Lorenzo löste sich als Erster aus der Erstarrung.
»Warum war Signor Fredi im Garten?«, fragte er atemlos.
»Er sagte, er brauche frische Luft«, entgegnete der Diener. »Dann bin ich nach vorne, um zu sehen, was los war.«
»Der Tote muss weg«, rief Lorenzo heiser und winkte zwei andere Diener heran.
»Warum muss er weg?«, wollte Angelina wissen. Ihr war übel. Sie hatte ihn zwar nicht haben wollen, aber so einen Tod hatte der arme Mann doch nicht verdient. Es war ihr, als wäre sie schuld an dem, was geschehen war. Die anderen Festbesucher standen immer noch wie erstarrt.
»Es darf der Signoria nicht bekannt werden, dass einer meiner Gäste tot aufgefunden wurde. Bringt ihn hinunter auf den Weg. Er kann von jedem beliebigen Wegelagerer erstochen worden sein.«
»Das halte ich für einen guten Einfall«, stimmte ihm Tomasio zu. Andere Gäste nickten, immer noch bleich im Gesicht. Die Diener packten den Toten und luden ihn auf einen Karren.
»Das Fest geht weiter«, beschied Lorenzo. »Und ich bitte Euch, meine lieben Gäste, über diesen Zwischenfall zu keinem etwas verlauten zu lassen!« Die Musiker begannen wieder zu spielen, und die Gäste gingen hinein, weil inzwischen ein starker Wind aufgekommen war. Angelina fröstelte, sie verstand die Welt nicht mehr, sie verstand nicht, dass ihr Vater nach einem solchen Vorfall das Fest nicht abgebrochen hatte. Sie versuchte in den Augen ihrer Mutter zu lesen, doch die wandte sich ab und nahm sich eine Sahnewaffel vom Tisch.
Am nächsten Tag schien die Sonne wie gewöhnlich in Angelinas Fenster herein, als wäre nichts geschehen. In der Nacht war noch |18|ein kräftiges Gewitter niedergegangen. Als Angelina die Treppe hinab ins Esszimmer kam, saßen ihre Eltern schon am Frühstückstisch. Zwei Diener brachten Würzwein, Eier, Käse und weißes Brot. Die Spuren der nächtlichen Feier waren beseitigt worden.
»Du siehst bleich aus«, sagte Angelinas Mutter.
»Ich habe schlecht geschlafen«, gab Angelina zurück. »Wegen der Ereignisse von gestern Nacht. Was wollt Ihr dem Wachtmeister sagen, wenn Signor Fredi gefunden wird?«
»Wir werden sagen«, begann Lorenzo und legte sein Messer beiseite, »und auch du wirst dich an diese Version halten, dass Signor Fredi sich zu diesem Fest angesagt hatte, aber nicht erschienen ist. Unsere Diener haben ihn nach Anbruch der Nacht gesucht, aber nicht gefunden.«
»Es ist das beste so, mein Kind«, fügte ihre Mutter hinzu. »Schon schlimm genug, dass die Fanciulli uns in der Nacht aufsuchen mussten. Die werden es gewiss der Signoria gemeldet haben.«
»Und wenn schon!«, polterte Lorenzo. »Der Stadtrat wird uns schon nichts anhaben können. Wenn Savonarola erst einmal vom Papst exkommuniziert wird, hat er sowieso einen schweren Stand in der Stadt. Das kann nicht mehr lange dauern, sage ich euch.«
»Die Fanciulli haben Signor Fredi nicht gesehen«, warf ihre Mutter beruhigend ein. »Und falls unsere Gäste aussagen müssen, werden sie dasselbe sagen wie wir.«
»Aber Ihr könnt nicht leugnen, das Fest gefeiert zu haben!«, gab Angelina zu bedenken. Ihr Vater zwinkerte ihr zu.
»Hier auf dem Land wird das ein wenig unbefangener gesehen. Der Arm des Mönchs reicht nicht so weit, auch wenn er seine Kinderbanden schon in die umliegenden Dörfer schickt.«
»Ich danke Gott dafür, dass deine Geschwister krank geworden sind und wir sie zu den Großeltern gebracht haben«, meinte Signora Girondo. »Sie waren zu lange draußen«, fügte sie hinzu.
»Sie waren nicht zu lange draußen«, setzte Lorenzo dagegen. »Ich habe immer gesagt, Kinder muss man abhärten, dann bekommen sie viele Krankheiten erst gar nicht.«
|19|»Davon verstehst du nichts«, entgegnete seine Frau und knuffte seinen Arm.
»Wollt Ihr den Mord nicht doch lieber melden, Herr Vater?«, fragte Angelina.
»Ausgeschlossen!«, gab Lorenzo zur Antwort. »Die Lage ist schwierig genug. Ich kann es mir in meiner Stellung nicht erlauben, mit so etwas in Verbindung gebracht zu werden.«
»Wann kommen Rodolfo und Clementina denn zurück?«, fragte Angelina. Sie hatte eingesehen, dass sie mit ihrem Vater nicht reden konnte. Gut, dass ihren Geschwistern das hier erspart geblieben war.
»Wir fahren morgen in unser Stadthaus«, erwiderte Lorenzo. »Dort werden die Kleinen uns schon erwarten.«
Angelinas Herz begann schneller zu klopfen. Sie würde Francesco wiedersehen!
»Ich freue mich darauf«, sagte sie und trank einen Schluck Würzwein, als es an der Tür pochte. Der Diener Hippolo kam herein und meldete den Wachtmeister aus dem Dorf.
Angelina kannte den gutmütigen Mann aus den Bergen. Er hieß Angelo Nicolini und war ein schwergewichtiger Familienvater, dem man seinen Hang zu gutem Essen und Trinken ansah. Der Wachtmeister schnaufte herein und blieb ehrerbietig stehen.
»Kommt doch näher«, rief Lorenzo ihm zu.
Der Wachtmeister drehte seine Mütze in den Händen.
»Es ist mir nicht angenehm, Signor und Signora Girondo«, begann er zögernd. »Winzer haben heute Morgen einen Toten auf dem Weg ins Dorf gefunden. Nun muss ich Euch fragen, ob Ihr ihn kennt.«
»Hat ihn niemand aus dem Dorf erkannt?«, fragte Lorenzo mit einem gespannten Gesichtsausdruck.
»Nein, niemand, aber die Leute sagen, das war so ein feiner Herr, der hatte gewiss etwas mit den Girondos da oben auf dem Anwesen zu tun.«
»Wir hatten gestern einige Freunde zu Gast«, sagte Lorenzo.
|20|»Ich hörte davon«, gab Nicolini zurück. »Ein paar Fanciulli haben gestern Nacht gemeldet, dass bei Euch ein Fest stattgefunden habe, das nicht den Verordnungen entsprach.«
»Ach, Ihr wisst doch, wie das ist«, schmeichelte Lorenzo. »Man holt seine Kleider aus den Truhen, um mal wieder ein wenig Glanz zu sehen. So viel Freude ist ja in letzter Zeit nicht aufgekommen, meint Ihr nicht auch, Signor Nicolini?«
»Recht ist Recht«, antwortete der Wachtmeister. »Ich muss das der Signoria melden.«
»Ach, kommt«, meldete sich Angelinas Mutter zu Wort, »Ihr erhaltet auch wieder ein Fässchen Wein aus unserem Keller. Und einen Korb voller Sahnewaffeln«, fügte sie hinzu, als sie sah, wie die Augen des Wachtmeisters aufleuchteten.
»Also gut, ich habe nichts gehört und nichts gesehen«, meinte er.
Und an Lorenzo gewandt: »Aber wollt Ihr mir jetzt bitte folgen und Euch den Toten ansehen?«
»Aber gewiss. Es könnte Signor Fredi sein, der sich bei uns angesagt hatte, aber nicht erschien. Wahrscheinlich ist er von Wegelagerern erschlagen worden, der Arme.«
»Er wurde erstochen«, meinte der Wachtmeister.
»Wenn er es wirklich ist, werde ich ihn in unserem Wagen in die Stadt bringen lassen.«
»Hat er Verwandte?«, wollte der Wachtmeister wissen.
»Nur seine alte Mutter, soweit ich weiß.«
»Habt Ihr ihn nicht suchen lassen?«
»Meine Diener haben Ausschau nach ihm gehalten, ihn aber nicht gefunden«, beendete Lorenzo den Disput und schritt zusammen mit dem Wachtmeister hinaus.
Am Tag darauf zog die Familie Girondo wieder in die Stadt. Ihre leichte Kutsche war mit Körben und Beuteln beladen. Der Leichnam Fredis begleitete sie in einem schwarzen Kasten.
Die Stadt Florenz empfing sie so abweisend wie bei ihrer Abreise. Die Häuser standen wie Türme, mit kleinen Fenstern und Loggias |21|versehen. Angelina bemerkte die Nebel, die von den Wassern des Arno aufstiegen. Sie hüllten alles in ein düsteres Grau. Die Menschen, in schwarze Umhänge gehüllt, eilten ihren Häusern entgegen. Sie schienen beunruhigt; viele von ihnen trugen Waffen. Durch die Straßen zogen die Fanciulli del Frate.
Angelinas Vater übernahm die traurige Aufgabe, Fredis Mutter ihren toten Sohn zu überbringen. Die Familie erreichte ihr Stadthaus, den Palazzo Girondo. Angelina stieg mit ihrer Mutter die Treppe zum Primer Piano, zum ersten Stock hinauf. Sie war froh, ihre Geschwister wiederzusehen. Sie wären wieder vollständig gesund und von den Großeltern hervorragend versorgt worden, berichteten sie.
»Gibt es noch ein Fest?«, fragte Rodolfo mit leuchtenden Augen.
»Vielleicht zu Pfingsten!«, fiel Clementina ein.
»Wir werden sicher bald wieder ein Fest feiern«, versicherte Angelina und strich beiden über die Köpfe. Von draußen ertönte ein vielfältiges Rasseln. Die Geschäftsleute ließen ihre Läden herunter. Signora Girondo, die herzugekommen war, sagte aufgeregt: »Die Schulen haben geschlossen, weil Savonarola wieder eine seiner Predigten hält. Wir sollten hingehen, alle unsere Nachbarn und Bekannten finden sich heute im Dom ein, um den Prediger zu hören.«
»Er ist ein Piagnone, eine Heulsuse!«, rief Clementina. »Und alle, die ihm anhängen, sind ebenfalls Heulsusen.«
»Wo hast du denn das aufgeschnappt?«, fragte Signora Girondo streng.
»Na, bei den Compagnacci, unseren Kumpanen«, antwortete Clementina. »Sie sagen, Savonarola hat die Stadt verraten, weil das, was er versprochen hat, nicht eingetreten ist.«
»Davon versteht ihr nichts«, sagte Signora Girondo schnell. »Jetzt zieht eure Gewänder für die Kirche an, hört doch, die Glocken läuten schon!«
Wenig später traf Lorenzo Girondo ein, und die Familie machte sich gemeinsam auf den Weg zum Dom. Kleinere Prozessionen von Menschen zogen zur Kirche hin, angeführt von den Fanciulli |22|del Frate. Von einer Eskorte von älteren Kindern bewacht, näherte sich Savonarola dem Dom. Angelina hatte ihn noch nie aus solcher Nähe gesehen.
Er war von kleiner Statur, in eine braune Kutte gekleidet, die von einem Strick zusammengehalten wurde. Sein Gesicht wirkte blass und zerfurcht, die Augen, die tief in ihren Höhlen lagen, sahen aus wie von innen verbrannt. Das war also der Bußprediger, der ganz Florenz im Griff hatte! Angelina betrachtete ihn neugierig. Sie wandte sich erschrocken ab, als er sich plötzlich umwandte und sein Blick sich in ihren bohrte.
In der Kirche herrschte drangvolle Enge, es roch nach Schweiß, nach Weihrauch und ein wenig nach Verwesung. Da Männer und Frauen in der Kirche durch ein riesiges Tuch getrennt stehen mussten, blieben nur ihre Mutter und ihre Schwester während der Predigt bei Angelina. Nach Gesängen, Gebeten und Psalmen, die nicht mehr aufhören wollten, betrat Savonarola die Kanzel. Atemlose Stille herrschte unter den Unzähligen, die sich hier versammelt hatten.
»Hört ihr das Wort unseres Vaters?«, begann der Mönch mit gewaltiger Stimme, die man dem schmächtigen Körper gar nicht zugetraut hätte. »Das sagt: Auge um Auge, Zahn um Zahn? Wir stehen dicht vor der Wende des Jahrhunderts. Hat nicht Johannes das Ende der Zeit angekündigt? Und siehe, ein fahles Pferd. Und der darauf saß, dessen Name war: der Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten mit Schwert und Hunger und Pest und durch die wilden Tiere auf Erden. Diejenigen, die das Heiligste beschmutzt haben in der letzten Nacht, sollen in den tiefsten Tiefen der Hölle schmoren!« Er schlug auf die Brüstung der Kanzel, wo Domenian die Nägel hatte entfernen lassen. Ein Aufseufzen kam aus tausend Kehlen. »Bürger von Florenz!«, fuhr Savonarola fort. »Noch sitzt der Antichrist auf dem Thron in Rom, Alexander VI., den gilt es zu vernichten, es gilt, einen Gottesstaat zu errichten. Die Wahl des Papstes im Jahre 1492 war ungültig! Er lebt in Sünde mit seinen |23|Konkubinen, allein sieben Kinder hat er mit ihnen gezeugt. Der Papst hat gedroht, mich zu exkommunizieren, aber das kann mich nicht davon abhalten, das Rechte zu tun, das, was Gott und die Gemeinschaft der Gläubigen von uns verlangen. Seid ihr treue Diener Gottes? Werdet ihr uns mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und bei allem, was euch heilig ist, unterstützen?«
»Ja, das werden wir, Padre Prior«, antworteten Tausende von Menschen.
»Also«, fuhr Savonarola fort, »der vollkommene Christ lebt im Glück der Barmherzigkeit. Und so – wie Hiob sagt – haben diese Vollkommenen die Nacht in Tag verwandelt, das heißt, Unglück schätzen sie als Glück und Glück der Welt halten sie für Unglück. Das sind also die Doppelrechtser, die vollkommenen Christen. Andere Christen sind Doppellinkser, die gebrauchen beide Hände als Linke, da sie sündigen im Glück wie im Unglück. Das sind diejenigen, die gestern Nacht das Haus des Herrn besudelten. Wie denen, die Gott lieben, alles zum Wohle gereicht, so gereicht diesen alles zum Übel.«
Das Schlagen einer Trommel war zu hören. Die dicht gedrängt stehenden Menschen blickten verwirrt empor. Das Trommeln wurde lauter. Einige junge Leute auf den oberen Rängen waren aufgesprungen. »Du wirst selber in der Hölle brennen, Savonarola!«, schrie einer von ihnen. »Uns kannst du nicht mehr überzeugen mit deinem Sünden- und Höllengefasel! Und bald wird dir keiner mehr folgen in dieser Stadt.« Die Menge wirkte wie versteinert.
»Euch wird der Mut bald vergehen, ihr Bürschchen!«, rief Savonarola und drohte ihnen mit der Faust. »Gott wird über euch zu Gericht sitzen.« Durch das lauter werdende Geschrei und Trommeln fuhr er mit seiner Predigt fort: »Die Doppelrechtser gleichen den Bienen, die alles in süßen Honig verwandeln, die Doppellinkser den Schlangen, die alles in Gift verwandeln. Und was denkt ihr, die ihr gute Christen seid, wer von denen die ewigen Freuden des Paradieses erlangen wird?«
|24|»Die Doppelrechtser!«, riefen die Menschen, lauter als die Trommeln.
»Und wer wird in die Hölle fahren und im Fegefeuer braten?«
»Die Doppellinkser!« Es kam wie ein gemeinsamer Aufschrei, viele bekreuzigten sich.
»Du bist selber ein Doppellinkser, Savonarola«, tönte es von der Empore. Einige Mönche eilten die Treppe hinauf, packten die Störer und trieben sie mit Knüffen und Stößen aus der Kirche hinaus. Keine Hand regte sich, um ihnen zu helfen.
»So lasst uns beten«, fuhr Savonarola zufrieden fort, als wieder Stille eingetreten war. Sein Gebet, das er mit lauter, sicherer Stimme vortrug, endete mit den Worten:
»Und weil wir Menschen hienieden schwach sind, so behüte uns, Herr, vor allen schädlichen Anfechtungen, vor Teufels Arglist, Fleisches Begierden und der Welt Falschheit und Trug. Und erlöse, Herr Gott, mich selbst und alle Christen von dem Übel des Leibes und der Seele. Amen.«
»Amen«, kam es aus Tausenden von Kehlen. Der Chor begann zu singen.
Danach schoben sich die Massen langsam nach vorn, um das heilige Abendmahl aus der Hand des Priors zu empfangen. Angelina glaubte zu ersticken, so dicht drängten sich die Menschen. Sie schickte einen Blick zur Kuppel des Doms. Durch die runden Fenster fiel ein fahles Licht. Als sie den Kopf senkte, begegneten ihr zwei Augenpaare, die sie anscheinend schon länger angeblickt hatten. Es war Francesco. Neben ihm stand ein Mann mit rötlichem Lockenkopf und orangefarbenem Gewand. Es war der Maler Botticelli, den Angelina schon in dessen Werkstatt gesehen hatte. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge, bis sie vor den beiden stand.
»Wir sollten die Kirche verlassen«, meinte Francesco. »Sonst werden wir hier noch erdrückt. Ich glaube, hier sind Abertausende von Leuten versammelt.«
»Du versäumst das Abendmahl, wenn du jetzt gehst«, mahnte ihn der Maler. »Außerdem braucht Girolamo Savonarola jetzt |25|unsere Unterstützung. Du hast gewiss gehört, was gestern vorgefallen ist.«
»Was ist geschehen?«, fragte Angelina.
»Gestern Morgen war der Dom von einem widerlichen Gestank erfüllt«, antwortete Francesco. »Jemand, wohl die Compagnacci, hat die Eingeweide eines Esels auf den Altar gelegt und überall Nägel in die Kanzel geschlagen. Wahrscheinlich wollten sie Savonarola töten. Aber sie haben es nicht geschafft!«
So weit war es schon gekommen? Angelina konnte es kaum glauben.
»Kommst du jetzt mit mir nach vorne?«, fragte Botticelli ungeduldig.
»Ich habe eine Sitzung mit der Signorina«, gab Francesco unbekümmert zurück. »Kommt«, sagte er und fasste Angelinas Arm.
Sie wurde rot. »Ich muss meinen Eltern Bescheid geben«, wandte sie ein. Sie entdeckte ihre Eltern und Geschwister, die dem Ausgang zustrebten. Als sie es endlich aus dem Dom heraus geschafft hatten, sah Angelina ihre Familie, die offensichtlich auf sie wartete. Zusammen mit Francesco steuerte sie auf sie zu.
Angelina zupfte am Ärmel ihres Kleides. »Francesco will an meinem Bild weitermalen«, sagte sie.
»Oh, das hatte ich ganz vergessen, dass heute eine Sitzung in der Werkstatt ist«, meinte ihr Vater.
»Dann geh«, schaltete sich die Mutter ein. »Aber sei zum Abendessen wieder zu Hause! Clementina soll dich begleiten.« Ihre Schwester war die Letzte, die Angelina hätte dabeihaben wollen, auch wenn sie das Mädchen sehr liebte. Clementina drängte sich freudig an sie heran.
»Darf ich auch etwas malen?«, fragte sie mit glänzenden Augen. Mit ihren zehn Jahren war Clementina doch noch recht kindlich.
»Aber gewiss darfst du das«, antwortete Francesco lächelnd.