4. Kapitel

BÜRO DER STAATSCHEFIN, SENATSGEBÄUDE, CORUSCANT

Admiralin Natasi Daala, einstige imperiale Flottenoffizierin und jetzt das Oberhaupt der Regierung der Galaktischen Allianz, lehnte sich in ihrem Sessel zurück und fragte sich, ob sie Wynn Dorvan rufen sollte oder nicht. Daala verspürte einen Anflug von Verbitterung. Es gab Momente, in denen sie nichts weiter wollte, als dass die Dinge geordnet und eindeutig waren. Und Dorvan schien stets etwas in petto zu haben, das sie dazu brachte, nachzudenken und die Dinge genau anders herum zu sehen. Gleichwohl, er war nach wie vor ein so effizienter Assistent, dass sie Zugeständnisse machen musste. Das war schließlich der zivile Weg, die Dinge zu handhaben.

Und sie wollte ihr gutes Verhältnis zu ihm bewahren. Mit ein wenig Anleitung würde er eines Tages einen überragenden Stabschef abgeben … sobald er bereit war, den Gedanken daran zu akzeptieren, mehr Autorität und Verantwortung zu übernehmen.

Darauf vertrauend, dass die Bürosoftware, die in ihrem Kom-System installiert war, die Müdigkeit aus ihrer Stimme filterte, sagte sie: »Wynn? Wären Sie bitte so freundlich, mir einen Moment Ihrer Zeit zu widmen?«

»Gewiss, Ma’am. Ich bin gleich bei Ihnen.«

Sie ließ einen letzten Blick durch ihr Büro schweifen, über die beruhigende Reinheit der imperial-weißen Möbel, die zu ihrer Uniform passte. Sie strich sich Strähnen ihres langen, roten Haars aus dem Gesicht, um sie in einem zum Misserfolg verdammten Anflug von Ordentlichkeit hinter ihre Ohren zu streichen.

Die Tür glitt auf und gab den Blick auf Dorvan frei. Obgleich er oftmals der Bote komplizierter und unschöner Neuigkeiten war, traf das auf ihn selbst ganz und gar nicht zu. Wie immer war er hellwach und gewissenhaft, sein braunes Haar wie üblich makellos, fast wie um Daala an ihren eigenen, gegenwärtig derangierten Zustand zu erinnern. Aus der linken Brusttasche seines maßgeschneiderten Anzugjacketts lugte ein Knäuel braun-orange gestreiften Fells hervor – das Chitlik namens Pocket, das er sich als Haustier hielt.

Sie deutete auf einen Stuhl, und er nahm darauf Platz, schlug die Beine übereinander und schaute erwartungsvoll zu ihr auf.

Daala kam gleich zur Sache. »Wynn, selbst nach zwei Jahren ist dieses Prozedere der Zivilregierung manchmal immer noch verwirrend. Wo ich im Militärleben normalerweise einen Befehl gebe und mich später bei einem Kameraden danach erkundige, was er im Nachhinein davon hielt, muss ich hier zuweilen Interessen gegeneinander abwägen, bevor Dinge entschieden werden. Eine Menge unterschiedlicher Interessen. Von unterschiedlichen Leuten.«

»Um ehrlich zu sein, ist das unter zivilen Staatsoberhäuptern mit auch nur einem Hauch von Verstand gang und gäbe.« Dorvan lehnte sich in seinem Stuhl zurück und erlaubte es sich, ein wenig zu entspannen. Dabei wirkte er neugierig, bloß ein bisschen argwöhnisch. »Was haben Sie auf dem Herzen?«

»Dieses ganze Gerangel mit den Jedi. Glauben Sie, dass ich … Glauben Sie, dass mein Vorgehen vernünftig ist?«

Er erwog seine Antwort einen Moment lang. Dorvan erwog immer alles. »Admiralin, wenn die Holokameras laufen, stehe ich hundertprozentig hinter Ihnen.«

»Ich weiß, dass Sie das tun. Momentan wird hier nichts aufgezeichnet.«

Er seufzte. »Ich vertraue darauf, dass die Jedi die Bedürfnisse der Leute an erste Stelle setzen. Dass sie letzten Endes die richtige Entscheidung treffen, und wenn auch nur durch Ausprobieren. Ich denke, dass Sie zu viel Druck machen. Sie können die Jedi entweder als Verbündete oder als Untergebene haben, aber nicht als beides. Sie scheinen entschieden zu haben, dass die Rolle, die ihnen zusteht, die der Untergebenen ist.«

Sie nickte. »Das stimmt. Wenn auch nicht meine Untergebenen, sondern die der Regierung. Deshalb muss ich sie auf Kurs bringen.«

»Ich würde eine andere Herangehensweise wählen … aber Sie sind der Boss. Ich werde Ihnen den Rücken freihalten, ganz gleich, was Sie tun.«

»Aber Sie glauben nicht, dass ich das bewerkstelligen kann.«

»Palpatine hat es getan. Für eine Weile. Das hatte seinen Preis.«

Daala pfiff anerkennend. »Hübscher Treffer, Soldat. Wo verstecken Sie diese Vibroklinge, wenn Sie sie nicht benutzen?«

»Pocket hat sie, ganz handlich in ihrem Beutel. Sie ist ein nützliches Haustier.«

»Dann denken Sie also, ich werde wie Palpatine?«

»Nein, Ma’am, das tue ich nicht. Täte ich das, würde ich nicht für Sie arbeiten. Ich sage bloß, dass Ihr Vorgehen dem seinen sehr ähnlich ist und von der allgemeinen Öffentlichkeit und Ihren Gegnern auch so wahrgenommen werden könnte.«

Sie schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, nach dem ihr eigentlich nicht zumute war. »Nun.

Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen.«

»Das ist mein Job, Ma’am.«

»Das wäre dann alles.«

Er stand auf und ging hinaus. Als die Tür hinter ihm zuglitt, blieb Daala reglos sitzen. Jetzt war ihr widerspenstiges Haar vergessen, und sie grübelte über die Vorgehensweise nach, die sie eingeschlagen hatte.

DATHOMIR, REGENWALD

Die Stammlose Sha tauchte einem Phantom gleich aus einem Dickicht von Büschen auf.

Kein Laut verkündete ihre Ankunft, und Han, der auf der Haube des roten Flitzers saß, zuckte überrascht zusammen, Kaf schwappte aus dem Becher auf sein Handgelenk. Das plötzliche Brennen brachte ihn dazu, erneut zusammenzuzucken, diesmal noch heftiger, und der gesamte Inhalt des Bechers spritzte quer über Carracks gepanzerte Beine.

Der großgewachsene Mann warf Han einen mahnenden Blick zu und ging zur anderen Seite des am Boden befindlichen Speeders herum, wie um das Gefährt Deckung suchend zwischen sie zu bringen.

Han zuckte entschuldigend die Schultern. »Tut mir leid.« Er rieb sich sein verbrühtes Handgelenk. »Das war ihre Schuld.«

Leia trat vor und schenkte Han ein amüsiertes Grinsen, bevor sie sich an Sha wandte. »Was hast du gefunden?«

»Viele Spuren.« Sie wies nach Nordwesten. »Die Frau, die an Ihrem Bruder dran ist, eilt ihm voraus. Wieder und wieder schneidet sie seinen Weg, wobei sie sich absichtlich ungeschickt verhält und unübersehbar wird. Sie wendet sich strikt nach Nordosten. Manchmal folgt er ihr eine Weile und manchmal nicht. Er kehrt immer wieder zu seiner Nordwestroute zurück.«

Yliri, die ausgestreckt auf einer Decke auf der breiten Haube des Frachtgleiters lag, lachte.

»Sie versucht, ihn davon abzubringen, und er lässt sich nicht dazu verleiten.«

Sha nickte. »Bist du Fährtenleserin?«

»Nicht wie du. Aber ich habe einige Jagderfahrung.« Yliri rollte sich auf die Seite und sah die anderen an. »Also, wo versucht sie sie hinzulocken?«

Sha schüttelte den Kopf. »Die richtige Frage lautet: Wovon versucht sie sie fernzuhalten? Es gibt noch weitere Spuren. Mindestens von einem ganzen Clan und vielen Rancoren. Sie nähern sich dem Rotkiemenpass.«

»Hm.« Das war Dyon, der sich fleißig an ihrem kleinen Lagerfeuer zu schaffen gemacht hatte, das zwischen den gelandeten Gleitern auf einem bloßen, schwammigen Stück Waldboden loderte, um Kaf und abgepackte Mahlzeiten aufzuwärmen. »Wartet mal einen Moment!« Er zog ein Datapad aus einer seiner Westentaschen und verbrachte einige Sekunden damit, Befehle einzutippen. Schließlich drehte er den Bildschirm so herum, dass die anderen ihn sehen konnten; darauf war eine schlichte, bunte, zweidimensionale Karte abgebildet. Der Großteil der Karte war grün mit einigen unregelmäßigen schwarzen Punkten, die für Berge standen, und bläulichen Linien und Flecken, die auf Gewässer hinwiesen.

Er deutete auf einen See, der sich zwischen zwei Berggipfeln befand. »Das ist der Rotkiemensee. Hier ist auch der Rotkiemenpass. Das ist ein Engpass auf dem Weg nach Norden.

Das Tal dahinter birgt noch einen weiteren Pass, weiter nördlich, was bedeutet, dass es für Clans ein Leichtes ist, ihn zu verteidigen.«

Tarth’ Gesicht fiel in sich zusammen. »Dann könnte also eine Schlacht bevorstehen. Ein Clan bezieht dort oben Stellung, um gegen einen anderen zu kämpfen.«

Dyon nickte.

Han stieß einen verächtlichen Laut aus. »Und diese Frau, eine der Späherinnen eines Clans, der in den Krieg zu ziehen gedenkt, kümmert sich um zwei gefährliche machtnutzende Verfolger, indem sie versucht, sie in die Irre zu führen? Gehört sie vielleicht zum Nette-Leute-Clan? Nein, da steckt irgendwas anderes dahinter.«

Leia blickte durch die Bäume nach oben, deren Äste über dieser Lichtung weniger dicht waren, und schaute zum Himmel empor. Sonnenlicht fiel in einem steilen Winkel hernieder, wie um sie an die vorgerückte Stunde zu gemahnen. »Ich nehme an, heute Nacht werden wir sie nicht einholen?«

Sha schüttelte den Kopf. Sie ging zum Lagerfeuer hinüber und setzte sich im Schneidersitz daneben. Dyon reichte ihr einen Becher und goss aus dem Topf, der über einer niedrigen Stelle des Feuers auf einem metallischen Klappgrill stand, Kaf hinein.

»Dann lasst uns schlafen.« Han, dessen Handgelenk nicht mehr länger stach, ging hinüber, um seinen eigenen Becher nachzufüllen. »Wir brechen beim ersten Tageslicht auf und schauen dann mal, wie lange wir brauchen, um zu ihnen aufzuschließen. Zweistündige Wachschichten: ich, dann Leia, Dyon, Sha, Tarth. Carrack und Yliri, ihr haltet die letzte Schicht zusammen. Ich will, dass in der letzten Schicht vor der Dämmerung doppelt so viele Augen offen und Carracks Waffen einsatzbereit sind.«

Carrack nickte zustimmend, doch Yliri lachte. »Ich wusste, dass Sie berühmt sind, aber ich hatte keine Ahnung, dass Sie so herrschsüchtig sind.«

»Corellianer sind geborene Anführer, Schwester. Das solltest du wissen.«

Leia rollte mit den Augen, doch ihr Lächeln nahm dem Ganzen die Schärfe.

AN BORD DES MILLENNIUM FALKEN, RAUMHAFEN VON DATHOMIR

Wie es seinem Naturell entsprach, lungerte C-3PO beim Zugang zum Cockpit herum, während Allana ihre verschlüsselte Kom-Unterhaltung führte. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass sie im nächsten Augenblick Beschwichtigung oder ein Glas Milch brauchte.

Der goldene Droide konnte den Teil der Unterhaltung hören, den das kleine Mädchen bestritt, während die Stimme von Königinmutter Tenel Ka nur als Abfolge von Brummlauten zu ihm drang. Für jemanden im Pilotensitz waren Stimmen, die über die Kom-Lautsprecher kamen, leicht zu verstehen, doch unlängst war ihre Frequenz ein wenig durcheinandergeraten, wie es auf diesem Schiff gelegentlich vorkam. C-3PO unterdrückte ein Schniefen – oder vielmehr ein künstlich erzeugtes Geräusch, das einem Schniefen sowohl vom Klang als auch von der Bedeutung her gleichkam. Seine Lautsprecher waren niemals defekt, und falls doch, hätte er sich unverzüglich um ihre Reparatur gekümmert. Es war kein Wunder, dass der Falke ständig auseinanderfiel. Bei dieser schlampigen Wartung …

Allanas Unterhaltung ging zu Ende. »Das werde ich … Das mache ich nicht … Keine Sorge, ich habe doch Anji … Ich langweile mich nicht.« Sogar der Droide konnte die Lüge in den Worten des Mädchens wahrnehmen. »Ich hab dich auch lieb. Falke Ende.« In diesen letzten beiden Worten lag Stolz. Zweifellos fühlte sie sich sehr erwachsen, weil ihr eingefallen war, sie anzufügen.

Das kleine Mädchen stand vom Pilotensessel auf, drehte sich um und sah C-3PO an. Ihr rotes Haar ähnelte so sehr dem ihrer Mutter, ihre ernste Miene so sehr der ihrer Großmutter Leia.

Sie warf dem Droiden einen unfreundlichen Blick zu. »Du musst mich nicht die ganze Zeit belauschen.«

»Das tue ich lediglich, um meine Aufgabe möglichst effektiv erfüllen zu können, junge Dame. Und ich erledige meine Aufgabe sehr, sehr gut.«

»Jedenfalls die meiste Zeit über, schätze ich.«

Sie seufzte, offensichtlich verärgert wegen irgendetwas, und ging dann zu Anji hinüber, die zusammengerollt auf dem Kopilotensitz lag. Sie seufzte abermals, ehe sie das Fell des Nexu zu streicheln begann. Anji reagierte mit einem wohligen Schnurren, doch Allana schien es nicht zu bemerken. Sie starrte bloß aus der Cockpitkanzel hinaus und schüttelte den Kopf wegen irgendeiner Kleinmädchen-Traurigkeit, über die C-3PO bloß Mutmaßungen anstellen konnte.

»Lass den Kopf nicht hängen! Du musst dir keinerlei Gedanken über dein körperliches Wohlergehen machen«, sagte C-3PO. »Erzwo und ich sind in höchstem Maße fähig, dafür zu sorgen, dass du reinlich und wohlgenährt bleibst.«

Allana wirbelte zu ihm herum. »Ich bin kein Kind, Dreipeo!«, rief sie. »Ich kann mich selbst waschen, und ich weiß genauso gut wie du, wie man den Lebensmittelsynthetisierer benutzt.«

Anji hob ihren Kopf und warf C-3PO einen argwöhnischen Blick zu, während sie offensichtlich abschätzte, ob sie die Wirksamkeit ihrer Bisssperre an ihm testen sollte. C-3PO tat sein Bestes, um das undankbare Katzentier zu ignorieren, und konzentrierte seine Aufmerksamkeit weiterhin auf Allana.

»Nun, dann, fürchte ich, wirst du mir wohl einfach sagen müssen, was los ist«, meinte er.

»Wenn du mich darüber im Unklaren lässt, kann ich diese Angelegenheit mit Sicherheit nicht in Ordnung bringen.«

» Du kannst das sowieso nicht in Ordnung bringen«, beschwerte sich Allana. »Sie haben es vergessen.«

»Aber nicht doch. Vielleicht neigt Captain Solo zu Vergesslichkeit, doch was Prinzessin Leia betrifft, ist das gewiss nicht der Fall«, entgegnete C-3PO. »Worum auch immer es geht, ich bin mir sicher, sie hat Anweisungen hinterlassen, damit ich alles in ihrem Sinne arrangiere.«

Allanas Augen leuchteten auf. »Wirklich?«

»Selbstverständlich«, versicherte C-3PO. »Worüber machst du dir solche Gedanken? Über ihr Angebot, dir beizubringen, wie man Dejarik spielt?«

Allana kam zu ihm herüber. »Der Rancor!«, sagte sie. »Oma hat mir versprochen, dass ich das nächste Mal, wenn wir auf Dathomir sind, auf einem Rancor reiten darf.«

Eine elektrostatische Überspannung schoss durch C-3POs zentralen Hauptprozessor. »Ach, du liebe Güte, vielleicht haben sie das doch vergessen«, brabbelte er. »Ich fürchte, darüber hat mir niemand etwas gesagt.«

Allana sah ihn mit finsterer Miene an. »Ich dachte, Droiden können nicht lügen.«

»Ich habe nicht gelogen«, entgegnete C-3PO, der ein elektronisches Schniefen unterdrückte.

»Ich war lediglich … im Irrtum

»Darüber, dass Oma nie etwas vergisst?«, wollte Allana wissen. »Oder was den Teil betrifft, dass sie Anweisungen hinterlassen hat, damit ich einen Rancor reiten kann?«

Diesmal unterdrückte C-3PO das Schniefen nicht. »Offenkundig brauchst du etwas Zeit für dich allein. Ich werde meinen anderen Pflichten nachgehen. Bitte ruf mich, wenn du mich brauchst, junge Herrin.«

C-3PO marschierte nach achtern; seine Mikroservos surrten, als er davonging. Er nahm an, dass die Frage des Mädchens keine richtige verbale Stichelei gewesen war, sondern vermutlich bloß der Neugierde eines Kindes entsprang. Wenn man allerdings die anderen starken Solo-Eigenschaften bedachte, die das Mädchen besaß, konnte er sich diesbezüglich nicht vollends sicher sein.

Während er den gewundenen Korridor entlangmarschierte, der Zutritt zum Hauptdeck des Millennium Falken bot, gelangte der Droide zum Gang zur Verladebucht an Steuerbord und sah, dass die Einstiegsrampe unten war. Doch dann rollte R2-D2 die Rampe hinauf, sein Astromech-Gefährte seit so vielen Jahren – er konnte sich nicht einmal mehr an ihr erstes Treffen erinnern, was bedeutete, dass das vor einer Speicherlöschung gewesen sein musste –, und die Rampe glitt wieder in die Höhe, um den nächtlichen Raumhafen auszuschließen. »Nun, was hast du draußen getrieben?«

R2-D2 trillerte eine Antwort, mit dem melodischen, überaus datenintensiven Audiocode, den Astromechs zur Kommunikation verwendeten.

»Du hast das Umfeld ausgekundschaftet? Was gibt es da auszukundschaften? Dies ist nichts weiter als ein mit Permabetonbehausungen durchsetztes Schlammloch. Selbst auf der Sohle eines Schuhs haben sich mir schon vielversprechendere Anblicke geboten.«

Der Astromech piepste wieder.

C-3PO blieb stehen, wo er war, um seinen Kameraden anzusehen. »Aha. Dann hast du also auf einem Raumhafen, einem Ort, wo die ganze Zeit Raumschiffe kommen und gehen, ein Schiff gesehen? Wie aufmerksam.«

Träller.

»Was macht es schon, dass sich der Mechaniker beeilt hat, das Hangartor zu schließen, als er gesehen hat, dass du ihn beobachtest? Menschen können sehr unsicher sein, weißt du. Dem Erbauer sei Dank, dass wir nicht mit solchen Schwächen geschlagen sind.«

Träller.

C-3PO stieß ein künstlich artikuliertes Seufzen aus. »Das Heckende einer SoroSuub-Yacht.

Dürfte ich darauf hinweisen, dass es dort draußen in etwa so viele SoroSuub-Raumyachten gibt wie Piranhakäfer auf Yavin Vier?«

Das Trällern des Astromechs nahm einen gereizten Tonfall an.

»Nein, ich werde der Sache nicht zusammen mit dir nachgehen. Es ist uns nicht erlaubt, die junge Herrin allein zu lassen.« C-3PO schüttelte besorgt den Kopf. »Ganz ehrlich, Erzwo, was sich unsere Herrschaften dabei gedacht haben, dieses arme Kind hier zurückzulassen, allein mit uns, um sie zu beschützen. Wir sind auf Dathomir – ist ihnen nicht klar, was auf diesem Planeten mit machtsensitiven Mädchen geschieht?«

R2-D2 antwortete darauf mit einem langgezogenen, tiefen Brummen.

»Es gibt sehr wohl Grund für mich, sich Sorgen zu machen!«, entgegnete C-3PO.

»Manchmal denke ich, deine ganze Sensibilität beschränkt sich auf die eines rollenden Mülleimers und sollte mal ausgetauscht werden. Um ehrlich zu sein, bestehe ich darauf, dass du hier bei mir bleibst. Womöglich brauche ich dich, um das Schiff zu verteidigen.«

Zwitscher-tschi.

»Nein, ein geballter Angriff ist nicht die beste Verteidigung. Die beste Verteidigung ist eine geballte Verteidigung. Und das bedeutet, sich nicht vom Fleck zu rühren, die junge Miss Allana zu beschützen und dafür zu sorgen, dass sie nicht in Schwierigkeiten gerät, was sozusagen ihrer genetischen Veranlagung entspricht. Und wenn du Gene hättest, wäre es mit dir nichts anderes.« C-3PO schüttelte traurig den Kopf und ging weiter nach achtern, überzeugt davon, dass er R2-D2

ausnahmsweise einmal tatsächlich zur Ordnung gerufen hatte.

SCHIESSSTAND DES SICHERHEITSDIENSTES, SENATSGEBÄUDE, CORUSCANT

Fünfzig Meter weiter den schmalen Gang mit den schwarzen Wänden hinunter verfiel der schimmernde silberne Droide innerhalb von einem Augenblick von Reglosigkeit in einen athletischen Lauf und stürmte auf Staatschefin Daala zu.

Daala, die braune, schlabbrige, bequeme Trainingskleidung trug, zog ihre Blasterpistole aus dem Schulterhalfter und zielte – alles mit einer einzigen, geübten Bewegung. Als sie ihr Visier auf den Droiden richtete, hatte er bereits die Hälfte der Distanz zwischen ihnen hinter sich gebracht. Sie nahm sich einen zusätzlichen Moment Zeit, um zu zielen, erlaubte dem Droiden, bis auf zehn Meter heranzukommen – eine Entfernung, auf die das Grinsen auf seinem totenschädelartigen Gesicht offensichtlich war –, und dann drückte sie den Abzug.

Ihr Schuss traf den Droiden in die Brust – in den oberen rechten Brustmuskel, wäre er ein Mensch gewesen. Der Schuss ließ diesen Bereich silberner Außenverkleidung schwarz werden. Der Droide wirbelte herum, sein anmutiger Laufrhythmus unterbrochen, und Daala feuerte ein weiteres Mal, ein rascher Schuss, der den Droiden linksseitig erwischte, um die Außenhülle auch hier zu schwärzen.

Der Droide krachte auf den glänzenden schwarzen Boden und schlidderte bis auf drei Meter an sie heran. Dabei zielte Daala ein letztes Mal sorgsam und verpasste dem Ding eine Blasterladung in die Schläfe.

Auf dem Anzeigeschirm, der neben Daala in die Wand des Schießstands eingelassen war, blinkte das Wort ABSCHUSS auf. Darunter erschienen noch weitere Worte:

AUFGABE NEU STARTEN

ANALYSERESULTATE

GRUNDEINSTELLUNGEN

PARAMETER ÄNDERN

SIMULATION BEENDEN

Anstatt einen dieser Befehle zu äußern, trat Daala zur Seite und forderte ihren Begleiter mit einem Nicken dazu auf, die Feuerposition zu übernehmen.

General Merratt Jaxton, der Chef des Sternenjägerkommandos, war wie Daala für diese Übung gekleidet. Er trat vor und richtete seine orange getönte Schutzbrille. Jaxton, ein Mensch von durchschnittlicher Größe mit grauem Haar und dunklen Augen, besaß eine irgendwie quadratische Figur und Gesichtszüge, wie die Zivilbevölkerung sie bei ihren militärischen Führern erwartete und beruhigend fand. Wie die meisten Angehörigen der aktuellen Generation hochrangiger Offiziere, hatte er es in dem Machtvakuum zu seinem Amt gebracht, das das Ende des Zweiten Galaktischen Bürgerkriegs nach sich zog. Die Veränderung in der GA-Regierung hatte unzählige Karrieren so enden lassen wie den Droiden, der nun vor ihnen lag – ruiniert, mit gesenktem Kopf und geschlagen –, und Leute wie Jaxton, effiziente Kriegstreiber mit makellosen Akten, waren aufgestiegen und hatten Macht erlangt.

Er blickte auf den am Boden liegenden Droiden hinab. Seine Stimme war ein bisschen spröde, leicht durchtränkt vom Akzent des lange verlorenen Alderaan: »Sie haben ihn zu dicht herankommen lassen.«

Daala zeigte sich wenig beeindruckt. »Man sollte zuerst auf den Massenschwerpunkt feuern.

Man muss sie zu Fall bringen, um sie dann auszuschalten. Wenn Sie versuchen, sofort den Finalschuss anzubringen, dann, nun, sterben Sie.«

»Blödsinn.« Jaxton wandte sich der Kontrolltafel zu. »Parameter ändern. Ein Rotwut-Süchtiger, alle Körperfunktionen verstärkt um zehn. Neustart.«

Der Droide sprang auf die Füße und trottete zum Fünfzig-Meter-Abstandspunkt zurück. Als er die Stelle erreichte, stießen Ventile, die aus den Wänden ragten, ein gewisses Maß an weißem Nebel aus, der den Droiden einhüllte. Der Nebel verflüchtigte sich beinahe augenblicklich wieder, und damit verschwanden auch die drei schwarzen Brandmale auf der Außenhülle des Droiden.

Er wandte sich wieder Daala und Jaxton zu und verharrte reglos.

Jaxton grinste. »Los!«

Der Droide bewegte sich auf sie zu.

Jaxton zog die Blasterpistole an seiner rechten Hüfte. Als der Lauf oben und auf einer Linie mit dem Droiden war, feuerte er.

Der Schuss traf den Droiden mitten in die Stirn. Der Kopf des Droiden ruckte nach hinten, dann kippte sein Körper um.

Der Droide war zwei Schritte weit gekommen. Er schlidderte noch zwei Meter vorwärts und lag dann reglos da.

»Beeindruckend.« Daala war nicht wirklich beeindruckt. Sie war schon zu vielen ehemaligen Jägerpiloten begegnet, die viel zu stolz auf ihre Schießkünste gewesen waren. Auf dem Schlachtfeld sorgten prahlerische Taktiken wie die von Jaxton dafür, dass ein Soldat umkam. Doch es gelang ihr, die Langeweile aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Sie müssen ja rund um die Uhr trainieren, Tag und Nacht.«

Jaxton zögerte. Zweifellos fragte er sich, ob ihre Bemerkung ein Seitenstich hinsichtlich seiner jüngsten Scheidung war. » So viel nun auch wieder nicht.« Er ging beiseite.

»Neustart.« Daala trat vor.

Der Droide stand auf, kehrte zu seiner Markierung zurück, wurde von Nebel eingehüllt und stand dann schimmernd und einsatzbereit da.

Daala aktivierte ihn nicht sofort. »Mir sind gewisse Dinge zu Ohren gekommen. Über Ihre, nun, Rastlosigkeit.«

»Ist das hier offiziell?«

»Nein.«

»Natasi, ich bin Ihr Flügelmann. Immer. Das wissen Sie.«

»Sicher.« Tatsächlich wusste sie das keineswegs. Sie hatte noch nie ein sonderlich enges Verhältnis zu Jaxton gehabt, ja, hatte ihn kaum gekannt, bevor er Militärchef geworden war. Doch es war trotzdem möglich, dass er die Wahrheit sagte.

»Aber, ja, es gibt Gerede. Über Sie.«

»Also, was ist hier los …«

Auf das Wort » los« hin stürmte der Droide auf Daala zu.

Daala zog eine Grimasse, sowohl wegen ihres Fehlers als auch angesichts der Ungelegenheit dieser Unterbrechung; sie hob ihre Pistole und feuerte. Bei vierzig Metern traf der Schuss den Droiden in die Leistengegend. Der Droide rollte sich zu einer Kugel zusammen, als er stürzte, und lag dann reglos da.

Daala blinzelte. Eigentlich hatte sie wie üblich auf den Massenschwerpunkt gezielt, doch als sie die Pistole hob, hatte sie den Abzug eine Winzigkeit eher gedrückt, und das Ergebnis wirkte wesentlich beeindruckender, als das bei ihren Schießkünsten normalerweise der Fall war.

»Gut gemacht.«

»Vielen Dank. Neustart. Also, was ist das für Gerede?« Sie trat beiseite.

Jaxton ging nicht sofort los, um ihren Platz einzunehmen. »Meiner Ansicht nach glauben die Leute in den Offizierskorps nicht, dass Sie ihre Interessen schützen oder ihre Ideale fördern. Nicht auf die Art und Weise, wie sie – wir – das von Ihnen erwartet haben.«

Daala sah ihn stirnrunzelnd an. »In den letzten paar Jahren habe ich die Stärke und die Reaktionsfähigkeit des Militärs in einem Maße gesteigert, das die Erwartungen der Analysten weit übertrifft.«

»Zugegeben.«

»Ich habe Schritte unternommen, um die Jedi auf Kurs zu bringen. Der Orden hat sein Oberhaupt verloren – Luke Skywalker jagt dem Geist seines toten Neffen quer durch die Galaxis nach, und sein Nachfolger ist mit unserer Perspektive vertraut und uns durchaus freundlich gesonnen.«

»Und doch widersetzen sich die Jedi Ihnen nach wie vor.«

»Noch.«

»Und eine von ihnen, Gilad Pellaeons Mörderin, ist weiterhin auf freiem Fuß.«

»Das ist ein Zivilprozess, der mit Zivilgeschwindigkeit gehandhabt wird. Tahiri Veila wird verurteilt werden. Man wird sie hinrichten. Das braucht bloß seine Zeit.«

»Nun, vielleicht können wir in der Zwischenzeit jemand anderem eine Lektion erteilen. Ich denke da an eine Kriminelle, die nicht unter das Zivil-, sondern unters Militärrecht fallen würde.«

»An wen?«

»Cha Niathal.«

Daala blinzelte, ehrlich überrascht. Admiralin Niathal, eine lebenslange Flottensoldatin von Mon Calamari, hatte einst Daalas eigenes Amt innegehabt und sich die Staatschef-Pflichten mit Colonel Jacen Solo geteilt – oder mit Darth Caedus, wie er es später vorzog, genannt zu werden.

Als Caedus zunehmend zerstörerische Tendenzen an den Tag legte, hatte Niathal sich bemüht, seine Exzesse im Zaum zu halten, und sich am Ende sogar gegen ihn gewandt. Jetzt verbrachte sie auf Mon Calamari ihren Ruhestand. »Merratt, vielleicht haben Sie sich die Unterlagen über ihre Taten nicht so sorgfältig angeschaut wie ich. Es ist schwer, ihr irgendetwas anderes vorzuwerfen als einen Fehler, nämlich den Fehler, Jacen Solo vertraut zu haben.«

»Genau denselben Fehler hat Luke Skywalker gemacht und wurde dafür verurteilt.«

»Aber Cha Niathal ist eine von uns. «

»Dem stimme ich zu, und ich persönlich würde nicht wollen, dass sie zu Schaden kommt. Oder auch nur, dass ihr wohlverdienter Ruhestand gestört wird.« Schließlich trat er vor zur Feuerlinie. »Los!«

Der Droide setzte sich mit einem Satz in Bewegung. Jaxton ließ ihn drei Schritte weit kommen, bevor er seinen Blaster hob und ihm in den Kopf schoss. Er senkte die Waffe. »Aber das Problem ist, dass Sie sich angreifbar für Vorwürfe der Rechtsmanipulation gemacht haben, indem Sie ihre Taten persönlich geprüft und sich dagegen entschieden haben, sie deswegen rechtlich zu belangen – dass Sie in gewisser Weise jemanden begnadigt haben, der sich in genau derselben Position befand wie Sie jetzt, in der Hoffnung, damit einen Präzedenzfall zu schaffen – für den Fall, dass Sie es vermasseln. Deshalb der Verlust an Vertrauen. Und das Gerede.«

Verärgert schüttelte Daala den Kopf. »Dann soll ich also veranlassen, dass Niathal strafrechtlich verfolgt wird, bloß um irgendwelche ewigen Nörgler zum Schweigen zu bringen?«

»Sie wären überrascht, wie zahlreich und wie mächtig diese ›Nörgler‹ sind. Und es geht darum, Cha Niathal zu verurteilen, nicht, sie zu schikanieren. Suchen Sie drei Militärrichter, die unparteiisch sind, nicht vor der öffentlichen Meinung buckeln und von den bewaffneten Streitkräften hoch angesehen werden. Lassen Sie sie das Kriegsgericht abhalten. Sie werden sie freisprechen, Niathal wird nach Hause gehen, und die Menge wird aufhören mit dem Gerede.«

»Das gefällt mir nicht.« Daala dachte daran, ein paar weitere Male auf den Droiden zu schießen, um ihrer Verärgerung Luft zu machen, ehe sie sich dagegen entschied. »Abbrechen, Simulation beenden!«

»Natürlich tut es das nicht. Aber ob Ihnen das nun gefällt oder nicht, Sie führen einen Feldzug gegen die Jedi. Bis diese Angelegenheit geklärt ist, wird jedes andere Vorgehen, das Sie in Angriff nehmen, eine neue Front in einem Zwei-Fronten-Krieg. Und das ist nicht gut – besonders dann nicht, wenn Sie sich an der zweiten Front gegen Ihre eigenen Leute behaupten müssen.«