im riss
12.00 Uhr nachts – lange Midnight
27
Stille …
Midnight trat ein, löschte den Gedankenlärm von Jenks aus, verwandelte die Welt in blau und still und … rot.
Hier im Zentrum des Risses begann alles purpurfarben zu leuchten – Rot mischte sich mit Blau, Zeit stand still, und doch … nicht. Der Regen prasselte noch ein paar Sekunden weiter, dann hörte er auf. Der Riss hatte sich nicht genug ausgedehnt, um die schweren Wolken über ihren Köpfen aufzusaugen. Melissa fragte sich, ob es wieder zu regnen anfangen würde, wenn er dort angekommen war.
Wetter in der geheimen Stunde. Dabei hatte ich gerade gedacht, ich hätte alles gesehen.
„Wo ist sie?“, fragte Jessica.
Melissa schloss ihre Augen, versuchte, den kupferfarbenen, panischen Geschmack des Flammenbringers auszublenden.
Sie schickte ihren Geist über den Riss, spürte, wie er wuchs, sich in den entgegengesetzten Richtungen zur Innenstadt und in die Berge ausdehnte. Noch bewegte er sich langsam, sie konnte aber schon spüren, wie er schneller wurde.
Keine kleinen Schwestern da drin, nein.
„Tut mir leid, Jess, ich kann sie nicht spüren.“
„Warum nicht?“
„Deine Schwester ist nicht im Riss. Jedenfalls noch nicht.
Sie ist wahrscheinlich noch starr, deshalb schmecke ich ihre Gedanken nicht.“
„Cassies Haus ist aber doch gleich hier!“ Jessica deutete auf den Wohnwagen neben den Schienen. Die rötliche Grenze hatte ihn bereits geschluckt.
„Stimmt. Ich kann auch ihre Oma dadrin schmecken, die schläft“, sagte Melissa. „Sonst ist aber niemand zu Hause.“
Jessica zog ein wütendes Gesicht, ihr Geist schmeckte nach feurigen Chilis und verbranntem Toast.
„Die kleine Kröte hat sich rausgeschlichen!“, schrie sie.
Melissa zog erleichtert eine Augenbraue hoch, gut, dass sie selbst keine große Schwester hatte. Madeleine hatte mit ihrem Eingreifen dafür gesorgt, dass ihre geliebten Midnighter in Bixby keine Geschwister bekamen – und das war der Grund.
„Beruhige dich, Jess“, sagte Jonathan. „Sie kann nicht weit weg sein. Wenn der Riss erst mal bei ihr ankommt, dann kümmern wir uns drum.“
Jessica sah Melissa an. „Und du bist sicher, dass du ihren Geist erkennst?“
„Ich weiß, wie Cassie schmeckt. Sie werden zusammen sein, oder?“
„Und wenn nicht?“
Melissa seufzte. „Ich kann mir vorstellen, wie deine Schwester schmeckt, okay? Ich war in der Midnight bei dir zu Hause.“
Jessica starrte sie an, allmählich nahm ihre Wut neue Formen an, als ihr bewusst wurde, was Melissa damit zugab. „Du Miststück!“, sagte sie, wandte sich ab und stolzierte davon.
„Ich hab den Zwerg nicht angerührt“, sagte Melissa zu Flyboy. „Nur die Eltern.“
Er antwortete mit einem Schulterzucken, dann ging er, um den Flammenbringer zu beruhigen.
Melissa seufzte noch einmal, ihr langes, vom Regen durchnässtes Kleid schien sie zu Boden zu ziehen. Sie und Rex hätten vor langer Zeit zugeben müssen, was sie mit Jessicas Eltern getan hatten. Sie hatten immer befürchtet, dass es irgendwann rauskommen würde, und zwar dann, wenn alle Ruhe bewahren mussten.
Sie hatten die Feuerwerkskörper bereits aufgebaut, Raketen in den Schotter gesteckt, Fackeln und Feuerräder in verschiedene Kartons aufgeteilt, und alles mit einer Plane aus Jonathans Kofferraum abgedeckt. Melissa beschloss, sich nützlich zu machen, solange die anderen beiden stressten. Sie schüttelte das Regenwasser von der Plane, dann entfernte sie sie von den Feuerwerkskörpern.
Das Arsenal sah eindrucksvoll aus: Kerzen und Windlichter, damit Jessica nicht alle Zündschnüre selbst anzünden musste, Goldregen und Raketen, um den Hauptansturm der Darklinge zu bombardieren, wenn sie eintrafen, und Autobahnfackeln, die stundenlang brennen würden, damit die Einwohner von Jenks eine Chance hatten, sich selbst zu verteidigen, nachdem sich die drei in die Innenstadt zurückgezogen hatten.
Wie lange noch?
Melissa schloss wieder die Augen und streifte durch den sich ausweitenden Riss. Jetzt hielten sich mehr Menschen in seinem Inneren auf, verblüfft über die plötzliche Stille auf ihren Bildschirmen und das seltsam schimmernde Licht, das sich über allem ausgebreitet hatte.
Es passierte wirklich: Die blaue Zeit schluckte jeden.
Dann spürte sie einen Stich aus weiter Ferne, ein bekannter Geist, der das verwirrte Geplapper normaler Menschen und das Gemurmel von erwachenden Gleitern durchbrach.
Cowgirl …
Rex rief nach ihr.
Erst lächelte sie, aber als sie sich auf das ferne Gedankensignal konzentrierte, schmeckte Melissa die Gefühle, die seinen Ruf beseelten. Er hatte Angst, flehte um eine Antwort, brauchte etwas …
„Au Scheiße“, sagte sie.
„Was ist?“, rief Jessica. „Geht es ihr gut?“
Melissa schüttelte den Kopf. „Immer noch keine Beth. Es ist Rex. Er braucht uns unten in der Stadt.“
Jonathan machte ein finsteres Gesicht. „Klar, aber erst müssen wir …“
„Es fühlt sich dringend an. Etwas ist schiefgegangen!“
„Vergiss es“, fauchte Jessica.
„Hör mal, bloß weil deine Schwester …“
„Kommt nicht infrage, Melissa“, sagte Flyboy. „Wir können Jenks nicht ohne Verteidigung zurücklassen, weil du ein Ge-fühl hast. Sie liegen genau auf dem Weg der Invasion. Wir müssen diese Dinger anzünden, bevor wir uns nach Bixby aufmachen.“
„Dann zünden wir sie jetzt an“, sagte sie. „Er braucht uns!“
„Nicht bevor ich Beth gefunden habe.“ Jessica packte Jonathan so fest am Arm, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden.
Melissa wurde bewusst, dass sie hier mit Argumenten nicht weiterkommen würde. Der Geschmack des Flammenbringers war unerschütterlich. „Okay“, sagte sie. „Ich und du, wir können hierbleiben, bis ich deine kleine Schwester schmecke. Dann hole ich sie, während du das Feuerwerk in Gang setzt.“
Jessica verschränkte die Arme. „Wir werden sie zusammen holen.“
„Wie du willst. Aber Flyboy, du musst dich jetzt in die Innenstadt aufmachen. Allein kannst du das in fünf Minuten schaffen.“
„Und warum?“, fragte Jonathan.
„Weil Rex uns braucht!“ Melissa schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht genau, warum. Er ist zu weit weg, um seine Gedanken genau zu schmecken. Geh einfach und sieh nach, was er braucht.“
Jonathan sah Jessica an, und Melissa schmeckte die eklig süßen Pärchengefühle zwischen den beiden. „Ich lasse dich nicht allein“, sagte er.
Jessica stöhnte, und Melissa wusste warum. Jessica fühlte sich schuldig, weil sich die Pläne wie üblich um sie drehten.
„Vielleicht braucht Rex aber …“
„Wir haben gesagt, dass wir heute Nacht zusammenbleiben!“, schrie er.
Melissa grollte innerlich und fragte sich, wie lang diese Diskussion noch dauern würde.
Jessica nahm seine Hand. „Hör mal, Jonathan. Du hast mir versprochen, dass du tun würdest, was Rex sagt, weißt du noch?“
„Schon, aber nicht …“
„Geh einfach. Mir passiert nichts. Ich bin der Flammenbringer.“
Einen Moment lang fühlte Melissa, wie Jonathan beide Alternativen in der Schwebe hielt, wie eine Münze, die aufrecht steht. Aber dann drückte Jessica seine Hand, sah ihn entschlossen und ohne zu blinzeln an, und er nickte.
„Okay. Ich bin in zehn Minuten wieder da.“
Er küsste sie, Melissa durchströmte der elektrisierende Geschmack ihres Kontaktes. Und dann war er weg, sprang aus dem Riss und über die Bäume, sauste in Richtung Innenstadt.
Jessica drehte sich zu ihr um und fragte kalt: „Ist Beth jetzt drinnen?“
„Hör mal, Jess, das mit deinen Eltern …“
„Ist mir egal. Sieh dich bloß nach meiner Schwester um, bitte. “
Melissa nickte, legte den Kopf zurück, um das größer werdende Gebiet im Riss abzuschmecken. Sie versuchte zu ignorieren, was sich tief in der Wüste regte, das salzige Aroma der Erwartung, den uralten Hunger, der endlich gestillt werden würde.
Bis jetzt verbargen sich die ältesten Geister noch in ihren Gebirgshöhlen. Sie hatten Jahrtausende auf diese Nacht gewartet. Sie konnten noch ein paar Minuten ausharren, bis sie sicher wussten, dass alles nach Plan lief. Dann würden sie sich auf Bixby stürzen und alles verschlingen, was ihnen im Weg lag, ein Festessen auf gerader Strecke.
Melissa schmeckte etwas Vertrautes am Rande des Risses –
die ruhigen, selbstbewussten Gedanken von Cassie Flinders.
Sie war überrascht, wie sich die Welt plötzlich verändert hatte, Angst hatte sie nicht. Schließlich war sie schon einmal in dem Riss gewesen.
Kurz darauf schmeckte Melissa noch einen Geist neben Cassie: eine ängstliche, maulende, panische kleine Schwester.
„Hab sie.“
„Wo?“
Melissa drehte den Kopf in die erspürte Richtung. „ Na klar.
Die Höhle, in der Rex Cassie gefunden hat. Sie sind abgehauen, weil sie da wieder hinwollten, wo sie einen magischen Ort vermuteten.“ Melissa schüttelte den Kopf. „Komisch. Ich hatte wirklich gedacht, wir hätten ihre Erinnerungen repariert.“
„Wahrscheinlich hat sie eine Zeichnung davon gemacht“, sagte Jessica.
Melissa nickte bedächtig, als sie sich an die vielen Zeichnungen an den Wänden von Cassies Zimmer erinnerte. „Die kleine Schnüffelnase. Okay, gehen wir.“
„Nein. Ich geh allein. Ich kenne den Weg.“
Melissa runzelte die Stirn. „Hör mal, ich weiß, dass du mich nicht magst, aber ich kann …“
„Das ist es nicht.“ Jessica sah zu den Häusern an der Bahnlinie hinüber. Immer mehr wurden von dem Riss geschluckt.
„Sie brauchen dich hier.“
„Aber was soll ich ohne dich hier tun?“
„Das Feuerwerk anzünden, wenn die Darklinge kommen.
Es gibt noch mehr Leute in Jenks, die Schutz brauchen. Hör zu, Melissa, ich weiß, dass ich egoistisch bin. Ich sollte nicht nur an meine Schwester denken. Also bleib hier.“
„Ich kann aber noch nicht einmal … ach so, stimmt.“
Jessica hatte ein Feuerzeug aus der Tasche gezogen und eins der Windlichter angezündet. Sie regulierte die Flamme, bis sie stetig brannte, dann gab sie Melissa eine Wunderkerze.
„Probieren wir, ob es auch wirklich funktioniert“, sagte sie.
Melissa nickte und hielt die Wunderkerze in die Flamme des Teelichtes. Sie fing an zu brennen und versprühte einen hellen Funkenregen.
„Mensch, ist das hell!“, sagte Melissa, ließ sie auf den feuchten Schotter fallen und trampelte darauf herum, bis sie ausging. Ein Nachbild aus leuchtenden Punkten brannte sich vor ihrem geistigen Auge ein, trotzdem musste sie lächeln.
Vielleicht war Samhain tatsächlich ein Feiertag, wenn selbst Melissa ein paar Flammen bringen konnte. „Okay, zieh los!
Ich komme hier klar.“
Jessica nickte und stopfte sich ein paar Autobahnfackeln in die Tasche. Sie rutschte den Bahndamm hinunter und warf sich ins Gebüsch. Melissa schloss die Augen und folgte Jessica in Gedanken, als sie den Weg fand, den Cassie und dann Rex vor drei Wochen gegangen waren.
Sie ließ ihren Geist zu der Höhle schweifen. Cassie wurde inzwischen nervös, und Beth war komplett durchgedreht. Ihre Taschenlampen waren mit der Ankunft der blauen Zeit ausgegangen, und obwohl die meisten Gleiter den Ort nach dem letzten Besuch des Flammenbringers für immer verlassen hatten, glaubte Cassie, sie würde Schlangen in der Dunkelheit hören. Langsam suchten sie ihren Weg aus der Höhle.
Was keine gute Idee war. Junge Darklinge hielten sich ganz in der Nähe auf, machten sich am Rand des Risses zu schaffen, in der Hoffnung, sie könnten ein bisschen schnelle Beute machen, bevor die Älteren in Scharen eintreffen würden. Melissa hoffte nur, dass der Geruch des Flammenbringers alle Midnightkreaturen von Beth und Cassie fernhalten würde.
Sie konzentrierte ihren Fokus wieder in Richtung Stadt, wo Rex’ Geist noch immer an ihr zerrte. Er bekam immer mehr Angst, als der Riss Geschwindigkeit aufnahm, auf ihn zu, an der Bahnlinie von Bixbys Stadtbahn entlang. Inzwischen war er so schnell wie ein Läufer.
Dann wurde das Bild etwas deutlicher: Er brauchte Hilfe, um sein Ziel vor dem Riss zu erreichen.
Keine Sorge, Loverboy, rief sie, Jonathan ist auf dem Weg.
Mit offenen Augen beobachtete Melissa die Wohnwagen an der Bahnlinie. Jemand war aus dem Haus neben Cassies getreten, ein alter Mann, der nur ein T-Shirt und Unterhosen trug.
Er sah sich mit großen Augen in der blau-roten Welt um, er schmeckte nach Angst und Erstaunen.
„Jetzt wirst du noch nichts sehen“, murmelte sie.
Dann zuckte sie zusammen, wieder erreichte sie ein Geschmack aus den Tiefen der Wüste.
Sie waren auf dem Weg … jetzt wagten sie sich aus den Bergen. Sie flogen langsamer als ihre Nachkommen, ihre Muskeln knarrten altersschwach, nachdem sie Jahrmillionen nicht gebraucht worden waren. Aber ihr alter Hunger zog sie nach Bixby, mit seinen verhassten Gebäuden aus Metall und Glas.
Endlich jagen wir wieder.
Melissa schauderte, dann erreichte sie etwas auf der Hälfte der Strecke – ein menschlicher Geist, der in der Wüste erwachte, am äußersten Ende des Risses von Bixby. Jemand zeltete dort draußen, erkannte sie entsetzt, draußen bei den Spinnen und Klapperschlangen. Und mit noch viel schlimmeren Wesen heute Nacht …
Sie warteten bereits auf ihn, ein Trio aus drei jungen Darklingen.
Melissa spürte das alles, die Aromen liefen wie Magensäure in ihrem Mund zusammen. Mit dem Moment, als der Riss ankam, zerfetzten sie sein Zelt, wenige Sekunden nachdem ihn das Zittern der Erde aus dem Schlummer geholt hatte. Er wehrte sich gegen sie, schwenkte seine Taschenlampe, die mit ihrem Stahlmantel dem jüngsten Darkling einen schmerzhaften Heuler entlockte. Da sie aber nicht brannte und keinen Namen mit dreizehn Buchstaben besaß, hatten ihm die Darklinge mit ihren Klauen bald das Gesicht aufgeschlitzt, dann seine Brust, und schließlich fanden sie seine Kehle.
Und dann fraßen die Darklinge, löschten ihren Durst an den noch warmen Säften des Mannes, ergötzten sich an seinen letzten Japsern, stritten sich um die Reste …
Melissa spürte, wie ihr die Galle hochkam, und von der Ekstase der Darklinge schwirrte ihr der Kopf. Sie schlug sich mit den Fäusten an den Kopf, versuchte, die Bilder hinauszuprügeln, und stolperte halb blind über die Schienen, schwindelig, und hätte beinahe gekotzt, weil ihr Geist in dem Strudel aus Hunger und Tod gefangen saß.
Dann fuhr ein Schmerz durch ihre ausgestreckte Hand, ein scharfes, brennendes Gefühl, und sie hörte Glas splittern.
Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, und versuchte, ihre Gedanken wieder in ihren eigenen Körper zu zwingen.
Überall war Feuer, blendete die geheime Stunde mit weißem Licht. Sie hatte das Windlicht umgeworfen. Es war zersprungen, und auf die Feuerwerkskörper war Öl geflossen.
Zwischen den blendenden Flammen sah Melissa, wie Zündschnüre Feuer fingen.
Das war zu früh, die Darklinge waren noch nicht hier. Sie musste das Feuer löschen, bevor Raketen, Leuchtkugeln und Goldregen explodierten und sie all ihre Munition vergeudeten.
Melissa warf sich in den Schotter, rollte sich über das brennende Öl, versuchte, die Flammen zu ersticken. Ihr langes, schwarzes Kleid war noch immer tropfnass von ihrem Gang durch den Regen zu Jonathans Auto. Durchtränkt genug, um ihren Körper zu schützen. Aber ihre Hände verbrannten, und sie atmete den bittren Geruch ihres versengten Haars ein, dessen verschmorte Strähnen sie aus den Augenwinkeln sah. Eine Rakete schoss neben ihr hoch, bis sie der obere Rand des Risses zum Schweigen brachte.
Melissa rollte vor und zurück, ihr weites Kleid hatte sie so weit ausgebreitet, wie sie konnte. Sie roch die versengte Baumwolle, unter sich spürte sie das erstickte Zischen einer Rakete, die mit einem kurzen Stoß in ihre Rippen explodierte.
Als sie wenig später die Augen öffnete, brannten sie wegen des Rauchs, sie sah aber, dass sie das Feuer weitgehend gelöscht hatte. Letzte Ölreste flackerten auf dem nassen Schotter und gingen dann aus.
Melissa seufzte erleichtert. Ihre Hände und ihr Gesicht hatten Brandblasen, ihr Haar fühlte sich katastrophal an, und sie roch wie ein nasser Hund, den man angezündet hatte. Aber den größten Teil des Vorrats hatte sie gerettet. Jenks würde nicht wegen ihres Fehlers sterben.
Eine Sekunde später runzelte sie die Stirn, als ihr das nächste Problem bewusst wurde.
Das Windlicht war zerstört, ihr einziges Feuer gelöscht, und Jessica suchte ihre kleine Schwester. Bis der Flammenbringer zurückkehrte, war Melissa schutzlos.
Sie schickte ihren Geist aus und fand den kupferhaltigen Geschmack in der Mitternachtslandschaft – das vertraute, metallische Aroma des Flammenbringers. Jessica war noch in Bewegung, stürzte zwischen den regenschweren Bäumen hindurch auf die Höhle zu. Sie war noch nicht bei ihrer kleinen Schwester angekommen.
Im Osten hatte Jonathan Rex jetzt fast erreicht, Satz für Satz erklomm er das hohe Gebäude.
Und tief aus der Wüste kamen Darklinge, sehr alte.
In Massen.
„Macht schon, Jessica und Jonathan“, sagte Melissa, als sie sich auf die Füße erhob. „Seht verdammt noch mal zu, dass ihr beikommt!“