklich mit Raos Swoop umgehen kann, dann sollte ihm das Novastar keinerlei Probleme bereiten.«
Leia erkannte, dass sie nach bester Bothan-Art auf die Probe gestellt wurde. Ulda hatte sie in eine Situation gebracht, in der sie entweder zugeben musste, dass sie log, oder beweisen, dass sie die Wahrheit sagte – außerdem gab es einen verborgenen Haken, und für derartige Spiele hatte Leia nichts übrig, nicht, wenn sie Han das Leben kosten konnten.
»Mir liegt sehr viel an meinem Mann«, sagte sie und bemühte sich, ihre Stimme so eisig wie nur möglich klingen zu lassen – man hatte ihr schon gesagt, dass sie selbst einen Wampa zum Frösteln bringen könnte. »Ich wäre zutiefst betroffen, wenn er einem vermeidbaren Unfall zum Opfer fiele.«
»Dann hoffen wir, dass er so gut ist, wie er behauptet.« Uldas Maske der Gleichgültigkeit bröckelte ein wenig. »Um unser beider willen.«
Unten hatten die drei nun die Teststrecke erreicht, ein schmales Band aus Staub, das einen Kreis um den inneren Boxenbereich beschrieb, mit einer Länge von weniger als einem Kilometer. Chewbacca hielt das Swoop fest, während Han auf den Sitz kletterte, und Ody versuchte ein paar Sekunden lang, ihm die Kontrollen zu erklären, bis er erkannte, dass der Mensch bereits damit vertraut war, woraufhin der Er’Kit von der Maschine zurücktrat.
In diesem Moment zog Ulda ein Komlink aus dem Ärmel. »Ody, hat er denn nicht das Steuerruder überprüft?«
Der Er’Kit nickte und hob ebenfalls ein Komlink an seine Lippen. »Ja, im Hangar.«
Han aktivierte den Ionenantrieb.
»Hat er es repariert?«
Ody schüttelte den Kopf, während Chewbacca das Swoop freigab.
»Was stehst du dann noch da herum? Hol ihn runter von diesem …«
Han drehte am Gashebel und brauste davon. Uldas Schultern sackten herab, die alten Piloten vor der Transparistahlscheibe hielten kollektiv den Atem an, und Leia griff nach dem Blaster in ihrer Tasche.
Das Swoop hatte den ersten Abschnitt der Strecke bereits zur Hälfte hinter sich gebracht, als seine Frontpartie plötzlich in die Höhe ruckte und die Maschine wie eine Rakete in den Himmel emporschoss.
»Ody! Was passiert da draußen?«, rief Ulda in ihr Komlink.
Der Er’Kit breitete hilflos die Arme aus, dann erreichte Han die erste Kurve und legte den Schlitten auf den Rücken. Er zwang die Maschine in einen schrägen Sinkflug, der ihn auf die andere Seite des Kreises zutrug, und richtete sie erst wieder auf, als hinter ihm bereits eine Staubwolke vom Boden aufstob.
Er wollte mit seinem Können angeben. Wie immer.
Ulda stieß einen langen, erleichterten Seufzer aus, und die alten Piloten kehrten auf ihre Plätze zurück, wobei sie aufeinander einredeten und Vermerke auf ihren Datapads machten. Leia behielt ihre Hand in der Tasche, die Finger um den Blaster geschlossen.
Han stieg wieder höher, als er die nächste Kurve erreichte, dann rollte er das Swoop herum und wiederholte sein waghalsiges Manöver. Er war noch nicht ganz um die Ecke gebogen, da hob Ulda das Komlink an ihren Mund.
»Ody, mach Raos Swoop startklar und rüste es mit einer Vidkarte aus!«
Der Er’Kit winkte und ging auf den Hangar zu – doch dann warf er sich auf den Boden, als von Mos Espa her plötzlich eine Reihe imperialer Düsenschlitten auf die Strecke brauste. Die Piloten in ihrer weißen Rüstung schossen um die Kurve und hielten auf die andere Seite der Rennbahn zu.
»Lass mich raten«, brummte Leia. »Sie fliegen zum …«
»Zum Bogencanyon.« Ulda nickte zur Mündung der Schlucht hinüber, am anderen Ende der Arena. »Das ist der schnellste Weg dorthin.«
»Kit!«, keuchte Banais Frau.
Zu Leias Überraschung drückte Ulda Tamoras Hand. »Keine Sorge. Dein Freund wird ihn vor den Imperialen finden.«
»Ach, wird er das?«, fragte Leia.
»Natürlich«, meinte die Kuati, den Blick noch immer auf Tamora gerichtet. »Denn er wird wissen, wo er Kit suchen muss.«
Banais Frau wirkte benommen. »Woher soll er das wissen?«
»Kit war viele Jahre lang mein Mann.« Ulda konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Und ich glaube, ich weiß ein paar Dinge über ihn, die du nie erfahren wirst.«