räuber

8.10 Uhr morgens

1

Aus der Ferne schrillte die Glocke der Highschool von Bixby zum letzten Mal, wie ein verwundetes Tier, das sich von der Herde trennen ließ.

Rex Greene kam in diesen Tagen ständig zu spät, stolperte verwirrt von einem Klassenraum in den nächsten, gab seinem Vater die Medikamente zu spät oder vergaß sie ganz. Das Schlimmste aber war, für die Schule aufzustehen. Es hatte nichts genützt, dass er vor ein paar Tagen den Stecker seines Weckers aus der Dose gezogen hatte, weil er nicht schlafen konnte, wenn der wie ein in unmittelbarer Nähe lauernder Moskito die ganze Nacht leise summte. Sein neues, scharfes Gehör hatte aus jedem elektronischen Gerät etwas Jammerndes und Nervtötendes gemacht.

Außer dem Lärm war aber noch etwas an der Uhr, und zwar ihre Bedeutung, ihr falscher 24-Stunden-Tagesrhythmus.

Seit ihm das in der Wüste passiert war, hatte Rex begonnen, Zeit als etwas zu empfinden, das man am Himmel erkannte an der auf und untergehenden Sonne, den wandernden Sternen, den Abhängigkeiten zwischen dem hellen Mond und der Dunkelheit.

Der Rest der Welt besaß aber noch Uhren, und so hatte Melissa heute Morgen wieder an sein Fenster gehämmert und ihn brutal aus seinen seltsamen neuen Träumen gerissen.

Wenn er klar denken konnte, brauchte er kaum zu sprechen. Melissa zog die Worte einfach aus ihm heraus. Aber heute Morgen war er einfach zu angeschlagen.

„Genau, ein paar böse Träume“, sagte Rex laut. „Aber nicht alle.“

Die Jagdträume waren angenehm gewesen – der kühle, beharrliche Hunger, während er tagelang Beutespuren über die Ebene folgte, dann die Erwartung, die sich aufbaute, wenn die Schwächsten von der Herde getrennt wurden, und endlich der brennende Kick beim Töten.

Aber dann waren da natürlich noch diese anderen Träume gewesen, Erinnerungen an die schlauen kleinen Äffchen, als sie anfingen, selbst zu jagen. An den Anfang vom Ende.

„Himmel, hör auf zu grübeln“, sagte Melissa. Sie entzog ihm ihre Hand und rieb sie, als ob sie die Schrecken der Vergangenheit, die in seinen Gedanken zu spüren waren, auswringen wollte. „Ich glaube, hier hat heute Morgen einer vergessen, seinen Kaffee zu trinken.“

„Tut mir leid, Cowgirl. Stimmt, ich könnte eine Tasse vertragen. Oder besser sechs.“ Rex schüttelte wieder den Kopf.

Sein Hirn fühlte sich zugestopft an. Die Erinnerungen, die ihm die Darklinge implantiert hatten, als sie ihn zu einem der ihren machen wollten, schienen seine eigenen Gedanken beinahe hinauszudrängen. „Manchmal frage ich mich, ob ich je wieder normal werde.“

Melissa rümpfte die Nase. „Als ob du jemals normal gewesen wärst, Rex! Als ob irgendeiner von uns jemals normal gewesen wäre.“

„Na ja, vielleicht nicht normal“, gab Rex zu. „Aber menschlich würde mir auch schon reichen.“

Sie berührte lachend seine Schulter, und wie einen Funken spürte er ihre Heiterkeit sogar durch den Stoff seines langen, schwarzen Mantels hindurch. „Du bist absolut menschlich, Rex. Das kannst du mir glauben.“

„Freut mich, dass du das denkst“, sagte er lächelnd.

Melissas Finger blieben auf seiner Schulter, trommelten einen nervösen Rhythmus, und ihr Blick wanderte zur offenen Tür der Sporthalle. Rex fiel auf, dass Melissa sich zwar wesentlich besser unter Kontrolle hatte, aber die Vorstellung, die Eröffnungsfeier der Footballsaison ertragen zu müssen, schien sie immer noch zu beunruhigen.

„Du wirst es schaffen“, sagte er leise und zog sie näher.

Sie wandte sich ihm zu, und ihre Lippen trafen sich.

In der Wärme ihres Kusses spürte Rex zuerst Ernsthaftigkeit, ihre neue Ausgeglichenheit und Selbstkontrolle flossen zu ihm hinüber. Aber dann ließ Melissa ihre Beherrschung fallen, und es war wie beim ersten Mal. Alles brach hervor: Die ständigen Verletzungen aus all den Jahren der Einsamkeit, Erinnerungen an das permanente Hämmern der Gedanken der anderen, an die alte Angst, berührt zu werden. Sie ließ sie aufsteigen und überlaufen, in ihn hineinfließen. Rex war für einen Augenblick überwältigt, aber dann spürte er, wie sich seine angeschlagene Sicherheit erholte und auf ihr Verlangen reagierte. Er drehte sich zur Seite, um ihre Schultern zu packen, und der Kuss wurde heftiger, seine Stärke wurde ihre, bis er spürte, dass Melissas Selbstkontrolle zurückkehrte.

Sie seufzte, als sie sich trennten. „Ich sag’s noch einmal, Rex: absolut menschlich.“

Rex lehnte sich lächelnd in seinem Sitz zurück. Die schwere Last, die er gespürt hatte, seit ihm beim Aufwachen bewusst geworden war, dass ein Schultag war – und zwar Montag – schien endlich von ihm gewichen.

Melissas Finger strichen ihm über die Wange, und sie grinste. „Jetzt schmeckst du elektrisiert, wie nach einem Kaffeeschub.“

„Hm. Vielleicht ist Küssen so was Ähnliches wie natürlicher Kaffee.“

„Kaffee, lieber Rex, ist natürlich. Es handelt sich um eine Pflanze, wie du weißt.“

„Ach ja, stimmt. Ein Punkt für dich, Cowgirl.“

Er sah zum Eingang der Sporthalle hinüber. So schlimm konnte die Feier doch gar nicht sein, oder? Allemal besser als die verhasste Mathestunde, die dafür ausfiel. Und er konnte die Zeit nutzen, um für den bevorstehenden Englischtest zu lernen. Wenn man ständig altertümliche Erinnerungen einer früheren Spezies mit sich herumtrug, konnte man sich damit eine Interpretation vom Fänger im Roggen ziemlich versauen.

Rex sah in seinem Rucksack nach. Kein Englischbuch. „Ich muss noch mal zu meinem Spind. Hältst du mir einen Platz frei?“

„Letzte Reihe?“

„Na klar.“ Er rümpfte die Nase. „So sehr habe ich mich auch nicht verändert.“

Sie nickte langsam, dann verengten sich ihre Augen. „Soll ich mitkommen?“

„Mach dir um mich keine Sorgen.“ Rex fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Sie fühlten sich nie so scharf an, wie er sie sich vorstellte, die Fangzähne waren nicht so lang, wie sie sein sollten. Phantomglieder schmerzten manchmal nachts, als ob Teile seines Körpers fehlen würden.

Aber dann holte Rex tief Luft und verbannte diese Gedanken aus seinem Kopf. Er konnte sich nicht über jede Unannehmlichkeit beschweren. Ihm war etwas zugestanden worden, wofür jeder Seher sein Leben geben würde: eine Chance, mehr über die Darklinge zu lernen, als ihm die Lehre je vermitteln konnte, die Möglichkeit, sie von innen heraus zu verstehen. Vielleicht war seine Entführung mit der anschließenden Transformation ein verstecktes Geschenk gewesen.

Solange seine menschliche Hälfte die Oberhand behielt …

„Ist schon gut, Cowgirl“, sagte er. „Ich kann selbst auf mich aufpassen.“

Die Flure waren so unangenehm hell wie immer, durch die Türen flutete das Sonnenlicht, und die Leuchtstoffröhren über ihm gaben einen konstanten Summton von sich.

Rex blinzelte im Licht, was ihn daran erinnerte, dass er sich eine Sonnenbrille kaufen musste. Dies war einer der Vorteile seit seiner Verwandlung: Er konnte viel schärfer sehen. Rex brauchte in der Schule keine Brille mehr. Ein seltsamer Fokus klebte hier überall: Die Zeichen menschlicher Durchdringung und Erfindung, eine Million Beutespuren, die alles kristallklar und irgendwie … appetitlich machten.

Es war fast zu viel. Manchmal wünschte er sich, er könnte die Schule wieder weich und verschwommen sehen, durch die dicken Gläser, die er seit der dritten Klasse getragen hatte, von ihm getrennt. Alles war plötzlich so scharf. Es waren nicht nur die Leuchtstoffröhren, die ihm auf die Nerven gingen. Rex konnte die Feuermelder und das Lautsprechersystem hinter den Wänden spüren, jene rasierklingenscharfen Drähte, mit denen clevere Menschen immer ihre Gebäude durchzogen. Er fühlte sich wie in einem Metallkäfig mit elektrisch geladenen Gittern.

Menschliche Behausungen waren außerdem so hässlich.

Zum ersten Mal in seinen beiden Jahren an der Bixby Highschool fiel Rex auf, dass die Bodenfliesen genauso gelb waren wie die Nikotinfinger seines Vaters. Wer war bloß auf so eine Wandfarbe gekommen?

Wenigstens waren die Flure wegen der Feierlichkeiten wie leer gefegt.

Während er sich zu seinem Spind begab, fuhr er mit einer Hand über seinen Schädel und spürte, wie es kitzelte. Als Jessica ihn mit ihrer weißen Flamme vom Körper des Darklings befreit hatte, war sein Haar an etlichen Stellen verbrannt, woraufhin seine Frisur ziemlich gruselig aussah. Also hatte sich Rex das Haar bis auf einen Zentimeter kurz geschoren, mit dem Rasierer, den sein Vater früher benutzt hatte, um ihrem Hund Magnetosphere im Sommer das dicke Fell kurz zu scheren.

Rex blieb immer noch stehen, wenn er sein Spiegelbild in Schaufensterscheiben entdeckte, und erwischte sich ständig dabei, dass er sich über den Schädel strich, fasziniert, weil die Haare so senkrecht hochstanden und sich hart und ebenmäßig wie Kunstrasen anfühlten. Vielleicht bedeutete das, dass Melissa recht hatte, und er war immer noch menschlich: Trotz all der Veränderungen, die seinen Körper und seine Seele erschüttert hatten, war ein neuer Haarschnitt immer noch gewöhnungsbedürftig.

Rex war bei seinem Spind angekommen und überließ es seinen Fingern, das Zahlenschloss nach Gefühl zu öffnen. Der Trick bestand darin, nicht an die Zahlen zu denken, jene schlaueste und gefährlichste Erfindung der Menschen. Wenigstens gab es in seiner Kombination keine Vervielfachungen des Grauens. Es war schon schlimm genug, wenn seine Finger versagten und Rex noch einmal von vorn anfangen musste, sich Zahl für Zahl durch die Serie zu kämpfen, wie ein Fünftklässler an seinem ersten Schultag.

Wenn sein Blick auf das Zahlenschloss fiel, sah er das Grauen kaum noch – es erschien wie ein verschwommener Fleck zwischen der Zwölf und der Vierzehn, den sein Verstand ausblendete wie das Gesicht eines Informanten des FBI in den Nachrichten.

Er überlegte, ob er Dess’ Angebot annehmen sollte, die das Schloss auseinandernehmen und umpolen wollte, bis daraus eine angenehme Kombination aus zwölf und vierundzwanzig geworden wäre. Sie erledigte momentan auch schon seine Mathehausaufgaben. Auf jeder Seite gab es zu viele Zahlenfolgen, die die Darklinghälfte seines Verstandes paralysierten, bis er mit abgekautem Bleistift und hämmernden Kopfschmerzen dasaß.

Mathe war inzwischen tödlich.

Erfolg beim ersten Versuch. Er hörte das leise Klicken, als der letzte Zylinder einrastete, und ließ freudig das Schloss aufklappen. Abgelenkt durch seine Gedanken an die Zahlen bemerkte Rex jedoch zu spät, dass sich jemand von hinten angeschlichen hatte. Ein bekannter Geruch fuhr durch ihn hindurch und setzte alte Alarmglocken in Gang, plötzlich tauchten beängstigende und gewalttätige Erinnerungen auf.

Eine Faust traf den Schrank und schlug ihn wieder zu. Das Geräusch hallte durch den leeren Flur, als er herumwirbelte.

„Hallo, Rex. Brille verloren?“

Timmy Hudson. Das erklärte das ängstliche Grummeln in Rex’ Magengrube – der Junge hatte ihn in der Fünften beinahe täglich zusammengeschlagen. Mit der gleichen Intensität wie die Darklingerinnerungen spürte Rex, wie es sich angefühlt hatte, als er eines Tages von Timmy und seinen drei Kumpels hinter der Schule umzingelt worden war und so heftige Schläge in den Bauch kassiert hatte, dass er noch eine Woche lang beim Pinkeln Schmerzen gehabt hatte. Obwohl Timmy ihn seit Jahren höchstens noch an die Wand drängte, krampfte sich Rex’ Magen so unerbittlich zusammen wie eh und je.

„Hab sie nicht verloren“, antwortete Rex mit einer Stimme, die sich in seinen Ohren schwach und wehleidig anhörte.

„Brauch keine Brille mehr.“

Timmy grinste und trat näher, sein Atem roch beißend nach saurer Milch. „Kontaktlinsen? Hm. Komischerweise siehst du mit denen noch behinderter aus.“

Rex antwortete nicht. Plötzlich fiel ihm auf, dass Timmy zu ihm auf sehen musste. Irgendwann hatte er seine alte Heimsuchung beim Wachsen überholt. Wann war das bloß passiert?

„Du hältst dich seit Neuestem wohl für ziemlich cool, was?“

Timmy unterstrich das letzte geknurrte Wort durch einen heftigen Stoß, und ein Zahlenschloss rammte sich Rex in den Rücken, hart wie ein Gewehrlauf. Das Gefühl schärfte seine Sinne, und er spürte, wie seine Lippen zuckten und seine Zähne entblößten. Sein Mund fühlte sich plötzlich trocken an.

Etwas regte sich in Rex, etwas, das stärker war als er.

Er schüttelte den Kopf. Nein. Er war Rex Greene, ein Seher, kein Tier.

„Was ist los? Zu cool, um mit mir zu reden?“ Timmy lachte, dann sah er blinzelnd zu Rex’ Haaren auf. Er streckte eine Hand aus und strich über die bürstenartige Oberfläche.

„Und ’ne neue Frisur?“ Timmy schüttelte traurig den Kopf.

„Versuchst du, mutig auszusehen? Als ob nicht alle wüssten, was du für ein kleiner Feigling bist?“

Rex fiel auf, dass er Timmys Hals anstarrte, wo das Blut dicht unter der Haut pochte. Ein kleiner Riss in der dünnen Haut würde reichen, dann lief das Leben aus, warm und dickflüssig.

„Glaubst wohl, deine kleine Generalüberholung würde Mister Cool aus dir machen, oder?“

Rex fiel auf, dass er bei den Worten lächeln musste. Mit ihm war etwas passiert, das viel extremer war, als es sich Timmy vorstellen konnte.

„Was ist so komisch?“

„Dass du so schwach bist.“ Rex blinzelte. Die Worte waren einfach so aus seinem Mund hervorgequollen.

Timmy trat einen halben Schritt zurück, für kurze Zeit mit leerem Blick wegen des Schocks. Er sah den Gang hinunter, erst in die eine Richtung, dann in die andere, als ob er die Reaktion eines unsichtbaren Publikums überprüfen wollte.

„Ich bin was?“, zischte er schließlich.

Rex nickte bedächtig. Er konnte es jetzt riechen, fiel ihm auf, und der Geruch nach Schwäche berührte etwas in seinem Inneren, das außer Kontrolle zu geraten drohte.

Sein Verstand rang um eine Möglichkeit, die Kontrolle zurückzuerlangen. Er versuchte, an die Symbole der Lehre zu denken, aber sie waren alle wie weggeblasen. Nur Worte waren noch geblieben. Vielleicht konnte er weiterreden …

„Du bist einer von denen, die wir von der Herde trennen.“

Timmy zog die Augenbrauen hoch. „Was sagst du, Krüppel?“

„Du bist schwach und hast Angst.“

„Du glaubst, ich hab Angst, Rex?“ Der Junge versuchte, ein amüsiertes Lächeln aufzusetzen, aber nur eine Hälfte seines Gesichtes gehorchte. Die Linke schien erstarrt, verkrampft und großäugig, seine Angst war durchgesickert. „Vor dir?“

Rex sah, wie Timmys Puls schneller schlug, seine Hände zitterten.

Schwäche.

„Ich kann sie an dir riechen …“ Die Worte verhallten, als Rex schließlich die Kontrolle verlor. Was dann passierte, registrierte er wie ein fremder Beobachter seines eigenen Körpers. Er trat einen Schritt vor, bis er sein Gesicht so weit genähert hatte wie Timmy seines vor wenigen Minuten.

Die Angst in Rex’ Bauch hatte sich in etwas anderes verwandelt, etwas Heißes und Grausames, das durch seine Brust hinauf in seinen Kiefer drängte. Sein Gebiss öffnete sich, die Lippen zogen sich so weit zurück, dass er spürte, wie sie einrissen und seine Zähne und einen Zentimeter Zahnfleisch entblößten. Sein ganzer Körper spannte sich an wie ein langer, zitternder Muskel, der schwankend das Gleichgewicht hielt, wie eine Schlange, die zum Angriff ansetzt.

Dann gab er einen Laut von sich, Timmy mitten ins Gesicht, einen entsetzlichen Ton, den Rex nie zuvor gehört und schon gar nicht selbst produziert hatte. Sein Mund stand noch immer weit offen, während sich Atemluft durch seinen fest verklebten Schlund einen Weg nach draußen bahnte, mit einem langen, markerschütternden Zischen – einer Mischung aus Fingernägeln an einer Tafel, dem Schrei eines Adlers und dem letzten Röcheln einer verletzten Lunge. Das Geräusch schien sich um Timmys zitternde Gestalt zu winden und die Luft aus ihm herauszupressen.

Das Zischen verhallte in dem verlassenen Flur wie das Echo eines Schreis, bis es im Surren der Leuchtstoffröhren unterging.

Timmy rührte sich nicht. Das verzerrte, verhaltene Lächeln blieb auf seinem erstarrten Gesicht, als ob ein achtloser Chirurg einen Nerv durchtrennt hätte und er mit diesem unfertigen Ausdruck bis zu seinem Lebensende herumlaufen müsste.

„Schwäche“, sagte Rex leise mit immer noch leicht zischender Stimme.

Dann wurde sein Körper weicher, jener unbekannte Dämon verließ ihn so unbemerkt, wie er gekommen war. Sein Kiefer lockerte sich, und Rex’ Muskeln verloren ihre unmenschliche Festigkeit – aber Timmy rührte sich immer noch nicht. Er sah vollständig erstarrt aus, wie eine Ratte, die nicht glauben kann, dass sie die Python durch Anstarren verscheucht hat.

Er gab keinen Laut von sich, als Rex sich entfernte.

Auf halber Strecke zur Sporthalle schlug Rex’ Herz immer noch zu schnell. Er war in Hochstimmung, fühlte sich selbstbewusst und stark, endlich von der Angst befreit, die ihn in den vergangenen zwei Jahren täglich durch die Flure der Bixby Highschool verfolgt hatte.

Trotzdem fürchtete er sich. Er hatte versucht, seine Darklingseite zu bekämpfen, doch sie hatte sich nicht besiegen lassen.

Andererseits fühlte er sich nach dem Ereignis so wunderbar

– zielorientiert und irgendwie vollständiger. Und eigentlich hatte er doch gar nicht verloren, oder? Der Räuber hatte seine Krallen gezeigt, sie aber nicht benutzt. Er hatte nicht nach dem Puls an Timmys Hals, der leichten versprengten Beute, geschlagen.

Vielleicht blieben Darklinganteil und menschliche Hälfte gleich stark. Vielleicht war Rex Greene immer noch gesund.

Vorerst.