Kapitel 7

Julana ließ den Rucksack sinken. Sie kniete sich an die Quelle und schöpfte das klare Wasser mit beiden Händen, trank in kleinen Schlücken davon. Sie befüllte anschließend ihre Flaschen und wunderte sich, wie in einem solch feuchten Land so wenig sauberes Wasser zu finden sein konnte. Die ungemütlichen Sümpfe des Sidaji-Reiches riefen ein starkes Gefühl des Heimwehs hervor. Sie vermisste die kalten Wasser der Fjorde, die klare Luft, die weite Sicht von den Bergrücken hoch im Norden der Frostreiche, wo Trauk lag, der Stammsitz ihrer Familie. Ein Ort, den sie womöglich nie wieder aufsuchen würde.

Sie erschlug eine Mücke und lachte freudlos.

Die sind genauso lästig wie daheim.

Sie legte ihre Kleidung ab und nutzte die Gelegenheit zu einer schnellen Körperwäsche. Der Kurakpor auf ihrem Bauch hatte ihren Genickbruch vollkommen verheilen lassen und seit gestern Morgen hatte sie keine Kopfschmerzen mehr verspürt. Ihre Stirnwunde war ebenfalls verheilt und nur der Hauch einer Narbe war zurückgeblieben. Auch sie würde verschwinden. Julana betrachtete den Parasiten mit gemischten Gefühlen. Sie hatte gelernt, das fremdartige Lebewesen als Teil ihres Körpers zu betrachten. Sie konnte jedoch nicht vergessen, mit welcher Grausamkeit und perversem Vergnügen Wira ihr dieses »Geschenk« gemacht hatte. Sobald der Kurakpor in der Lage gewesen war, die Wunden zu heilen, die die Frostkönigin ihr zufügte, hatte sie mehr ertragen müssen, als sie sich selbst zugetraut hatte, jemals aushalten zu können.

Sie legte ihre verschmutzte Kleidung an und wünschte sich einen größeren Fluss, damit sie den Schlamm und Geruch aus ihren Kleidern waschen konnte.

Hätte ich bloß ein Stück Seife mitgehen lassen.

Julana begutachtete die Reste der Vorräte in ihrem Rucksack und seufzte. Der Kurakpor brauchte einen stattlichen Anteil dessen, was sie verzehrte. Sie aß wie ein Bauer und hatte doch stets Hunger. Wenn sie also nicht in Kürze etwas Essbares auftrieb, stand sie vor einem Problem. Sie erwog, eine der Schlangen zu fangen, die beinahe überall in den Büschen hingen, aber der Gedanke allein reichte aus, um ihr Übelkeit zu verursachen.

Ich werde nach einer Ortschaft oder einem Haus Ausschau halten. Womöglich kann ich einen der Sidaji bitten, mir etwas zu geben. Bei den vielen Todesfällen mag es allerdings sein, dass ich sogar ein verlassenes Gebäude und ein paar Vorräte finde. Das Land wirkt wie ausgestorben. Wo sind alle?

Julana hob den Rucksack auf ihre schmerzenden Schultern und ihr Blick fiel auf ihre Hände. Der Schmutz war zwar größtenteils abgewaschen, aber ihre Haut und ihre Nägel sahen aus wie bei einer Magd.

Sie lachte.

Lieber frei und schmutzig als gepflegt und in Sklaverei.

Der wiederkehrende Gedanke an Wira rammte einen kalten Stachel des Hasses in ihr Herz. Sie dachte an die Zeit zurück, als sie in die starke Frau verliebt war, ihr blind vertraut hatte. Wira hatte sie hingegen nur benutzt und in einen Abgrund der Erniedrigung gestoßen. Anfänglich hatten ihr Wiras ungewöhnliche Spielchen zugesagt. Doch als daraus unfassbare Rohheiten wurden, die keine Grenzen kannten, waren ihre Gefühle für die Königin des Frostturms, die von Anfang an voller bizarrer Widersprüche waren, unerträglich geworden. Sie schämte sich für die Abhängigkeit, in die sie sich begeben hatte, doch in den letzten Wochen war aus der bitteren Enttäuschung Wut geworden.

Wut und Hass.

Julana kämpfte bis zum Einbruch der Dämmerung mit dem morastigen Terrain und hätte beinahe den Weg übersehen, der sich auf steinernen Stelzen hoch über dem Land hinzog. Sie erkannte die schmale Linie des Bauwerks kaum noch und hielt darauf zu. Sie hatte die Straßen bisher gemieden, weil sie Angst davor hatte, den Maschinenwächtern zu begegnen. Aber nach tagelangem Marsch durch das feuchte Dickicht und den matschigen Boden war ihr das Risiko egal. Sie erreichte den Rand des Weges und kletterte an einer der Stelzen hinauf. Der Boden war von Moos und wurzelartigen Strängen überwachsen und nur in der Mitte des Stegs erkannte sie eine Art ausgetretenen Trampelpfad. Scheinbar war hier nur selten jemand unterwegs.

Am Horizont verschwanden die beiden Sonnen und im letzten Strahl sah sie Rauchwolken in weiter Ferne aufsteigen. Etwas Großes, eine ganze Stadt womöglich, brannte dort. Sie entfernte sich jedoch von diesem Ort und hoffte, dass sie keinen Maschinenwächtern begegnen würde.

Obol hatte zugenommen und stieg am Horizont auf. Der zweite Mond war nicht ganz voll, warf aber genug Licht auf die flache Landschaft vor ihr. Sie vermisste schmerzlich eine Karte und konnte sich in diesem fremden Land nur unzureichend orientieren. Die grobe Richtung nach Südosten hatte sie jedoch eingehalten und früher oder später musste sie an die Küste gelangen. Dort würde sie ein Boot suchen und nach Loros übersetzen. Die Vulkaninsel war weit genug vom Thronsaal und den Frostreichen entfernt und die erste Insel, die sie erreichen konnte. In der Nähe des Strandes würde sie einen Unterschlupf finden und sich für eine Weile niederlassen. Pläne schmieden. Kraft schöpfen.

Julana marschierte bis tief in die Nacht und erreichte schließlich eine Herberge. Zur Vorsicht schlich sie sich langsam an. Sie umrundete das flache Steingebäude, das von einem Wandelgang und vielen immer noch gepflegt wirkenden Büschen und Hecken umgeben war. Es brannte kein Licht im Gebäude, und die breite Bronzetür war verschlossen. Sie klopfte an, unsicher, ob nicht doch jemand anwesend sein könnte. Es tat sich nichts.

Julana konzentrierte sich und sprach die Worte der Altvorderen ihres Stammes, um deren Beistand zu erbitten. Als die kalte Kraft in ihren Fingerspitzen vibrierte, entließ sie einen Eisstrahl auf das Schloss. Das Metall gefror schlagartig und ein gezielter Tritt öffnete die Tür. Dahinter lag eine dunkle Halle, der ein abgestandener Geruch anhing. Sie rief erneut ihre Ahnen an und beschwor einen leuchtenden Eiskristall, der ihrer linken Handfläche entwuchs. Sein kaltes Licht fiel in eine verlassene Gaststube, die offenbar schon vor längerer Zeit geschlossen worden war. Tücher bedeckten die Tische und Stühle, Spinnweben hingen überall. Julana atmete auf und machte einen wachsamen Rundgang durch das flache Gebäude. Alles war ebenerdig angelegt. Neben einer Anzahl von Nutzräumen und sechs Gästezimmern unterschiedlicher Größe gab es auch eine Küche mit weiträumiger Vorratskammer. Getrocknete Lebensmittel und Konserven in Holzfässern waren reichlich vorhanden. Julana mochte das Essen der Sidaji zwar nicht übermäßig, hatte jedoch wenigstens das Problem ihrer Ernährung gelöst. Frisches Wasser floss aus bronzenen Wasserhähnen in der Küche und dem Waschraum, während irgendwo im Haus eine Maschine ansprang und vor sich hinbrummte. Julana wusste, dass die Sidaji ihr Wasser mithilfe von Pumpenmaschinen aus tiefen Brunnen förderten. Sie kannte solche Geräte aus ihrer Zeit in Tojantur, dem Sitz der Gottkaiserin hoch im Norden der Frostreiche. Müde geworden, kehrte sie in den Gastraum zurück. Das Kristalllicht in ihrer Hand ließ sie erlöschen, nachdem sie eine Kerze gefunden und entzündet hatte.

Sie schloss die Tür.

Ein Riegel konnte von innen dagegen gelegt werden und sie atmete auf, als sie sich zum ersten Mal seit Monaten etwas sicherer fühlte. Erschöpft lehnte sie die Stirn an die kalte Metalltür.

Tränen liefen still über ihre Wangen.

Nach einer Weile ließ sie den Rucksack sinken und suchte hinter dem Tresen nach etwas zu trinken. Sie fand eine Flasche Met und lachte leise. Es war ein Import aus den Frostreichen. Sie mochte die Sorte nicht sonderlich. Dennoch öffnete sie die Flasche und genoss den Geschmack des Vertrauten und der Heimat. Sie zog die Tücher von einer Sitzgelegenheit und ließ sich mit schmerzenden Beinen nieder. Eine Stunde später hatte der Met weit mehr als nur ihren Durst gestillt und bald schwankte sie in eines der Gästezimmer. Ein Lager auf dem Boden war ausreichend mit Fellen gedeckt und sie ließ sich einfach darauf sinken.

So gut habe ich seit Tagen nicht gelegen. Ich will nur noch schlafen …

Am nächsten Morgen erwachte Julana spät. Sie suchte den Waschraum auf und entdeckte ein Stück Seife und ein paar Handtücher. Das Wasser, das aus einer Öffnung über einem Gossenstein perlte, war eiskalt und sie genoss es so lange, bis sie eine Gänsehaut bekam und zitterte. Sie trocknete sich in Ruhe ab und versorgte ihre wunden Füße.

Es wäre großartig, wenn ich hier frische Kleidung fände.

Ihren vor Dreck starrenden Rock und die Bluse ließ sie liegen, versuchte gar nicht erst ihre Unterkleidung anzufassen und schlang sich ihr Handtuch um die Hüften. Im Licht des Tages durchsuchte sie die Räume erneut, während sie ihr langes, rotes Haar in einen langen Zopf bändigte. Eine Kammer hatte sie am Abend übersehen. Die Tür war verschlossen, aber bevor sie ihre Ahnen durch ihre Einfallslosigkeit beschämte, suchte sie die Umgebung nach einem Schlüssel ab. In einer Vase wurde sie fündig und schloss die hölzerne Tür auf. Dahinter lagen drei weitere Räume, die den Besitzern der Herberge als Wohnung gedient haben mussten. Julana ließ ihre Hände über persönliche Gegenstände gleiten, als sie durch die Zimmer ging. Ein Saiteninstrument mit einem Resonanzkörper aus dem Panzer einer Schildkröte rief ein Lächeln auf ihre Lippen. Ein kleines Gemälde zeigte das schuppenbewehrte Gesicht eines Sidaji mit den charakteristischen Augen der Echsen. Im Raum war das große Schlaflager am Boden, wie es die Sidaji bevorzugten. Das Licht fiel durch ein rundes Fenster auf einen Kristall, der gelblich glitzerte und auf einem schönen Podest aus Metall stand. Leichte Stoffe verhüllten die Wände und am Boden lagen unzählige Teppiche, die in geometrischen Mustern und sanften Farben geknüpft waren.

Dies ist so anders als die offiziellen Räume der Sidaji. Warm und gemütlich. Hier hat jemand mit Humor und Herz gewohnt.

Julana entdeckte einen Schrank, der aus dem grauen Holz im Moor versunkener Bäume gefertigt worden war. In ihm hingen zahlreiche Kleidungsstücke. Eine praktische Hose aus festem Stoff und eine Tunika mit Lederbesatz sowie Gurten an den Ärmeln sahen so aus, als ob sie ihre ungefähre Größe haben könnten. Sie ließ das Tuch von ihrer Hüfte gleiten und probierte die Hose und das Hemd aus. Die Teile passten ihr gut genug. Sie fand noch einen Umhang mit Kapuze und zwei weitere Hosen und Hemden, die sie an sich nahm. Die natürlichen Grün- und Brauntöne würden ihr helfen, sich vor unerwünschten Blicken zu schützen. Ein Paar Lederstiefel, das ungefähr ihre Größe hatte, war ebenfalls vorhanden und es war sogar von guter Qualität, wenngleich die eigenartige Zehenteilung der Sidaji auch etwas ungewohnt am Fuß war. Julana durchsuchte zwei Truhen im Zimmer und fand einen schweren Dolch und eine Armbrust. Sie hob die Armbrust an und erschrak, als diese sich selbst spannte und mit einem Surren ein Bolzen geladen wurde. Sie untersuchte die Waffe und stellte fest, dass die Bolzen von unten aus einer Kammer glitten. Sie konnte die Kammer öffnen und ein Metallkistchen mit den Geschoss darin fiel in ihre Hand. Sie fand mehrere der Metallkistchen, die jeweils ein Dutzend Bolzen enthielten. Julana lächelte. Es konnte nicht schaden, gut gerüstet zu sein.

Sie durchsuchte den Rest der Herberge und fand neben ausreichend Proviant auch einige praktische Dinge wie ein Seil, Handschuhe, eine Angel, einen besseren Rucksack und eine Schlafrolle. Als sie alles eingepackt hatte, stöhnte sie beim Gewicht des Rucksackes auf.

Das ist verflucht schwer. Aber was soll ich machen? Ich muss mich daran gewöhnen. Schadet nicht, wenn ich etwas zäher werde.

Sie entschloss sich dazu, noch in der Herberge zu bleiben und Kraft für den letzten Teil ihrer Reise zu sammeln. Sie verbrachte den Rest des Tages damit, über die Geschehnisse der vergangenen Wochen nachzudenken und endete bei einer Flasche Wein auf der rückwärtigen Terrasse, wo sie die Sonnenuntergänge anstarrte.

Ich werde vorläufig nicht in die Frostreiche zurückkehren, oder? Es gibt dort nichts, was Wira mir nicht genommen hätte. Wie konnte ich es so weit kommen lassen? Wie konnte sie mich so manipulieren?

Julana schluchzte, als die Gefühle sie überwältigten.

Verdammt, ich habe ihr vertraut!

Sie weinte laut, bis ihre Kehle rau war.

Mit einem Schrei warf sie die leere Flasche in den Sumpf. »Ich hasse dich! Ich hasse dich! Ich …«, ihre Stimme erstarb in einem Schluchzen, als sie auf dem Boden zusammensank und die Welt um sich herum hinwegwünschte.

Ich hasse dich, Wira! Ich werde Trauk vermissen, aber an dem Tag, an dem ich in das Land meiner Ahnen zurückkehre, wirst du leiden! Du wirst erfahren, was Erniedrigung bedeutet und ich werde dich auch spüren lassen, welche Genugtuung mir deine Scham und deine Qual bereiten!

Sie zögerte und die Wut, die sie eine Sekunde zuvor noch erfüllt hatte, verlor sich in einem diffusen Nichts aus Sehnsucht und dem Bedürfnis, das immer noch in ihrem Herzen brannte.

»Wieso liebe ich dich immer noch, du elende Missgeburt?«, schrie sie laut hinaus in die Dämmerung über dem Sumpf.

Wieso hast du dich so in mein Herz gebohrt? Geh fort und komm nicht wieder! Verschwinde aus meinem Kopf!

Am nächsten Morgen erwachte sie nicht in dem Gästezimmer, sondern auf dem Lager in der Wohnung der Herbergenbesitzer. Sie wusste nicht, was sie dazu bewogen hatte, hier zu schlafen, bis sie die Likörflasche fand.

Ich bin so jämmerlich.

Sie erhob sich im trüben Licht eines nebligen Morgens und suchte den Waschraum auf. Sie ließ das kalte Wasser lange über ihren Rücken laufen und vertrieb jeden Gedanken an die Vergangenheit und Wira. Sie kleidete sich an und aß ein letztes Mal in der Küche, bevor sie ihren Rucksack packte.

Eine Karte wäre wirklich gut gewesen.

Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als ihr Blick im Schankraum auf einen kleinen Tisch mit Schublade fiel. Sie war sich sicher, dass sie das Tischen noch nicht untersucht hatte, und öffnete es. Eine einfache Landkarte des Sidaji-Reiches lag darin. Julana lachte leise.

Was für ein verdammtes Glück! Den Ahnen sei´s gedankt.

Sie verließ die Herberge und schloss die Tür hinter sich mit einem Stück Band, dass sie um die Türgriffe wickelte. Sie wollte nicht, dass wilde Tiere über die restlichen Vorräte herfielen und sie wusste nicht, ob sie nicht gezwungen war, hierher zurückzukehren. Etwas schlechtes Gewissen war auch dabei, auch wenn sie sich fragte, ob überhaupt noch ein Sidaji da war, den es kümmerte. Womöglich waren sie alle tot.

Für zwei Tage folgte sie dem Hochweg und erreichte schließlich eine Siedlung mit einer Handvoll Häuser. Sie verließ den Weg und schlich sich im Dickicht um die Gebäude herum. Es war kein Ton aus der Ortschaft zu hören, die kaum mehr als zehn Wohnhäuser umfassen mochte. Julana sah keinen der Maschinenwächter und ging auf Zehenspitzen vorsichtig an eine der Behausungen heran. Sie schien leer, und der Haupteingang stand offen. Etwas mutiger geworden, trat sie zwischen die übrigen Häuser.

Keine Sidaji hier. Sind denn alle tot? Aber wo sind dann die Toten?

Sie erkundete die Gebäude und war verwirrt. In jedem Gebäude hatte sie mindestens ein Krankenlager gefunden, jedoch keine Leichen. Die ältesten Gräber waren schon Wochen alt. In einem Haus lief das Wasser aus einem Hahn an der Wand und in allen waren die Öllampen heruntergebrannt. Es sah danach aus, als ob die Sidaji, plötzlich alles stehen und liegen gelassen hatten und fortgeeilt waren.

Irgendetwas daran will mir nicht einleuchten. Warum begegne ich seit Tagen nicht einem einzigen Sidaji? Was ist vorgefallen?

Julana frischte ihren Proviant auf und verbrachte eine unruhige Nacht in einem der leestehenden Häuser, dessen Tür sie vorsichtshalber verbarrikadierte. Am nächsten Morgen brach sie bald auf und gelangte im Laufe des Tages an einen großen Fluss. Eine erstaunlich konstruierte Brücke überspannte den tausend Schritt breiten Flusslauf.

Es kann sich nur um den Si‘Zun handeln, der dem Zentralmassiv entspringt. Ich komme allmählich voran.

Julana fuhr mit dem Finger über die Karte und entdeckte die Brücke darauf, vor der sie jetzt stand. Dahinter war eine größere Ortschaft namens Ssastik eingezeichnet. Sie hatte eigentlich vorgehabt, einen Bogen um Siedlungen zu machen, doch ihre Neugier siegte. Sie überquerte die Brücke, deren Pfeiler weit in den Himmel ragten, und sah von oben auf die kleine Stadt hinab. Sie spähte lange auf die Straßen und Gebäude, aber alles blieb leblos und verlassen. Sie verließ die Brücke und betrat angespannt das Städtchen, einen Blick in jeden Schatten und jede Gasse werfend. Die Stille um sie herum war bedrückend. Türen standen offen, Kleidungsstücke lagen auf dem Pflaster, wie vom Wind umhergeweht. Sie untersuchte unzählige der flachen Häuser und entdeckte die gleichen Anzeichen wie in der kleinen Siedlung zuvor. Alles sah aus, als wären die Sidaji spurlos verschwunden. Auch hier schloss sie aus den Zeichen, dass sich etwas in der Nacht ereignet haben musste. Julana war ratlos hinsichtlich des Schicksals der Sidaji, erkannte aber die Vorteile der Situation. Ihrer Flucht stand nichts mehr im Wege. Sollte sie auf keine größeren Hindernisse mehr treffen, war sie bald fern von … Wira.

Am Flussufer waren ein Dutzend Segelboote angeleint und sie fand eines mit einer kleinen Kammer und ausreichend Platz für ihr Gepäck. Da sie häufig gesegelt hatte, wusste sie, dass sie mit dem Boot bis zur Insel Loros gelangen konnte, und lud ihre Sachen hinein. Sie empfand die Aussicht darauf, auf einem Fluss zum Meer zu treiben als sehr angenehm. Sie würde zwar einen weiten Umweg nach Westen machen müssen, aber dafür käme sie auch viel schneller und bequemer voran. An der Küste konnte sie dann zurück nach Osten in Richtung Loros segeln.

Sie durchstöberte eine Anzahl Häuser nach Proviant und fand sogar ein kleines Zelt und eine Axt. Sie lud diese Sachen und einige zusätzliche Nützlichkeiten in das Boot und brach sogleich auf. Die leere Stadt machte sie nur nervös. Das Falsche an der Situation zerrte an ihren Nerven. Außerdem hatte sie Angst vor den Maschinenwächtern, die sich bereits vor Wochen mehr und mehr der Kontrolle der erkrankten Sidaji entzogen hatten und möglicherweise sogar hier ihr Unwesen trieben.

Sie betrat das weiß gestrichene Segelboot und zog ihre Stiefel aus. Ihre geschundenen Füße dankten es ihr auf der Stelle. Die Leine war schnell gelöst und bald trieb sie auf dem breiten Strom des Si‘Zun dahin. Die tagelange Wanderschaft und das knappe Essen hatten sie dünner werden lassen, als sie ohnehin schon war, aber gleichzeitig hatten sich feste Muskeln an ihren Waden und Oberschenkeln gebildet. Ihr Rücken hatte das Schleppen des Rucksacks gut überstanden und sie erfühlte die harten Muskelstränge links und rechts neben ihrem Rückgrat mit unerwarteter Freude. Auch ihre Bauchmuskeln hatten zugenommen und sie fühlte sich kräftiger als je zuvor in ihrem Leben. Julana wusste, dass ihre Herkunft aus einem alten Adelsgeschlecht der Frostreiche auch Nachteile hatte. Sie hatte oft bemerkt, dass es ihr an körperlicher Zähigkeit und Kraft gemangelt hatte. Nur im Schmerzen ertragen war sie gut geworden. Sie sah die Armbrust an, die vor ihr lag und beschloss, einige Dinge in ihrem Leben zu ändern.

Die Strömung trieb sie tagelang in Richtung des Meeres. An Land übernachtete sie an entlegenen Orten und hielt nur einmal an einer verlassenen Wassermühle, um einen Sack Mehl zu holen und etwas frisches Wasser aus einem Brunnen zu schöpfen. Der Si‘Zun war inzwischen auf das Doppelte seiner anfänglichen Breite angewachsen und Julana passierte einen Nebenarm, der mehr in Richtung Süden verlief, als der Hauptstrom. Da ihre Karte an der Stelle jedoch beschädigt war, blieb sie auf dem Hauptstrom, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Ein Gefühl der Freiheit erfüllte ihr Herz und ließ sie spontan lachen. Sie fühlte mit jedem Tag eine Last von ihren Schultern weichen. Das erste Mal in ihrem Leben tat sie nur das, was sie selbst wollte. Kein Zwang, keine Pflicht … keine Schuld. Was ihr anfänglich wie eine Flucht erschienen war, wurde nun zu einer Situation, die sie regelrecht genoss.

Der Wind über dem Fluss war frischer geworden, umso näher sie dem Meer kam. Die Abenddämmerung würde in weniger als zwei Stunden einsetzen, doch sie beschloss, etwas mehr Strecke zu machen und stieß das kleine Segelboot erneut in die Strömung. Nach einer Stunde erreichte sie die ersten Ausläufer einer größeren Stadt, die auf ihrer Karte als Kataraun bezeichnet war. Das Ausbleiben jeglicher Bedrohungen in den letzten Tagen hatte sie zwar nicht sorglos werden lassen, aber dennoch beschloss sie, die Stadt kurz zu besuchen. Sie wollte wissen, ob hier noch Sidaji waren. Außerdem brauchte sie Proviant und wollte nach nützlichen Dingen Ausschau halten.

Julana vertäute das Boot an einem leeren Anlegeplatz und packte die Armbrust und den Dolch. Sie entleerte den Rucksack und nahm ihn ebenfalls mit.

Wäre praktisch, wenn ich etwas finde, das ich mitnehmen will.

Mühelos drang sie in die leere Stadt vor, die geisterhaft still vor ihr lag. Ein paar Katzen und Hunde liefen sorglos durch die Gassen und blickten ihr neugierig hinterher. Allmählich senkte sich die Dämmerung auf das Land und zwischen den Gebäuden wurden die Schatten dunkler. Doch auch hier waren jene Lampen zu finden, die den Thronsaal und die Gebäude in seiner Nähe ganz ohne Brennstoff beleuchtet hatten. Sie entzündeten sich von allein, als das Tageslicht immer schwächer wurde. Julana bewunderte die offene, leichte Architektur der Sidaji, die das Wandeln durch die Straßen zu einem Vergnügen gemacht hätte, wäre nicht diese seltsame Atmosphäre des Ausgestorbenen allgegenwärtig. Sie erreichte einen breiten Platz mit einem Springbrunnen, der fröhlich vor sich hin plätscherte, und entdeckte das Geschäft eines Händlers in der Nähe. Nach kurzer Überlegung kletterte sie durch ein offenes Fenster auf der Rückseite hinein. Die Räume waren hell erleuchtet und hier fand sie gute Kleidung, die ihr genau passte. Ebenso feste Stiefel und einige andere Dinge, die sie womöglich noch gebrauchen konnte. Sie kam sich ein bisschen vor wie ein Dieb, aber ihr schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen. So wie es aussah, waren die Sidaji verschwunden. Also schadete sie niemandem, wenn sie sich ein paar Dinge nahm, die ihr Überleben erleichterten.

Im Hinterzimmer des Ladens fand sie eine kleine Truhe, die offenstand und eine Menge Gold und Edelsteine enthielt. Julana zögerte und steckte dann alles in einen Lederbeutel. Sie wusste nicht, ob sie Zahlungsmittel brauchen würde, aber sie konnte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Ihr Herz klopfte ein wenig, als sie die Münzen einsteckte. Ihr schlechtes Gewissen meldete sich kurz und sie zögerte erneut. Dann lachte sie laut aus und schüttelte den Kopf.

Niemand da, der mich erwischen könnte … verdammt, das macht ja fast Spaß!

Sie leerte die Truhe und nahm den Sack mit. Für das kleine Vermögen hätte manch ein Wegelagerer seine rechte Hand abgehackt. Sie stieg lachend aus dem Fenster und kehrte auf den Platz mit dem Springbrunnen zurück. Sie ließ die Finger durch das Wasser gleiten und setzte sich auf den Rand des Brunnens.

Ich habe Freiheit gefunden. Jetzt will ich eine Weile meine Ruhe haben. Die Einsamkeit auf dem Land tut gut … leere Städte hingegen sind eigenartig. Irgendwann will ich wieder Menschen sehen.

Das Wasser plätscherte laut vor sich hin und Julana verlor sich in Gedanken. Erst im letzten Augenblick hörte sie das kratzende Geräusch und wirbelte herum. Der metallene Schlangenkopf, imposant und bedrohlich im Schein der Laternen glitzernd, senkte sich bedächtig. Der Kiefer öffnete sich und entblößte Metallzähne, die das Fleisch eines Menschen mühelos zerfetzen konnten. Ein kleiner Maschinenwächter, wie sie auch beim Thronsaal zu sehen waren, hatte sich ihr unbemerkt genähert.

Julana erstarrte vor Schreck. Das Wesen schlängelte sich mit schabenden Geräuschen über das Pflaster und beäugte sie aufmerksam aus kalten Augen.

»Du bist ein Mensch. Aber du bist auch etwas anderes. Was ist das?«

Ein blauer Strahl fuhr aus der Stirn des Schlangenkopfes und zeigte auf Julanas Bauch, genau dorthin, wo der Kurakpor saß. Sie hielt instinktiv die Hand darüber und wich zurück. Was sollte sie sagen? Gab es einen Weg, den Maschinenwächter zu vertreiben?

Sie schluckte und antwortete zurückhaltend. »Es ist ein Parasit. Er lebt in Einklang mit mir und gewährt mir dadurch gewisse Vorteile.«

Der Maschinenwächter schlängelte sich näher und Julana wich langsam zurück.

Nur nicht hastig bewegen.

»Wie nennst du das Lebewesen?«

»Kurakpor.«

Der Kiefer öffnete sich erneut und eine silberfarbene Zunge zuckte daraus hervor, klickende Geräusche machend. »Welche Vorteile genau gewährt er dir?«

Das wird allmählich kritisch.

»Regenerative Kräfte.«

»Kann es dich heilen, wenn du erkrankst?«

»Ja.«

»Kann es Körperteile ersetzen, die abgetrennt wurden?«

Julana schluckte. »Möglicherweise …«

»Ich will wissen!«

Der Maschinenwächter zuckte vor und Julana sprang hinter den Brunnen. Der mächtige Leib der Metallschlange schlug wie ein Hammer durch den Stein des Brunnens und Trümmerstücke hagelten auf sie ein. Sie raffte sich dennoch sofort auf und entging mit einer geschickten Seitwärtsrolle den schnappenden Kiefern des Maschinenwächters. Das Wasser drang in einer hohen Fontäne aus dem zerstörten Springbrunnen und rieselte auf sie herab.

Das verdammte Ding will mir was abbeißen!

Der Maschinenwächter musterte sie mit zuckendem Haupt. Sie rief ihre Ahnen an und intonierte die Namen der beiden Ältesten ihres Stammes. Die gesammelte Macht aus fünfzig Generationen fuhr in ihre Fingerspitzen. Mit einem weiteren Wort band sie das Wasser des Brunnens in ihren Zauber ein. Der Maschinenwächter öffnete sein Maul und schoss vor. Julana streckte die Arme von sich und entließ einen Eissturm aus ihren Händen. Die Maschine erstarrte mitten in der Luft und steckte in einem massiven Block aus gefrorenem Wasser fest. Julana zitterte vor Anstrengung und der Kurakpor beschleunigte ihren Metabolismus, um sie mit genug Energie zu versorgen. Sie strauchelte kurz und stolperte über die Trümmer, fiel auf den Bauch. Der Sack mit dem Gold lag in der Nähe und sie schnappte ihn sich, bevor sie wieder aufsprang. Das Schwanzende des Maschinenwächters hämmerte wie besessen auf das Pflaster und der Eisblock bekam bereits Risse.

Nur weg hier! Das Eis wird nicht lange halten.

Julana rannte aus ganzer Kraft, ihr Herz schlug hart und schnell in ihrer Brust. Sie hörte ein gewaltiges Bersten und blickte über die Schulter. Der Maschinenwächter drehte sich kurz im Kreis, sah sie und jagte hinter ihr her. Die Armbrust klapperte im Rennen auf ihrem Rücken, aber sie wusste, dass die Bolzen die Schuppen des Ungeheuers nicht durchdringen konnten. Sie hörte, wie das kratzende Geräusch des schlängelnden Metallkörpers immer näher kam und versuchte, ihren Beinen durch pure Willenskraft mehr Energie zu geben, damit sie sich schneller bewegten. Dann krachte etwas hart in ihren Rücken und sie knallte so schmerzhaft auf die Straße, dass sie einige Herzschläge lang benommen liegen blieb. Sie schmeckte Blut von der Platzwunde an ihren Lippen. Augenblicke später wurde sie bäuchlings über das Pflaster gezerrt.

Dann ein knackender und reißender Laut.

Ein Rucken ging durch ihren Körper. Sie schrie den Schmerz, der durch ihre Beine zuckte kreischend heraus. Sie schrie und schrie, und nahm ungläubig wahr, wie der Maschinenwächter ihre beiden Unterschenkel neben sie auf den Boden spuckte.

Er hat meine Beine abgebissen … er hat sie einfach abgebissen …

Julana verlor das Bewusstsein.

 

Sie erwachte in einer Wolke aus dumpfem Schmerz. Sie öffnete mit Mühe ihre Augen und blinzelte in den Tag hinein. Klebrige Reste auf ihren Lidern ließen alles verschwimmen. Ihr Hals war trocken und über ihr zogen Regenwolken auf. Sie war zu schwach, um den Kopf zu heben und schaute gedankenlos in den Himmel, zu kraftlos, um auch nur einen Finger zu bewegen. Nach einiger Zeit nahm sie wahr, dass es regnete und die Feuchtigkeit auf ihren Lippen ließ sie instinktiv den Mund öffnen. Sie schloss die Augen und versuchte das Wasser aufzunehmen, als der Regen heftig auf ihre Stirn prasselte.

Geraume Zeit später erwachte sie nochmals, nicht wissend, wie viel Zeit vergangen sein mochte. Das Licht der Laternen brannte und Obol sah mit trauriger Miene auf sie herab, fahles Licht auf ihre Umgebung werfend. Sie zitterte vor Kälte und schrie leise auf, als Schmerzen wie Blitze aus ihren Beinen in ihren Unterleib schossen. Es war kaum mehr als ein Röcheln, das ihrer Kehle entstieg und kein angemessener Ausdruck der Pein, die sie verspürte. Doch sie war stark, konnte Schmerzen ertragen. Julana gewann die Kontrolle zurück, aber nur ein Gedanke schlug wie ein Blitz in sie.

Meine Beine sind ab.

Abgetrennt.

Durchbissen und ausgespuckt.

Die Vorstellung wanderte ruhelos durch ihren betäubten und geschwächten Verstand und blieb dennoch unbegreifbar. Sie war erneut außerstande, klar zu denken und wandte instinktiv den Kopf, als sie ein Geräusch vernahm. Julana erschrak beim Anblick des Maschinenwächters. Seine kalten Augen musterten sie. Sie brach in Tränen aus und hob angstvoll ihren Kopf. Ihr Blick wanderte über das Pflaster und sie stieß vor Schmerzen und Furcht hektisch die Luft aus ihrer Lunge.

Bei Ihadrun!

Sie schaute ungläubig auf ihre Beine. Ihre Unterschenkel lagen in Armeslänge neben ihr. Sie wollte sich erbrechen, doch ihr Magen gab nichts mehr her. Sie schloss die Augen und versuchte alles zu vergessen.

Ich muss es wissen.

Julana hob den Kopf und öffnete die Augen. Sie schaute mit getrübtem Blick an ihrem Körper herunter und sah - dass ihr neue Beine wuchsen! Der Anblick war grotesk, denn von den Knien an sah sie die Füße eines Kleinkinds, denen die Haut fehlte und die von einer schleimigen Substanz überzogen waren. Der Eindruck war zu viel für ihren geschwächten Körper und sie fiel nochmals in Ohnmacht.

Als sie die Augen erneut öffnete, geschah dies, weil neben ihr ein scharrendes Geräusch ertönte. Es war wieder Tag, Nebel lag über der Stadt. Sie ließ den Kopf schwach zur Seite kippen und sah, dass der Maschinenwächter eine Meute streunender Hunde vertrieb, die sich neugierig genähert hatten. Einer der Kläffer trug etwas in seinem Maul davon. Julana lachte erst und weinte dann. Der Gedanke daran, dass sie nicht einmal wusste, ob der Köter ihr rechtes oder linkes Bein davontrug, war auf groteske Weise erheiternd und trieb sie gleichzeitig in die Verzweiflung. Sie hob den Kopf und erschrak, als sie ihren Leib unter der Kleidung sah. Sie hatte sämtliches Körperfett und einen Großteil ihrer Muskeln verloren. Sie fühlte sich so schwach, dass sie nicht wusste, ob sie den Kopf ein zweites Mal heben konnte.

Der Kurakpor. Er benutzt die Reserven meines Körpers … er bringt mich noch um!

Ein hohles Gefühl in ihrem Magen brannte und sie nahm am Rande war, dass sie in ihren Exkrementen lag. Bei allem Schmerz konnte sie sich des Ekels nicht erwehren. Doch dann wurde ihr plötzlich klar, dass ihre Beine zu einer normalen Größe herangewachsen waren. Die Haut wirkte rötlich und blass und sie sah den Knochen darunter, weil sie nur ganz dünne Wadenmuskeln hatte.

Ich werde zumindest nicht ohne Beine sterben.

Sie lachte schwach.

Der Maschinenwächter neben ihr gab Geräusche von sich. Julana atmete schneller, zwang sich, ihren Blick von der Umgebung auf die Maschine zu richten. Sie zitterte, als sie in die kalten Augen der Metallschlange sah.

Der Metallkiefer öffnete sich. »Jetzt weiß ich.«

Langsam schlängelte sich der Maschinenwächter davon und Julana sah ihm ungläubig hinterher, bis er außer Sicht war.

Ich muss fliehen.

Sofort.

Sie versuchte, sich zu erheben, aber es klappte erst im dritten Ansatz und Sterne tanzten in ihrem Blickfeld. Hämmernd pochte ihr Herz in ihrer Brust, sodass sie das Gefühl hatte, es spränge ihr gleich aus dem Hals. Ihr Rücken schmerzte beinahe mehr als ihre Beine, da sie die ganze Zeit zur Hälfte auf dem Rucksack und der Armbrust gelegen hatte. Mit heftig zitternden Armen drehte sie sich zur Seite und streifte den Rucksack und den Gurt der Waffe ab. Sie nahm ihren gesamten Willen zusammen und kroch zu einer niedrigen Mauer, die das Grundstück neben ihr begrenzte. Mit pumpendem Herz hob sie sich auf den Wall und setzte sich. Sie wurde so benommen, dass sie beinahe herunterfiel, und hatte gerade genug Kraft, um sich an den Steinen festzuhalten.

Ich muss zum Boot. Ich muss etwas essen, dringend! Und trinken …

Sie hörte ein lautes und hektisches Summen und schaute dumpf auf das verbliebene abgetrennte Bein. Ihr Blick fiel auf den linken großen Zeh.

Der Hund hat das rechte Bein gefressen. Guten Appetit.

Fliegen waren über das Glied hergefallen und sie schnaubte, als ihr der Verwesungsgeruch bewusst wurde.

Weg hier!

Sie ließ den Blick umherwandern und hoffte, einen Stock zu finden, den sie als Krücke nutzen konnte. Leider war nichts in der Nähe, was sie dazu gebrauchen konnte. Schwer stützte sie sich auf der Mauer ab und erhob sich mit zitternden Muskeln. Sie versuchte, etwas Kraft zu sammeln und tat einen wackeligen Schritt. Sofort stolperte sie und fiel der Länge nach hin. Das Pflaster riss ihre Ellenbogen auf. Ihr Kinn war auf dem Stein aufgeschlagen und sie hatte sich in die Zunge gebissen. Blut lief aus ihrem Mund. Der Geschmack lag schwer auf ihrem Gaumen.

Julana blieb liegen.

Sie schrie schwach auf und hieb kraftlos mit der Faust auf den kalten Stein. Sie weinte ohne Tränen, da ihr die Flüssigkeit fehlte, und schrie ihre Wut aus heiserer Kehle hinaus, kaum mehr als ein leises Krächzen hervorbringend. Sie dachte an Wira, die sie in dieses Land und diese Situation gebracht und ihr ganzes Leben ruiniert hatte. Sie verfluchte laut den Namen der Königin des Frostturms.

Du wirst mich nicht noch einmal am Boden sehen! Ich werde aufstehen!

Julana stützte sich auf ihre Arme und zog die Knie an. Sie stellte ihre Füße auf das Pflaster, einen nach dem anderen. Ihr ausgehungerter Leib machte die Verrenkung mühelos mit, sie hatte kaum noch Muskeln, die dabei im Weg sein konnten. Zitternd, mit leisem Aufschrei erhob sie sich. Sie brauchte fast ihre ganze Kraft dazu. Doch als sie stand, wusste sie, dass sie den Rückweg zum Boot schaffen würde. Sie setzte einen Fuß vor den anderen und konzentrierte sich auf jeden einzelnen Schritt. Als sie in einiger Entfernung ein Scharren hörte, sah sie ängstlich über ihre Schulter und hoffte, dass der Maschinenwächter nicht zurückkehrte. Die Furcht ließ sie mutiger werden. Sie verfiel in einen Stolperschritt und taumelte an den Häuserwänden entlang zum Fluss hinab. Mit großer Schwierigkeit hangelte sie sich von Wand zu Wand und hielt ein paar Mal inne, um Luft zu holen. In der Ferne jaulte ein Hund auf und sie verfluchte sich dafür, die Stadt aus Neugier betreten zu haben.

Eine halbe Stunde später erreichte sie den Fluss, einer neuerlichen Ohnmacht nahe. Schwarze Punkte flirrten in ihrer Sicht, als sie sich auf die Kaimauer hockte und sich schwach in das Boot sinken ließ. Mit letzter Kraft löste sie die Leine und stieß sich ab. Die Strömung trieb sie bald von der Stadt fort.

Weg hier, nur weg …

Nachdem sie etwas zu Atem gekommen war, aß sie aus ihren Vorräten und trank das Wasser aus dem Fluss. Nach einigen Stunden, in denen sie mit Mühe das Ruder gehalten hatte und wieder und wieder eingenickt war, steuerte sie auf eine natürliche Bucht zu. Mit großer Anstrengung drückte sie den Haken in die Uferböschung und wickelte das Seil darum, damit das Boot nicht von der Strömung abgetrieben wurde. Der Vorgang dauerte lächerlich lange und sie fiel danach für einige Stunden in einen tiefen Schlaf. Als sie später erwachte, ekelte sie sich vor ihrem Geruch. Mühevoll legte sie die schmutzige Kleidung ab und warf sie in den Fluss. Sie tauchte einen sauberen Lappen aus ihrem Gepäck in das Wasser und wischte das getrocknete Blut und alles andere, was ihr Körper in den letzten Tagen verloren hatte von ihrer Haut. Trotz der für das Sumpfland üblichen Wärme, zitterte sie vor Kälte. Sie schlüpfte schwach in den Umhang, den sie in der Herberge mitgenommen hatte, um sich vor den Stechfliegen und Mücken zu schützen und fiel von Neuem in einen tiefen Schlaf auf dem harten Boden des Segelbootes.

Am nächsten Tag erwachte sie mit verspannten Muskeln und einem Heißhunger. Sie fiel regelrecht über ihren Proviant her und aß ihren gesamten Vorrat an eingelegten Fischen und Trockenfleisch auf. Mit einem kleinen Krug schöpfte sie das Wasser aus dem Fluss und ließ es so lange in ihren Hals laufen, bis ihr Bauch gluckernde Geräusche von sich gab. Danach fiel sie in einen dumpfen Schlummer, aus dem sie immerfort hochschreckte, weil sie glaubte, das Scharren metallener Schuppen auf Pflastersteinen zu hören. In den Minuten, die sie wach war, weinte sie leise und rieb sich die schmerzenden Beine.

In der Nacht erwachte sie erneut und musste dringend Wasser lassen. Im Zustand großer Müdigkeit verließ sie das Boot und kletterte an Land. Als sie zurück im Segelboot und etwas wacher war, erkannte sie mit einem Mal, dass es ihr besser ging.

Julana betastete in der Dunkelheit ängstlich ihren Körper und brach in Tränen aus. Sie war nur noch ein Skelett mit verschrumpelter Haut darüber. Ihr Haar fiel in Büscheln aus und zwei ihrer Fingernägel waren abgefallen, schmerzende Wunden offenlegend.

Hunger ließ ihren unersättlichen Magen empörte Geräusche von sich geben und sie aß, was von ihren Vorräten übrig war. Ein Lied aus ihrer Kindheit kam ihr in den Sinn. Sie sang es mit heiserer Stimme leise vor sich hin, um einzuschlafen und erwachte am nächsten Morgen mit einem Mordshunger, der ihr ganzes Denken beherrschte. Ihr Proviant war beinahe erschöpft, nur Mehl, Salz und etwas Brot waren verblieben. Sie verschlang das Brot und bedauerte den Verlust der Armbrust, mit ihr hätte sie ein kleines Tier erlegen können. Der Gedanke an Fleisch machte sie beinahe wahnsinnig. Dann fiel ihr die Angel ein und sie pulte einige Würmer aus dem feuchten Uferschlamm. Sie warf die Angel aus und nur der Gedanke an etwas Essbares hielt ihre Augen offen. Am Abend hatte sie mit Mühe zwei Fische gefangen. Sie hatte in den vorangegangen Tagen vorsorglich genug Brennstoff gesammelt, um jetzt ein kleines Feuer entfachen zu können. Aus Mehl, Wasser und Salz garte sie ein steinhartes Brot über der Glut, dass ihr wie ein Klumpen Lehm im Magen lag, aber das Hungergefühl verringerte, bis der Fisch fertig war. Die Anstrengungen des Tages hatten ihr das Letzte abgefordert, doch als die Dämmerung einsetzte, biss sie in einen leidlich durchgegarten Fisch, der so lang wie ihr Unterarm war und seufzte laut auf. Der Zweite war kaum größer als ihre Handfläche und sie aß ihn viel zu schnell auf. Die Gräten spuckte sie einfach aus und das Salz aus ihrem Vorrat besserte das bittere Aroma des ihr unbekannten Fisches kaum auf. Aber der Geschmack war ihr vollkommen gleichgültig. Julana hatte zuvor nur mit Mühe der Versuchung widerstanden, den Fisch roh zu verschlingen und es war ihr sogar egal, ob er giftig war. Sie wollte einfach nur essen.

Das Feuer ging bald aus und sie bereitete sich eine Schlafstätte im Boot. Der Nachthimmel hing voller kalter Sterne, als sie dumpf vor sich hin grübelte und den Hunger ignorierte, der sich neuerlich ankündigte.

Hört das denn nie auf!

Den Dolch und den Rucksack hatte sie zurückgelassen. Das Gold und die Edelsteine erschienen ihr vollkommen wertlos dagegen, dennoch hätte sie gerne über ein paar Zahlungsmittel verfügt. Sie fragte sich, warum ihr die Münzen so wichtig gewesen waren und wusste, dass es keine Habgier war. Das war ihr egal. Sie horchte tief in sich hinein und spürte, dass sie nur eine Weile allein bleiben wollte. Irgendwann würde sie unweigerlich Gesellschaft suchen. Schon jetzt ertappte sie sich dabei, wie sie laut mit sich selbst sprach. Das Gold hätte ihr geholfen …

… das Festland zu bereisen. Ich will Iidrash sehen! Ich will die Wüste sehen, das Tal Idrak und die goldenen Städte an der Küste. Ich könnte ein neues Leben anfangen …

Julana war hungrig nach Leben. Sie erfühlte ihren Körper mit zittrigen Fingern und spürte den Ansatz neuer Muskeln. Der Kurakpor würde sie heilen, doch es würde dauern. Noch war sie ein Klappergestell und schwach. Als sie mit einem Griff ins Haar ein dickes Büschel ihres roten Schopfes in der Hand hielt, kämpfte sie gegen Tränen. Sie hatte ein kleines scharfes Messer im Boot gefunden und wusch die Fischreste ab. Es war scharf genug für eine Rasur.

Sie ließ ihre roten Locken den Fluss hinabtreiben.

Später stieß sie das Segelboot hinaus auf den Si‘Zun und gelangte geraume Zeit danach an eine Gabelung. Sie folgte dem östlichen Lauf und erreichte am Abend das Meer. Sie setzte Segel und glitt an der Stadt vorbei, die am östlichen Ufer lag. Das Hungergefühl in ihrem Bauch war überwältigend, doch um keinen Preis wollte sie in nächster Zeit wieder eine Sidaji-Stadt betreten. Große Städte bedeuteten Maschinenwächter und nach dem Verlauf ihrer letzten Begegnung mit einer dieser grausamen Metallschlangen, kämpfte sie lieber gegen ihren Hunger und blieb auf dem Boot, als noch einmal in eine Stadt zu gehen. Sie segelte, bis die Sonne untergegangen war, und erreichte in der Dämmerung ein kleines Fischerdorf, kaum mehr als eine armselige Ansammlung von Hütten in einer natürlichen Bucht. Mit großer Vorsicht ließ sie da Boot näher heran treiben und beobachtete die Umgebung. Die fünf Häuser waren übersichtlich und sie konnte weder Licht noch Bewegung sehen. Der Rumpf des Bootes polterte leise an einen hölzernen Landesteg. Sie machte es fest und betrat die knarrenden Bohlen. Diesmal war sie umsichtig. Sie rief die Macht ihrer Ahnen herbei und hielt einen Kugelblitz in ihrer geschlossenen rechten Faust, weil ihr Instinkt ihr sagte, dass das Luftelement gegen die Sidaji-Konstrukte wirksamer sein mochte. Die Entladungen zuckten über ihren Unterarm, während sie die erste Hütte, untersuchte, die aus Brettern errichtet und rot gestrichen war. Niemand befand sich darin. Vorsichtig umrundete sie die nächste Hütte und hörte ein Rascheln. Sie war versucht, einfach zurück zum Boot zu laufen, doch anstelle dessen rief sie einen weiteren Kugelblitz in ihre linke Faust. Die Anstrengung ließ sie auf ihren dünnen Beinen schwanken. Sie riss sich zusammen und warf einen Blick hinter die blaue Hütte. Mehrere Kleidungsstücke flatterten auf einer Wäscheleine im Wind und erzeugten das Geräusch, das sie gehört hatte.

Julana atmete auf, aber blieb aufmerksam, bis sie sicher war, das nichts und niemand in der kleinen Siedlung zu finden waren. Sie ließ die Energie der Kugelblitze zurück in ihren Körper fließen und wurde wieder etwas sicherer auf den Beinen. Eine Durchsuchung der Hütten brachte ihr einen Bogen und Pfeile, drei Dolche und zwei Speere ein. Damit konnte sie zur Not etwas jagen. Sie betrachtete den Bogen und die Speere jedoch skeptisch.

Ob ich damit überhaupt etwas treffe? Schade, dass man Hasen nicht mit Kugelblitzen erlegen kann, ohne sie dabei vollkommen zu verbrennen. Ob ich größere Tiere jagen sollte?

Sie fand getrocknete Früchte, trockenen Käse und gesalzene Fische sowie ein kleines Fischernetz. Sie stopfte sich sofort mit Fisch und Käse voll und lud den Rest kauend ins Boot. In einer Kiste lagen ein paar Werkzeuge und Nägel. Sie verstaute die Sachen auch auf dem Segelboot und musterte die Umgebung. Sie wollte einerseits nicht lange an Land bleiben, aber andererseits war es hier genauso sicher wie überall. Sie fühlte sich immer noch schwach und die Aussicht darauf, mit einem Dach über dem Kopf zu schlafen, gefiel ihr gut. Sie verbarrikadierte sich schließlich in einer Hütte und legte sich mit einem Seufzer auf die Bodenmatte. Eine riesige Portion Käse und Fisch standen auf einem Holzbrett vor ihr und sie aß begierig mit den Fingern, bis sie nicht mehr konnte. Ein schwacher Rotwein, den sie in einer bauchigen Flasche entdeckt hatte, stillte ihren Durst, machte sie aber benommen. Der Schlaf übermannte sie kurze Zeit später.

Am nächsten Morgen erwachte Julana erholt aber desorientiert. Erst, als sie die Meeresbrandung hörte, kehrte ihre Erinnerung zurück. Sie fühlte sich besser als am Vortag, auch wenn ihre Muskeln schmerzten, als hätte sie jede einzelne Faser davon überstrapaziert. Sie sah eine Waschschüssel und einen Krug mit Wasser daneben und zog sich aus. Ihre letzte Wäsche war nicht so gründlich gewesen und erst jetzt wurde sie sich ihres Zustandes bewusst. Sie dachte an die Seife im Boot und schaute aus der Hütte. Natürlich war niemand da, also humpelte sie kurz nackt zum Boot hinüber. Der Strand war flach und das Wasser klar. Die aufgehende Sonne glitzerte auf den Wellen und Julana griff nach der Seife. Sie folgte einem Impuls und sprang ins Meer. Der Kurakpor regte sich auf ihrem Bauch. Das Meer rief stets eine Reaktion in ihm hervor. Sie tauchte eine Weile unter und schwamm umher, ließ sich schweben. Dank des Parasiten konnte sie beliebig lange unter Wasser bleiben und die scheinbare Schwerelosigkeit entlastete ihre schmerzenden Beine. Das Tauchen rief ein Wohlgefühl hervor, das warm und prickelnd durch ihre Glieder bis hinauf in ihren Kopf stieg. Sie tauchte erst sehr viel später wieder auf und nahm die Seife vom Landungssteg.

Das Wasser war zwar kalt, aber als sie sich gewaschen hatte, ging es ihr sogleich besser. Sie kehrte dennoch in die Hütte zurück und ließ das Süßwasser aus dem Krug über ihren Kopf laufen, um das Salz abzuspülen. Mit den Fingern ertastete sie Stoppeln auf ihrer schlecht rasierten Kopfhaut. Ihre Hände glitten ängstlich an ihrem Körper hinab. Sie war dürr und ihre Rippen stachen deutlich hervor. Jeder Muskel zeichnete sich unter der Haut ab, Ihre Hüftknochen ragte wie Steilklippen hervor und ihre sonst so vollen Brüste waren beinahe verschwunden. Narben juckten an den Stellen, wo der Maschinenwächter ihre Beine abgebissen hatte und ihre Waden waren immer noch lächerlich dünn.

Die Erinnerung an die kalte Grausamkeit der Maschine jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Dennoch glaubte sie, zu verstehen, warum der Maschinenwächter so gehandelt hatte. Sie hatte ihm keine eindeutige Antwort auf die Frage gegeben, ob der Kurakpor in der Lage war, verloren gegangene Körperteile zu ersetzen. Die kalte Intelligenz der Metallschlange war neugierig gewesen und verstand nicht oder scherte sich nicht darum, dass es Julana unsagbare Schmerzen bereitet hatte, eine Antwort auf diese einfache Frage zu erhalten. Immerhin war der Kurakpor tatsächlich in der Lage ihre Beine nachwachsen zu lassen. Sie hatte davon gehört, aber die Verletzungen, die Wira ihr beigebracht hatte, waren … anderer Art gewesen uns sie hatte bis jetzt nicht wirklich gewusst, zu welchen Leistungen der Krebs aus Disdahals Reich imstande war.

Sie ließ ihre Hände über den Parasiten gleiten und spürte einen Hauch jenes Gefühls, dass sie ergriffen hatte, als Wira sie betäubt und ihr das Tier aufgesetzt hatte. Sie sah das Gesicht der Frau, für die sie einst nur Liebe empfunden hatte vor sich. Die Augen, die sich an ihrer Qual weideten. Sie hasste Wira und sie hasste sich selbst für die Gefühle, die sie ihr immer noch entgegenbrachte.

Sie wischte die Tränen wütend aus ihrem Gesicht.

Mit schmerzenden Muskeln kleidete sie sich an und verließ die Hütte.

Das Meer rief.


Das Feuer Kabals
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