26. Kapitel

In den Morgenstunden brachten die Späher und Jäger des Clans der Strahlenden Sonne mehrere Dinge in Erfahrung. Vor der Mittagszeit versammelten sich die Anführer und die Außenweltler am Fuße des Hügels, um zu besprechen, was sie herausgefunden hatten und welche Schlüsse sie daraus zogen. Ben behielt Halliava und Vestara im Auge, die getrennt voneinander eintrafen, doch die beiden interagierten nicht mehr als zwei beliebige andere Clan-Mitglieder miteinander – und auch nicht auf eine Weise, die wirkte, als habe sie eine geheime Bedeutung.

Die Nachtschwestern hatten ihre Toten fortgeschafft. Von Lukes Felsbrockenbombardement waren keine Leichen zu finden, bloß blutige Flecken. In seinen Visionen hatte Luke ihre Gesichter nicht gut genug gesehen, um sie hinreichend für eine Identifizierung beschreiben zu können. Wer sie gewesen waren, blieb ein Geheimnis.

Die Nachtschwestern hatten sich zurückgezogen, ohne irgendwelche Fallen zurückzulassen, die bislang entdeckt worden waren. Einige Mitglieder der Strahlenden Sonne werteten das als Zeichen, dass sie endgültig geflohen waren. Kaminne, Tasander und andere klügere Köpfe – darunter auch die Skywalkers – rieten den Optimisten, sich diesen Gedanken aus dem Kopf zu schlagen. »Sie wussten, dass wir heute nach ihren Fallen suchen würden«, erklärte Tasander ihnen.

»Sie haben ihr Vorgehen geändert. Um zu verhindern, dass wir vorhersehen, was sie vorhaben.«

»Wir müssen es ihnen gleichtun.« Das war Halliava, die auf ihrer Suche nach den

Nachtschwestern offensichtlich mehrere Kilometer zurückgelegt hatte. »Sie rechnen damit, dass wir auf dem Hügel bleiben und einen weiteren Angriff über uns ergehen lassen. Ich sage, wir schicken nach Einbruch der Dunkelheit Jagdtrupps los, um ihnen in den Rücken zu fallen und sie zu töten!«

Ihren Worten folgte ein allgemeines zustimmendes Gemurmel, und nachdem sie einige Sekunden darüber beratschlagt hatten, nickten Tasander und Kaminne. Kaminne rief: »Diejenigen, die sich freiwillig für diese Jäger-Aufgabe melden, mögen zu mir kommen! Ich werde euch Gruppen zuweisen, damit ihr lange vor Einbruch der Nacht in Position seid.«

Luke sprach in Bens Ohr, zu leise, als dass die anderen ihn hören konnten. »Genau das werden wir auch machen.«

Ben nickte. »Auf dem Hügel ist es ohnehin zu laut und zu felsig, um zu schlafen.«

BÜRO DER STAATSCHEFIN, SENATSGEBÄUDE, CORUSCANT

Es war eine nahezu vollkommene Wiederholung des Treffens vom Vortag – Daala, Dorvan, Han und Leia, die auf denselben Stühlen wie zuvor saßen. Leia in ihren Jedi-Gewändern, Daala in ihrer Admiralsuniform und Han in einem weiteren typischen Ensemble aus Hose, Hemd und Weste sahen genauso aus wie gestern. Lediglich Dorvan – in einem korallenroten Anzughemd, das zum Taschentuch in der Jacketttasche gegenüber der passte, in der sich sein schlafendes Haustier befand – schien sich verändert zu haben. Auch hielt Dorvan jetzt ein Datapad in Händen, das er häufiger zurate zog, als die anderen Teilnehmer des Treffens anzusehen, eine Eigenart, die Han lästig fand.

Aber andererseits fand er die meisten Politiker und Politik als solches lästig.

Daala tippte mit einem Fingernagel auf die Tischplatte, als wäre sie nervös. »Machen sich die Jedi keine Sorgen darüber, dass das Ganze nach hinten losgehen könnte?«

Leia schaute mit professioneller Neugierde drein. »Ich verstehe nicht recht, was Sie meinen.«

»Dann will ich mich deutlicher ausdrücken. Die Jedi überlassen mir ihren verrückten Chev-Jedi zu Studienzwecken. Wir frieren ihn nicht ein. Wir tauen die Horns auf. Wir untersuchen sie.

Wir tauschen Daten mit den Jedi aus. Vielleicht gestatten wir sogar einem ihrer Wissenschaftler, bei unseren Tests und Forschungstreffen anwesend zu sein.«

Leia nickte. »Richtig.«

»Aber ich weiß, dass ich die pragmatische, gefühllose Widersacherin bin, die jeden Moment sagen könnte: Nun, unsere Zusammenarbeit ist hiermit beendet. Friert sie alle ein! Die Jedi scheinen keine Vorkehrungen für den Fall getroffen zu haben, dass ich meine Meinung plötzlich ändere.«

»Nun, dies ist bloß der erste Austausch von vielen, durch die wir ein besseres Vertrauensverhältnis zwischen der Regierung und dem Orden aufbauen möchten. Wenn alles wie geplant verläuft, machen wir mit dem nächsten Schwung Zugeständnissen, Kompromissen und Absprachen weiter. Wir …« Plötzlich kam Leia ein Gedanke. Sie kniff die Augen zusammen. »Sie schinden Zeit! Warum schinden Sie Zeit?«

Neben ihr schaute Han über die Schulter zur Tür hinüber. Leia wusste, dass ihr Mann im Büro der Staatschefin keinen Blaster bei sich trug, nicht einmal einen Miniblaster. Von Daalas Seite aus war es ein bedeutsamer Vertrauensbeweis, dass die Solos hier drinnen sein durften, ohne dass Leibwächter zugegen waren. Allerdings war Han zweifellos dabei, auszuknobeln, was sie tun sollten, wenn die Tür aufging und Sicherheitsbeamte hereinströmten, um sie zu verhaften. Welchen er sich als Erstes vornehmen würde, wie er ihm seinen Blaster abnehmen würde, wen er zuerst erschießen würde.

Jetzt war es an Daala, überrascht zu wirken. »Wann kriege ich diese Gabe?«

»Welche Gabe?«

»Die Gabe, die Gedanken von Staatsoberhäuptern zu lesen. Bekommt man die erst, wenn man aus dem Amt ausscheidet, oder ist das so eine Jedi-Sache?«

»Ich verwette die Blutstreifen meines Mannes, dass ich recht habe.«

Han warf ihr einen mürrischen Blick zu. »Hey!«

»Nun, es ist wahr. Ich schinde Zeit.« Daala warf Leia einen entschuldigenden Blick zu.

»Aber ich locke hier niemanden in irgendeine Falle. Während wir uns unterhalten, hat Wynn eine Umfrage gestartet. Wynn?«

Dorvan schaute von seinem Datapad auf. »›Sollte Staatschefin Natasi Daala die geisteskranken Jedi aus ihrem Karbonitgefängnis befreien?‹ In verschiedenen Umfragen ist die Frage unterschiedlich formuliert. Bei einer lautet die Formulierung beispielsweise ›die Jedi, die einen gewalttätigen Amoklauf gestartet und versucht haben, andere Jedi und GA-Bürger zu töten‹. Eine weitere Umfrage grenzte die Angelegenheit auf Jedi ein, ›die keines Verbrechens verurteilt wurden‹. Wir werten die öffentliche Meinung aus und analysieren dabei auftretende Schwankungen, basierend auf Dingen wie beispielsweise früherer Loyalität gegenüber der Allianz oder der Konföderation, Herkunftsplanet, Spezies, Alter, Geschlecht, den unterschiedlichen Beschreibungsformen der Jedi, die ich eben erwähnte, was sie bei ihrer letzten Mahlzeit gegessen haben, politische Parteizugehörigkeit, Beruf und welche Nachrichtensendung sie sich für gewöhnlich anschauen.«

»Und Sie warten auf die ersten Ergebnisse Ihrer Umfrage, bevor Sie Ja oder Nein sagen?«

Han klang empört. »Was ist daraus geworden zu tun, was sich richtig anfühlt?«

Das Lächeln, mit dem Daala Han bedachte, war kein freundliches. »Was sich richtig anfühlt, ist, die Jedi alle gemeinsam zu verbannen und einen Orden von Machtnutzern zu gründen, der der Regierung treu ergeben ist. Soll ich mit dieser Herangehensweise weitermachen?«

»Nun, ich meinte, was sich richtig anfühlt und zugleich nicht monumental dämlich ist.«

Daalas Lächeln verschwand. »Sie sind unverschämt, General – und aufsässig!«

»Ja, die Wahrheit hat es an sich, so zu klingen.«

»Han, bitte!« Leia warf ihm einen Blick zu, der für Daala und Dorvan warnend wirkte. Bloß Han und Leia wussten, dass sie gute Wache, böse Wache spielten. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Daala zu. »Jetzt wissen Sie, warum Han nie eine Laufbahn in einem öffentlichen Amt angestrebt hat. Er ist wesentlich besser darin, Leute zu erschießen. Aber was diese Sache betrifft, kommt er der Wahrheit ziemlich nahe. Machen Sie sich keine Sorgen darüber, dass der Schwanz mit dem Nek wackelt statt umgekehrt?«

»Nein.« Daala wirkte unbekümmert. »Die Umfragedaten sind bloß einer von vielen Faktoren, die ich zurate ziehen werde, um eine Entscheidung zu treffen. Nicht einmal eine besonders wichtige. Bloß so eine Art Stichprobe, während wir hier sitzen. Eine, bei der den meisten Leuten nicht einmal aufgefallen wäre, dass ich Zeit schinde, um etwas auszuprobieren.«

Han wandte sich an Dorvan. »Nun, da es sich hierbei offenkundig um kein wesentliches Element der Entscheidungsfindung handelt … Wie sehen die ersten Ergebnisse, die Sie bekommen, denn aus?«

Dorvan sah Daala um Erlaubnis heischend an, erntete ein Nicken und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Datapad zu. »Eine einfache Mehrheit befürwortet es, die Jedi aufzutauen. Die Schwankungen auf Grundlage der verschiedenen persönlichen Faktoren, die ich erwähnt habe, fallen wie erwartet aus.« Er blinzelte mehrmals. »Allerdings sind die Unterschiede aufgrund der Wortwahl, die ich zum Beschreiben der Jedi verwendet habe, nicht so groß, wie ich angenommen hätte. Durchaus im Rahmen von, sagen wir, mathematischen Rundungsfehlern.«

»Interessant.« Daala klang nicht im Mindesten interessiert. »In Ordnung. Tun wir, was richtig zu sein scheint. Hier ist mein Gegenangebot: Die Jedi liefern Sothais Saar der Regierung aus. Er wird nicht eingefroren. Er wird untersucht. Er wird den üblichen Gefangenenkontakt zu einem Rechtsanwalt haben. Außerdem wird einem medizinischen Wissenschaftler, den der Orden stellt, und einem Jedi-Mittelsmann uneingeschränkter Zugang zu ihm gewährt. Falls er nach dreißig Tagen keine ungewöhnlichen Fähigkeiten an den Tag gelegt hat, um zu fliehen oder Chaos zu stiften, werden wir einen der Horns zu denselben Bedingungen auftauen. Falls die Situation nach einem weiteren Monat nach wie vor unverändert ist, werden wir den anderen Horn auftauen.«

Leia wechselte einen Blick mit Han. Er bedachte sie mit einem kleinen, versöhnlichen Schulterzucken.

Leia wandte sich an Daala. »Ich werde Meister Hamner Ihr Gegenangebot unterbreiten.«

»Glauben Sie, er wird es akzeptieren?« Daalas Frage war nicht an Leia gerichtet. Sie sah Han um eine Antwort forschend an.

Han zuckte die Schultern. »Ich kann nicht für den Rat sprechen. Ich denke nicht so wie Jedi-Meister. Aber ja, ich würde den Pott darauf wetten, dass Hamner damit einverstanden ist.«

»Gut.« Daala erhob sich und signalisierte damit, dass das Treffen vorüber war. »Lassen Sie mich wissen, wann Sie die Zustimmung der Meister haben, dann machen wir mit der nächsten Phase weiter.«

»Mit der nächsten Phase?«, fragte Han, der zusammen mit den anderen aufstand.

»Natürlich, General Solo«, entgegnete Daala. Sie hielt Han die Hand hin. »Gewiss glauben Sie doch nicht, dass wir anfangen, Dinge umzusetzen, bevor die Planung abgeschlossen ist?«

Han ergriff ihre Hand, sagte jedoch: »Wenn Sie den Versuch starten wollen, alles auf einmal zu klären, wird das hier eine verdammt lange Verhandlung!«

Daala stieß ein leises Schnauben aus. »Sie haben ja keine Ahnung, General! Versuchen Sie irgendwann mal, die Allianz und das Imperium unter einen Hut zu bringen!« Sie wandte sich an Leia. »Wo wir gerade davon sprechen, soweit ich weiß, ist heute Abend ein gemeinsames Essen mit Staatschef Fel geplant?«

Leia nahm Daalas Hand, nachdem Han sie losgelassen hatte. »Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Tatsache gefällt, dass Sie darüber Bescheid wissen.«

Daalas Lächeln wurde breiter. »Ich leite aus der Ferne die größte Geheimdienstoperation auf ganz Coruscant. Für irgendetwas muss das ja gut sein.«

Als die Solos die andere Seite des Senatsplatzes erreichten, wo sie ihren Luftgleiter abgestellt hatten, beschloss Leia, dass sie weit genug weg waren und Richtmikrofone ihre Unterhaltung vermutlich nicht länger auffangen könnten. »Sie hat gelogen.«

Han hüpfte auf den Pilotensitz. »Na sicher, sie ist schließlich eine Staatschefin.« Dann wurde ihm bewusst, was er gerade zu seiner Frau gesagt hatte. »Im Gegensatz zu, sagen wir, einer ehemaligen Staatschefin.«

»Nicht alles, was sie gesagt hat, war eine Lüge.«

»Welcher Teil denn dann?«

Leia schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher«, räumte sie ein. »Vielleicht sind die Umfrageergebnisse ihr viel wichtiger, als sie zugegeben hat. Oder womöglich hat sie uns aus irgendeinem anderen Grund hingehalten.«

Han runzelte die Stirn. »Denkst du, sie führt noch etwas anderes im Schilde?«

»Ich glaube, dass das der Fall sein könnte«, meinte Leia. »Oder vielleicht sind die Umfragen auch einfach bloß eine Ausrede. Vielleicht versucht sie lediglich, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen, um sich Zeit zu verschaffen, bis sich die öffentliche Meinung ändert – oder um das Militär stärker unter ihre Kontrolle zu bekommen. Es ist offensichtlich, dass sie denen nicht traut, andernfalls hätte sie eine Kompanie Weltraum-Marines geschickt, um den Tempel zu überfallen und keine Mandos.«

»Die Marineinfanterie hätte das kaum mitgemacht«, erwiderte Han. »Im Augenblick stehen sie unter dem Kommando von Gavin Darklighter.«

»Ja, Han«, sagte Leia. »Genau das ist ja der springende Punkt.«

LUFTGLEITERHANGAR IN DER NÄHE DES PANGALACTUS, CORUSCANT

Die Nacht war hereingebrochen, und die Verkehrsströme hatten sich von endlosen Schlangen aus Metall und Plastahl in unzähligen Farben zu Fluten von Scheinwerfern in einer sogar noch größeren Palette von Farbtönen verwandelt. Touristen von anderen Welten, die Coruscant besuchten, standen häufig stundenlang auf erhöhten Fußgängerwegen, bloß um das faszinierende luftige Schauspiel der miteinander verschmelzenden Farben zu betrachten.

Dreißig Meter unter einem solchen von Touristen bevölkerten Laufsteg wartete ein stark modifizierter Speeder in der mittleren Ebene einer skelettartigen Luftgleiter-Parkkonstruktion. Der Speeder war groß und erstreckte sich am Ende einer der Parkspuren über acht normale Parkfelder.

Er war schwarz und kastenförmig, komplett umschlossen, mit dunkel getönten Fenstern und kreisrunden Luken oben auf dem Heckabteil zusätzlich zu den Standardtüren zu beiden Seiten des Cockpits. Jeder, der Admiralin Niathals Bestattungsprozession verfolgt hatte, hätte ihn als einen der Amtsgleiter der Mon-Calamari-Botschaft auf Coruscant wiedererkannt.

Aber ungeachtet des Umstands, dass die Kennzeichen es als eben jenes Fahrzeug auswiesen, handelte es sich nicht darum. Das falsche Diplomatengefährt war lediglich eine mit Durastahlfolie bespannte Verkleidung, die fest auf einem etwas kleineren, umschlossenen, gleichermaßen schwarzen Frachtgleiter montiert war. Und im Hauptabteil des Fahrzeugs befanden sich Kom-Ausrüstung, Hocker für vier Kommunikationsoffiziere und bequeme Sessel an beiden Enden, von denen zwei von Moff Lecersen und Senatorin Treen in Beschlag genommen wurden.

»Das wirkt ausgesprochen auffällig.« Treen klang nicht im Geringsten besorgt.

Lecersen nickte und reichte ihr eine Untertasse und eine Tasse Kaf. »Das ist es. In der Tat, ausgesprochen auffällig. Und sollte irgendjemand dieses Fahrzeug bemerken und sich daran erinnern, dass es hier war, obwohl es das eigentlich nicht sein sollte, wird der Mon-Cal-Botschafter eine Menge Fragen zu beantworten haben.«

Treen nahm die Tasse nebst Untertasse entgegen. Sie hielt sie unter ihre Nase und schnüffelte kaum vernehmlich daran. »Und wenn zufällig ein Sicherheitsbeamter das Verlangen verspüren sollte, den Fahrer zu überprüfen oder sich Zutritt zu dem Vehikel zu verschaffen?«

Lecersen warf einen Blick hinüber zum Pilotenabteil. »Unsere Pilotin ist eine Quarren, deren Identikarte mit der eines Angestellten der Mon-Cal-Botschaft übereinstimmt. Und falls es ihr wider Erwarten nicht gelingt, einen Sicherheitsmann zu bluffen, damit er uns in Ruhe lässt, schnallen wir uns an, und sie rast davon, um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Sobald sie der direkten Sichtlinie des Verfolgers für ein oder zwei Sekunden entkommt – und glauben Sie mir, das schafft sie, sie ist eine ehemalige A-Flügler-Pilotin –, muss sie bloß einen Knopf drücken, um Sprengbolzen auszulösen, die die Außenverkleidung rings um dieses Gefährt an Ort und Stelle halten. Dann sind wir plötzlich ein vollkommen unscheinbarer Gleiter, der in eine vollkommen andere Richtung fliegt, während der Sicherheitsbeamte zum Sinkflug übergeht, um Wrackteilen nachzujagen.«

Treen schaute bekümmert drein. »Aber dann würden wir unseren Kaf verschütten.«

Lecersen atmete tief ein, um zu antworten, doch bevor er dazu kam, meldete sich der Kom-Offizier zu Wort, der ihnen am nächsten war. »Sir, der Agent ist jetzt in Position.«

»Haben Sie sich ins Holokamera-System des Restaurants eingeklinkt?«

»Ja, Sir.«

»Legen Sie’s auf den Schirm, bitte!«

Ein Monitor, der sich am Ende der Kom-Konsolen befand und zu Lecersen und Treen hinzeigte, erwachte zum Leben und zeigte auf einer Höhe von etwa drei Metern einen großen Saal, der von Dutzenden hochrangiger imperialer Offiziere bevölkert wurde, die viereinhalb Jahrzehnte alte Uniformen trugen. Sie drängten sich um Computerkonsolen und Sichtfenster von der Höhe großgewachsener Menschen. In der Mitte des Raums stand ein einzelner schwarzer Sessel mit hoher Rückenlehne, der auf einem niedrigen Podest thronte, mit einem kleinen, rechteckigen Tisch davor.

In dem Sessel saß ein großer, blasser, ganz in Schwarz gekleideter Mann mit einem dunkel polarisierten Visor über den Augen.

Treen blinzelte, offenkundig verwirrt. »Ich dachte, wir würden uns ein Restaurant ansehen?«

»Das tun wir doch!«

»Aber das ist der Kontrollraum des ersten Todessterns. Oder habe ich Halluzinationen?« Sie musterte argwöhnisch ihre Tasse Kaf.

»Sehen Sie genauer hin. Dieser Mann befindet sich in Wahrheit in einer Kammer, die nicht mehr als vier auf sechs Meter misst. Allerdings handelt es sich bei den Wänden um deckenhohe Monitore. Jedes Speisezimmer im Pangalactus-Restaurant ist gleichermaßen ausgestattet. Einige sind größer, andere kleiner, aber alle verfügen über Rundumprojektionen, und das Pangalactus besitzt ein paar außerordentliche Archivaufnahmen, die sie an die Wände werfen können, einschließlich einiger Standbilder, größtenteils sind sie jedoch bewegter Natur.«

»Sie klingen wie ein Werbespot.«

»Durch eine Vielzahl von Mittelsmännern und Scheinunternehmen bin ich in der Tat stiller Teilhaber des Etablissements.«

Beruhigt nahm Treen noch einen Schluck. »Also?«

»Nun, der Mann in dem Sessel ist real. Sein Name ist Kester Tolann.«

»Irgendwelche Beziehungen zu Commander Wister Tolann von der Imperialen Flotte?«

»Sein Enkel.«

Treen nickte nachdenklich. »Ich kenne den älteren Tolann. Dachte, er würde sich als weitaus effektiver erweisen, als es letztlich der Fall war.«

»Was das angeht, war Großadmiral Thrawn ganz Ihrer Meinung. Im Grunde haben seine Fitnessberichte über den älteren Tolann verhindert, dass er über den Rang eines Commanders aufsteigen konnte. Der Großvater dieses Jungen hat die letzten Jahre seiner Militärlaufbahn damit verbracht, für Sate Pestage und Ysanne Isard die Routen von Abfallentsorgungskonvois zu planen, als sie über das Imperium herrschten.«

»Ah!« Endlich funkelte ein gewisses Interesse in den Augen der alten Frau. »Dann hat der jüngere Tolann also Grund dazu, die Chiss zu hassen.«

»Die Chiss, jeden, der irgendwie mit den Chiss zu tun hat, und, um genau zu sein, jede nichtmenschliche Spezies, die es wagt, mit den Menschen zu konkurrieren. Ganz egal, um was.«

»Und natürlich hasst er auch Jagged Fel, der von den Chiss aufgezogen wurde …«

»Mehr als das. Senatorin, wissen Sie, was Duusha ist?«

Sie bedachte ihn mit einem kaum merklichen, nachdenklichen Stirnrunzeln. »Das ist irgendeine Käsesorte, oder?«

»Hergestellt auf Tatooine und anderen rückständigen Welten. Man macht ihn aus blauer Milch und behält deren Färbung bei. Er reift in Laibern heran. Auf der Außenhaut wachsen verschiedene Pilze, die den Käse beim Reifen konservieren, ihn vor Verunreinigungen schützen. Einige sind weiß, andere braun, rot, grün …«

»Ich verstehe. Oder vielmehr, das tue ich nicht.« Dann erst begriff sie. Lecersen sah beinahe, wie über dem Kopf der Senatorin ein Glühstab aufflammte. »Nein, jetzt verstehe ich! Der Duusha ist im Innern blau und hat außen eine andere Farbe … wie Fel.«

»Korrekt. Sein Spitzname bei gewissen Gruppen von Kritikern des Imperiums ist Duusha, weil er, wie sie sagen, plump, billig und im Innern blau ist. Daher habe ich das Vorhaben heute Abend Operation Duusha getauft.«

»Sie hätten Lehrer werden sollen. Sie hauchen Ihren Themen wirklich Leben ein und verstehen es, Ihre Schüler zu fesseln.«

Lecersen räusperte sich und deutete einmal mehr auf den Monitor, um Treens Aufmerksamkeit wieder darauf zu lenken. »Jedenfalls sind Staatschef Fel und seine Gäste momentan unterwegs ins Pangalactus. Sie werden dort eintreffen, man wird ihnen sagen, dass ihre Kammer bereit ist. Allerdings wird der Umstand, dass der Sicherheitsdienst der Galaktischen Allianz von ihrem Abendessen erfahren hat, ihnen ein bisschen sauer aufstoßen, weshalb sie darauf bestehen werden, einen anderen Raum zu bekommen. Die einzige andere Kammer, in der sich gleichzeitig eine Gästegruppe aufhält und die ähnlich groß ist, liegt unmittelbar neben der von Kester Tolann.«

Treen lächelte. »Also wird der junge Tolann Jagged Fel töten, um die Schmach seines Großvaters zu rächen und das Imperium vor nichtmenschlichen Spezies zu retten, die den Leuten die Arbeit wegnehmen.«

»Das bezweifle ich. Schließlich ist er ein Schwachkopf. Die Chancen stehen neunzig zu eins, dass er versagen wird.«

»Oh.« Treens Gesichtsausdruck nahm einen tadelnden Zug an. »Sie haben mich hierhergebracht, damit ich mir einen Fehlschlag anschaue?«

»Nein, ich habe Sie hergebracht, um zu beobachten, wie Jag Fel einen weiteren großen Schritt dazu unternimmt, dass mir das Amt des Staatschefs praktisch in den Schoß fällt«, erklärte er.

»Und um zu sehen, wie wir Daala daran hindern werden, ihr öffentliches Ansehen wiederherzustellen.«

Zwischen Treens sorgsam gezupften Augenbrauen erschienen drei tiefe Falten. »Ich kann mich nicht entsinnen, Sie in dieser Hinsicht um Hilfe gebeten zu haben.«

»Nein, aber uns bietet sich hier eine Gelegenheit, und sie hat in letzter Zeit eine Menge Wirbel darum gemacht, die Angelegenheiten mit den Jedi wieder ins Reine zu bringen«, sagte Lecersen. »Ich bin sicher, Sie können sich vorstellen, wie schwierig es sein wird, sie aus dem Amt zu treiben, falls sie sich tatsächlich die Unterstützung der Jedi-Ritter sichern kann.«

Treen kniff die Lippen zusammen. »Wohl wahr«, stimmte sie zu. »Aber ich glaube wirklich nicht, dass es Ihnen gelingen wird, die Solos davon zu überzeugen, dass Daala diejenige ist, die versucht, ihren zukünftigen Schwiegersohn umbringen zu lassen. Natürlich wird die Schuld dafür auf Sie und die übrigen Moffs fallen – insbesondere, wenn der Attentäter der Enkel eines ehemaligen imperialen Offiziers ist.«

Lecersens Grinsen wurde bloß noch breiter. »Damit hätten Sie vielleicht recht, wenn er die einzige Überraschung wäre, die ich heute Abend für Sie in petto habe.«

Ein Funkeln trat in Treens Augen. »Ich liebe Überraschungen!«, sagte sie. »Aber bloß, wenn ich einen Tipp bekomme, was es ist.«

»Nun gut«, meinte Lecersen. »Der richtige Anschlag – der auf Fel – wird wie ein Ablenkungsmanöver aussehen.«

Treens Augen wurden groß. »Es wird noch einen weiteren Anschlag geben?«

Lecersen nickte. »Auf die Solos«, sagte er. »Und sie werden glauben, dass sie die eigentlichen Ziele sind.«

»Oh.« Treen leckte sich die Lippen. »Wie schön!«