Die grüne Cordhose
ALTE SÄCKE UND DIE MODE
Es gibt ja diesen großartigen Witz, und der geht
so:
Kommt ein Mann vom Arzt, und die Frau fragt: »Na,
was sagt der Doktor?«
»Ach«, sagt der Mann. »Soweit alles okay, aber er
möchte von mir noch eine Stuhl-, eine Urin- und eine
Spermaprobe.«
Sagt die Frau: »Na, dann gib ihm doch einfach
deine grüne Cordhose.«
Dieser Witz - Sie kennen ihn womöglich, mussten
aber hoffentlich trotzdem noch mal drüber lachen - ist ein
Klassiker. Aber er funktioniert vor allem wegen eines Elementes so
gut - wegen der Cordhose. Nur allein Hose wäre lau. Nein, es muss
hier die Cordhose sein. Die grüne. Wegen dieser hat man den Mann in
dem Witz sofort vor Augen - einen Mittfünfziger, nennen wir ihn
Harry, der nur vier Hosen hat: eine Jeans, eine Bundfaltenhose, die
schwarze vom Anzug und eben die grüne Cordhose, die er nur allzu
gern trägt, die nicht richtig sitzt und auch nicht mehr so ganz
sauber ist. Wir alle
kennen Leute wie Harry, klar: Sie, liebe Leser, und ich - wir sind
nicht wie Harry. Aber der deutsche Mann ganz allgemein, sozusagen
der Klischeemann, hat natürlich ein bisschen was von Harry. Oder -
anders formuliert - sind wir nicht alle ein bisschen »Grüne
Cordhose«?
GANZ ALLGEMEIN HABEN WIR MÄNNER JA HÄUFIG NICHT
DAS BESTE VERHÄLTNIS ZUR MODE.
Oft fehlt uns die Fantasie. Wir bleiben beim
Bewährten, entwickeln uns modisch nur sehr träge oder gar nicht
weiter. Sie leugnen? Okay - ein kleiner Test: Nennen Sie mir Ihre
Kragenweite und den Namen von drei angesagten Herrendesignern? Tja,
da wird nicht jeder punkten. Hätte ich nach den neuesten Namen der
Oberklasseautos von BMW, Mercedes und Ford gefragt, wäre die
Trefferquote sicher eine Terz höher gewesen. Geben wir es doch zu:
Männer und Mode - das ist eine schwierige, angespannte Beziehung.
Und die wird nicht besser, wenn wir die fünfzig überschritten
haben.
VIELE VON UNS - SONST DURCHAUS SELBSTBEWUSSTE
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Ich auch. Denn immer wenn ich allein los war, gab
es zu Hause Stirnrunzeln, Gelächter und Kritik. Oft hatte mir eine
Verkäuferin Sachen aufgeschwatzt. Fast wie in diesen großartigen
Loriot-Sketchen (»Wenn Sie da mal reinschlüpfen wollen, junger
Mann« »Das trägt man jetzt so«). Dabei sieht es vordergründig doch
so aus, als ob wir Männer es in Sachen Mode einfacher hätten als
die Frauen. Das Angebot ist viel kleiner. Im Job reicht den meisten
der obligatorische Anzug, ansonsten die Joggingkombi und was
»Legeres aus dem Kaufhaus«. Fertig ist die Laube. Mitnichten. Man
kann so viel falsch machen. Da wären: Die Sachen sitzen nicht, die
Farben beißen sich, die Stoffe sind Mist, die Schnitte out, die
Hosen zu kurz, die Kombinationen ein Unding.
WENN MANN NICHT AUFPASST, KANN MAN SO WAS VON
SCHEISSE AUSSEHEN.
Und wie gesagt: Im Alter wird das immer schlimmer.
Denn plötzlich, mit über fünfzig, heißt es auf einmal: »Das trägt
man in deinem Alter nicht mehr.« Die sicheren Bänke von früher sind
auf einmal vermintes Gelände: Jeans oder Sweatshirts, zum Beispiel.
Lederjacken, coole Blousons. Man reißt uns die Prospekte von »Young
Fashion Shops« aus den Händen, als ob wir Pornos hätten anglotzen
wollen. Man verbietet uns Cowboystiefel und T-Shirts mit lustigen
Aufdrucken (vorn: »Ich bin schizophren«. Hinten: »Ich auch«), damit
wir uns »nicht lächerlich machen«.
ES IST SCHWER, MÄNNER.
Wir müssen hier mehr Selbstbewusstsein entwickeln,
dazu lernen, verloren geglaubtes Terrain zurückerobern. Wer sagt
denn, dass wir keine Jeans mehr tragen sollten? Wer sagt, dass wir
öde Anzüge tragen müssen, die das Sackartige unserer Figuren noch
betonen?
LASST UNS MEHR WAGEN. WAS NEUES
PROBIEREN.
Lasst uns ruhig Rat von unseren Frauen annehmen.
Aber am Ende sollten wir uns wohlfühlen in unseren Klamotten. Aber
nicht nur. Sonst droht der Jogginganzug. Nein! Kleider machen
Leute. Es hebt auch das Selbstbewusstsein, schicke Sachen zu
tragen. Lasst uns also mal einen Euro mehr ausgeben für einen
coolen Mantel, einen gut geschnittenen Anzug, ein schönes,
passendes Hemd und gute Schuhe.
SCHUHE SIND BESONDERS WICHTIG.
Da gucken die Damen als Erstes drauf, wenn sie
einen Herren »kleidertechnisch« analysieren. Ungeputzte,
abgelatschte Schluffen sind wie ein Schild mit der Aufschrift »Ich
bin so was von daneben und habe auch dreckige Füße«.
Also: Wir müssen mit klassischem Schick
überzeugen. Lasst uns Adieu sagen zu weißen Tennissocken, der
grünen Cordhose, dem Holzfällerhemd. Und lasst uns »Bonjour« sagen
zum angemessen lässigen »Casual-Look«.