Grandfather flash
ES KOMMT JA DOCH NOCH WAS
Manchmal sitzen wir alten Säcke auf dem Sofa und blättern in Fotoalben. Und dann sehen wir uns, damals im Urlaub mit den noch kleinen Kindern. Jünger, frischer und auch witziger. War das herrlich! Wir machten die blödesten Witze, und unsere Kids lachten sich schlapp. Wir torkelten als Monster durch ihre Zimmer - und die Kids schmissen sich weg vor Freude. Und dann erst die Kissenschlachten: strategisch anspruchsvolle Actionhöhepunkte so manchen Wochenendes. Klar, wir neigen alle zur Verklärung, aber die meisten von uns glauben, diese Lebensphase mit kleinen Kindern sei einfach die beste Zeit gewesen.
TJA, UND JETZT SIND DIE KLEINEN VON DAMALS BEI DEN MEISTEN VON UNS SCHON FAST ERWACHSEN UND FINDEN UNS UNCOOL.
Aber genau hier liegt die Chance. Natürlich nicht, dass die Kids uns uncool finden. Nein, dass sie älter werden und - wenn alles gutgeht - eines Tages selber Kinder bekommen werden. Und dann schlägt unsere Stunde. Mag das meiste auch erlebt sein - jetzt können wir Opa werden.
Nicht lachen. Nicht protestieren. Hört sich erst mal seltsam an. Nach Altersheim und so. Egal. Es dauert ja auch noch etwas, aber wir sollten uns wirklich drauf freuen! Denn: Viel Neues kommt ja nicht mehr.
ABER DAS OPASEIN IST WIRKLICH NOCH MAL EIN HÖHEPUNKT.
Ich habe mich bei noch älteren Säcken diesbezüglich informiert. Und die, die sich darauf eingelassen haben und das Großvater-Ding erst mal nahmen, sagen alle: verdammt gute Sache, das. Denn als Opas tut sich uns wieder ein gigantisches Spaß-Universum auf. Und das Beste daran ist: All die unangenehmen, nervigen, anstrengenden Dinge müssen unsere Kinder, also die Eltern der Enkel, machen und nicht wir.
Also nix mit nächtelang wie ein Zombie durch die Wohnung torkeln, um Schnuller in schreiende Mäuler zu stopfen. Keine Kinder um zwei Uhr früh wickeln, die ordentlich einen in die Windeln gebretzelt haben. Das machen die Mama und der Papa. Opa kommt mit Oma zu Besuch und ist fürs Quatsch-Machen da. Schon sehr bald nach der Geburt unserer Enkel geht es los.
JEDER WARTET SEHNSÜCHTIG AUF DAS ERSTE LÄCHELN, UND WIR ALTEN, ERFAHRENEN BABY-FLÜSTERER, WISSEN NATÜRLICH, WAS ZU TUN IST.
Wir fangen also an, seltsam zu reden, zu girren und zu giggeln und Grimassen zu schneiden.
UND IRGENDWANN KANN DER KLEINE MENSCH DA IN DER WIEGE EINFACH NICHT MEHR ANDERS UND MUSS GRINSEN, BEI ALL DEM RUMGEHAMPELE UND RUMGEFLÖTE.
Tja, und so geht es dann erst mal weiter. Nichts ist herrlicher als ein grinsendes Baby. Also wird weitergegiggelt und grimassiert. Und schließlich fängt der ja extrem lernfähige Nachwuchs seinerseits an, Späße zu machen.
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IST JA AUCH EIN SCHÖNES GEFÜHL, MIT EIN PAAR SIMPLEN SCHERZEN DIE ALTEN DAZU ZU BRINGEN, SICH VOR LACHEN FAST IN DIE HOSE ZU MACHEN.
Ja, und schon sind wir drin im gigantischen Spaß-Universum.
Wenn man denn will. Einige von uns alten Herren meinen, dieses wechselseitige Rumkaspern sei irgendwie unreif und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Diese Haltung ist aber zum Glück kürzlich vom UN-Sicherheitsrat für gefährlich und dem Weltfrieden abträglich erklärt worden.
Kommen wir zurück zur intrafamiliären Komik. Natürlich sind auch Omas für das Quatschmachen unerlässlich. Aber da sie ohne Zweifel dem vernünftigeren Geschlecht angehören und das »Kind im Manne« ja schon sprichwörtlich ist, eignen sich Opas (okay, und auch die Väter) besonders für diese Aufgabe. Man muss sich ihr nur mit allen Konsequenzen stellen. Und das heißt:
HABEN SIE KEINE ANGST, SICH ZUM AFFEN ZU MACHEN!
Lassen Sie das Kind in sich, den durchgeknallten Kerl von früher einfach wieder raus. Und Sie werden sehen: Es ist klasse!
Es ist sogar befreiend. Stellen Sie sich beim Spielen mit Ihren Enkeln zum Beispiel einfach mal vor, Ihr Chef käme ins Zimmer. Und dann rufen Sie: »Da kommt ja ein Ork. Und was für ein ekliger!« Und dann muss das Monster mit Grimassen, üblen Beleidigungen und anderen Maßnahmen aus dem Zimmer getrieben werden. Die Kinder werden begeistert mitmachen, und Sie werden ein Gefühl der Erleichterung, der Katharsis haben.
WOZU FÜR SELBSTFINDUNGSSEMINARE IRGENDWO IM WALD VIEL GELD AUSGEBEN, WENN ZU HAUSE DIE INNERE REINIGUNG PRAKTISCH NEBENBEI ERFOLGT?
Aber wir haben vorgegriffen - Enkel, die in Wort und Tat Monster vertreiben können, sind ja schon große Kinder.
Dabei dürfen wir aber das ungeheure Humorpotenzial von Kleinkindern keinesfalls unterschlagen. Zum Beispiel die wunderbaren Telefongespräche mit Ihnen.
Bei mir war das früher so: Irgendwann klingelte im Büro das Telefon. Ich nahm ab, meldete mich, aber niemand richtete das Wort an mich. Nur schweres Atmen war zu hören. Ein Triebtäter? Nein, einer meiner Söhne war am anderen Ende der Leitung, weil meine Frau meinte, ein wenig väterlicher Zuspruch könnte den Kleinen über die eine oder andere Meckerphase hinweghelfen. Nun sprachen die beiden bei diesen telefonischen Erstkontakten aber sehr wenig (»Abba? Atta? Uggel?«), weil es ja eine wahrlich komplizierte kognitive Leistung ist, die Stimme des Vaters mit einem knochenähnlichen Plastikdings in Verbindung zu bringen.
Aber im Laufe der Zeit wurden aus eher einseitigen Monologen mit quälend langen Pausen wunderbare kleine Gespräche, die mir oft über den Büroärger hinweghalfen.
ICH KANN NUR JEDEM RATEN, AN FIESEN TAGEN IM JOB ODER DER SENIOREN-TANZGRUPPE EINFACH MAL MIT SEINEN ENKELN ZU TELEFONIEREN.
Das rückt einiges wieder zurecht und zeigt, was wirklich wichtig ist. Hier ein Beispiel für eine gelungene telefonische Gesprächseröffnung:
Opa: »Hallo, hier ist Opa!«
Enkel: »Hallo, Opa!«
Opa: »Was machst du so?«
Enkel: »Ich telefonier!«
Kann ein Gespräch schöner anfangen?
 
Kommen wir zur direkten Interaktion. Das Rumtoben mit dem Enkel, Opa als Monster, Eisenbahn, Hund, Affe oder sonst was, ist für den Opa ein ungeheurer befreiender Spaß nach all dem Rumgesitze im Job (oder Altersheim, ähmm).
Ein ganz besonders großartiges Spiel früher bei uns Hause kann ich allen zukünftigen Opas sehr empfehlen. Es heißt »Raufdrücken und runterfallen«. Der Opa hockt sich dabei wie ein Pferd aufs Bett, eine Decke wird über ihn geworfen, ein Kind wälzt sich auf den VaterOpa-Gaul. Drückt dann mit dem kräftigen Ausruf »Biep« auf einen imaginären Schalter, und der Vater/Opa muss nun wie beim Rodeo das Kind durch Herumgehopse abwerfen. Ein gigantischer Ankommer, der mit meinen Kindern bis zu einer Viertelmillion Mal wiederholt werden musste.
Großartig auch das Spiel, bei dem sich die Jungs in ihrem Zimmer verstecken und der Opa scheinbar ahnungslos in dasselbe kommt. Die Aufgabe der Kids: den Alten aus dem Hinterhalt zu überfallen und fertigzumachen. Ein grandioses Spiel, das einen körperlich fordert und die Sinne schärft.
Im Laufe der Zeit kristallisieren sich im Idealfall zwei humoristische Grundlinien heraus. Die Großeltern bespaßen bei ihren Besuchen (oder wenn sie die Enkel zu Hause bei sich haben) diese als freiberufliche Komiker und fühlen sich dabei wie in einer Frischzellenkur, und die Enkel unterhalten ihre Großeltern im Gegenzug mit Späßen jeder Art.
Oft unfreiwillig. Aber das ist dann besonders lustig.
INSBESONDERE DIE SPRACHENTWICKLUNG DER KLEINEN IST JA EIN STÄNDIGER QUELL ALLERGRELLSTER WITZE. VORAUSGESETZT, MAN NIMMT SICH DIE ZEIT, SICH MIT SEINEN NACHKOMMEN ZU UNTERHALTEN.
Anfangs ist das Ganze ein herrliches Ratespiel. Wissen Sie zum Beispiel, was »Dindoiras« sind? Ganz einfach: Dinosaurier in der Diktion eines Zweijährigen. Und »Meerdschen-dschen« heißt Meerschweinchen. Später dann kann man herrliche Gespräche führen. Einmal fragte mich mein Sohn Hannes, ob »Günter Jauch auch bei dem Sportverein mit den fünf Ringen« mitmacht. Er wollte wissen, ob Jauch Olympiakommentator ist.
Enkel zu haben und sich mit ihnen in ihrer Welt zu bewegen, ist also nicht nur ein wesentlicher Bestandteil notwendiger großelterlicher Zuwendung, sondern auch eine Art kostenloser Verjüngungskur.
WENN MAN ES ERSTMAL SCHAFFT, DEN HINTERN HOCHZUKRIEGEN, BIETEN SICH EINEM UNGEHEURE MÖGLICHKEITEN. GERADE ALS MANN. ICH SAGE NUR »SPIELZEUG«.
Stundenlang können wir wieder durch die Spielwarenabteilungen von Kaufhäusern streifen, die Zusammensetzung der Gabentische für Geburtstage oder Weihnachten akribisch durchplanen, uns an Ritterburgen oder Eisenbahnen ergötzen, um diese dann zu Hause mit unseren Enkeln in abenteuerlichen Szenarien in der Wohnung zu verbauen, während unsere eigenen, erwachsenen Kinder Essen machen oder Kaffee kochen. Ein Heidenspaß!
Besondere Freuden können Sie - wenn Sie die Kapitel in diesem Buch über Fitness beherzigen - auch auf Jahrmärkten, Abenteuerspielplätzen und in Schwimmbädern haben. Herrlich, als agiler Greis erneut den Thrill von riesigen Wasserrutschen, Hüpfburgen, Gruselachterbahnen und Klettergerüsten kennenzulernen.
ICH WILL SPÄTER JEDES WOCHENENDE UNTERWEGS SEIN UND DIE GESAMTE RENTE IN VERGNÜGUNGSPARKS AUF DEN KOPF HAUEN. JA, DAS WERDE ICH.
Volles Rohr. Weil’s einfach klasse ist - und mich jung halten wird. Und deshalb rufe ich allen alten Säcken zu:
FREUT EUCH AUF DAS OPASEIN. LASST UNS ALS »CRAZY GRANDFATHERS« VERRÜCKTE DINGE TUN, BIS WIR LACHEND IN DIE KISTE FALLEN.
Ist besser, als vergnatzt fernzusehen und dabei Schwarzwälder Kirschtorte zu essen.
Alter Sack, was nun
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