14. OKTOBER 2009 – DER GUTE SOLDAT
»Kommt Corie dir komisch vor? Abwesend?«
»Wer?«, fragt Ted, das Gesicht in einer Schüssel dampfenden Auflaufs vergraben. Als er mit seiner Plastikgabel in den Nudeln rührt, beschlagen seine Brillengläser.
»Himmel, Ted, Corie, weißt du? Neds Frau Corie.«
»Hm, ich hab nichts bemerkt.«
»Vergiss es.«
Ted isst weiter und beachtet mich nicht. Er ist ohnehin nicht bei der Sache. »Bin spät dran«, sagt er und schlürft den Rest seines Auflaufs, »hätte schon vor zehn Minuten im Lazarettzelt sein sollen.«
»Ich mache mir Sorgen um Corie«, sage ich und schlage die Zeltklappe beiseite, um einen Blick in das erwachende Lager zu werfen. »Glaubst du, ich sollte Ned etwas sagen?«
»Sag, was du willst«, meint Ted, »ich muss jetzt los.«
Ich glaube – nein – ich weiß, dass Corie sich mit den falschen Leuten eingelassen hat. Sie ist sehr schnell den Weg des Dodos gegangen. Ich meine damit, dass sie nicht mehr da ist, so wie der Dodo irgendwann verschwand. Wenn Evan sie braucht, ist es unmöglich, sie aufzuspüren. Gestern hat er sich beim Spielen mit Dapper und Mikey den Ellenbogen aufgerissen, und ich habe fünfundvierzig Minuten gebraucht, um seine Mutter zu finden. Es stellte sich heraus, dass sie auf dem Dach in einem Halbkreis von Gemahlinnen der Schwarzen Erde saß und betete.
In gewisser Weise habe ich das kommen sehen. Vielleicht ist es auch teilweise meine Schuld. Ich fühle mich, als hätte ich ihren Mann vollständig beschlagnahmt. Ted und ich haben seine gesamte Zeit beansprucht, ihn darin bestärkt, uns durch halsbrecherisches Training zu coachen, bis wir auf allen vieren krochen und keuchten wie Verlorene, die sich durch die Wüste schleppen.
Ich dachte, Corie würde sich zu einer Anführerin entwickeln, aber da habe ich mich getäuscht. Ich hoffte, Stärke in ihr zu finden. Immerhin hat sie es geschafft, zwei kleine Jungs heil durch einen Dschungel aus brennenden Wracks und fleischfressenden Monstern zu bringen. Dafür gebührt ihr immer noch mein Respekt. Aber ich habe nicht die Anführerin gefunden, auf die ich gehofft hatte, vielmehr musste ich erleben, wie sie abdriftete, immer mehr aus meiner Reichweite verschwand, bis die Verbindung ganz abbrach.
Morgens wandert das Klemmbrett nicht länger von Zelt zu Zelt. Die Gemahlinnen der Schwarzen Erde ballen sich zusammen, versammeln ihre Anhänger und richten sie nach innen aus, zusammengezogen wie eine tote Krabbe auf dem Rücken. Zwischen meinen Stunden mit Ted und Ned (ha, das reimt sich!) im Sportstudio und meinen Schichten am Checkpoint war ich nicht in der Lage, die Gemahlinnen im Auge zu behalten. Mittlerweile sind sie verdächtig schwer zu finden.
Heute Nachmittag muss ich Corie aufspüren. Mikey und Evan wollen, dass sie ihnen Geometrie beibringt. Doch Corie ist nicht in ihrem Familienzelt und auch nicht in Rufweite. Nun habe ich die undankbare Aufgabe, sie zu suchen, während Mikey und Evan Streichkäse essen und einen alten Tennisball für Dapper werfen. Ich bin nicht sicher, ob er überhaupt noch mein Hund ist. Ich schätze, er ist ganz offiziell übergelaufen.
Zu guter Letzt stöbere ich Corie auf. Sie und der Rest der Gemahlinnen werden gerade von einem missmutigen Finn ins Haus zurückgetrieben. Er zieht eine Grimasse, während er versucht, eine besonders rundliche, alte Matrone sachte zurück ins Gebäude zu drängen. Seine Gesichtsfarbe gleicht immer mehr dem schreienden Rot seiner Haare. Die Gruppe hat versucht, zum Nordwestausgang hinaus auf den Parkplatz zu gelangen. Auch wenn dort eine Absperrung steht und ein paar Leute Wache halten, ist das Areal alles andere als sicher.
»Ihr könnt in der Sporthalle mit den anderen beten«, knurrt Finn und schlägt die Tür hinter sich zu. Er stellt sich breit davor und stellt das fette Sturmgewehr vor seiner Brust zur Schau.
»Aber die Verdammten! Wir müssen für sie beten! Zu ihnen!«
»Was für ein verfluchter Albtraum.«
»Corie!«, brülle ich und wate durch den See geblümter Strickjacken und »Glücksduft« verströmender Tennisarmbänder der Kosmetikindustrie für die natürliche Hausfrau von heute. Ich packe Corie am Ellenbogen und ziehe sie aus der wütenden Menge der Hausmütter, die mit spitzen Lippen schmollen. Es ist nicht schwer, Corie fortzuziehen, ihr Ellenbogen passt genau in meine Faust. »Evan und Mikey hoffen, dass du ihnen eine Geometriestunde gibst.«
Langsam gehen wir den niedrigen und dunklen Korridor hinunter. Gedämpftes Gewehrfeuer dringt an unsere Ohren, während wir das Summen unterdrückter Stimmen hinter uns lassen. Ich weiß, die Gemahlinnen beobachten uns, starren mich an, wie ich Corie von ihnen weghole. Corie taumelt ein wenig und reißt sich dann zusammen. Ich kann die Mutter in ihr sehen, die Kriegerin, die wieder die Oberhand gewinnt. Sie wirkt schrecklich ausgezehrt, ein Wunder, dass das Licht nicht durch ihre blasse Haut fällt.
»Ich sollte sie unterrichten«, sagt sie stumpf und nickt vor sich hin. Schwarzes Haar fällt in Wellen über ihren Rücken. »Sind sie sehr einsam?«
»Nein, ich denke nicht. Dapper ist gute Gesellschaft«, sage ich und ringe mir ein Lächeln ab. »Am Ende des Nachmittags sind sie alle todmüde.« Das weiß sie alles, und ich bin nicht sicher, warum ich sie daran erinnern muss. Irgendwas stimmt nicht. Zu offensichtlich hat das Abhängen mit den Gemahlinnen sie ausgepresst.
»Alles in Ordnung?«, frage ich.
»Hm? Ja, alles gut«, antwortet sie. Wir stehen am Ausgang vor der Arena. Die leeren Rohre über unseren Köpfen pfeifen mit dem Luftzug des Flurs. Wenn wir weitergehen, laufen wir in den Strom der Überlebenden, die aus der Kälte hereingebracht werden.
»Es ist nur … Du hast seit längerem nicht viel Zeit mit den Jungs verbracht, oder mit Ned.«
»Hmph«, sagt sie und wirft ihre Haare zurück. »Oh. Stimmt.«
»Ich … entschuldige. Ich wollte keinen wunden Punkt berühren.«
»Nein, ist in Ordnung … ich habe nur … vergiss es, nicht wichtig, nicht mehr.«
Ich zerre sie ein Stückchen zurück in den Korridor und stelle mich so vor sie, dass sie nicht entwischen kann. Es fühlt sich beschämend an, so mit älteren Frau umzugehen. Einer Frau, die stark und machtvoll sein sollte. Ich wünsche mir zu sehen, wie sie aufwacht, den Nebel abschüttelt, in den sie geraten ist. Es dämmert mir, dass sie keine Freunde gefunden, sondern sich einfach nur versteckt hat.
»Ist irgendwas im Argen zwischen dir und Ned?«
»Nein.«
»Corie, komm schon.«
»Wir … wir haben …« Sie blickt sich wild um, ihre dunklen blauen Augen blitzen über meine Schultern. Mit einem Achselzucken beißt sie sich auf die Unterlippe. Sie ist wunderschön. Es ist schwer, sie nicht einfach zu umarmen und zu trösten. Ich stelle sie mir als junges Mädchen vor, wie sie ins Sonnenlicht rennt, ihr schnurgerades Haar fliegt in alle Richtungen. Sie muss atemberaubend gewesen sein, eine echte Herzensbrecherin. »Die Dinge zwischen uns … wir wollten eine Trennung versuchen. Ich wollte mich scheiden lassen, aber er hat mich überzeugt, uns erst mal nur auf Probe zu trennen.«
Das ist für mich unvorstellbar. Ich bin nicht unbedingt eine Befürworterin der Ehe – meine Mom kam nach dem Tod meines Dads klar, ohne sich je nach einer Wiederheirat zu sehnen –, aber ich kann ums Verrecken nicht nachvollziehen, warum man sich von jemandem wie Ned trennen will. Er ist immer noch energisch und engagiert, während Corie mehr und mehr wie eine Statistin in einem Tim-Burton-Film wirkt. Der Anblick ihrer aschfahlen Haut um ihre Lippen und Augen lässt mich darüber nachgrübeln, ob sie genug zu essen bekommt.
»Ned scheint ein großartiger Kerl zu sein. Ich bin sicher, das war nur eine holprige Phase. Alle Paare machen so was durch.«
»Er ist ein großartiger Kerl, darum sind wir immer noch zusammen. Ich weiß nicht … ich fühle mich wie ein Feigling, aber ich kann nicht aufhören, über die Trennung nachzudenken. Schwer zu glauben, dass ich ihn fast verlassen hätte. Und dann, tja, dann brach die Hölle los, und ich konnte ihn nicht verlassen. Nicht zu diesem Zeitpunkt und nicht so. Ich weiß gar nicht, Allison, warum ich ständig darüber nachgrüble.«
Allmählich ergibt alles eine fürchterliche Art von Sinn. Wie sie sich entfernt hat, die Religion, die Unterernährung. Ich bin sicher, dass eine Trennung, ganz besonders jetzt, genügt, eines Menschen Glauben auf eine harte Probe zu stellen.
»Hey, hey, ist schon gut. Wir müssen alle durch die Scheiße, und du weißt ja, Leute ändern ihre Meinung. Das können sie, Corie, und daran ist nichts falsch. Keiner muss es wissen, gar keiner. Und sieh mal, es wird später genug Zeit sein, um über alles nachzudenken, über Hochzeiten und Zukunft und all das Zeug. Aber gerade jetzt sollten wir uns mit ganzer Kraft darauf konzentrieren, in Deckung zu bleiben und diesen Ort lebenswert und sicher zu machen, okay?«
»Okay«, sagt sie mit sehr dünner Stimme. Ich lasse ihren Ellenbogen los und reibe ihn ein wenig. Es scheint nicht richtig, sie ohne eine kleine Geste des Trostes gehen zu lassen. Sie drückt sich mit roten, geschwollenen Augen und Fingerspitzen, die sorgenvoll das Kinn stützen, an mir vorbei. Wenn sie nur Vertrauen hätte, nur Evan und Mikey ansehen würde, wenn sie sehen könnte, was sie hat, wie viel Glück. Dann höre ich einen Schnipsel Musik aus Mary Poppins und …
»Ist hier alles in Ordnung?«
Ich drehe mich um und finde mich einer furchterregenden Kette Munition gegenüber, die mir ins Gesicht starrt. Als ich den Kopf hebe, entdecke ich ein Paar verblüffter grüner Augen über den Geschossen. Es ist Collin, und er lächelt entschuldigend. Wunderbar. Ich mag es nicht, wenn große Männer ein solches Gesicht machen. Es ist zu übercharmant.
»Collin!«, entfährt mir ein Schrei und meine Wangen färben sich rosa. »Alles ist gut. Ich habe nur ein bisschen mit Corie geschwatzt.«
»Geht’s ihr gut?«
»Ich denke schon«, murmele ich. »Jaah, sie schafft’s schon.«
»Verstehe.«
Es wird peinlich. Ich spüre, wie er drauf und dran ist, dieses Gespräch aufzugeben, wie er die Schultern streckt, um sich abzuwenden. Ich kann es nicht ertragen, dass er Ted um Erlaubnis bittet, mich zu sehen. Ich muss endlich erwachsen werden.
»Können wir irgendwo hingehen«, frage ich, »um … um zu reden?«
»Jetzt?«
»Klar.«
»Jetzt ist es gerade ganz schlecht, fürchte ich«, sagt er und sieht niedergeschlagen aus. Er hat sein Haar sehr kurz geschoren und die Angewohnheit entwickelt, sich beim Denken mit der Hand über den Kopf zu streichen. Er wirkt wie ein Träumer, der hoffnungsvoll die Wölbung einer Lampe reibt, und ich frage mich, ob sich demnächst Bänder aus blauem Rauch aus seiner Nase schlängeln werden. Aber es kommt kein Dschinn, nur ein frustriertes Schnauben. »Später vielleicht? Können wir das später nachholen?«
»Ja.«
»Kommen Sie nach neun.«
Das werde ich, und bis dahin muss ich den üblen Knoten der Anspannung mit mir herumtragen. Ich kann nicht aufhören, mir um Corie Sorgen zu machen. Ich fühle mich schon wie Austens Emma, fast zwanghaft besessen von dem Verlangen, dafür zu sorgen, dass sie und Ned wieder zusammenfinden. Am liebsten möchte ich Pläne aushecken und konspirieren, bis sie sich in reizendem Tanz den Hof machen. Aber das ist reine Fantasie. Es gibt keinen Rahmen für diese Art von übermütigen Streichen, keinen Spielraum für Risiken. Sie müssen zusammenhalten, wenn nicht für Evan und Mikey, dann um unser aller Überleben willen.
Wie geplant lasse ich mein Laptop zum Aufladen bei einem der Generatoren und gehe um neun zu Collins Zelt. Ich fühle mich wie eine Verbrecherin, schleiche auf Zehenspitzen durch die leblose Luft. Die Kälte kriecht allmählich in die Zelte, über die schlafenden, schwitzenden Körper in Schlafsäcken hinweg, die überall verteilt liegen. Mich beschleicht das Gefühl, dass mich hundert wachsame Augenpaare misstrauisch beobachten, während ich mich durch das Labyrinth von Zelten voranpirsche.
Collins Zelt, wer hätte das gedacht, ist schwarz und innen erhellt vom freundlichen, matten Licht einer alten Laterne. Während ich hineinkrabbele, rieche ich das langsam schmelzende Bienenwachs, das in dünnen schwarzen Streifen von der Kerze tropft. Auf dem Boden des Zeltes liegt ein Wirrwarr von Kissen und alten Decken sowie ein geöffneter Schlafsack. Da das Zelt nicht sehr groß ist, sitze ich nah bei ihm, die Beine übereinandergeschlagen und gewärmt durch die Kerze.
»Vielen Dank fürs Kommen«, sagt er in einem Tonfall knapp über einem Flüstern.
»Kein Problem«, antworte ich.
Es war ein kleines Dilemma, die Garderobe für diesen Anlass zu wählen. Schließlich ist das kein Date, also gibt es keinen Grund, sich hübsch zu machen, aber ich wollte auch nicht im Schlafanzug auftreten. Ich entschied mich für ein langärmliges Thermohemd und meine üblichen Jeans. Collin hat seine Militärkluft abgelegt, und es ist ganz nett, ihn mal in einem offenen, weichen Hemd über einem T-Shirt zu betrachten.
»Alles ein bisschen vollgestopft hier«, sagt er und lacht leise. »Aber ich fand es nicht gerecht, ein großes Zelt nur für mich zu nehmen.«
»Keine Sorge«, antworte ich, »es ist wesentlich lauschiger als mein Kabuff mit Schnarcher und Hund, ich schwör’s.«
»Ich glaube, ich schulde Ihnen eine Entschuldigung«, sagt er und grinst auf eine Art, die eine Reihe Grübchen erscheinen lässt.
»Ich wollte gerade dasselbe sagen.«
»Im Ernst? Was in aller Welt sollte Ihnen denn leidtun?«
»Ich hätte früher kommen müssen … um zu reden.«
»Worüber genau?«, fragt er, und die Grübchen weichen einer besorgten Miene.
»Ich bin … Ich war sehr abgelenkt in letzter Zeit, na ja, und traurig, schätze ich mal. Ich hab fest damit gerechnet, dass meine Mutter irgendwann auftaucht, aber sie ist nicht gekommen, und nun denke ich darüber nach, ob ich aufbrechen und nach ihr suchen soll.« Tief durchatmen.
»Ist das alles?«
»Und ich sollte Ihnen sagen, dass Sie mich ein wenig nervös machen«, sage ich und fühle, wie meine Kehle austrocknet. »Es ist nichts, was Sie getan haben, nichts Schlechtes. Ich habe nur gedacht, vielleicht sollte ich, wissen Sie, nicht versuchen, Sie unter Druck zu setzen.«
Das klingt noch schlimmer, als es sich liest. Meine Worte sind so durcheinander und so lächerlich, dass ich zusammenzucke, während sie mir aus dem Mund purzeln. Ich bin eine verdammte Erwachsene und kann nicht klar sagen, was ich meine, was auch offensichtlich ist, denn Collin wirkt verwirrt. Ich lege mein Gesicht in Falten, mache mich bereit für den großen Wurf, das eine Ende des Knotens in meinen Eingeweiden, mit dem ich seit Tagen herumlaufe … »Es ist wegen Ihrer Frau. Das … verstört mich. Es verstört mich, dass Sie sie verloren haben. Das ist so falsch und schlimm, so … verstörend.«
»Dass es Sie verstört, erwähnten Sie schon.«
»Tut mir leid.«
»Tatsächlich mehrere Male.«
»Tja.«
»Allison«, sagt er, und das ist keine Stimme, die aus dem Radio kommt, sondern eine Stimme direkt neben mir, nah und warm. Sie jagt mir eine Gänsehaut über die Unterarme. Er legt eine große, schwere Hand auf mein Knie, und ich kann sogar durch meine Jeans fühlen, dass seine Handflächen schwitzen. »Ist das alles?«
»Ob das alles ist?«
»Ich will nicht, dass Sie sich über mich und sie den Kopf zerbrechen, okay? Ich bin älter als Sie, Allison. Ich habe viel mehr erlebt als Sie. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass ich in meinem ganzen Leben nichts erlebt habe, was auch nur ansatzweise mit dieser extrem beschissenen Lage hier vergleichbar wäre. Ich kann diese Situation hinterfragen, kann sie hassen oder wegen ihr in Raserei geraten, soviel ich will, aber die Tatsache bleibt bestehen: Wir sind jetzt hier. Ich muss Ihnen doch wohl nicht sagen, dass jeder Tag vergänglich und jeder Moment ein Geschenk ist. Ich sollte Ihnen nicht beweisen müssen, dass ich fähig bin, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen. Verstehen Sie, was ich sagen will?«
»Ja.«
»Nämlich?«, fragt er und fixiert mich im Halbdunkel mit seinen grünen Augen. Seine Züge sind jetzt nicht mehr so undeutbar, es scheint fast, als habe er einen Teil der Rüstung abgelegt, die ihn sonst in sicherem Abstand hält.
»Sie haben gesagt, ich soll aufhören, so eine Idiotin zu sein, und künftig darauf verzichten, mir über jeden Scheiß, jeden Quark und jeden Atemzug Gedanken zu machen.«
»Richtig.«
»Also dann … ist es gar nicht verstörend?«, frage ich und merke dabei, dass sein Knie meins berührt. Ich habe fast völlig ausgeblendet, dass wir umzingelt sind, auf allen Seiten eingeschlossen von Leuten wie uns – Überlebenden, Menschen.
»Es ist nicht verstörend«, sagt er.
»Es ist nicht verstörend.«
Stunden vergehen, ehe ich in das andere Zelt zurückkehre. Es ist schön, mir vorzustellen, dass ich jetzt zwei Zelte habe, dass ich zwei Zuhause haben kann. Vielleicht bin ich jetzt ein bisschen wie ein Nomade. Vielleicht sind wir das alle.
KOMMENTARE
Dave im Mittelwesten:
13. Oktober 2009 22:01 Uhr
Bitte … hat IRGENDWER irgendwelche Informationen darüber, wie man es aufhalten kann? Mein Sohn hat sich infiziert, und ich habe … also … er ist sicher verwahrt. Er kann niemanden verletzen, aber ich weiß, dass er leidet. Er ist wie im Wahn, sagt nie ein Wort, gibt nur tiefes Knurren von sich, wenn ich in seiner Nähe bin. Aber ich bin sicher, dass das nicht anhält. Das darf einfach nicht sein. Kann jemand bitte irgendeinen Rat geben??? Ich poste dies überall, wo ich vielleicht Hilfe finden kann.
Logan:
13. Oktober 2009 22:27 Uhr
Du musst loslassen. Denk nicht drüber nach. Mach dich nicht verrückt. Werd ihn einfach los.
Isaac:
13. Oktober 2009 23:53 Uhr
Er ist nicht mehr dein Sohn. Es ist Zeit, ihn gehen zu lassen.