2. Kapitel
Eine gelbe Wolke aus aufgewirbeltem Sand fegte durch die Straßen von Mos Espa, zerkratzte die Linsen von Leias Schutzbrille und verwandelte die Stadt vor ihr in ein Meer kuppelförmiger Schatten. Dieser Windstoß war ein Ausläufer des Sturms, der dem Millennium Falken die Flucht vor Pellaeons TIE-Jägern ermöglicht hatte. Eigentlich hätte die Prinzessin nicht überrascht sein dürfen, als sie zwei Sturmtruppler in dem gelben Wirbel entdeckte – aber sie war es dennoch.
Han hatte den Frachter die halbe Nacht mehr oder weniger blind durch zweitausend Kilometer sturmgepeitschter Schluchten gesteuert, nur damit Pellaeon den Eindruck gewann, die »Regina Galas« hätte ihren Sturzflug in den Sandsturm nicht überlebt. Schließlich waren sie in einem von Hans früheren Verstecken für Schmuggelware gelandet, einer großen, aber nur den wenigsten bekannten Höhle dreißig Kilometer vom Rand der Wüste entfernt. Dort angekommen hatten sie eine Antenne in den Sturm hinausgerichtet und den Morgen damit verbracht, die lokalen Kom-Kanäle abzuhören, auf Nachrichten zu lauschen, die eine imperiale Suchaktion andeuteten. Doch nichts ließ auf außergewöhnliche Aktivität schließen, und so hatte Han seinen Düsenschlitten aus dem Frachtraum des Falken gezogen und war nach Mos Espa gefahren, um ein Transportmittel für die anderen zu organisieren.
Leia hätte es besser wissen müssen. Pellaeon war ein Offizier der alten Schule und viel zu vorsichtig und kompetent, um einen simplen Fehler zu begehen – ebenso wie die meisten anderen Sternenzerstörer-Kommandanten, selbst in diesen Tagen der beschränkten Mittel und unerfahrenen Besatzungen.
Han griff nach ihrem Arm und führte sie weiter. »Es ist in Ordnung, ein wenig zu zögern. Das erwarten sie sogar.« Ein kleiner Stimmverzerrer in seinem Mund verlieh den Worten einen raspelnden, devaronianischen Tonfall, außerdem verfremdete er seine Stimme so weit, dass niemand sie erkennen würde, der mit einem Stimmidentifizierungsgerät nach Han Solo suchte. »Aber starr sie lieber nicht an.«
Sie hängte sich bei ihm ein und versuchte, verliebt zu ihm aufzublicken, während sie sich den Gestalten in ihren Rüstungen näherten. Obwohl Leia und Han dicke Mäntel und den Gesichtsschutz trugen, ohne den man selbst während eines leichten Sandsturmes nicht vor die Tür gehen konnte, fühlte sie sich, als trüge sie ein alderaanisches Kleid und eine Prinzessinnenkrone. Ihr Gesicht – ebenso wie Hans – war eines der bekanntesten in der Neuen Republik, und zweifelsohne hatte das Imperium eine gewaltige Belohnung auf ihre Ergreifung oder ihre Ermordung ausgesetzt.
Falls Han nervös war, so ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Er ging direkt auf die Sturmtruppen zu, die Gläser seiner Schutzbrille nach oben gerichtet, auf das leuchtende Schild an der Tür hinter den Soldaten.
»Mawbos Revuepalast«, las er vor. »Da wären wir.«
»Ein Tanzlokal?«, stieß Leia hervor. »Du führst einen wirklich an die außergewöhnlichsten Orte.«
Han warf den Sturmtrupplern einen auffordernden Blick zu, den sie durch ihre verdunkelten Sichtschlitze gleichgültig erwiderten, bevor sie schließlich zur Seite traten. Einer von ihnen öffnete ihnen sogar die Tür, doch Leia wagte es nicht, ihm zu danken.
Sie fanden sich in einem großen Vorraum wieder, dessen Boden mit Sand bedeckt war. Ein Weequay stand vor dem Eingang zu der schmuddelig wirkenden Garderobe. Er hatte ein Gesicht, wie es nicht typischer für seine Spezies hätte sein können, mit ovalen Augen und knorriger Haut, die an runzliges Leder erinnerte. Von seinem Hinterkopf hingen zwei Dutzend Zöpfe herab – einer für jedes Jahr, das er seinem Heimatplaneten nun schon ferngeblieben war. Seine Kleidung wirkte geradezu absurd und war dem Augenschein nach alles andere als bequem: Ein Umhang aus Schimmerseide und eine zu klein geratene Tunika. Zweifelsohne hatte er diese Klamotten eigens für die heutige Veranstaltung gekauft. Er trug keine sichtbaren Waffen, aber die Art, wie er den Rücken dicht an der Wand hielt, ließ Leia vermuten, dass er eine große Blasterpistole unter dem Umhang verborgen hatte. Nein, wohl eher zwei Blasterpistolen – er war schließlich ein Weequay.
»Sind Sie wegen der Kunstauktion hier?«, fragte er.
»Das ist korrekt.« Han nahm seine Schutzbrille ab, und einen Moment lang sah Leia so etwas wie Beunruhigung in seinen Augen, als er dem Blick des Weequays begegnete. »Wurde das Killik-Zwielicht schon versteigert?«
Ihr Gegenüber zuckte die Achseln. »Mawbo schlägt da drinnen jede Menge Zeug los.« Er streckte eine seiner knorrigen Hände aus und deutete auf ihre Mäntel. »Die Chefin möchte keinen Sand in den inneren Räumen, also geben Sie die besser ab.«
Leia und Han stopften die Brillen und den Gesichtsschutz in ihre Taschen und reichten dem Weequay dann die Mäntel. Mit ihrer blau bemalten Haut und den beiden künstlichen Lekku, die auf ihren Rücken hinabhingen, gab sie eine recht überzeugende Twi’lek-Gefährtin für Hans kahlköpfigen, gehörnten, finster dreinblickenden und sehr, sehr roten Devaronianer ab. Diese Tarnung hatte der Geheimdienst der Neuen Republik Leia zur Verfügung gestellt, ebenso wie die Kontaktlinsen, die die Netzhaut des Trägers verbargen, und die falschen Abdrücke, die sie auf ihre Fingerkuppen geklebt hatten. Umso überraschter war Leia, als der Weequay an den Mänteln schnüffelte, grinste und Han die Hand hinstreckte.
»Ich dachte mir doch, dass ich das Maschinenöl gerochen habe, das du als Rasierwasser benutzt, Solo«, meinte er.
»Jaxal«, sagte Han hastig. »Solo Jaxal. Schon vergessen?«
Leias Magen zog sich zu einem kalten Klumpen zusammen. Weequays benutzten Pheromone, um mit anderen Mitgliedern ihres Stammes zu kommunizieren, folglich hatten sie ein ausgezeichnetes Gedächtnis, was Gerüche betraf. Offensichtlich hatten die Leute, die diese Verkleidung für Han ausgesucht hatten, nicht daran gedacht, dass sie im Revuepalast von Mos Espa einem Weequay begegnen würden, der Han kannte. Leia konnte es ihnen nicht verdenken – an so etwas hatte sie auch nicht gedacht.
Doch der Weequay schien ihnen keinen Ärger machen zu wollen. Er nickte nur und warf die Mäntel auf den Haufen von Kleidungsstücken hinter ihm. »Jaxal, richtig«, sagte er dann. »Wie konnte ich das nur vergessen?«
»Kein Problem«, meinte Han. »Es ist schön, dich mal wiederzusehen, Grunts. Ich hätte nicht gedacht, dass du dich noch immer auf Tatooine herumtreibst.«
Der Weequay zuckte die Achseln. »Wo soll ich denn hin? Mawbo hat mich zwar befreit, aber den Flug nach Hause will sie mir nicht bezahlen. Den muss ich mir verdienen.« Er blickte zu Leia hinüber, wartete ganz offensichtlich darauf, ihr vorgestellt zu werden. Als Han nichts sagte, zog Grunts die Nase hoch. »Ich kann riechen, dass du noch immer mit deinem pelzigen Freund zusammenarbeitest. Wo ist er?«
»In der Nähe«, meinte Han nur. Chewbacca und C-3PO warteten in einer Cantina, in einem privaten Nebenraum, den sie gemietet hatten. »Das hier ist ein ziemlich ungewöhnlicher Ort für eine Kunstauktion.«
Grunts nickte. »Mawbo tut das nur als Gefälligkeit für den Kerl, der das große Bild angeschleppt hat. Er ist einer ihrer früheren Liebhaber.«
»Wer ist das nicht?«
»Da hast du wohl recht.« Der Weequay deutete auf den Waffenschrank, der in der hinteren Ecke der Garderobe stand. »Tragt ihr Waffen bei euch?«
»Wieso?«, fragte Han mit ernstem Gesicht. »Willst du uns welche verkaufen?«
Grunts lachte, dann winkte er ab. »In Ordnung, aber haltet die Waffen versteckt, ja? Mawbo wird mich auspeitschen, wenn sie glaubt, ich wäre nicht gründlich genug gewesen – und wir wissen ja beide, wie sehr sie das genießt.«
Er wollte schon die inneren Türen für sie öffnen, als Leia fragte: »Warum stehen diese Sturmtruppen vor dem Eingang, Grunts?« Sie glaubte zwar, die Antwort bereits zu kennen – sie suchten nach der Besatzung der Regina Galas –, aber sie wollte hören, welche Geschichte sie als Deckmantel für ihre Fahndung benutzten. »Hat Mawbo etwa um zusätzlichen Schutz während der Auktion gebeten?«
Der Weequay wirkte in seinem Stolz gekränkt. »Sie sind mit zwei imperialen Offizieren hier. Die Sturmtruppler wollten ihre Waffen nicht abgeben, also habe ich ihnen gesagt, dass sie draußen warten müssen.«
Grunts drehte sich zu Han um. Bring deiner Twi’lek mal Manieren bei, sagten seine Augen.
Leia ignorierte diesen Blick und fragte: »Offiziere? Was wollen die denn hier?«
»Dasselbe, was auch alle anderen hier wollen, schätze ich mal.« Grunts schob die Tür auf. »Sie wollen sicherstellen, dass die Kunstwerke echt sind, bevor die Auktion beginnt.«
Er winkte sie ins Innere eines Saales, den man insofern einen Revuepalast nennen konnte, als es eine Bühne gab – ein halbes Dutzend Bühnen sogar. Die Plattformen waren über die gewölbeartige Weite des Raumes verteilt, und im Moment waren dort kleine Essens- und Getränkestände aufgebaut, die von der recht überschaubaren Menge aber größtenteils mit Nichtachtung gestraft wurden. Hie und da zeigten sich Inseln aus sauberem Boden in dem Meer aus Getränkeflecken und Staub – die Tische, die dort normalerweise standen, hatte man entfernt, um mehr Personen Platz zu bieten. Im Zentrum des Saales befand sich die große Hauptbühne, und in die Wände ringsum waren zahlreiche Kabinen eingelassen, wo die Verkäufer die Kunstwerke zur Schau stellten, welche später an diesem Nachmittag versteigert werden sollten. Dem Aussehen nach zu schließen handelte es sich bei den wenigen Interessenten um Kunstliebhaber von anderen Planeten, angezogen von der Aussicht, das berühmte Killik-Zwielicht zu besitzen – oder zumindest einmal zu sehen –, während das Gros der Verkäufer aus Einheimischen bestand, die in der Hoffnung auf einen Geldregen alles losschlugen, was eventuell von Wert sein mochte.
Während Leia die anderen Käufer musterte, beugte sie sich zu Han hinüber. »Woher kennst du diesen Grunts?«
»Lange Geschichte. Wichtig ist im Moment nur: Wir können ihm vertrauen.«
»Bei dir ist alles eine lange Geschichte«, meinte Leia. »Wie wäre es mit der kurzen Version? Erkläre mir, warum ich ihm ebenfalls vertrauen sollte.«
Han seufzte und ging auf die nächste Bühne zu, wo eine statuenhafte Codru-Ji mit vier Armen, spitzen Ohren und einem geschmeidigen Körper Getränke servierte. Sie war gekleidet in eine Schimmerseidebluse und eine Chamäleonweste, deren Farbe sich ihrem Gemütszustand anpasste – im Moment leuchtete sie scharlachrot –, wirkte aber, ebenso wie Grunts, alles andere als zufrieden mit diesen neuen Kleidern. Als sie sich ihr näherten, warf sie Han ein Lächeln zu, bei dem Leia sich unwillkürlich fragte, ob sie seinen Geruch wohl auch erkannte. Er bestellte zwei Gläser Kometenzerstäuber, und während eine Maschine die Moleküle des Alkohols mit lautem Brummen in einen angeregten Zustand versetzte, neigte er den Kopf und flüsterte ihr ins Ohr.
»Ich kenne ihn, weil er einmal mir gehörte.«
»Was?« Acht Jahre lang hatten Leia und Han zusammen gekämpft und gearbeitet, ehe sie heirateten, doch nun kam sie sich vor, als würde sie ihren Mann überhaupt nicht kennen. »Du hast einen Sklaven besessen? Wie konntest du nur?«
»Ich habe ihn bei einem Sabacc-Spiel mit Lady Valarian gewonnen«, meinte Han, als wäre das Rechtfertigung genug. »Natürlich habe ich ihn freigelassen.«
»Und wie lange war er dein Sklave?«
»Ungefähr fünf Sekunden. Bis wir den Glücklichen Despot verlassen hatten.« Seine Stimme nahm einen defensiven Tonfall an. »Ich wollte ihn danach anheuern, aber er und Chewie konnten einander nicht ausstehen. Hatte wohl etwas mit Körpergerüchen zu tun. Er hat sich später an Mawbo verloren, als er mit ihr um das Geld für seinen Heimflug spielte. Den Rest der Geschichte hast du ja gehört.«
Die Getränke waren fertig, und die Codru-Ji nahm die Credits mit einem lasziven Zwinkern entgegen. Das Lächeln, das Han ihr daraufhin schenkte, wirkte lüstern, wenngleich das vermutlich mehr an seiner devaronianischen Verkleidung denn an seinen wahren Gefühlen lag.
Leia wartete, bis die Bedienung sich von ihnen abgewandt hatte, ehe sie zu Han aufblickte. »Und wann hast du sie gewonnen?«
»Sie?« Der Corellianer setzte sich in Richtung Rückwand in Bewegung, wo mehrere Verkäufer vor einer gut bewachten Kabine Schlange standen, um einen Blick auf das Killik-Zwielicht werfen zu dürfen. »Wieso glaubst du, dass ich Celia gewonnen habe?«
Leia wusste, dass Han sie nur ärgern wollte, und sie versuchte, sich die Frage zu verkneifen, woher er diese Celia denn kannte, als ihr plötzlich die beiden Imperialen auffielen, die am hinteren Ende der Schlange standen. Einer von ihnen trug die weiße Kleidung eines imperialen Wissenschaftsoffiziers, der andere jedoch das graue Hemd und Rangabzeichen eines Brückenkommandanten. Der Mann war vermutlich einer der direkten Untergebenen von Captain Pellaeon, und seine Gegenwart an diesem Ort sagte Leia alles, was sie über die Mission der Imperialen auf Tatooine wissen musste. Sie hätten nicht einen so hochrangigen Offizier auf den Planeten geschickt, nur um nach ein paar Schmugglern zu suchen. Nein, er war hier wegen des Killik-Zwielichts.
Leia ging zur anderen Seiten des Saales und zog Han auf eine Kabine zu, wo schillerndes tatooinisches Glitzerglas ausgestellt war. »Hast du sie gesehen?«
»Ein solches Rangabzeichen übersieht man nicht, wenn man einmal an der Imperialen Akademie war«, flüsterte Han. »Diese Sturmtruppen am Eingang dienen nur der Ablenkung. Niemand schickt den Brückenkommandanten eines Sternenzerstörers an einen solchen Ort, ohne ihm ausreichend Schutz zur Seite zu stellen.«
Sie gingen an einer der äußeren Bühnen vorbei, und eine Elomin hielt ihnen einladend zwei Schläuche hin, die zu einer Hookah-Pfeife führten. Der Geruch von abgestandenem Wasser ging davon aus. »Sie wissen es«, sagte Leia. »Es gibt keine andere Erklärung.«
Han widersprach ihr nicht.
»Aber wie können sie davon erfahren haben?«, fuhr sie fort. »Es gab nur drei Personen, die davon wussten, und die beiden anderen waren auf Alderaan, als der Todesstern den Planeten vernichtete.«
»Deine Chefin weiß davon. Vielleicht hat sie …«
»Nein, wenn jemand weiß, wie wichtig es ist, ein Geheimnis zu bewahren, dann Mon Mothma.« Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach. »Es tut mir leid. Hätte ich gewusst, dass es so kompliziert sein würde …«
»… wärst du trotzdem hierhergekommen. Und ich hätte dich trotzdem begleitet. Du weißt, dass ich dich nie alleine in die Höhle des Kraytdrachen gehen lassen würde.«
Sie drückte Hans Arm und dankte ihm im Stillen dafür, dass er nicht nachtragend war, weil sie ihm so wichtige Details ihrer Reise vorenthalten hatte.
»Trotzdem wäre es ganz nett gewesen, wenn du es mir vorher erzählt hättest.«
Sie erreichten die Kabine mit dem Glitzerglas und taten so, als würden sie die grell leuchtenden Scheiben begutachten, die fließend ineinander übergingen. Ein kleines Holoschild verkündete, dass dieses Kunstwerk aus dem Besitz des berüchtigten Verbrecherlords Jabba stammte, dabei entsprach es so rein gar nicht Jabbas Geschmack. Nach dem zu urteilen, was Leia in seinem Palast gesehen hatte, bevor sie den Hutt mit ihrer Kette erwürgt hatte, bevorzugte er repräsentative Kunst – je anzüglicher, desto besser.
Ein Gran trat aus der Kabine hervor, und als seine drei Augen Hans prahlerische Robe erfassten, legte sich ein gieriges Grinsen auf die Lippen am Ende seiner langgezogenen Schnauze. Leia zog Han von dem Wesen fort, und als sie sich umdrehten, wären sie beinahe über die Verkäufer der benachbarten Kabine gestolpert, zwei pelzige, knapp einen Meter große Zweibeiner mit kurzer Schnauze und langen, wuscheligen Ohren.
»He, Rothorn!«, rief einer von ihnen und packte Han am Handgelenk. »Du siehst aus, als würdest du Qualität erkennen, wenn du sie siehst. Sollen wir dir das einzige Angebot zeigen, das bei dieser Ramschauktion sein Geld wert ist?«
Die andere Kreatur griff nach Leias Arm. »Hier entlang!« Er schob sie auf seine Kabine zu, wo ein drittes dieser Wesen vor einem halbdurchlässigen Spiegelfeld stand. »Für nur zwei Credits kannst du es dir ansehen. Wenn du bei diesem Angebot nicht zuschlägst, wirst du es später bereuen.«
Das dritte Mitglied der Gruppe stellte die Lichtundurchlässigkeit des Spiegelfeldes ein, sodass seine Außenseite durchscheinend wurde und den Blick freigab auf eine bunt zusammengewürfelte Ansammlung von tatooinischen Handwerkserzeugnissen, seltsam gewundenen Plastahlröhren und etwas, das aussah wie die geschmacklosen Planetenmodelle, die man für gewöhnlich in den Korridoren von Touristenkreuzern vorfand.
Han blieb stehen. »Zwei Credits, nur um es mir anzusehen?« Er schüttelte den Arm des pelzigen Wesens ab, dann griff er zu Leia hinüber und befreite auch sie von der übereifrigen Kreatur. »Ich glaube, ihr wart zu lange in der Sonne, Freunde.«
Die kleinen Wesen blinzelten unschuldig zu ihnen hinauf. Ihre Augen mit den langen Wimpern waren von einem so tiefen Braun, dass Leia ihnen gegenüber unwillkürlich wohlwollend eingestellt war.
»Wenn ein so kleiner Betrag dich stört, dann betrachte ihn als Kaution«, sagte die Kreatur neben Han. »Das Geld wird dir gutgeschrieben, wenn du eines unserer Angebote ersteigerst.«
»Wir werden aber keines eurer Angebote ersteigern, verstanden?« Han schob sich zwischen den Kreaturen hindurch und zog Leia hinter sich her. »Squibs. Diese kleinen Halsabschneider würden dir einen Eimer voll Luft verkaufen und den Eimer behalten.«
Sie gingen an einer Kabine vorbei, wo mehrere Schalen in prächtigen Farben ausgestellt waren. Sie bestanden aus einem Material, so fein, dass man durch die Gegenstände hindurch das Regal sehen konnte, auf dem sie standen. Der Verkäufer, ein Barabel, hatte ein Holoschild neben seinen Angeboten platziert, demzufolge es sich um Alasl-Schalen handelte, welche aus den Tiefen der Jundland-Wüste stammten und von Tusken-Räubern hergestellt worden waren. Gern wäre Leia stehen geblieben, um sich diese Gefäße ein wenig genauer anzusehen. Vielleicht hätte sie sogar ein Gebot dafür abgegeben, aber die Traube der potenziellen Käufer vor der Kabine versperrte ihr die Sicht – außerdem mussten sie herausfinden, bei welchem der Besucher es sich um den Leibwächter des imperialen Offiziers handelte. Sollte die Sache aus dem Ruder laufen, konnte es nicht schaden zu wissen, auf wen man feuern sollte.
Dicht hinter Han schob sie sich also an der Kabine des Barabel vorbei. Während sie ihren Weg an der rückwärtigen Wand entlang fortsetzten, blickte Leia in die Ecken des Raumes, von denen aus man den Imperialen im Blickfeld hatte, und suchte dort nach Personen, die versuchten, diese Sichtlinie freizuhalten.
»Da ist einer.« Han nickte in Richtung eines muskelbepackten Mannes mit kurzem Haar, der halbherzig Interesse an einem wertlosen Klumpen blasterverschweißten Sandglases vortäuschte. »Nicht gerade unauffällig.«
»Für imperiale Verhältnisse ist das unauffällig«, meinte Leia.
Kurz darauf hatten sie noch zwei weitere Wächter entdeckt – einen Mann und eine Frau, die sich als ein adeliger Kuati und seine Telbun-Geliebte verkleidet hatten.
Schließlich verharrten Han und Leia vor einer Kabine, wo mehrere filigrane Skulpturen ausgestellt waren, außerdem hing ein halbes Dutzend Gemälde an der Wand, auf denen mit Leuchtfarben die Landschaften Tatooines verewigt waren. Eines der Bilder – es zeigte die gelbe Wand eines Sandsturms, die auf ein leeres Sandsteinbecken zurollte, und trug den Namen Der letzte See – faszinierte Leia besonders. Als sie ihren Blick schließlich davon losriss, entdeckte sie einen einzelnen, überdimensionierten Holowürfel.
Es war die Darstellung eines Jungen von vielleicht neun Jahren, mit sandfarbenem Haar, der vor dem Cockpit eines alten Podrenners stand, eine Schutzbrille um den Hals, die Arme in die Höhe gerissen. Die Freude, die in seinem Grinsen lag, war ebenso ansteckend wie unschuldig – ganz offensichtlich tat er so, als hätte er gerade ein wichtiges Rennen gewonnen. Doch es war nicht sein Grinsen, das Leias Aufmerksamkeit erregte.
Da war etwas in seinen Augen, das sie veranlasste, mitten in der Bewegung zu verharren und auf den Würfel hinabzustarren. Sie vergaß, dass Han neben ihr stand, vergaß den Verkäufer, der sie erwartungsvoll anblickte – sie starrte einfach nur in die Augen dieses Jungen, und dann erkannte sie: Es waren die Augen ihres Bruders. Sie waren von demselben strahlenden Blau, hatten dieselbe Tiefe, verströmten denselben Sanftmut wie Lukes Augen, und – wichtiger noch – ihnen wohnte dieselbe stille Intensität inne, die so hell leuchtete wie die Zwillingssonnen von Tatooine.
Erneut sah Leia die weißen Kugeln vor sich, in die sich Lukes Augen während ihres Traums an Bord des Falken verwandelt hatten, und sie fühlte sich auf seltsame Weise mit dem Jungen auf dem Hologramm verbunden. Doch er konnte nicht Luke sein. Seine Wangen waren zu rund, seine Nase zu schmal.
Es war nur ein Traum.
Sie rief sich zur Ordnung. Träume spiegelten nicht die Zukunft wider, vielmehr waren sie ein Fenster, das den Blick auf die innersten Gefühle einer Person freigab. Sie zeigten Bruchstücke einer Wahrheit, die in den vergessenen Winkeln des Bewusstseins gefangen war, zurückgehalten von Angst und Verlangen. Die Augen, die sie im Schlaf gesehen hatte, die Zwillingssonnen von Tatooine, der Junge – sie versuchten, ihr etwas zu sagen. Doch was?
Fürs Erste würde es wohl ein Rätsel bleiben, ebenso wie der Grund, warum das Hologramm des Jungen den Traum mit solcher Wucht wieder in ihr Bewusstsein rückte. Ein dünner, dunkelhäutiger Mann von vielleicht fünfzig Jahren näherte sich ihnen. Seine dunklen Augen waren nicht auf Leias Gesicht, sondern auf ihre Hände gerichtet, die sie knapp unterhalb der Hüfte verschränkt hatte, so wie sie es oft tat, wenn sie eine öffentliche Ansprache hielt. Ihre persönliche Assistentin, Winter, hatte diese Haltung einmal als unverwechselbar bezeichnet – und sie davor gewarnt, ihre Hände nie so übereinanderzuschlagen, wenn sie unentdeckt bleiben wollte.
Innerlich fluchte Leia, weil sie in alte Gewohnheiten verfallen war, dann löste sie sich rasch aus ihrer Haltung und legte Han einen Arm um die Schulter. Der Mann, offenbar der Besitzer des Holowürfels, hob den Kopf und tat so, als hätte er nichts bemerkt. Unter seinem dunklen Haar und der dunklen Haut strahlte er eine Zurückhaltung aus, die auf eine gute Erziehung schließen ließ – was vermutlich bedeutete, dass er nicht von Tatooine stammte. Er blickte Leia direkt in die Augen und schenkte ihr ein Lächeln, das ebenso aufrichtig wie strahlend war.
»Es ist nicht überraschend, dass Ihr so von diesem Holo fasziniert seid«, sagte er.
Leia spürte, wie Han sich verspannte. Der wissende Ton in der Stimme des Verkäufers war ihm nicht entgangen. Sie drückte seine Schulter, um ihn zur Vorsicht anzuhalten, dann schlüpfte sie in die Rolle der Twi’lek-Mätresse und lächelte.
»Ich liebe kleine Kinder.« Sie blickte sich nach einem Holoschild um, das ihr nähere Informationen über den Würfel liefern konnte, und entdeckte es schließlich auf dem Boden, zerschmettert und erloschen. »Vor allem Menschenkinder.«
Der Verkäufer lächelte verschmitzt. »Gewiss. Doch der Junge auf diesem Würfel ist nicht länger ein Kind. Das Holo wurde aufgenommen, als er das Boonta Eve Classic gewann, vor mehr als vierzig Jahren.«
»Er soll das Rennen gewonnen haben?« Spott funkelte in Hans Augen. »Guter Mann, wir sind keine Nerfhirten. Selbst, als die Podrennen noch legal waren, hatte kein Mensch die Reflexe, um das Boonta Eve zu überleben, ganz zu schweigen davon, es zu gewinnen – und erst recht kein Kind.«
Der Verkäufer ignorierte den Einwurf geflissentlich. »Ich möchte es eigentlich gar nicht verkaufen. Er war mein bester Freund, aber die Zeiten sind hart. Solltet Ihr schon vor der Auktion ein Angebot machen wollen, so würde ich es Euch sofort anbieten.«
»Ja, das würdest du wohl gerne.« Han zog Leia von der Kabine fort. »Komm schon, Schätzchen!«
Sobald sie außer Hörweite des dunkelhaarigen Mannes waren, fragte er: »Also? Wer war der Junge?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Du hast ihn angestarrt«, meinte Han. »Ich wusste gar nicht, dass du dich so für die Holografie interessierst?«
»Das tue ich auch nicht. Seine Augen haben mich an jemanden erinnert – aber im Moment haben wir andere Sorgen. Ich glaube, dieser Verkäufer hat mich erkannt.« Sie erzählte Han von ihren Händen. »Winter meint, ich würde das während der Holoansprachen ständig tun – und sie hat recht. Vielleicht war sein Angebot in Wirklichkeit ein Erpressungsversuch.«
»Vielleicht ist er aber auch ein imperialer Spion, der dich dazu bringen möchte, deine Tarnung aufzugeben«, sagte Han. »Mir gefällt diese Auktion immer weniger, und ich halte es für keine sehr gute Idee, noch mehr Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, indem wir einen Bieterwettstreit mit den Imperialen beginnen.«
Er wandte sich wieder der Kabine der Squibs zu.
»Han, das kann doch nicht dein Ernst sein. Was wissen diese Pelzzwerge denn schon von Kunst?«
»Nichts.« Er zog vier Credits unter seiner Robe hervor. »Aber sie sind Experten, was Auktionen angeht.«
Die beiden Squibs vor dem Spiegelfeld hatten gerade erfolglos versucht, ein paar Togorianer für ihre Waren zu begeistern, und als sie nun sahen, wie Leia und Han zu ihnen zurückkehrten, verzerrte ein verächtliches Schmunzeln ihre Gesichter. Han hielt ihnen die Credits hin.
»Ein Wort und wir gehen wieder«, erklärte er. »Zeigt uns einfach nur euren Kram.«
Der Anführer der Gruppe – zumindest hielt Leia ihn für den Anführer – schien darüber nachzudenken, ob er mehr Geld von ihnen verlangen sollte. Als Han die Hand mit den Credits demonstrativ wieder in der Tasche verschwinden ließ, zuckte der Squib zu Leias Überraschung nur die Schultern und drehte den Kopf, um nach einem anderen Interessenten Ausschau zu halten.
Han seufzte, und als er die Hand wieder vorstreckte, lagen sechs Credits darin. »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
Die Augen des Wesens leuchteten, und er reckte fordernd zehn Finger in die Höhe.
»Sieben«, sagte Han. »Obwohl ich weiß, dass euer Tand nicht so viel wert ist.«
Der Squib klappte einen Finger in die Handfläche. Han zog daraufhin zwei weitere Credits aus der Tasche. Er hielt nun acht in der Hand. Doch das Wesen zögerte noch immer, und erst, als die beiden sich zum Gehen wandten, streckte es schließlich den Arm aus und deutete auf das Geld.
Als Han ihm die Credits gegeben hatte, rieb der Squib sie gegen seine pelzige Wange, dann nickte er und reichte das Geld an einen seiner Begleiter. Dieser rieb sie ebenfalls übers Gesicht und gab sie dann dem dritten Squib, der neben dem Spiegelfeld stand. Erst, als auch er die Münzen überprüft hatte, wurde den Solos der Zutritt in die Kabine gewährt.
In ihrem Inneren war die Sammlung von gebrauchten Handwerksgegenständen, verbogenem Plastahl – auf einem Holoschild großspurig als SKULPTURENFUND beschrieben – und kitschigen Planetenmodellen aufgereiht, wie Leia sie schon zuvor erspäht hatte. Die Squibs hielten ihnen sofort einzelne Gegenstände zur Inspektion hin, wobei sie jedes Objekt erst an ihren fellbedeckten Wangen rieben, bevor sie es Han und Leia in die Hand drückten. Hans Drohung schienen sie nicht vergessen zu haben, denn keines der drei Wesen sagte während der ganzen Prozedur auch nur ein Wort.
Han legte eine beschädigte Kühleinheit beiseite und hob die Arme. »Stopp! Ich habe es euch schon einmal gesagt – wir haben kein Interesse an euren Waren. Das ist nicht der Grund, warum wir hier sind.«
Der Anführer der Squibs war über diese Worte so schockiert, dass er eine rissige Schüssel aus Knochenglas fallen ließ. »Nicht interessiert?«
Seine Begleiter hielten ihn daraufhin mit eindringlichen »Schhh!«-Lauten an, leise zu sein.
»Nicht doch«, sagte Leia. »Wir wollen mit euch reden. Nur eben nicht dort draußen, wo uns jeder hören kann.«
»Reden ist nicht billig«, erklärte einer der Squibs.
»Zeit ist Geld«, meinte ein anderer.
Han blickte zu Leia hinüber und verdrehte die Augen. »Du musstest ihnen ja sagen, dass sie den Mund wieder aufmachen dürfen.«
»Hört zu«, begann Leia. »Wir möchten, dass ihr etwas für uns erledigt.«
Während seine beiden Begleiter verstummten, drehte der Anführer der Gruppe den Kopf zur Seite und starrte Leia aus einem Auge an.
»Wir erledigen nichts für andere. Wir sind keine Heuerlinge!«
»Wir möchten euch ein Geschäft vorschlagen«, korrigierte Han seine Frau.
»Ein Geschäft?« Der Squib klatschte in die Hände. »Um welche Waren geht es?«
»Das Killik-Zwielicht«, sagte Leia. »Wir möchten, dass ihr es für uns ersteigert.«
»Wir stellen euch das Geld zur Verfügung«, fügte Han rasch hinzu. »Ihr müsst es nur ausgeben.«
Die drei pelzigen Wesen blickten einander an, dann nickten sie, und ihr Anführer wandte sich wieder den beiden Menschen zu. »Abgemacht.«
»Aber – ihr müsst alle unsere Waren kaufen«, sagte einer seiner Begleiter.
»Wir brauchen diese Waren nicht«, entgegnete Leia. »Wir haben nicht genügend Platz, um sie zu transportieren.«
»Das ist nicht unser Problem«, meinte der dritte Squib.
»Wir können euch einen magnetischen Frachtcontainer besorgen.«
»Wird nicht einmal den Lack eurer Yacht zerkratzen.«
Die Wesen redeten so schnell durcheinander, dass es allmählich schwer wurde herauszufinden, welches von ihnen gerade etwas sagte.
»Kostet euch nur tausend Credits extra.«
»Wie wäre es, wenn wir euch das Geld für all eure Waren geben und ihr sie trotzdem bei der Auktion versteigern könnt?«, fragte Leia.
»Das können wir nicht machen.«
»Ihr kauft die Waren bei der Auktion. Das war die Abmachung.«
»Wir wollen euren Kram nicht«, brummte Han.
»Warum wollt ihr dann einen Magnetcontainer kaufen?«
»Das wollen wir doch gar nicht«, erwiderte Leia.
»Und wir werden auch nichts bei der Auktion ersteigern«, erklärte Han. »Wir sind nicht dumm genug, um auf diesen Trick hereinzufallen. Ihr würdet jemanden die Preise in die Höhe treiben lassen.«
»Wie dumm seid ihr dann?«
»Vielleicht nur ein …«
»Nein!«, schrie Han. Die Squibs verstummten abrupt und blinzelten erschrocken zu ihm hinauf. Nach einem Moment verdrehte der Corellianer die Augen und fragte: »Also gut, wie viele Waren habt ihr denn?«
Einen Moment später hatte das Feilschen bereits begonnen. Die Squibs machten Angebote, und Leia und Han konterten mit Gegenangeboten. Die Verhandlungen entwickelten sich mit Schallgeschwindigkeit, und schon nach wenigen Sekunden wurden sie komplexer als alles, was Leia während ihrer diplomatischen Reisen im Namen der Neuen Republik erlebt hatte. Zu guter Letzt erreichten sie eine Einigung: Han und Leia – oder ein Bevollmächtigter – würden drei beliebige Objekte aus jeder Warenkategorie ersteigern, wobei das Höchstgebot mittels einer komplizierten Formel aus Preissteigerungen und Inkrementen festgelegt wurde. Zudem durfte jede Partei Einfluss auf einen der Besucher nehmen, um die Versteigerung eines Verkaufsgegenstandes zu beeinflussen.
»Und wir bekommen das Gemälde, nachdem ihr es ersteigert habt«, sagte Leia. »Nur, dass wir uns darüber im Klaren sind.«
Die drei Squibs nickten. »Geschäft ist Geschäft«, erklärte ihr Anführer. »Solange ihr euren Teil der Abmachung einhaltet, werden wir dasselbe tun.«
»Gut. Ich bin übrigens Limba.« Leia streckte dem pelzigen Wesen die Hand hin. »Es war sehr lehrreich, mit euch Geschäfte zu machen. Jaxal hatte recht – ihr habt einen ausgezeichneten Geschäftssinn.«
Ein Anflug von Stolz ließ die Brust des Anführers und seiner Begleiter anschwellen.
»Ihr wart auch nicht schlecht«, meinte der Squib. Er rieb seine Wange an Leias Handfläche, wiederholte die Geste dann bei Han und deutete mit dem Daumen auf sein Gesicht. »Ich bin Grees. Das ist Sligh.«
Er richtete den Finger auf den Squib neben ihm, woraufhin dieser vortrat und seine Wange ebenfalls gegen Leias und Hans Hände drückte.
»Und ich bin Emala.« Nun vollführte auch der dritte Squib dieses Begrüßungsritual. »Von Twi’leks bin ich Schlimmeres gewohnt.«
»Sofern das ein Kompliment war – danke.«
Han wartete, bis Emala ihre Wange an seiner Hand gerieben hatte, dann fragte er: »Einer von euch wird mit uns kommen und sich das Bild ansehen. Ich möchte, dass ihr wisst, was ihr ersteigern sollt.«
Emala und Grees blickten erwartungsvoll zu Sligh hinüber.
Der Squib seufzte hörbar. »Ich werde mit euch gehen.« Er schüttelte den Kopf und sah seine Gefährten an. »Aber wenn ich zurückkomme, dann darf ich vor der Kabine stehen.«
Sie traten hinter dem Spiegelfeld hervor, und Leia sah, dass die Imperialen das Gemälde mittlerweile begutachtet hatten und nun auf den Ausgang des Revuepalasts zugingen. Eine spürbare Atmosphäre der Geschäftigkeit hatte sich in dem großen Saal ausgebreitet, und das höfliche Murmeln war zu einem vielstimmigen Dröhnen angeschwollen. Mehr und mehr potenzielle Käufer tauchten aus den dunklen Ecken und den Kabinen im hinteren Teil des Raumes auf, und die Getränkestände auf den äußeren Bühnen machten einen erklecklichen Umsatz. Leia, Han und Sligh stellten sich am Ende der Schlange an und mussten fast eine Stunde warten, ehe sie schließlich durch das Spiegelfeld in die Kabine treten durften.
Anstelle des Killik-Zwielichts fanden sie dort jedoch nur ein gutes Dutzend von Mawbos Schlägern vor, gekleidet in Nylartuniken und Schimmerseideumhänge. Jeder von ihnen hielt einen Blaster in der Hand, die Mündung auf den Eingang der Kabine gerichtet.
»Keine Sorge«, sagte ein Rodianer. Seine langgezogene Schnauze zuckte, und rechts von Leia trat eine Gestalt aus dem Schatten hervor und legte ihr eine Augenbinde um. »Nur eine kleine Sicherheitsmaßnahme.«
»Ist das denn wirklich nötig?«, grollte Han. »Dieser Weequay-Schnüffler am Eingang hat uns doch schon nach Waffen durchsucht.«
»Willst du das Moosgemälde nun sehen oder nicht?«
Han verstummte, und man führte sie durch eine Tür in der Rückwand der Kabine, anschließend einen langen Korridor entlang und auf eine Liftplattform. Damit fuhren sie hinauf in einen Raum, der von Stille und bitterem Thaq-Rauch erfüllt war. Als man den dreien schließlich die Augenbinden abnahm, fanden sie sich in einer dunklen Kammer wieder, deren gegenüberliegende Wand durch eine Glühtafel in Licht getaucht war. Flankiert von zwei gamorreanischen Wachen hing dort der samtige Kasten eines meisterhaft gefärbten alderaanischen Moosgemäldes, dessen Feuchtigkeitskontrollen geschickt in einem inneren Rahmen verborgen waren. Das Bild war kleiner, als Leia es in Erinnerung hatte – es maß kaum fünfzig Zentimeter in der Diagonalen – aber auch ungleich schöner und berührender.
»Das Killik-Zwielicht«, verkündete eine harsche, weibliche Stimme hinter ihnen. »Ihr habt zwei Minuten.«
Leia wollte protestieren. Zwei Minuten waren nicht genug – nicht nach den zehn Jahren, während derer sie versucht hatte, die kühne Bildkomposition und die feinen Farbnuancen im Gedächtnis zu behalten. Sie hatte geglaubt, dass dieser Schatz für immer verloren wäre, dass weder sie noch irgendein anderer Überlebender von Alderaan das Gemälde je wieder zu Gesicht bekommen würden. Doch nun hing es vor ihr an der Wand, nahe genug, um es zu berühren. Der stürmische Himmel über den Kuppeln einer Killik-Kolonie, im Vordergrund mehrere dieser mysteriösen, schon lange ausgestorbenen Insektenkreaturen, die vor den Menschen auf Alderaan gelebt hatten. Sie standen da, die Köpfe der herannahenden Finsternis zugewandt. Wann immer Leia dieses Gemälde sah, staunte sie ob der Voraussicht des Künstlers. Wie hatte Ob Khaddor nur so deutlich vorhersehen können, was Palpatines Aufstieg an die Macht für die Galaxis bedeuten würde … Wie war es ihm nur gelungen, seine Ängste und Sorgen auf so atemberaubend schöne und vollkommene Weise auf diese winzige rechteckige Fläche zu bannen?
»Wenn ihr euch von der Echtheit überzeugen wollt, dann nur zu? Ihr dürft es berühren – aber nichts abschneiden!«
Sligh machte einen Schritt nach vorne und reckte dem Bild seine pelzige Wange entgegen.
Leia konnte den Squib gerade noch rechtzeitig zurückhalten. »Nein!«
»Wer soll das Bild denn nun kaufen, du oder wir?«, fragte Sligh, die Lefzen in einem verärgerten Zähnefletschen gebleckt. »Wir müssen die Ware prüfen.«
»Es ist echt.« Leia zerrte den Squib noch weiter von dem Bild fort. »Ich muss es nicht berühren, um das zu sehen.«
Als sie wieder aufblickte, sah sie, dass Han das Moosgemälde mit offenem Mund und fasziniertem Gesichtsausdruck anstarrte.
Sie lächelte. Auch nach acht gemeinsamen Jahren gelang es ihm noch, sie zu überraschen.