14. Kapitel

Carrack feuerte neun Mal. Auf halbem Wege durch die Feuersequenz explodierte das erste Geschoss in der Ferne. Als er die letzte Salve abgegeben hatte und darauf wartete, dass sie einige Sekunden später detonieren würde, wandte er sich an Han. »Eine für jede von denen.« Er hob seine Waffe und sondierte mit der Infrarotoptik die Lage. Er schwang die Waffe in einem langsamen, weiten Bogen. »Jetzt sind alle in Bewegung. Nun, sieben jedenfalls. Genau wie die Skywalkers. Ich würde vorschlagen, das Feuer einzustellen, bis sich die Situation wieder beruhigt.«

»Ähem?« Das war Leia. Sie erregte Carracks Aufmerksamkeit und wies nach oben.

Über ihren Köpfen sammelten sich die Funkenfliegen in fünf verschiedenen Gruppen.

Carrack schaute auf. »Nicht gut.«

»Nicht gut für uns.« Han warf dem Söldner einen beleidigten Blick zu. »Du steckst immerhin in einer Rüstung.«

»Die Rüstung hat Lücken. Lücken, die für Viehzeug wie große Tore sind.«

»Leia? In den See?«

Sie nickte und schoss auf das Ufer zu.

Han folgte ihr. Er richtete die Tülle des Flammenwerfers senkrecht nach oben und hielt den Abzug gedrückt.

Er hätte sich die Mühe sparen können. Alle fünf Gruppen der Funkenfliegen senkten sich auf Carrack.

Han kam schliddernd zum Stehen und wirbelte herum, um den Himmel über Carrack mit seiner Stichflamme zu säubern. Er hatte gut gezielt. Vielleicht zwei Fünftel der Insekten wurden zu Asche.

Der Rest fiel über Carrack her, sammelte sich auf ihm, heftete sich an ihn. Mit einem Mal loderte der große Mann nur so vor Lichtern, als jedes Einzelne der Insekten zu versuchen schien, sich einen Weg durch die Panzerung zu brennen. Han hörte den Mann vor Schmerz schreien, als sich Funkenfliegen durch die Spalten an den Gelenken zwängten.

Doch Carrack hielt auch nicht still. Er rannte hinter Han und Leia her auf das Seeufer zu.

Selbst jetzt, während Hunderte oder Tausende dieser Dinger an ihm klebten, ihn mit ihrem Gewicht niederdrückten und ihn behinderten, bewegte er sich mit Schrittgeschwindigkeit, doch sein Tempo wurde langsamer.

»Han, mach dich bereit!« Leia zog ihre Ärmel zurück und wies auf Carrack.

Han ließ den Abzug los und schwang das Rohr zum See herum.

Er hatte richtig vermutet. Leia wirbelte herum, streckte ihre Machtsinne aus, und mit einem Mal war Carrack in der Luft und sauste wie ein Geschoss auf das Wasser zu.

In dem Moment, in dem er in den See krachte, schlug Han mit dem Flammenwerfer zu.

Seine Feuerlohe schweifte die Flugroute von Carracks Quälgeistern entlang, um nicht bloß diejenigen zu erwischen, die den ganzen Weg zum Wasser über an dem großen Mann

drangeblieben waren, sondern auch jene in Brand zu stecken, die hinterherhinkten. Innerhalb einer Sekunde war die größte Ansammlung angreifender Funkenfliegen vernichtet.

Einen Moment später richtete sich Carrack im Wasser auf. Er schaute sich mit steifen Bewegungen um und nahm den Helm vom Kopf. Mindestens ein Dutzend Brandmale zierten seinen Hals, und er sah elend aus. »Sanitäter!«

Die restlichen Funkenfliegen verschwanden am Nachthimmel. Die Dathomiri und die

Außenweltler begannen, den Schaden einzuschätzen und in Erfahrung zu bringen, was eigentlich passiert war.

Niemand war heftig genug gestochen worden, um zu sterben, doch viele waren schwer verletzt, Carrack am schlimmsten. Die Brandwunden an Knien, Ellbogen, Achselhöhlen und Hals reichten aus, um ihn in einen Schockzustand zu versetzen. Yliri und eine Heilerin von den Herabregnenden Blättern versorgten ihn, verbanden seine Verbrennungen mit Lappen, die mit einem Pflanzenaufguß getränkt waren, von denen die Dathomiri sagten, er wäre gut gegen Brandwunden.

Han ließ seinen Blick über die Wunden schweifen, während Carrack bandagiert wurde. »Er braucht Bacta.«

»Das bedeutet, wir müssen zum Raumhafen.« Dyon hatte ein schwarzes Brandmal an der Nasenspitze, die bereits verbunden worden war, und noch eins am rechten Unterarm. »Keiner der Clans besitzt Bacta-Vorräte.«

Clan-Mitglieder, die aus dem Wald torkelten, berichteten, dass jene, die davongeeilt waren, um nach den Angreifern zu suchen, in Fallen gelaufen waren – Netzfallen, Stachelfallen, Fallgruben, Fallen mit giftigen Tieren. Das war der Moment, in dem sich die Verluste summierten, und zwar auf zwei Frauen von den Herabregnenden Blättern und drei Männer von den Zerbrochenen Säulen.

Und auch zwei Nachtschwestern waren tot. Luke ging von der Stelle, wo Carracks erste Granate explodiert war, nacheinander zu den Opfern. Bei den ersten beiden Stellen fand er die Leichen – Leichenteile – von Dathomiri-Frauen. Kaminne, Tasander und andere Abgesandte beider Stämme zogen aus, um die Opfer in Augenschein zu nehmen. Olianne identifizierte die Frau bei der ersten Explosionsstätte als Hacina von den Rotlehmtöpferinnen, aber die andere konnte niemand erkennen. Da es beim besten Willen keinen Grund für die beiden gab, hier zu sein, so weit vom Gebiet ihres Clans entfernt, war es nicht sonderlich schwierig, sich einen Reim auf das Ganze zu machen. »Das«, sagte Dyon, »sind Nachtschwestern. Ich vermute, dass Carracks Granaten diese beiden getötet haben, bevor sie auch nur gespürt haben, in welcher Gefahr sie schwebten. Allerdings haben die ersten paar Explosionen die anderen alarmiert und auseinandergetrieben. Die Überlebenden haben die Insekten auf Carrack gehetzt, um sich an ihm zu rächen.«

Ben führte einen Suchtrupp zu dem Leichnam, über den er gestolpert war. Im Schein von Dyons Glühstab und den Fackeln der Dathomiri identifizierten sie auch diese Leiche.

Es war die Stammlose Sha. Sie hatte eine Stichwunde im Rücken, und die Kehle war aufgeschlitzt. Ihre Augen standen offen, ihr Gesichtsausdruck war leer. Luke bückte sich ernst, um ihr die Augen zu schließen.

»Sie ist kalt«, stellte Ben fest. »Sie liegt schon eine ganze Weile hier draußen.«

Kaminne strahlte Mitgefühl aus. »Sie muss über einige der Nachtschwestern gestolpert sein, als sie ihre Fallen aufgestellt haben, und die haben sie einfach umgebracht.«

Ben schüttelte den Kopf. »Eine so gute Spurenleserin wie sie? Sie kommt hierher, sieht, dass irgendetwas Seltsames vorgeht, kauert sich hin, um das Geschehen zu beobachten – und die schleichen sich an sie heran?«

Luke hielt es zumindest für möglich. »Sie hatten die Macht auf ihrer Seite, Ben.«

»Ja, das mag wohl sein. Aber irgendetwas hieran fühlt sich nicht richtig an.«

Sein Vater schenkte ihm ein halbherziges Lächeln. »Nun, ich habe gelernt, darauf zu hören, wenn jemand wie Corran Horn so etwas gesagt hat. Ich sollte mich besser daran gewöhnen, es bei dir genauso zu halten. Vertraue und folge deinen Instinkten, Ben!«

»Danke, Dad.«

Sie kehrten rechtzeitig ins Lager zurück, um zu hören, wie Han und Leia auf Piepser ihrer Komlinks reagierten – Piepser, die auf eine empfangene und aufgezeichnete Nachricht hinwiesen.

Han holte sein Komlink hervor und aktivierte es.

Aus dem Minilautsprecher drang Allanas Stimme. »Hallo? Ähm, hier ist der Millennium Falke. Wir müssen ganz schnell mit Han und Leia sprechen. Bitte? Anji ist verletzt.«

Als Nächstes konnte man leise C-3POs Stimme vernehmen: »Vergiss nicht, ›over‹ zu sagen, junge Herrin!«

Allana fuhr fort: »Bitte, over? Hallo? Bitte, ist da jemand? Er wird bald kommen, um uns zu holen.«

Han wurde blass. Die Veränderung seiner Gesichtsfarbe war selbst im Feuerschein zu erkennen. Er aktivierte den Transmitter seines Komlinks. »Han an den Falken, Han an den Falken.

Bitte kommen, Amelia! Over.«

Er bekam keine Antwort.

AN BORD DES MILLENNIUM FALKEN, RAUMHAFEN, DATHOMIR

»Wir könnten das Raumhafen-Wachpersonal rufen.« Allana ließ ihre Stimme weiterhin hoffnungsvoll klingen. Es musste eine Möglichkeit geben, Monarg von ihr fernzuhalten, und noch hatte sie die gesamte Bandbreite der Erwachsene-die-zu-ihrer-Rettung-eilten-Optionen nicht ausgeschöpft.

C-3PO, der jetzt auf dem Kopilotensitz saß, klang weniger zuversichtlich. »Die Analyse der jüngsten Ereignisse, hiesiger Aufzeichnungen und anderer Wahrscheinlichkeitsfaktoren deuten darauf hin, dass jede Beteiligung der lokalen Behörden dazu führen wird, dass der Millennium Falke beschlagnahmt wird und man dich als Geisel nehmen wird, um Master Han und Miss Leia zur Aufgabe zu zwingen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die lokalen Behörden ihre wahren Identitäten kennen und bloß auf eine Genehmigung oder irgendeine Provokation ihrerseits warten, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, ist nahezu Gewissheit.«

»Sprich Basic, Dreipeo!«

Auf dem Boden vor dem Cockpit des Falken bewegte sich etwas in Allanas Blickfeld. Es war Monarg, und seine Miene wirkte eindeutig unzufrieden. Bei ihm waren einige breitschultrige Männer in festlicher Kleidung – wahrscheinlich Freunde von Monarg, die in den begrenzten Anlagen des Raumhafens zusammengesessen hatten, um zu essen oder zu trinken – und ein rollendes Gerüst: ein Mechanismus, der halb Droide und halb Metall-Trittleiter war.

Monarg hielt etwas hoch – ein industrielles Schweißgerät. Er deutete darauf und dann auf Allana. Schließlich ging er, begleitet von seinen Kameraden, um die Seite des Falken herum, aus Allanas Blickfeld.

»Nicht gut, nicht gut, nicht gut.« C-3PO klang ausgesprochen besorgt. »Meinen Berechnungen zufolge wird es ihm ein Werkzeug wie dieses – sachkundig eingesetzt – erlauben, sich selbst ungeachtet der beeindruckenden Panzerung des Millennium Falken innerhalb weniger Minuten den Weg ins Schiff freizuschneiden.«

R2-D2 rollte herein, zurück von seinem Botengang, um Allanas Fluchtkabel einzuholen und die obere Luke zu versiegeln, durch die sie und Anji von Bord gegangen waren. Er trällerte.

»Erzwo weist darauf hin, dass sich nahe der Einstiegsrampe, wo dieser Schurke unsere Panzerung zu knacken versuchen wird, eine Anti-Personen-Blasterkanone befindet.«

Der Astromech zwitscherte von Neuem.

»Oh. Diese Information sollte ich eigentlich gar nicht an dich weitergeben. Er wollte auf keinen Fall vorschlagen, dass du die Waffe aktivierst und unsere Peiniger vernichtest.« C-3PO wandte sich an den Astromech. »Natürlich können wir die ebenfalls nicht einsetzen, also warum erwähnst du das überhaupt?«

Zwitscher.

»Nein, das ist kein Teil meiner Programmierung, den zu umgehen ich mich je bemüht hätte.«

Allana ließ den Blick über die Kontrollen des Schiffs schweifen, vorübergehend überwältigt von ihrer Anzahl und Komplexität. Sie suchte nach etwas, nach einem Schalter mit der Markierung BÖSE MÄNNER ABWEHREN, nach irgendetwas, das sie aus diesem Dilemma befreien würde.

Es gab keinen solchen Schalter, und als sie wieder aus der Cockpitkanzel schaute, sah sie zwei weitere Gestalten, die auf den Falken zuliefen – einen großen, breitschultrigen Mann mit einer weiblichen Begleiterin –, und beide trugen Mäntel mit Kapuzen, die sie übergestreift hatten, um ihre Köpfe zu bedecken. Versuchten böse Leute nicht immer, ihre Gesichter zu verbergen?

Allana sah wieder zur Kontrolltafel zurück. Nein, da war kein einzelner Knopf, der ihnen helfen würde. Aber da waren … all die anderen.

Allana war eine sehr gute Schülerin, wenn das Thema interessant war – und der Falke war überaus interessant.

Zunächst zögerlich, begann sie, im Zuge des Hochfahrprozesses des Schiffs Schalter umzulegen.

»Miss Allana, was genau machst du da?«

R2-D2 piepste.

»Das weiß ich, du rollender Mülleimer, aber ich räume ihr die Möglichkeit glaubwürdiger Bestreitbarkeit ein, um das zu widerlegen. Miss Allana, bitte, spiel nicht mit den Energieaktivierungskontrollen!«

»Ich spiele nicht damit. Los, hol mir ein paar Kissen!«

»Jetzt ist schwerlich der rechte Zeitpunkt für ein Nickerchen.«

»Ich brauche die Kissen, weil ich klein bin. Der Sessel ist zu groß für mich. Bitte, geh und hol mir ein paar Kissen, damit ich uns retten und sie daran hindern kann, Anji noch mehr wehzutun!

Da kommen noch mehr Bösewichter – ich habe sie gesehen!«

»Ja, Miss.« Der Protokolldroide hüpfte auf und watschelte mit unziemlicher Hast aus dem Cockpit.

Weniger als eine Minute später war er wieder zurück, und unter R2-D2s Anleitung arrangierte er die Kissen hinter ihr auf dem Pilotensessel so, dass sie sich gegen etwas Festes zurücklehnen konnte, während sie mit den Kontrollen herumhantierte und weiterhin nachdenklich und akribisch Reihen von Schaltern und Hebeln betätigte. »Erzwo, wir sind alle verloren.«

Allana warf dem Astromech einen Blick zu. »Kannst du dich in den Computer einklinken?«

Er piepte eine Bestätigung, fuhr seinen Datenarm aus und stöpselte ihn in einen Anschluss dicht bei der Kom-Konsole ein.

Jetzt leuchteten überall auf den Steuertafeln Monitore und Anzeigen auf, viele davon mit Warnungen bezüglich eines unmittelbar bevorstehenden Außenhüllenbruchs bei der Einstiegsrampe.

Was als Nächstes? Oh ja, eine Checkliste. Sie kannte die Checkliste nicht. Nun, aber zumindest einen Punkt davon. »Passagier, anschnallen!«

»Ach, du liebe Güte!«

Zaghaft, sogar ängstlich, legte sie ihre Hände um den Steuerknüppel. Nein, das war nicht richtig. Zuerst die Repulsoren. Sie aktivierte dieses System, leitete den Großteil der Antriebsenergie des Falken von den Schubdüsen weg und umklammerte den Steuerknüppel dann erneut. Aus der Umgebung der Einstiegsrampe vernahm sie schwach alarmierte Rufe – dann spürte sie ein großes Rumsen und hörte ein scharfes Krachen.

»Ach, du liebe Güte!«, rief C-3PO. »Das klang wie eine Explosion.«

Behutsam und so vorsichtig, wie es ihr mit ihren zu kleinen Händen möglich war, zog sie den Steuerknüppel nach hinten.

Der Falke schoss mit einem Satz und mit dem Bug voran in den Himmel empor. Reflexartig stieß sie den Steuerknüppel nach vorn, und der Bug krachte wieder nach unten auf den Boden, um Allana beinahe aus dem Sitz zu schleudern und ein metallisches, klapperndes Geräusch durch das ganze Schiff zu schicken.

R2-D2 zwitscherte.

»Erzwo meldet, dass Monargs Schneidbrenner bei dem Versuch explodiert ist, ihn

einzuschalten«, berichtete C-3PO. »Unsere Außenhülle scheint etwas Schaden genommen zu haben, doch die übrigen Eindringlinge wurden abgeschüttelt.«

»Gut.« Sie versuchte es erneut, diesmal noch behutsamer, und zog den Steuerknüppel gleichzeitig nach oben und nach hinten.

Der Falke erhob sich schwankend in die Luft. Das Repulsorsystem heulte wie ein verunsicherter Halbwüchsiger.

Überall rings um die Umzäunung des Raumhafens flammten Grenzlichter mit

sonnengleicher Leuchtkraft auf und schwangen herum, um sich auf den Falken zu richten. Die unwillkommene Helligkeit blendete Allana vorübergehend, doch dann verdunkelte sich der polarisierte Transparistahl der Sichtfenster. Sie blinzelte gegen die Flecken an, die vor ihren Augen schwirrten.

Die Kom-Konsole leuchtete auf. »Raumhafen Dathomir an Naboo-Entchen, bitte teilen Sie uns Ihre Absicht mit!«

»Sag ihm, dass wir abfliegen.«

»Ach, du liebe Güte. Ähm, Raumhaufen Naboo, hier Dathomir-Entchen. Wir reisen ab.«

»Kehren Sie unverzüglich zu Ihrer Landebucht zurück. Sie haben weder einen Flugplan eingereicht noch eine Abflugfreigabe erhalten.«

Allana schaute aus ihrem Steuerbord-Sichtfenster. Die Jadeschatten wirkte so ungeheuer nah. Alles, was sie tun musste, war, den Steuerknüppel ein bisschen in die falsche Richtung zu ziehen, und die beiden Raumschiffe würden zusammenkrachen. »Wenn die uns nicht gegen große, hässliche, gemeine Droidenkidnapper beschützen, verschwinden wir.«

»Unser Captain möchte, dass Sie wissen …«

»Ich kann Ihren Captain hören. Wie alt ist sie, zehn Jahre?«

Allana überkam ein Anflug von Freude. Zehn! Die dachten, sie sei zehn. Sie schob den Steuerknüppel ein Stückchen nach vorn. Der Falke – mit dem Bug nach unten, aber vollends vom Boden gelöst – schwebte auf die Zäune weiter vorn zu. »Sag denen, ich bin zwölf!«

»Sagen Sie ihr, dass es keine Rolle spielt, wie alt sie ist. Ich garantiere persönlich dafür, dass sie wie eine Erwachsene verurteilt werden wird, wenn sie dieses Wrack nicht unverzüglich genau da landet, wo es jetzt ist, und sich unserem Sicherheitsteam ergibt.«

»Ich glaube nicht, dass ich das weitergeben werde. Die junge Dame besitzt die Befehlsgewalt über Erschütterungsraketen, und ich denke, dass man ihre Stimmung in diesem Moment bestenfalls als instabil bezeichnen kann. Darüber hinaus hat sie rechtmäßige Beschwerden gegen Ihre Raumhafen-Verwaltung, die ich einzeln benennen kann.«

Allana gab bloß geringfügig mehr Schub, und der Falke gewann an Tempo. Der gleißend hell erleuchtete Zaun kam mit alarmierender Geschwindigkeit auf sie zu.

R2-D2 zwitscherte.

»Unser Astromech-Freund, der solche Dinge wissen sollte, hat berechnet, dass wir gegenwärtig einige Meter zu …«

Der Falke glitt über den Zaun. Größtenteils über den Zaun. Die Landekufen erwischten die flexible Drahtgeflechtkonstruktion. Vom Aufprallpunkt aus spritzte Elektrizität funkenförmig in alle Richtungen. Die Kufen trafen auf das Zaunmaterial, doch der Falke wurde nicht langsamer. Mit jedem verstreichenden Augenblick wurde zu beiden Seiten der Stützpfosten ein zwanzig Meter breiter Streifen Zaun losgerissen und hinter dem Schiff hergezogen.

Schließlich lief ein Zittern durch den Falken. Der Bug kippte weiter nach vorn, stieß jedoch nicht wieder auf den Boden. Die Triebwerke kämpften, und dann machte das Schiff einen Satz nach vorn, nahm wieder dieselbe Geschwindigkeit auf wie einen Moment zuvor, und ließ in seinem Kielwasser eine gewaltige Lücke im Zaun zurück.

»Erzwo meldet, dass wir das Hindernis passiert haben. Meine Kalkulationen bezüglich der Gesamtkosten für die Reparatur belaufen sich auf …«

»Das ist mir egal.«

»Noch nicht eingerechnet sind Schadenersatz, Schmerzensgeld, Ausgleichszahlungen für den ideellen Wert, für den Fall, dass der Zaun für irgendjemanden ein geschätztes Erinnerungsstück darstellt …«

»Das ist mir egal. Ich will bloß wissen, wie lange ich dafür Stubenarrest bekomme.«

R2-D2 trillerte.

»Die Chancen stehen gut für etwa fünfzig Komma vier zwei Coruscant-Jahre.«

Allana flog eine Weile auf Höhe der Baumwipfel. Für sie bedeutete das, mit dem beruhigenden Geräusch der Baumwipfel zu fliegen, die an der unteren Außenhülle des Falken entlangschrammten und so das Zeitliche segneten. Solange das so ging, konnte sie sicher sein, dass sie sich weit genug über dem Boden befand. Allerdings wies R2-D2 durch C-3PO darauf hin, dass dieses Vorgehen es Verfolgern erlauben würde, sie ohne Mühe aufzuspüren, sobald die Morgendämmerung hereinbrach, deshalb gewann sie ein wenig an Höhe.

Auf R2-D2s Drängen hin änderte sie mehrmals die Richtung, um schließlich nach Osten in ein sumpfiges Gebiet zu fliegen, das von sehr hohen, moosbewachsenen Bäumen mit offenen Flächen zwischen ihren Stämmen charakterisiert wurde. Dann setzte sie den Falken mit einem quälend langwierigen Fünf-Minuten-Manöver aus praktischem Herumprobieren auf dem Boden auf.

Das Knirschen der Landung, das vom weichen Boden abgeschwächt wurde, klang nicht allzu alarmierend, und bloß auf einigen Diagnoseschirmen wurden Schadensmeldungen angezeigt.

»Erzwo weist darauf hin, dass es am besten wäre, das Tarnnetz anzubringen, wenn wir einer Verfolgung entgehen wollen. Überdies würde es dabei helfen, uns vor der Luftüberwachung zu verbergen. Das bedeutet, dass wir auf der oberen Außenhülle des Schiffs herumspazieren müssen.«

Allana nickte. Sie fühlte sich alt, weise und so erfolgreich, wie es nur ging, wenn man sich mit einer Bestrafung konfrontiert sah, die länger als ein halbes Jahrzehnt dauern würde. »Das können wir machen.«

AM UFER DES ROTKIEMENSEES, DATHOMIR

Han brüllte noch immer in sein Komlink und verlangte zu wissen, wie Zekk und Taryn hatten zulassen können, dass jemand mit dem Falken wegflog, mit Allana und den Droiden an Bord, als Leias Komlink piepste.

Sie ging unverzüglich an den Apparat. »Jedi Solo.«

»Leia?«

»All … Amelia! Geht es dir gut? Wo bist du?«

Als Nächstes ertönte C-3POs Stimme. »Um ehrlich zu sein, ist das eine lange Geschichte.«

Und das war es in der Tat. Sie dauerte lange genug, dass Han sich von Zekk verabschieden und den Skywalkers signalisieren konnte, rüberzukommen und zuzuhören – und die Ereignisse wurden von Allana und C-3PO detailliert genug wiedergegeben, dass Han, blass wie er war, dem plötzlichen Verlangen nachgab, sich auf den Boden zu setzen. »Sie hat den Falken geflogen!«

Leia blickte finster zu ihm herunter. »Psst! Es hört sich so an, als hätte sie ihre Sache recht gut gemacht.« Sie sprach wieder in ihr Komlink. »Amelia, Liebes, lass Erzwo die Koordinaten an uns übermitteln. Wir sind bei dir, so schnell wir können. Sehr, sehr bald.«

»In Ordnung.«

»Ich hab dich lieb.«

»Ich hab dich auch lieb.«

»Solo Ende.« Leia ließ den Blick über ihre Kameraden schweifen. »Was sollen wir jetzt machen?«

Yliri, die unsicher in der Nähe stand, trat vor. »Wir sollten Carrack in den Frachtgleiter laden. Ich bringe euch zu eurem Schiff und lösche den Speicher des Speeders, damit die Raumhafen-Sicherheit ihn nicht benutzen kann, um euch aufzuspüren. Dann schaffe ich Carrack zum Raumhafen.«

»Das ist vermutlich das Beste.« Leia seufzte. »Ich hasse es zu gehen, bevor die Dinge hier geklärt sind.«

Luke schüttelte den Kopf. »Das müsst ihr aber.«

»Ich weiß.« Aus dem Beutel an Leias Taille ertönte ein Piepen, obwohl sie ihr Komlink noch in der Hand hielt. Sie wühlte in dem Beutel herum und holte ihr Datapad hervor, das sie aufklappte. »Erzwo hat außerdem deine Nachrichten an uns weitergeleitet, Ben. Mit deinem Datapad gab es wohl Empfangsprobleme.«

»Ja. Das Ding ist bloß noch ein Haufen versengter Schaltkreise. Kann ich mir deins ausleihen?«

»Behalte es. Ich habe noch eins an Bord des Falken

Innerhalb weniger Minuten hatten sie den bewusstlosen Carrack und den verstörten Han an Bord des Frachtgleiters verstaut. Tarth Vames stieg ebenfalls ein, nachdem er sich dafür entschuldigt hatte, die Gruppe zu verlassen, und erklärte, dass er ihnen von größerem Nutzen sein könne, wenn er stattdessen am Raumhafen die Wogen glättete. Dann flog Yliri mit den Leuten in südlicher Richtung davon.

Luke seufzte. »Die Umstände und die Nachtschwestern scheinen uns arg zuzusetzen.

Bislang ist keiner von uns gestorben, und doch haben wir bereits mehr als die Hälfte unserer Gruppenstärke eingebüßt.«

»Noch mehr schlechte Neuigkeiten.« Unglücklich dreinschauend, klappte Ben das Datapad zu. »Ich habe eine Nachricht von Jaina bekommen. Es gab einen Regierungsangriff auf den Tempel.

Daala hat Mandos geschickt, um die Sache zu erledigen. Keine Verluste, aber ein ziemliches Schlamassel.«

Luke warf einen Blick in die Runde, registrierte Vestaras Position – neben Olianne, am Lagerfeuer der Anführerinnen der Herabregnenden Blätter. Ben fühlte sich besser mit dem Wissen, dass Vestara nicht nah genug gewesen war, um ihren Wortwechsel mitanzuhören.

Ben pfiff vor sich hin. »Jetzt weiß ich’s. Ich wünschte, ich hätte eher daran gedacht.«

»Was weißt du?«

»Wie sie es geschafft hat, ihr Lichtschwert und andere Ausrüstung zu verstecken. Und vielleicht sogar, was sie hier macht. Einen Teil davon jedenfalls.«

»Erleuchte mich!«

»Wir wissen, dass sie nicht abgestürzt ist. Die Raumyacht in Monargs Werkstatt, von der Amelia und Dreipeo gesprochen haben, muss ihre sein. Dasselbe Modell und genauso antiquiert.

Sie lässt sie zurück, um sie reparieren zu lassen, vielleicht, damit sie später damit fliehen kann.«

»Gut. Und?«

»Sie treibt sich in der Wildnis herum, um uns auf Trab zu halten und im Ungewissen zu lassen. Und entweder sind ihre Sachen bei Monarg, oder …« Ben ließ den Blick in die Dunkelheit jenseits des Lagers schweifen. »Oder die ersten Dathomiri, auf die sie gestoßen ist, waren keine Herabregnenden Blätter, sondern Nachtschwestern. Sith und Nachtschwestern passen zusammen wie Kaf und Sahne. Ihr Zeug ist bei ihnen. Sie hat ihnen die Informationen gegeben, die sie brauchten, um diesen Angriff durchzuführen.«

Luke dachte darüber nach und schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist sie zuerst auf sie gestoßen. Das ist durchaus denkbar. Aber wir wissen, dass sich unter den Angehörigen jedes Clans im Verborgenen auch ein oder zwei Nachtschwestern befinden, deshalb brauchten sie sie nicht, um an die Informationen zu gelangen, die du erwähnt hast.«

»Ich schätze, du hast recht. Ich will ihr bloß für irgendwas die Schuld geben.«

»Finde heraus, was sie wirklich im Schilde führt, und gib ihr daran die Schuld!«

»Ja, guter Plan.«