12. Kapitel

RAUMHAFEN, DATHOMIR

Die Nacht war hereingebrochen. Allana hatte gegessen, hatte ihr Lernpensum für den Tag bewältigt und war von C-3PO ins Bett gesteckt worden.

Jetzt, wo er fort war, stand sie auf und zog sich wieder an. Diesmal ergänzte sie ihre Ausstattung um eine dunkle Kapuzenjacke, damit es schwieriger war, sie im Dunkeln zu sehen.

Dann schnappte sie sich Anji und schlich zum Minilift. Genau wie sie es am Vorabend getan hatte, verließ sie den Millennium Falken und kletterte zum Boden hinunter. Und genau wie am Vorabend sah Allana auch diesmal jemanden Nachtwache bei dem Nadelschiff halten, das neben der Jadeschatten ruhte. Diesmal jedoch schien die Silhouette die einer Frau zu sein, die allein im Cockpit saß und hinter der Kanzel kaum zu erkennen war. Allana gefiel das Gefühl nicht, dass sie dabei beschlich – als würde die Frau sie beobachten. Aber fühlte sie sich nicht immer so, wenn sie ungehorsam war?

Anstatt sich geradewegs zu Monargs Hangar zu begeben, führte Allana Anji in der

Dunkelheit umher, bis sie das Cockpit des Falken sehen konnte. Durch das Sichtfenster konnte sie C-3PO ausmachen, der auf dem Kopilotensessel saß und offensichtlich die Steuerkontrollen studierte.

Allana aktivierte ihr Komlink. »Dreipeo?«

Der Droide richtete sich ruckartig auf. Er ließ den Blick durch den Cockpit-Zugangskorridor des Falken schweifen, und dann drang seine Stimme über das Komlink. »Ja, Miss Allana? Habe ich irgendetwas vergessen? Hättest du vielleicht gern noch ein schönes Glas Wasser oder Milch?«

»Wir können dich sehen.«

C-3PO lehnte sich ein wenig vor, wie um sich davon zu überzeugen, dass Allana nicht am Ende des Korridors kauerte, außerhalb seines Blickfelds. »Oh, das bezweifle ich sehr. Keins der Schotts zwischen uns besteht aus Transparistahl.«

»Aber das vordere Sichtfenster. Dreh dich um und schau nach draußen.«

Der Droide kam der Aufforderung nach, schwang in seinem Sitz herum, sah zuerst auf die Monitorschirme der Konsole und spähte dann durch das vordere Sichtfenster.

Allana stand auf Zehenspitzen, streckte ihre Hand so weit über ihren Kopf, wie sie konnte, und winkte ihm zu.

Der Droide kam auf die Füße. »Ach, du meine Güte! Miss Allana, wie bist du dort hinausgelangt?«

»Wir sind gelaufen.«

»Offensichtlich muss ich vergessen haben, die Außenluken zu verriegeln. Obgleich ich mich daran erinnere, es getan zu haben. Hast du das Passwort entschlüsselt? Vierunddreißig Zeichen lang und aus einer verwirrenden Abfolge unlogischer alphanumerischer Ziffernfolgen zusammengesetzt. Dann hättest du Fähigkeiten an den Tag gelegt, die über jene, die du bei deinen Hausarbeiten gezeigt hast, weit hinausgingen.«

»Das spielt keine Rolle. Wir gehen jetzt los.«

»Nein, nein, du musst wieder reinkommen! Ich bin gleich draußen.«

»Bis dahin sind wir weg. Aber du kannst uns bei Monargs Reparaturarbeiten finden. Wir retten jetzt Erzwo-Dezwo.«

»Oh, nein, Miss …«

Sie schaltete ihr Komlink aus und eilte außer Sicht der Cockpitfenster, von der kindlichen Überzeugung erfüllt, dass C-3PO da sein würde, um es wieder zu richten, falls es ihr nicht gelang, ihren anderen Droidenfreund zu retten.

Wenige Augenblicke später stand sie erneut im Schatten des Stapels von Schmiermittelfässern neben Monargs Permabetonkuppel. Sie wusste, dass sie nicht viel Zeit hatte.

Obwohl sich C-3PO vergleichsweise langsam bewegte, war es von hier bis zum Schiff nicht übermäßig weit.

Sie hob einen leeren Behälter hoch. Tatsächlich war er nur fast leer: Im Innern schwappte vielleicht ein halber Liter Flüssigkeit umher. Sie stellte das Fass für den Moment beiseite.

Während Anji ihre Schritte im Auge behielt, trug sie zwei weitere Fässer zur Kuppel und stellte sie Seite an Seite fünf Meter von der Vordertür der Werkstatt entfernt auf, ehe sie das erste Fass nach vorn brachte, das sie eben aufgenommen hatte. Sobald sie es neben die anderen geschleppt hatte, löste sie den Deckel des Behälters, drehte ihn mit der Unbeholfenheit um, die unvermeidlich war bei einem Kind, das mit einem Gegenstand hantierte, der zwar leicht genug zum Tragen war, aber zu groß, um ihn richtig zu handhaben, und goss seinen Inhalt über die anderen Fässer aus. Dann stellte sie dieses Fass neben ihnen ab.

Jetzt musste sie eine Straftat begehen. Sie zögerte einen Moment, weil sie sicher war, dass es wirklich eine Straftat war. Aber gleichzeitig war es auch richtig, es zu tun, und wann immer Han die Wahl zwischen Gesetzestreue und einem Vergehen aus dem richtigen Grund heraus treffen musste, beging er das Vergehen und sagte anschließend, dass er es getan habe, weil Leia ihn dazu gebracht habe, es aus dem richtigen Grund zu tun. Allana nickte, zufrieden mit dieser Logik.

Sie wies auf die Tür neben der Werkstatt, ehe sie Anji zuflüsterte: »Geh da rüber und mach Platz!«

Anji legte den Kopf schief, und ihre Schnurrhaare zuckten.

»Nun stell dich nicht dumm«, warnte Allana, »ich weiß, wie klug du bist!«

Anji betrachtete einen Moment lang Allanas ausgestreckten Arm, blinzelte ein paarmal und trottete davon – ehe sie auf halbem Weg zur Tür stehen blieb, sich umdrehte und wartete. Allana seufzte. Das würde genügen müssen.

Sie holte das winzige Schweißgerät aus ihrer Tasche, das sie sich aus dem Werkzeugschrank des Falken geborgt hatte. Sie hatte mehrmals gesehen, wie Han es für kleinere Schweißarbeiten benutzt hatte, aber niemals, um einen Brand zu legen. Sie schaltete das Gerät ein und hielt die Flamme an die Flüssigkeit, die sie über die Fässer geschüttet hatte. Innerhalb weniger Sekunden brannten sie lichterloh.

Sie schaltete das Schweißgerät aus, sammelte Anji ein und lief dann davon, um sich neben die Tür der Werkstatt zu stellen und mehrmals dagegenzutreten, was ein lautes, metallisches Krachen nach sich zog. Dann kauerte sie sich nieder, zog die dunkle Kapuze ihres Gewands über den Kopf und klemmte sich Anji unter den Arm.

Niemand reagierte. Sie verfolgte, wie das Feuer auf den Fässern höher wuchs und fragte sich, ob es ausbrennen oder womöglich von einem Nachbarn entdeckt werden würde, bevor Monarg auffiel, was los war. Sie fragte sich, ob sich Monarg überhaupt in seiner Werkstatt aufhielt.

Vielleicht hätte sie lieber erst einmal wieder durch ein Fenster spähen sollen, bevor sie das hier in Angriff nahm. Aber nein, das hätte C-3PO genügend Zeit verschafft, sie einzuholen und aufzuhalten.

Dann schwangen die Türhälften nach draußen auf. Die Türhälfte, die Allana am nächsten war, traf sie, nicht fest, und drückte sie und Anji gegen die raue Permabetonoberfläche der Kuppelwand. Anji streckte die Beine durch, sammelte sich, um den Mann anzuspringen, aber Allana grub die Finger in ihr Fell, um sie zurückzuhalten.

Durch den Spalt zwischen der Tür und dem Rahmen sah sie Monarg auf der Schwelle stehen, wie vom Donner gerührt. Dann sagte der Mann ein Wort, das Han niemals benutzen würde, wenn er glaubte, Allana sei in der Nähe. Er drehte sich um und lief zurück in seine Werkstatt.

Allana runzelte unglücklich die Stirn. Das hatte nicht richtig geklappt. Eigentlich sollte er rausrennen und drüben beim Feuer auf und ab hüpfen.

Monarg stürmte wieder durch die Tür nach draußen. Er hatte Gegenstände in den Händen.

Allana glaubte, einen davon als Feuerlöscher zu erkennen, doch er war bloß einen

Sekundenbruchteil lang im Türspalt zu sehen, sodass sie sich diesbezüglich nicht sicher sein konnte.

Sie rutschte zur Seite und lugte um die Tür herum. Natürlich hatte Monarg einen

Feuerlöscher, und sie hörte das Tschuff des Geräts, als er anfing, den schaumigen Inhalt über ihr Feuer zu sprühen. Außerdem sah er sich um, schenkte seiner Umgebung ebenso viel Aufmerksamkeit wie dem Feuer … und in seiner anderen Hand lag eine Blasterpistole.

Allana schluckte.

Doch als sich Monarg um den brennenden Haufen herumbewegte, als er das Gesicht von ihr abwandte und bloß noch seine Augenklappe sichtbar war, sauste Allana um die Tür herum und in seine Werkstatt. Sie hielt Anji immer noch an ihrem Fell gepackt, sodass der Nexu bei ihr blieb.

Dann duckte sie sich unverzüglich zu einer Seite, damit Monarg sie durch die offene Tür nicht sehen konnte.

Die Werkstatt war so, wie sie sie von gestern Abend in Erinnerung hatte. Es wimmelte nur so vor umherrollenden und -flitzenden kleinen Mechanikerdroiden. Bei allen waren unmittelbar über der Radebene Ablagen mit Ersatzteilen und Werkzeugen in den Rumpf eingelassen, und einige trugen auch noch mehr in ihren Händen. Die Droiden reagierten nicht auf ihre Anwesenheit.

Die Raumyacht beherrschte das Zentrum der Kuppel. Das Schiff war jetzt von einem feurigen Gelborange. Die vielen Dellen in der Außenhülle waren entweder ausgebeult worden, oder das neue Farbmuster machte es schwer, sie auszumachen. Die Yacht war viel zu groß, um durch die Tür hereingebracht worden zu sein, die Allana benutzt hatte, doch am anderen Ende der Werkstatt befand sich ein größeres Schiebetor, direkt vor dem Bug der Yacht.

Drüben an der Rückwand, nicht weit von diesem Tor entfernt, neben einem Tisch und einer Computerkonsole, befand sich der abgedeckte Haufen, an den Allana sich erinnerte. Sie führte Anji dort hinüber, hielt dabei ein wachsames Auge in Monargs Richtung offen und passte auf, dass sie sich nie vollends in sein Blickfeld begaben. Als sie den Tisch erreichten, stieg ihr der Duft von frisch gebrautem Kaf – stark wie ein Wookiee – in die Nase und vertrieb die Gerüche von Farbe und Treibstoff. Monargs Becher stand auf dem Tisch. Er dampfte noch, als wäre er eben erst eingegossen worden.

Sie hob eine Ecke des Lakens hoch, die das verhüllte, was ihr Droidenfreund sein musste.

Und er war es tatsächlich. R2-D2 stand da, stumm, reglos, mit erloschenen Anzeigen.

»Erzwo?« Allanas Stimme war so leise, dass sie sie beinahe selbst nicht hörte. War er tot – oder zumindest so tot, wie Droiden sein konnten? Dann sah sie den Haltebolzen, der am Rumpf des Droiden steckte.

Natürlich konnte er dann nicht aufwachen oder antworten. Monarg hatte ihn gestohlen. Er musste den Droiden ruhigstellen, damit er seinen Speicher löschen und ihn neu programmieren konnte.

Allana packte den Haltebolzen und zog daran. Ihre kleinen Finger rutschten von dem abgerundeten Metallstück ab. Sie griff wieder zu und riss von Neuem daran, wilder jetzt, doch das Resultat war dasselbe.

Verzweifelt warf sie über die Schulter einen Blick zur Tür hinaus. Monarg war nach wie vor in Sicht, sein Rücken der Kuppel zugewandt. Das Feuer war aus, der Feuerlöscher stand zu seinen Füßen, und er hielt seine Blasterpistole in der Hand. Er schaute hin und her, und seine Haltung verriet, dass er sehr, sehr wütend war.

Ein Mechanikerdroide rollte an Allana vorbei. Sie sah Werkzeuge auf seiner Ablage, eins davon war eine Hydraulikgreifzange. Sie schnappte sich das Werkzeug und ließ den Droiden arglos passieren.

Monarg drehte sich jetzt um, kam zur Kuppel zurück.

Allana stieß Anji unter eine Werkbank, dann huschte sie neben R2-D2 und ließ das Laken über sie beide fallen. Einen Moment später hörte sie über den Lärm der geschäftigen Droiden hinweg das Geräusch der sich schließenden Türhälften … um sie mit Monarg in der Werkstatt einzuschließen.

Sie bewegte sich so leise, wie sie konnte, sorgsam darauf bedacht, die Plane nicht zu berühren. Sie schloss die Backen der Greifzange um den Haltebolzen und zog. Der Bolzen weigerte sich noch immer, sich zu lösen.

Sie hörte Monarg erst einige Sekunden später wieder, als der Stuhl zu ihrer Linken knarrte.

Sie biss sich auf die Unterlippe und zog weiter. Sie konnte spüren, wie neugierig und aufgeregt Anji wurde, als würde sie glauben, sie würden ein Spiel spielen. Allana versuchte, Anji das Gefühl zu vermitteln, wie ernst es war, doch das sorgte bloß dafür, dass der Nexu nervös wurde.

Eigentlich hätte C-3PO mittlerweile hier sein sollen. R2-D2s Bolzen sollte sich lösen. Doch nichts lief so, wie es sollte. Genauso schien es bei Opa Han auch immer zu sein.

Sie hörte Monargs Stimme, die einen überraschend geschmeidigen, sanften Klang besaß. Sie hatte erwartet, dass er schroff und gemein klingen würde. »Ja, was willst du?«

Es folgte keine Antwort. Allerdings wurde einen Moment später das Laken, das sie verbarg, zur Seite gerissen. Monarg stand vor ihr, scheinbar so groß wie ein Riese und doppelt so bedrohlich, einen Mechanikerdroiden neben sich. Der Droide wies mit einem spindeldürren Arm auf sie, und als sie vollends ins Blickfeld seiner Optiksensoren geriet, rutschte er zur Seite, um auf die Greifzange zu zeigen.

Monarg packte ihren Arm und riss sie von dem Astromech fort. »Du! Du hast das Feuer gelegt!«

Sie schrie, ein schrilles Heulen der Verzweiflung, und trat ihm gegen das Schienbein. Dann sprang Anji auf seine Schultern und versuchte, ihn in den Nacken zu beißen. Zwar verhinderte ihre Bisssperre, dass sich die Zähne rasch genug schlossen, um die Haut zu durchdringen, doch die Überraschung darüber, das Maul eines Nexuwelpen an seinem Hals zu spüren, brachte Monarg dazu, aufzuschreien und Allanas Arm loszulassen. Im selben Moment pflückte ihr der Mechanikerdroide flink die Greifzange aus der Hand und eilte davon, um sich wieder seiner ihm zugewiesenen Aufgabe zu widmen.

Monarg wirbelte im Kreis herum, dann griff er hinter seinen Kopf und packte Anji. Wären ihre Stacheln nicht aus Sicherheitsgründen abgestumpft worden, wären sie geradewegs durch seine Hand hindurchgegangen. Doch so, wie die Dinge lagen, packte er sie im Genick und zog sie von sich, ehe er ihren Kopf runter auf seine Werkbank donnerte – zweimal – und sie dann mehrere Meter entfernt auf den Hangarboden warf.

Anji landete mit einem schmerzerfüllten Jaulen, dann rollte sie wieder auf ihre Pfoten, wirbelte zu Monarg herum und … taumelte drei Schritte, bevor sie zu einem wimmernden Häufchen zusammenbrach.

Allana trat Monarg abermals gegen das Schienbein. »Fiesling!«

Röte überdeckte sein Gesicht, als Monarg sich wieder zu ihr umdrehte und sie mit dem einen gesunden Auge anstarrte. »Dafür wirst du bezahlen, kleines Mädchen!« Er musste laut sprechen. Allana wurde klar, dass das daran lag, weil sie immer noch schrie.

Sie hörte auf zu kreischen, schnappte sich Monargs Becher vom Tisch und schüttete ihm den Inhalt in sein allzu nahes Antlitz.

Er brüllte wie ein verwundeter Wookiee und torkelte von ihr weg.

Sie warf den Kafbecher nach ihm. Er prallte von seinem linken Schienbein ab, direkt über der Stelle, wo sie ihm hingetreten hatte, fiel dann auf den Permabetonboden und zersprang.

Monarg richtete sich auf und starrte mit finsterer Miene in ihre Richtung, doch er bekam sein Auge kaum auf, und die Art und Weise, wie er seinen Kopf drehte, wie eine Kurzstreckensensorschüssel, die versuchte, ein eingehendes Signal aufzufangen, verriet Allana, dass er sie nicht sehen konnte. Sie hätte beinahe gejubelt.

Dann fiel die Hangartür erneut zu. Allana warf einen Blick hinüber, um zu sehen, ob C-3PO endlich eingetroffen war, doch der Droide war nirgends zu entdecken. Tatsächlich sah sie niemanden in der Nähe der Tür, bloß zwei Gestalten, die sie in zwei dunklen Ecken verschwinden zu sehen glaubte. Eine schien groß und männlich zu sein, und die andere klein und weiblich, und dann waren die Gestalten fort.

Allana wusste nicht, wer sie waren – oder auch nur, ob sie sie wirklich gesehen hatte –, doch was sie wusste, war, dass sie vermutlich nicht auf ihrer Seite waren, wenn es sich nicht um C-3PO handelte. Sie sah sich nach irgendetwas anderem um, das sie nach Monarg werfen konnte – nach etwas, das groß genug war, um ihn außer Gefecht zu setzen, damit sie R2-D2 und Anji retten und von hier abhauen konnte.

Monarg schlug die Klappe über seinem anderen Auge hoch. Der Augapfel, den er dabei enthüllte, war durastahlgrau, mit einem glühenden gelben Optiksensor in der Mitte. Das war schon unmenschlich genug, doch dann fuhr das Auge teleskopgleich vier Zentimeter aus der Augenhöhle heraus und blickte sie geradewegs an. Monarg stürzte sich mit einem Satz auf sie.

Allana schrie wieder und schoss beiseite. Er erstarrte auf der Stelle und drehte sich um, sein Kopf schwang hin und her, während sich das Teleskopauge unabhängig davon bewegte.

Und trotzdem sah er sie nicht, nicht in den ersten paar Sekunden.

Sie begriff. Die Prothese, die ihm als Auge diente, war eine Mikrooptik, dazu entwickelt, sehr kleine Dinge wie beispielsweise komplizierte Schaltkreise leicht zu erkennen und zu begutachten. Da sein normales Auge verletzt war, musste er nach ihr suchen, als würde er dabei durch ein schmales Rohr schauen. Sie brachte ihren letzten Schrei mit einem Schlucken hinter sich und wich zurück.

Er entdeckte sie wieder und kam auf sie zu, doch sein Bein glitt unter ihm weg – fast, als habe es ihm jemand weggezogen –, und er stürzte nieder.

Allana rannte, krachte gegen einen der Mechanikerdroiden, prallte von ihm ab, und bog um das Heck der Yacht. Es roch nach frischer Farbe. Sie fragte sich, ob sie einen Eimer Farbe finden konnte, um sie ihm in sein künstliches Auge zu schütten. Sie spähte in die Richtung zurück, aus der sie kam.

Er hatte sie wieder aus dem Blick verloren. Sein Kopf und sein Auge drehten sich hierhin und dorthin. Als ein Mechanikerdroide dicht an ihm vorbeikam, streckte er die Hand aus, packte den Droiden, vergewisserte sich durch Berührung, dass es kein kleines Mädchen war, und ließ ihn wieder los.

Monarg gab ein würgendes Geräusch von sich, laut genug, dass sie es hörte, und hob dann seine Stimme. »Kopfschmerzmodus!«

Jeder Mechanikerdroide in der Werkstatt verlangsamte sein Tempo. Das Rumpeln der Räder auf dem Permabeton und das Servomotorsurren sich bewegender Arme wurde schlagartig leiser.

Eine Beinahestille senkte sich über die Werkstatt, bloß durchbrochen von dumpfem Brummen, leisem metallischen Geklapper und Anjis verhaltenem Winseln.

Allana schluckte abermals. Wenn sie kriechen musste, um zu vermeiden, gehört zu werden, würde sie so lange brauchen, um zurück zu Anji und R2-D2 zu gelangen, dass Monarg sie mit Sicherheit wieder hören würde … oder womöglich ließen die Schmerzen nach, die der Kaf ihm bereitet hatte, sodass er sein richtiges Auge wieder benutzen konnte.

Aber vielleicht … Sie sah all die Droiden an, die um sie herumwuselten. Selbst mit reduzierter Geschwindigkeit waren sie immer noch ziemlich flott.

Sie kauerte sich zu einer Kugel zusammen und rollte sich auf das Ablagefach eines Droiden, der sie passierte. Es war ein einfaches Manöver, eine akrobatische Übung, die viel leichter war als einige, die Leia ihr beigebracht hatte, und sie war sehr stolz auf sich, als sie sich in eine sitzende Position rollte, praktisch ohne den geringsten Lärm verursacht zu haben.

Der Droide, der sie trug, rollte in die Richtung zurück, aus der sie kam, geradewegs auf Monarg zu. Allana machte ein unglückliches Gesicht, aus Angst, dem Mann erneut einen Tritt verpassen zu müssen. Doch als sich der Droide dem Mann näherte, packte er ihn, entschied durch das Berühren seines Kopfsensorbereichs, dass es einer von seinen war, und ließ ihn gehen. Der Droide bewegte sich einige Meter von ihm fort, ehe er mit einem Mal beidrehte und auf eine Reihe von Nebentischen zusteuerte, fast, als hätte jemand ihn abgeschaltet. Allana machte sich keine Gedanken über ihr Glück. Sie rollte einfach aus dem Ablagefach und hielt sich geduckt, teilweise von den Tischen abgeschirmt.

Warum befahl Monarg seinen Droiden nicht, sie zu umzingeln und an Ort und Stelle

festzuhalten? Offensichtlich, weil er das nicht konnte. Ihre spindeldürren Leiber ließen nicht sonderlich viel Platz für Prozessoren. Vermutlich wussten sie bloß, wie man wohin ging und Dinge reparierte.

Ein weiterer Droide rollte an Monarg vorbei, wurde von dem Mechaniker als Droide identifiziert und weitergeschickt. Er rollte auf R2-D2 zu. Allana bewegte sich vorwärts und glitt in das Ablagefach des Droiden, als er an ihr vorbeikam.

Dieses Fach war voller Werkzeuge. Es war nicht bequem, darin zu sitzen, und sie konnte nicht umhin, ein leises Geräusch von sich zu geben, als sie sich hineindrängte. Sie sah, wie sich Monarg in Richtung des Lauts umdrehte. Sein Auge stocherte auf der Suche nach ihr herum.

Zwischen ihren Füßen sah sie eine Metallfeile, die wirkte, als wäre sie vielleicht dazu geeignet, um R2-D2s Haltebolzen loszuhebeln. Sie schnappte sich die Feile. Dann kam ihr eine Idee. Sie hob den Hydroschraubenschlüssel neben ihrem Knie auf und schleuderte ihn so weit, wie sie konnte, zu den Tischen hinüber, hinter denen sie sich eben noch versteckt hatte. Das Werkzeug landete mit einer Reihe von Klirrlauten auf dem Boden, als es holpernd zum Stillstand kam.

Monargs Kopf ruckte in diese Richtung. Der Droide, mit dem Allana mitfuhr, hielt an, änderte die Richtung und steuerte auf den Schraubenschlüssel zu. Allana rollte aus dem Ablagefach und kam geduckt auf die Füße. Sie war jetzt bloß noch einige Meter von R2-D2 entfernt. Sie bewegte sich so leise, wie sie konnte, und blieb vor dem Astromech stehen.

Monarg gelangte in die Nähe des Hydroschraubenschlüssels, suchte vergeblich nach der Quelle des Lärms und trat versehentlich gegen das Werkzeug. Seine ausfahrbare Optik ruckte geradewegs nach unten.

Allana wandte sich von ihm ab und schaffte es, ihren improvisierten Hebel unter eine Kante des Haltebolzens zu klemmen. Sie stemmte sich dagegen, und der Bolzen löste sich einige Millimeter. Sie sah wieder hinter sich.

Monarg hatte jetzt den Hydroschraubenschlüssel in der Hand und sah sich in seiner näheren Umgebung um. Der Droide, mit dem Allana zuletzt mitgefahren war, rollte zu ihm und nahm ihm den Schraubenschlüssel ab, um ihn in das Ablagefach zurückzulegen. Dann schwenkte der Kopf des Droiden herum, und als er Allana entdeckte, rollte er auf das Mädchen zu.

Verzweifelt wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Bolzen zu und stemmte sich fester dagegen. Noch ein paar Millimeter …

Ein Schatten fiel über sie, und Monargs Hand legte sich wieder auf ihren Arm. Er riss sie von dem Droiden weg. Allana hörte das Scheppern, mit dem ihr Hebelwerkzeug auf den Boden traf.

Monarg riss Allana hoch und hielt sie eine Armeslänge von sich, sodass sie nicht nach ihm treten konnte. Der Optiksensor, der aus seiner Augenhöhle ragte und umherschwenkte, als besäße er ein Eigenleben, machte alles irgendwie noch schlimmer. Sie schrie von Neuem.

Er wartete darauf, dass ihr die Luft ausging.

Und wartete.

Ihr ging nicht so sehr die Luft aus, als dass ihr klar wurde, dass ihr Arm wehtat. Ihr Heulen brach mit einem Würgen ab, und sie schlug um sich, in dem verzweifelten Versuch, sich aus dem Griff des Mannes zu befreien, doch er schien so stark zu sein wie ein Verladedroide.

»Das Problem mit kleinen Mädchen«, erklärte er ihr, »ist, dass man im Gegensatz zu Droiden nicht einfach ihren Speicher löschen und sie neu programmieren kann – was bedeutet, dass du mich eines Tages verpfeifen wirst, wenn ich dich gehen lasse, ganz gleich, was du mir jetzt versprichst.«

Sie starrte ihn finster an und wünschte, sie hätte dafür sorgen können, dass eins ihrer eigenen Augen so unheimlich gewirkt hätte. »Ich werde dir erst gar nichts versprechen. Ich werde dich verraten! Du hast Erzwo gestohlen.«

»Ja … ich denke, du solltest unbedingt Bekanntschaft mit dem Innern einer Müllpresse machen.«

Allana hörte, wie aus den dunklen Ecken des Hangars Füße auf sie zuschlurften. Monarg musste sie ebenfalls gehört haben, da sein Prothesenauge hin und her zu schwingen begann, um in die Schatten zu spähen.

Allana wehrte sich, schlug wirkungslos auf den Arm ein, mit dem er sie festhielt. Sie öffnete den Mund, um Monarg zu sagen, dass er mächtig in Schwierigkeiten steckte, doch es war nicht ihre eigene Stimme, die sie als Nächstes vernahm.

»Also, hören Sie mal! Ich denke, Sie sollten das kleine Mädchen umgehend loslassen. Falls Sie das nicht tun, wäre ich nämlich gezwungen, Sie zu entsorgen.«