5. Kapitel

Angst war nicht das erste Gefühl, das sie verspürte, sondern die Wut darüber, nicht bemerkt zu haben, dass etwas Seltsames in der Luft lag, dass jemand hinter ihr in der Dunkelheit stand. Doch dann wurde sie vom Schrecken übermannt.

Sie fuhr zusammen, als er sie plötzlich an die Tür drückte und mit der rechten Hand von hinten ihren Mund umfasste. Die linke benutzte er, um den Schlüssel im Schloss umzudrehen.

Sie verlor beinahe das Gleichgewicht, als er die Tür öffnete und sie hineinstieß; er hielt ihren Mund immer noch fest umschlossen. Sie war sich nicht sicher, ob sie überhaupt die Kraft gehabt hätte zu schreien, um Hilfe zu rufen, selbst wenn er den Griff gelockert hätte. Der Schock saß zu tief. Er schloss die Tür behutsam. Die nächsten Sekunden lagen in tiefem Nebel, als ob sie sich in einer anderen Welt befände, sie hatte keine Energie, sich zu wehren.

Es war ihr bisher nicht gelungen, ihn anzuschauen, sie hatte keine Chance gehabt, sich umzudrehen.

Plötzlich blieb er stehen. Nichts geschah. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen. Sie hatte das Gefühl, etwas unternehmen zu müssen, er hielt sie lediglich mit der rechten Hand, aber nicht mit der linken – sie ging im Kopf alle Möglichkeiten durch. Sie konnte ihn mit einem einzigen Schlag überraschen, einem Beintritt – sich loslösen, davonrennen, Hilfe rufen …

Doch plötzlich war alles zu spät. Sie hatte gezögert. Und in der Zwischenzeit hatte er so viel Spielraum gehabt, um ein scharfes Jagdmesser hervorzuholen.