Kapitel 7
Kukulkan wurde von der Macht der Explosion zurückgeworfen, obwohl er sein Bestes gab, um die unkontrollierte Ausdehnung zu begrenzen. Ein weißglühendes Inferno verdampfte dennoch den Berg Idrak vor seinen Augen in einer leuchtenden Kugel, die sich unnatürlich langsam aufblähte. Myriaden von Balustraden, Statuen, Fresken und Reliefs, über tausende von Jahren von den besten Künstlern und Handwerkern Iidrashs erschaffen, vergingen in einem Lidschlag. Viele der Flugechsen und der Menschen auf ihren Rücken starben durch die Gewalt der Druckwelle, umhergeschleuderte Steinbrocken oder verbrannten in der Hitze zu Asche. Alles außerhalb seines Schutzschilds ging in einem Sekundenbruchteil in Flammen auf. Kukulkan sah auf die Tempelstraße hinab. Priesterinnen und Tempelwächter, Kinder, Frauen und Männer, die aus dem Tempel flüchteten, verbrannten in Sekunden zu nichts als Staub. Palmen und Büsche entlang der Tempelstraße, wo sich manch eine verzweifelte Hand festhielt, zerfielen zu Asche. Stelen mit heiligen Symbolen und Skulpturen von verstorbenen Meistern der Bildhauerei, so kunstvoll gearbeitet, dass sie unersetzbar waren, einfach alles im Tal wurden hinweggefegt wie Blätter im Wind. Flammen und Feuer waren überall, säten Tod und Verderben. Ein Beben fuhr gewaltsam wie ein kolossaler Pflug durch Luft und Erde, ließ das Gebirge erzittern, den Boden zerreißen und schnitt tiefe Wunden bis in die Eingeweide Kabals hinein. Die Abgründe verschluckten gierig alles, was nicht im Inferno verbrannt war und viele, die dem Flammeninferno entgangen waren, fielen dort in ihren Tod. Lawinen aus Geröll stürzten die versengten Gipfel der Berge herab und begruben Straßen, Wege und jeden, der darauf noch unterwegs war unter sich. Staubwolken und Wasserdampf fegten über das Land, das sich wieder und wieder aufbäumte, einem sterbenden Tier gleich, das sich nicht kampflos in sein Schicksal ergeben wollte.
Kukulkan gab sein Äußerstes, um der Vernichtung zu entgehen, nahm alles an Energie auf, was er konnte, doch er war außerstande, genug davon in den Schild umzuleiten. Die Menschen zu seinen Füßen, Priesterinnen, Tempelwächter, Händler und Handwerker, Heilerinnen und Diener und so viele mehr schrien in Verzweiflung und Todesangst auf.
Er berechnete fortwährend die verlorenen Essenzen außerhalb seines Schildes, spürte das Leben aus zahlreichen Körpern weichen. Er weigerte sich, die erfassten Werte zu analysieren. Mit starrem Blick sah er auf die Ansammlung von unversehrten Menschen, Tieren und Flugechsen zu seinen Füßen. Es waren zu wenige und die Ausdehnung der gehemmten Explosion nahm erneut zu.
Neue Anomalie innerhalb der Gefahrenzone entdeckt.
Etwas Eigenartiges geschah, denn die Explosion verharrte.
Langsam, nur sehr langsam, aber dennoch messbar, wurde die Ausdehnung der gefährlichen Energieblase umgekehrt. Die leuchtende Kugel, die eben noch expandierte, fiel in sich zusammen. Der Vorgang dauerte an, doch Kukulkan war klargeworden, dass eine Entität dafür verantwortlich war, die sich innerhalb der Vernichtungszone befinden musste. Die Ergebnisse seiner Berechnungen ließen ihn hoffnungsvoll innehalten. Die kugelförmige Ausbreitung der Explosion verblasste endgültig, die Beben setzten aus und der Staub flirrte nur noch ungefährlich durch die Luft. Ein letzter Donnerschlag beendete das Inferno. Kukulkan konnte seinen Schild fallen lassen und flog in den Krater, der einst der Fuß des Berges Idrak und der größte und älteste Tempel des Ordens gewesen war. Eine Gestalt lag auf dem Boden des Kraters. Klein und unscheinbar.
Vitalwerte kritisch. Integrität des Körpers kompromittiert. Notfallversorgung sofort notwendig.
Er stieß hinab in den Krater und barg mit einer Geschicklichkeit, die seine titanenhaften Hände grotesk erscheinen ließ, den zusammengerollten Leib der Hohepriesterin. Ihr Haar war verbrannt, Ihre Hände und Füße verkohlte Stümpfe. Die Haut knisterte und dampfte aus Rissen, in deren Tiefen es rotglühend, aber immer schwächer werdend pulsierte. Ihr Gesicht … war nicht mehr. Das Leben wich aus dem vom Feuer verzehrten Leib, doch Kukulkan wollte es nicht zulassen. Er formte eine Blase aus statischer Energie um Charna und schoss mit ihr davon in Richtung der Flammengrube. Sein Blick fiel dabei zurück in das Tal.
Idrak war vernichtet.