Schöner werden wir nicht mehr
EIN ALTER SACK MUSS AUCH ZU SICH
STEHEN
Jedes Frühjahr habe ich die gleichen Gedanken. Und
jetzt nach meinem Fünfzigsten werden diese Gedanken noch
drängender, gemeiner. Der Tag wird kommen. Die Stunde der Wahrheit.
An einem heißen Sommernachmittag werden mir keine Ausflüchte mehr
helfen. Meine Frau und meine Kinder werden schlussendlich gesiegt
haben. Dann muss ich blankziehen. Denn dann gehen wir draußen
baden.
SIE KENNEN DAS, NICHT WAHR? DIESES DOOFE
GEFÜHL, WENN MAN SICH ALS »MANN IN DEN BESTEN JAHREN« NACH EINEM
LANGEN WINTER DAS ERSTE MAL IN EINER ÖFFENTLICHEN BADEANSTALT
AUSZIEHT.
Wenn man sich vorkommt wie eine dicke weiße Made,
die sich unter den belustigten Blicken anderer hektisch aus den
Kleidern schält, um dann verschämt in wenig vorteilhafte
Badekleidung zu schlüpfen. Ich sehe nicht die anderen. Die, die
auch älter geworden sind, die auch schwabbeln und blass wie
Tiefkühl-Hühnerschenkel sind. Nein, ich sehe nur mich. Die Sonne
zeigt mir alles in greller Klarheit. Die behaarten Beine, die
kleine Wampe, die presswurstig über den Saum der Badehose drängt.
Die doofen Füße. Das Grobporige der Haut. Das Faltige meiner
Fresse. Das Unmuskulöse. Schlaffer, alter Sack, du!
»HALT INNE!«, RUFE ICH MIR JETZT ZU.
(…) So, jetzt habe ich innegehalten und kann zum
Kern dieses Kapitels kommen. Zur Unsitte der übermäßigen,
nutzlosen, zerstörerischen Selbstentwertung. Auch wenn es
wie eine Binse klingt - man muss es sich immer wieder sagen: Wir
werden älter, hässlicher, unfitter, und eines Tages liegen wir tot
in der Kiste. Niemand kann das ändern. Das geht auch Bill Gates und
George Clooney so. Damit muss man sich einfach abfinden. Das alles
ist nicht schön, aber im Grunde war das im Alter von vierzig Jahren
nicht viel anders. Wir müssen das also, wie früher, verdrängen bzw.
ganz einfach annehmen. Jawohl!
ICH KÖNNTE KOTZEN! WAS REDE ICH HIER? WIR
VERFALLEN IN ZEITLUPE - UND DAMIT SOLLEN WIR UNS
ABFINDEN?
Nun, ja - es bleibt uns ja nichts anderes übrig.
Am Ende gibt es ja nur zwei Wege: älter werden mit guter oder älter
werden mit schlechter Laune. Na, was wählen Sie?
HÖREN SIE AUF, SICH MIT JÜNGEREN ZU
VERGLEICHEN.
Gucken Sie sich nicht dauernd Fotos von früher an.
Bleiben Sie locker. Stehen Sie zu Ihrem Alter. Werden Sie weise
statt gnatzig. Auch diese ganzen fitten Waschbrettbäuche am Strand
werden eines Tages dickliche, faltige, alte Säcke. Sie können das
denen auch ruhig auf den Kopf zu sagen (sofern Sie einen
Schwarzgurt in Karate haben oder seit zehn Jahren boxen).
Natürlich kann man was machen, den Verfall
aufhalten, gesund leben, Sport treiben. Das bringt viel und gibt
einem das wirklich gute Gefühl, dass man was macht und nicht
nur vergammelt. Lesen Sie dazu auch das Kapitel »Ich bin quasi ein
Modo« in diesem hilfreichen, Mut machenden Buch eines
Leidensgenossen.