11. KAPITEL

Taylor und Fitz saßen an einem Tisch auf der Veranda des Las Palmas. Der Gastraum war voll mit kichernden Vanderbilt-Studenten und Arbeitern, die hier ihre Mittagspause verbrachten – ein Nachweis sowohl für die Qualität der Speisen des Lokals als auch seiner bezahlbaren Preise. Taylor knabberte an einem Steak Fajita Quesadilla, Fitz aß einen Taco-Salat. Ein Krug mit Eistee stand zwischen ihnen.

„Was hat Price gesagt?“, fragte Fitz.

„Zuerst einmal hatte er Verständnis. Er wird gegen jede mögliche Disziplinarmaßnahme gegen Lincoln Einspruch erheben. Damit dürfte Linc sich schon mal wesentlich besser fühlen. Armer Junge, er war total fertig. Ich weiß nicht, ob es das Dope war oder die blanke Panik davor, berichten zu müssen, es geraucht zu haben. Kannst du dir Lincoln nach ein paar Zügen vorstellen?“

Fitz lachte. „Nein. Mr Schnieke kam mir immer wie jemand vor, der sich ein Glas Scotch vor dem Essen gönnt, weil es gut aussieht und nicht, weil es ihm schmeckt. Er verliert nicht gerne die Kontrolle.“

„Na ja, das ist zu erwarten, wenn man seine Herkunft bedenkt. Verdammt, es wäre echt nett, ihn für den Wolff-Fall wieder bei uns zu haben. Ich wette, in den Finanzunterlagen gibt es Unmengen zu entdecken, was sein kleines Computerherz schneller schlagen lässt. Marcus ist morgen zurück, oder?“

Marcus Wade, ihr jüngster Detective, war die letzten vier Tage beim Auffrischungstraining gewesen. Ohne die beiden Detectives war es in ihrem Team zu ruhig.

„Ja, er kommt morgen früh wieder. Wir können ihn kurz auf den aktuellen Stand im Wolff-Fall bringen, und dann kann er in die Stadt fahren. Die Presse bekommt sich wegen des aufgenommenen Notrufs gar nicht mehr ein.“

„Ja, ich weiß. Ich habe ihn gestern Abend gehört. Da dreht sich einem echt der Magen um.“

„Ich wünschte, sie würden so etwas nicht tun. Das macht uns das Leben nur schwerer.“

„Wem sagst du das.“ Sie nahm einen Bissen Quesadilla und tupfte sich den Mund mit der Serviette ab. „Wenn wir hier fertig sind, möchte ich noch mal beim Haus der Wolffs vorbeischauen. Die zweite Befragung von Todd Wolff ist für zwei Uhr angesetzt. Hab ich dir eigentlich erzählt, dass Corinnes Familie heute Morgen in die Rechtsmedizin gekommen ist?“

„Nein.“

„Tja, als ich von der Autopsie kam, standen sie alle in der Lobby.

Es war entsetzlich. Sie haben mir erzählt, dass Todd seine Tochter zu seinen Eltern gebracht hat. Weißt du, wo die wohnen?“

„Nicht aus dem Kopf. Haben sie gesagt, ob das weit ist?“

„Nein, darüber haben wir nicht gesprochen. Ich habe aber noch keinen Anruf erhalten, dass er es um zwei Uhr nicht schafft, also denke ich, es ist in der Nähe. Meinst du, er wird mit einem Anwalt kommen?“

Fitz verdrehte die Augen. „Wenn er weiß, was gut für ihn ist, ja, aber mit etwas Glück nein.“

„Ich bin mal gespannt. Die Autopsie war ziemlich eindeutig. Jemand hat Corinne kräftig zusammengeschlagen. Es gab auch Anzeichen einer Strangulation. Ich will mir Mr Wolffs Tage noch mal ein bisschen genauer anschauen.“ Sie legte ihre Gabel zur Seite. Mit einem Mal hatte sie keinen Hunger mehr. „So, erzähl mal. Weißt du, an was für einem Fall Lincoln arbeitet?“, wechselte sie das Thema.

Fitz tunkte einen Tortilla-Chip in die scharfe Salsa und kaute bedächtig, bevor er antwortete. „Nein. Aber ich kann raten. Während du und der Fed verliebt durch Europa geschlendert seid, hatte er mehrere Telefonate mit dem Informanten, mit dem er sich in den Haaren liegt; du weißt schon, der Kerl, der als DJ arbeitet?“

Taylor nickte, und Fitz fuhr fort. „Nun, der V-Mann fing an, groß zu tönen, dass er Drogen in den Klubs vertreiben würde. Er bräuchte nur einen Dealer. Lincoln war eine Woche lang der Mann hinter den Kulissen, und dann verschwand er vom Radar. Ich denke, Vice hat entschieden, ihn auf den Fall angesetzt zu lassen. Linc ist ein kluger Junge. Er landet wieder auf den Füßen. Wenn man all diese Informationen zusammensetzt, nehme ich an, dass es was mit unserem guten alten Freund Terrence Norton zu tun hat.“

Taylor stöhnte. Terrence Norton war schon seit Jahren die Schmeißfliege des Departments. Angefangen hatte er als gewöhnlicher Kleinkrimineller, doch er hatte sich mit rasender Geschwindigkeit durch die Schichten der Nashviller Unterwelt gearbeitet. Drogen, Schießereien, Attentate – der Kerl hatte ein vierzehn Seiten langes Strafregister, aber eine Haut wie Teflon. Mit jeder unentschiedenen Jury, jedem abgewiesenen Fall wurde Terrence stärker. Er war die Hauptverbindung für Heroin und Kokain, die er über die I-24 von Atlanta nach Nashville schleuste. Aber Terrence unterstand noch jemand anderem, er war nicht groß genug, um dieses Geschäft alleine zu leiten.

Taylor wünschte sich verzweifelt, ihn endlich hinter Gittern zu sehen. Vor zwei Monaten hatte es so ausgesehen, als wenn sie endlich Erfolg haben würden. Das Tennessee Bureau of Investigation hatte einen Fall von möglicher Jurybeeinflussung übernommen. Der Bericht hatte ganz oben auf Taylors Schreibtisch gelegen, als sie aus Italien wiedergekommen war. Man hatte kein offensichtliches Fehlverhalten feststellen können. Das TBI hatte Terrence fröhlich wieder in den Schoß der örtlichen Polizei fallen lassen. Das Sonderkommando blieb aber vorsichtshalber weiter bestehen, nur für den Fall, dass es neue Erkenntnisse gäbe.

Seit Taylors Rückkehr war Terrence verdächtig ruhig gewesen. Zumindest hatte er ihres Wissens niemanden umgebracht.

Ihr kam ein Gedanke. „Terrence kann es nicht sein. Er würde Lincoln erkennen, oder?“

„Nachdem du abgereist bist, hat er die Glatze beibehalten, sich aber einen Bart wachsen lassen.“ Fitz lachte. „Was für ein krauser, mottenzerfressener Witz. Er sah aus wie ein Gangster, hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit seinem sonst so eleganten Aussehen. Und Terrence hatte bisher direkt nur mit dir und mir zu tun. Also würde es ganz gut passen. Außerdem hat er bis zu seinem kleinen Ausflug auf die wilde Seite nur mit dem V-Mann zusammengearbeitet. Terrence hätte ihn gar nicht zu sehen bekommen.“

„Ich mache mir Sorgen um ihn. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn wir ihn verlieren würden. Er hatte das Gefühl, dass sie kurz vor einem Durchbruch stehen. Hoffentlich haben wir ihn bald zurück.“

„Amen.“

Taylor schob ihren Teller von sich und ließ Raum für das angenehme Schweigen, das sich zwischen ihnen ausbreitete. Sie hasste es, alle mit ihrer Paranoia anzustecken, aber sie wusste, dass sie jemanden brauchte, der auf sie achtgab.

„Ich werde beobachtet.“

Fitz hielt ihren Blick, ohne zu blinzeln oder den Kopf zu schütteln oder ihren Arm zu tätscheln. Das wusste sie zu schätzen. Er kannte sie gut genug, um zu wissen: Wenn sie das Gefühl hatte, beobachtet zu werden, dann wurde sie es auch.

„Meinst du Schneewittchens Lehrling? Entschuldige, der Thronfolger?“ Das letzte Wort setzte er mit seinen Fingern in Anführungszeichen. „Warum nennt er sich überhaupt so? Das kommt mir irgendwie herabwürdigend vor.“

„Ich denke, er hat es auf etwas abgesehen, so wie der Thronfolger auf den Thron. Jemand, der eigentlich regieren sollte, dem aber durch widrige Umstände seine Regentschaft entrissen wurde. Ein selbst ernannter König der Serienmörder. Keiner hat gesagt, dass er nicht eingebildet ist.“ Sie trank einen Schluck Tee und schaute sich unruhig um.

„Nein, ich glaube nicht, dass er es ist. Ich weiß nicht, wieso, aber es fühlt sich anders an. Irgendwie falsch. Die Haare in meinem Nacken stehen mir zu Berge, und ich kann es spüren, weißt du? Es ist so seltsam. Ach, zum Teufel. Ich bilde mir das bestimmt nur ein. Ich bin sicher, da ist nichts.“

„Wem willst du jetzt was vormachen?“

Sie lächelte. „Ich weiß. Es wird schon wieder. Ich bin mir dessen bewusst, und das sind doch schon neun Zehntel der Lösung. Also willst du mit mir zum Haus der Wolffs kommen? Dann können wir uns noch einmal umschauen, bevor wir Todd erneut befragen.“

„Warum nicht. Ich habe sowieso nichts Besseres zu tun. Gehen wir.“

Das Hillwood-Viertel, in dem die Wolffs lebten, lag an diesem Dienstagmittag still da. Es war wesentlich ruhiger als am Tag zuvor. Das Flatterband war noch quer über die Auffahrt gespannt, und ein Streifenpolizist saß still in seinem Wagen vor dem Briefkasten, um mögliche Schaulustige davon abzuhalten, den Tatort zu betreten.

Bis das Haus offiziell freigegeben war, musste jemand Wache halten. Taylor hoffte, dass es heute so weit wäre, denn es war sinnlos, Ressourcen zu vergeuden, die anderswo gebraucht wurden.

Sie parkte hinter dem Streifenwagen. Der Officer stieg aus, als auch sie und Fitz den Impala verließen. Es war ein offizieller Tatort, also brauchten sie auch ein offizielles Fahrzeug. Sie war nie ein großer Freund der Impalas gewesen, aber was sollte sie machen? Man konnte den Chief ja schlecht fragen, ob er der Truppe einen Porsche zur Verfügung stellte. Wenigstens hatte der Chevy ein paar PS unter der Haube und konnte mithalten, wenn es mal heftiger wurde. Anders als der Mercury, den sie in ihren Anfangsjahren als Detective hatte fahren müssen.

Fitz hatte mit dem Polizisten eine Unterhaltung über das regionale Barbecue-Wettgrillen angefangen, was Taylor Gelegenheit gab, sich das Haus der Wolffs einmal ganz in Ruhe anzuschauen. Oberflächlich betrachtet war es nicht anders als gestern. Ein hübsches zweigeschossiges Haus aus hellbraunen Backsteinen mit einer kleinen weißen Veranda am Eingang und blauen Fensterläden an den vier symmetrisch rechts und links neben der Tür angeordneten Fenstern, hinter denen die Gardinen zugezogen waren. Ein Schornstein erhob sich an der linken Seite – er gehörte zu dem Kamin im großen Zimmer.

Taylor war aufgefallen, dass sowohl die Wolffs als auch Mrs Manchini in ihren Häuser Gaskamine hatten. Es war schwierig, in Nashville neuere Häuser zu finden, die einen echten Kamin zum Verfeuern von Holz hatten. Taylor hatte Baldwin von Anfang an gewarnt, dass sie sich auf gar keinen Fall mit einem Gaskamin zufriedengeben würde. Hübsch, bequem, leicht zu handhaben – ja, das stimmte alles, aber Taylor war das Original doch lieber: der Geruch von brennendem Ahornholz oder das Knacken von Eiche. Sie liebte den ganzen Vorgang des Kaminanzündens, ein wenig Anmachholz und Papier aufschichten, dann die Holzscheite darauf stapeln. Sie machte sich lieber etwas Mühe, als auf künstlich glühende Kohlen und falsche Flammen zu schauen.

Bei näherer Betrachtung erkannte sie einen leichten farblichen Unterschied zwischen dem oberen und dem unteren Teil des Hauses. Er war nur bei einem ganz bestimmten Lichteinfall zu sehen. Nun, das ergab Sinn. Dieser Teil der Stadt mit seinen atemberaubenden, riesigen Grundstücken und alten Bäumen hatte seine eigene Renaissance erlebt. Der Reiz, ein wenig Land zu besitzen, war groß in Davidson County. Die meisten der Originalhäuser in diesem Viertel waren wie Mrs Manchinis eingeschossiges Häuschen, das im Vergleich mit den erst kürzlich errichteten neuen Villen nahezu winzig wirkte.

Eine Armee an Architekten war in den letzten Jahren durch Hillwood gezogen und hatte alten und neuen Bewohnern geholfen, umzubauen und aufzustocken. Einige hatten eine Garage oder einen Carport in ein Wohnzimmer verwandelt, einen neuen, von Säulen gestützten Vorbau gebaut, ein paar Deckenlichter eingelassen und sich grundsätzlich mit einigen einfachen Renovierungen zufriedengegeben. Andere hatten größere Pläne im Kopf gehabt und ein ganzes neues Geschoss auf ihr Haus aufgesattelt. So wie bei dem Haus der Wolffs. Jetzt, wo sie wusste, wonach sie gucken musste, sah sie es ganz deutlich. Es war gut gemacht, aber unter der neuen, beeindruckenden Fassade erkannte Taylor die Umrisse des alten Ranchhauses.

Diese Umbaumaßnahmen waren genauso teuer, wie irgendwo anders ein neues Haus zu kaufen, aber die Schulen, die Grundstücke und der nahe gelegene Country Club waren schwer zu widerstehende Verlockungen für eine junge Familie wie die Wolffs. Taylor hatte sich gefragt, warum sie nicht in einer seiner Wohnanlagen wohnten, sich dann aber gedacht, dass es vermutlich den gleichen Grund hatte, warum sie und Baldwin sich dagegen entschieden hatten. Keine Bäume und keine Privatsphäre. Die Häuser, die Wolffs Firma baute, waren umwerfend, aber sie standen eng beieinander, und die Grundstücke waren komplett gerodet worden, was bedeutete, dass jeder Baum von einem Gartenarchitekten geplant und gepflanzt worden war. Trotz ihrer Größe hatten sie einfach nicht die imposanten Ausmaße von alten Villen. Dieses Viertel hier hingegen fühlte sich heimisch und echt an. Und bot sehr viel mehr Privatsphäre.

Taylor gab Fitz ein Zeichen, der sich daraufhin von dem Streifenbeamten verabschiedete und zu ihr auf die Auffahrt gesellte.

„Bist du bereit hineinzugehen?“, fragte sie.

„Ja. Tut mir leid. Der Junge war ganz aufgeregt wegen des Memphis Bake, aber das hatte er mit dem Huntsville Social Club verwechselt. Ich musste ihn erst einmal aufklären.“

„Sehr großzügig von dir. Ich nehme an, er ist keine Konkurrenz für dich?“

„Das Kind? Ha! Er kann Pfeffer nicht von Paprika unterscheiden. Der hat keine Chance gegen den alten Pops hier.“ Er klopfte sich auf die Brust. „Pops hat es drauf, das sag ich dir. Ich habe die feinste Muskatnuss gefunden. Sie kommt aus einem kleinen Hinterhofladen in Bombay und hat einen unvergleichlichen Geschmack. Sie werden gar nicht wissen, was sie da getroffen hat.“

Fitz war ein Weltklasse-Amateurgriller und hatte mit seinen unglaublichen Marinaden und langsam gegarten Boston Butts – einem speziellen Schweinebraten aus der Schulter – schon alle regionalen Wettbewerbe gewonnen. An den Wochenenden reiste er zu den verschiedenen Veranstaltungen, heimste die Pokale ein und brachte montags Lunch für alle mit.

„Du benutzt Muskatnuss? Ist das nicht illegal?“

Jetzt war es an Fitz zu lachen. „Nur in Texas, Darling, nur in Texas.“

Er marschierte voran zum Haus. Taylor folgte ihm. Das Siegel an der Haustür war noch intakt. Fitz schlitzte es mit seinem Taschenmesser auf. Sie traten ein.

Der Geruch nach Tod war immer noch stark. Er hing in dem blutigen Teppich, in den Wänden. Taylor fragte sich, ob Todd versuchen würde, das Haus zu verkaufen, oder ob er weiter hier wohnen bliebe. Auch wenn ihm im Gegensatz zu Michelle Harris der Schock erspart geblieben war, Corinne in einer Lache ihres eigenen Blutes im Schlafzimmer liegen zu sehen, bestand doch kein Zweifel daran, dass unter diesem Dach jemand gestorben war. Von Gewalttaten blieb immer etwas zurück, egal, wie fähig die Reinigungskräfte auch waren. Sie konnten die Oberfläche säubern, aber das Böse würde niemals ganz vertrieben werden können.

Sie bewegten sich in einem Muster, das dem vom Vortag glich. Durch das Esszimmer in die Küche, dann in das geschmackvoll eingerichtete Wohnzimmer. Architectural Digest-Ausgaben lagen präzise übereinandergestapelt auf dem Couchtisch, drei Kristalluhren zeigten die gleiche Zeit an, und eine Duftkerze, deren weißer, jungfräulicher Docht einen halben Zentimeter herausschaute, steckte in einem marmornen Halter. Auf dem Kaminsims standen drei espressobraune Vasen in verschiedenen Höhen. In jeder steckte eine etwas anders cremefarbige Seidenorchidee. Die Wände waren in einem Ecru-Ton verputzt. Die Sitzmöbel waren aus weichem, schokoladenfarbenem Leder. Ein Vierzig-Zoll-Flachbildfernseher hing an der Wand gegenüber dem Sofa. Die Wolffs hatten offensichtlich ein gutes Leben geführt.

Die einzigen Hinweise darauf, dass sie ein achtzehn Monate altes Kind hatten, waren das schlichte Kinderzimmer, das Babygatter an der Treppe und die kindersicheren Schränke in der Küche. Es war wirklich erstaunlich. Taylor hatte schon vorher Häuser wie diese gesehen, kannte Menschen, die wegen ihrer Kinder nicht total verrückt wurden und alles Spielzeug auf dem Markt kauften, um ihre einst wohnlichen Zimmer in reinste Spielparadiese zu verwandeln. Mein Gott, sie war in so einem Haus aufgewachsen, und es war trotzdem etwas aus ihr geworden. Es waren ihre Eltern, die nicht ganz dicht waren. Nicht, dass sie die Wolffs mit ihren Eltern in einen Topf werfen wollte.

„Was ist das?“ Fitz stand neben einem kleinen cognacfarbenen Lederstuhl, der unter einem Wandteppich stand, auf dem ein springendes Einhorn von eine Gruppe Männer mit Speeren gejagt wurde. Er berührte den Stoff.

Taylor ging zu ihm. „Das ist eine Reproduktion der Einhorn-Wandteppiche. Das Einhorn springt über den Bach, glaube ich.“

„Bist du sicher, dass er nicht echt ist? Er fühlt sich ziemlich schwer an.“

„Ja. Er ist aber gut gemacht. Wenn ich mich recht erinnere, hängen die Originale in The Cloisters, einem Teil des Metropolitan Museum of Art in New York. Sie sind aus Frankreich, fünfzehntes Jahrhundert oder so, und wurden, glaube ich, für Louis XII. angefertigt. Vermutlich haben sie den hier im Museumsshop gekauft oder aus dem Katalog bestellt. Wieso interessierst du dich so sehr dafür? Stimmt etwas nicht?“

Anstatt einer Antwort verzog Fitz seinen Mund zu einem schiefen Lächeln. Seine blauen Augen blitzten amüsiert auf. Dann wandte er sich wieder seiner Aufgabe zu. Manchmal schaute er sie so an, halb stolz, halb amüsiert, und sah auf diese seltsame Art durch sie hindurch, bei der sie verlegen an ihrem Zopf herumspielen wollte. Es war nicht ihre Schuld, dass ihre Eltern sie in jedes Museum auf der Welt geschleift hatten und sie sich an alles erinnerte.

„Ich spüre einen Luftzug von dieser Seite.“ Er fuhr mit seiner Hand über den Wandteppich. Taylor kam ein Gedanke.

„Schieb den Teppich mal zur Seite. Ich glaube, da ist was. Erinnerst du dich an Mrs Manchinis Haus nebenan? Sie hatte an dieser Stelle ihres Wohnzimmers eine Tür, die vermutlich in den Keller führt.“

Fitz zog den schweren Teppich von der Wand. „Bingo.“ Der Luftzug kam aus dem Loch, wo der Türknopf hätte sein sollen. Das war nur logisch: Damit der Wandteppich flach an der Wand anlag, musste der Türknauf entfernt werden. Anstatt zu versuchen, hinter den schweren Wandbehang zu kommen, nahmen Taylor und Fitz ihn vorsichtig ab und legten ihn auf den Ledersessel. Die Tür öffnete sich nach innen zu einer Treppe, die in die Dunkelheit führte. Ganz sicher ein Keller.

„Hat das gestern jemand untersucht?“, fragte Taylor.

„Nicht dass ich wüsste.“ Er ging die ersten drei Stufen hinunter und kam dann eilig wieder hoch. Er wischte sich das Gesicht ab.

„Igitt.“

„Was?“

„Spinnweben.“

Taylor lachte so sehr, dass sie sich gegen die Wand lehnen musste, um nicht die Treppe hinunterzufallen. Die fragliche Spinnwebe baumelte lustig hin und her, während Fitz versuchte, sie abzuschütteln. Bei dem Versuch, das Kichern zu unterdrücken, hätte sie sich beinahe auf die Lippe gebissen.

„Das ist keine Spinnwebe, du Dummkopf. Das ist die Schnur für den Lichtschalter.“ Sie griff um ihn herum und zog an der Schnur. Die nackte Hundertwattbirne ging mit einem Klicken an und blendete sie beide für einen Augenblick.

Blinzelnd, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen, starrte Taylor die Treppe hinunter. Das Licht erhellte nur die unmittelbar darunterliegenden Stufen. Fitz grummelte hinter ihr. Sie öffnete den Verschluss ihres Holsters und nahm ihre Glock aus dem knarrenden Leder. Die Waffe eng an ihrem Bein haltend, ging sie vorsichtig weiter. Nach ein paar Stufen kam ein Absatz, und sie blieb stehen. Vorsichtig steckte sie Kopf und Waffe gleichzeitig um die Ecke. Sie sah nichts, was ihr verdächtig erschien, also steckte sie die Pistole wieder ins Holster und nahm die letzten Stufen. Am Fuß der Treppe gab es einen Lichtschalter. Taylor knipste das Deckenlicht an.

Sie stand in einem ganz normalen Keller. Zementboden, auf drei Seiten unverputzte Wände. Die letzte war gestrichen worden, als wenn die Besitzer überlegt hätten, wie es wohl aussähe, wenn man es hier unten wohnlicher machte. Ein leichter Hauch von abgestandener Luft wies auf ein kleines Feuchtigkeitsproblem hin. Der Boden stand voll mit Kartons, Fahrrädern, Schlitten. Alles, was nicht in die Garage gepasst hatte, war willkürlich hier unten verstaut worden. Es war nur ein Stauraum, vielleicht knapp vierzig Quadratmeter groß und nahezu rechteckig. Ganz sicher nichts Aufregendes.

Sie schauten sich noch ein wenig um, schoben ein paar Kartons zur Seite, aber Taylor entdeckte nichts Auffälliges.

„Tim soll sich das hier noch mal genau ansehen, okay? Nur für den Fall.“

„Okay, ich sag ihm Bescheid.“ Er hielt inne und fragte nach einer kleinen Pause mit dramatischer Stimme: „Hörst du das?“

Sie blieb stehen und lauschte. Ja, sie hörte etwas. Schritte. Irgendjemand war mit ihnen im Haus.

Es gab nicht das kleinste Zögern. Bevor sie noch den nächsten Atemzug getan hatte, war die Waffe gezückt und auf die Treppe gerichtet. Fitz hatte seine Pistole ebenfalls in der Hand. Mit Handzeichen bedeutete Taylor ihm, dass sie die Treppe hinaufgehen würde und er ihr folgen sollte.

Die Stufen knarrten, als Taylor sie betrat, und bei dem Geräusch hörten die Schritte oben sofort auf.

„Mist“, flüsterte sie. Damit war das Überraschungsmoment weg. Einen Herzschlag später war sie oben angelangt. Die Waffe am ausgestreckten Arm führend, schaute sie sich im Wohnzimmer um. Keine unmittelbare Bedrohung. Fitz stieß gegen ihren Rücken. Sie nickte ihm zu, machte drei schnelle Schritte in den Raum hinein und wandte sich nach links zum Foyer. Fitz ging nach rechts in die Küche. Nichts, nichts, nichts. Sie trafen sich im Esszimmer wieder, und Taylor zeigte mit ihrer Glock an die Decke. Sie lauschten. Da waren sie wieder, die Schritte. Wer auch immer ins Haus eingedrungen war, befand sich im ersten Stock.

Taylor stand am Fuß der Treppe und wollte gerade die erste Stufe nehmen, da fiel ein Schatten über den Flur. Mit angehaltenem Atem richtete sie die Waffe auf das Geländer. Eine Stufe, noch eine, noch eine, niemand in Sicht. Vierte Stufe, fünfte, da, ein Schatten, der näher kam, sechste Stufe …

„Polizei, keine Bewegung! Bleiben Sie, wo Sie sind“, rief sie.

Der Schatten sprang zurück und schrie. Taylors Finger am Abzug spannte sich an. Sie nahm noch eine weitere Stufe.

„Lieutenant, nicht schießen!“, rief die Silhouette. Taylor erkannte die Stimme und entspannte ihren Finger, allerdings nur ein wenig. Eine junge Frau erschien mit erhobenen Händen oben an der Treppe.

Taylor senkte die Pistole. „Meine Güte, Page. Was zum Teufel tun Sie hier? Versuchen Sie, sich umbringen zu lassen? Ich hätte beinahe auf Sie geschossen.“

Die gruselige Anspannung löste sich in einem lauten Lachen von Fitz. Er und Taylor sackten nebeneinander auf der Treppe zusammen. Julia Page, die stellvertretende Bezirksstaatsanwältin, stand an der Brüstung, die Arme vor der Brust verschränkt. Ihre kinnlangen, lockigen braunen Haare standen zu allen Seiten ab, als wenn sie zu Tode erschrocken worden wären und sich nicht wieder beruhigen könnten.

„Was zum Teufel schleichen Sie hier mit gezogenen Waffen herum?“, wollte Page wissen.

„Was zum Teufel tun Sie hier, ohne mir vorher Bescheid zu sagen?“, gab Taylor zurück.

„Ich habe Sie angerufen und Ihnen eine Nachricht hinterlassen, dass ich hierherkomme, um mich mit Ihnen zu treffen. Meine Güte, Taylor.“

Page kam die Treppe hinunter. Sie war immer noch aschfahl. Taylor stand auf und ging in die Küche. Ihre Hände zitterten, und sie schob sie in die Taschen ihrer Jeans, um es zu verbergen. Page und Fitz folgten ihr einen Augenblick später, aber Taylor merkte, dass Fitz irgendwas zu Page gesagt hatte. Sie sprühte nur so vor Widerborstigkeit, und ihre Haare sahen aus, als hätte sie in eine Steckdose gegriffen. Pages Haare waren ein untrügliches Anzeichen für ihre Gefühle. Bei dem Anblick hätte Taylor am liebsten laut losgelacht, und die Anstrengung, der es bedurfte, es nicht zu tun, half ihr, ihre Fassung wiederzugewinnen.

„Das war knapp, Page. Sie hätten rufen sollen, als sie das Haus betreten haben.“

Dieses Mal schaute Page betreten zu Boden. „Ich weiß. Tut mir leid. Ich habe keinen von Ihnen gesehen und nahm einfach an, dass Sie hinten im Garten sind oder so. Ich dachte, ich schaue mich um und verschaffe mir ungestört einen Eindruck. Tut mir leid“, wiederholte sie.

„Ist okay. Aber jetzt wissen Sie, warum wir erwarten, dass für die Ermittlungen unwichtige Personen sich vor Betreten eines Tatorts eine Freigabe holen. Hat Ihnen der Streifenpolizist draußen nicht gesagt, dass Sie sich laut ankündigen sollen?“

Das spitze Kinn hob sich einen halben Zentimeter. „Ich bin für die

Ermittlungen nicht ganz unwichtig, Taylor.“

„Ja, aber Sie hätten sich beinahe gezwungenermaßen abkömmlich gemacht. Also nächstes Mal …“ Ihre Hände hatten aufgehört zu zittern, das Adrenalin, das durch ihren Körper gerauscht war, hatte sich wieder zur Ruhe begeben.

Page nickte. „Okay, okay. Ich wollte nur den Tatort sehen. Ich habe nicht mit dem Officer draußen gesprochen, sondern ihm nur zugewunken, und er hat zurückgewunken. Wie gehen die Ermittlungen voran?“

„Wir haben noch nicht viel, womit wir etwas anfangen können. Um zwei Uhr sollen wir uns mit dem Ehemann treffen.“

„Nun, es ist jetzt Viertel vor eins. Sie machen sich besser auf den Weg, wenn Sie das noch schaffen wollen.“

Taylor schaute auf ihre Uhr und fluchte. „Ja, wir sollten los. Wir sprechen danach, okay? Kommen Sie gegen drei Uhr in mein Büro. Geht das?“

Page nickte. „Wir sehen uns um drei.“

Die drei verließen das Haus. Fitz klebte ein neues Siegel an die Tür. Er löste sich von den beiden Frauen und ging zu dem Streifenwagen. Taylor wusste, dass der junge Mann einen ordentlichen Einlauf bekäme. Er hätte die stellvertretende Staatsanwältin niemals ins Haus lassen dürfen, ohne zuvor die beiden Detectives zu informieren. Das war schlampige Arbeit. Auch wenn die Situation nicht völlig außer Kontrolle geraten war, war es doch nah dran gewesen. Die Geschichte hätte es in die nationalen Nachrichten gebracht: Stellvertretende Staatsanwältin von leitender Ermittlerin erschossen. Taylor schüttelte den Kopf bei dem Gedanken. Außerdem mochte sie Page. Wäre nicht schön gewesen, sie zu töten.

Todd Wolff erwartete Fitz und Taylor in der Lobby von CJC. Er war allein. Das freute Taylor ungemein. Kein Anwalt bedeutete, sie wären freier mit ihren Fragen. Sie musste Wolff zugutehalten, dass das ein guter Trick war. Ohne einen Anwalt aufzutauchen vermittelte immer das Gefühl, dass man unschuldig war. Nachdem er ein paar Papiere unterzeichnet hatte, machten sie es sich mit ihm in einem blauen Vernehmungsraum bequem, der mit einfachen Möbeln ausgestattet war. Ein Tisch und vier Stühle, je zwei auf jeder Seite. Eine Karaffe mit Wasser und ein paar Gläser, Video- und Audioaufnahme liefen. Fitz führte durch die Aufnahme der Personalien.

„Sie wissen, dass Sie das Recht auf einen Anwalt haben, oder, Mr Wolff?“ Fitz kratzte sich mit dem Stift am Ohr und gab sein Bestes, um möglichst harmlos zu wirken.

„Ich dachte nicht, dass ich unter Arrest stehe“, erwiderte Wolff.

„Das tun Sie auch nicht. Wir reden nur. Aber es wäre nachlässig von mir, es nicht zu erwähnen. Sie wissen, wie das läuft. Wenn also alles so gut ist, nennen Sie mir bitte Ihren vollen Namen.“

„Theodore Amadeus Wolff. Kurzform Todd.“

„Geburtsdatum?“

„4. August 1979.“

„Geburtsort?“

„Clarksville, Tennessee.“

„Sozialversicherungsnummer?“

„413-00-8897.“

„Adresse?“

„4589 Jocelyn Hollow Court, Nashville, 37205.“

Taylor nickte Fitz zu, und er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und bedeutete ihr mit einer Geste, fortzufahren.

„Okay, Todd. Danke erst mal. Können wir dann anfangen? Haben Sie alles, was Sie brauchen?“

„Ja, hab ich. Bringen wir es hinter uns. Ich will zurück zu meiner Tochter.“

Taylor klopfte mit ihrem Stift auf den Tisch. „Wir haben gehört, dass Sie Hayden zu Ihren Eltern gebracht haben. Wo wohnen die, Todd?“

„In Clarksville.“

„Gibt es einen besonderen Grund, warum Sie das Kind nicht bei Ihren Schwiegereltern gelassen haben? Die wohnen eine ganze Ecke näher. Wäre das für Sie nicht praktischer?“

„Muss ich das beantworten?“

Taylor sagte nichts, sondern hob nur eine Augenbraue. Nach einer Weile schien Todd eine Entscheidung getroffen zu haben. „Okay. Ich bin kein Freund davon, hässlich über meine Schwiegereltern zu reden, aber ich hatte das Gefühl, dass meine Eltern im Moment besser gerüstet wären, sich um Hayden zu kümmern. Die Harris’ sind großartig, und wir verstehen uns gut, aber Corinne war … etwas Besonderes für sie. Ihr Liebling. Hayden ist das Licht ihres Lebens. Sie trauern, und ich wollte nicht, dass eine konstante Erinnerung an das, was sie verloren haben, durch ihr Haus läuft. Verstehen Sie das?“

Er sah so verloren aus, dass Taylor ihm glaubte. Sie lehnte sich auch ein wenig in ihrem Stuhl zurück und nahm eine etwas entspanntere Haltung ein. „Das war ein sehr netter Gedanke von Ihnen. Erzählen Sie mir mehr von Ihrer Frau, Todd.“

Wolff nickte und sammelte sich. Als er schließlich sprach, geschah es mit einer stillen Kraft, als wenn er von einer inneren Quelle der Tapferkeit getragen würde.

„Corinne war, nun ja, eine Naturgewalt. Wir haben uns im College kennengelernt, und ich habe mich sofort Hals über Kopf in sie verliebt. Wir sind aufs Vanderbilt gegangen, wissen Sie. Sie war Cheerleaderin, ich saß im Basketballteam auf der Bank. Sie war perfekt, übersprudelnd vor Lebensfreude und unglaublich süß. Sie hatte dieses verrückte Lächeln, das mir immer durch und durch ging. Jeder mochte sie. Sie war die Präsidentin ihrer Studentenverbindung, Kapitän des Tennisteams, eine glatte Einserschülerin. Wir waren eine Woche zusammen, als ich ihr sagte, dass ich sie heiraten werde. Sie sagte Ja.“

Er lächelte vor sich hin, seine Augen verschleierten sich bei der Erinnerung. „Wir saßen auf der Terrasse der San Antonio Taco Company, tranken zu viel Bier und aßen Tacos, und ich habe mich einfach zu ihr hinübergebeugt und gesagt: ‚Ich werde dich heiraten, weißt du.‘ Sie hat gelächelt und gesagt: ‚Nun, wenn du mich fragst, werde ich Ja sagen.‘ Es war perfekt. Sie ist … sie war einfach unglaublich. Ich kann nicht glauben, dass ich nie wieder ihr Lächeln sehen werde.“

Taylor ließ ihm einen Moment, um sich zu sammeln. Sie sah, wie er mit den Erinnerungen kämpfte. Er war ein gut aussehender Mann. Pechschwarze, wellige Haare, dunkelbraune Augen, die beinahe schwarz wirkten, ein breiter, fester Mund. Die Muskeln an seinen Unterarmen deuteten auf Stärke hin. Taylor konnte sich vorstellen, dass jedes Collegemädchen zu einem solchen zukünftigen Ehemann Ja gesagt hätte.

„Erzählen Sie mir, wie Sie gestern so schnell von Savannah aus nach Hause gekommen sind.“

Sein Kopf zuckte zurück, als wäre er geschlagen worden.

„Ich … Das habe ich doch schon gesagt. Ich habe jede Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Strecke ignoriert.“

„Und es dadurch geschafft, eine achtstündige Fahrt um zwei Stunden zu verkürzen.“

„Ja, das ist korrekt.“

„Ich glaube Ihnen nicht.“

Die Anschuldigung hing schwer in der Luft. Todd sagte nichts, sondern presste nur die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Taylor ging ihn noch einmal an.

„Haben Sie eine Lebensversicherung für Corinne abgeschlossen?“

Todd schniefte ein paar Mal. Sie konnte seinen inneren Kampf förmlich sehen, die Erkenntnis, dass er unvorsichtig gewesen war, als er sich entschieden hatte, ohne Anwalt zu kommen.

„Todd, ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Haben Sie eine Lebensversicherung für Ihre Frau?“

„Ja. Natürlich habe ich die. Wir haben ein Kind. Wir haben uns beide versichert, für den Fall, dass einem von uns etwas passiert.“

„Über welche Summe?“

Er murmelte eine Zahl.

„Wie bitte? Ich habe Sie nicht verstanden.“

„Wir haben jeder eine Police über drei Millionen Dollar. Ich denke, ich würde jetzt doch lieber mit einem Anwalt sprechen.“

„Haben Sie Ihre Frau umgebracht, Mr Wolff?“

Er stand so abrupt auf, dass der Stuhl quietschend über den Boden schrammte. „Nein, verdammt noch mal. Aber Sie werden versuchen, es mir anzuhängen, das merke ich. Und ich habe nicht vor, mich zum Idioten machen zu lassen, Lieutenant. Ich habe meine Frau nicht umgebracht. Bin ich verhaftet?“

Eine enorme Spannung lag in der Luft. Taylor starrte in Wolffs schwarze Augen und sah die ersten Anzeichen von Angst. Das weckte ihr Interesse nur noch mehr.

„Nein. Sind Sie nicht. Noch nicht.“