13. Kapitel

Monargs derzeitiger Ausdruck verriet seinen Unglauben. Er wirbelte zur Tür und der Quelle der neuen Stimme herum.

Dort stand C-3PO, die Tür hinter ihm weit offen. Seine Haltung war so tollpatschig und wenig bedrohlich wie immer. Seine Stimme jedoch war ernst, als er sich an Monarg wandte. »Ich versichere Ihnen, dass ich nicht scherze, Sir. Es ist an der Zeit, dass Sie das Mädchen loslassen, sofern Sie Unannehmlichkeiten zu vermeiden wünschen.«

»Ich liebe Unannehmlichkeiten.« Mit der freien Hand rieb sich Monarg das von Kaf versengte Auge und öffnete es weiter. Die Haut darum herum war rot, und er konnte es nicht gänzlich aufmachen, doch für Allana war klar, dass er wieder sehen konnte.

Monarg räusperte sich. »Werkstatt verschließen!«

Die Türhälften hinter C-3PO schwangen zu, um ihn in der Kuppel einzusperren, und Allana vernahm Laute automatischer, in Position gleitender Schließbolzen.

Unbeirrt ging C-3PO einige Schritte auf Monarg zu. »Ich bin just in diesem Moment dabei, ein umfangreiches Paket klassenunabhängiger Kampfmanöver für den Ganzkörperkontakt zu laden, von denen der Einsatz vieler auf den meisten zivilisierten Planeten als Kapitalverbrechen gilt.«

»Protokolldroiden kämpfen nicht.« Monarg ließ Allana fallen. Sie kam auf ihren Füßen auf, rieb sich den Arm, wo sein Griff ihr wehgetan hatte, und hüpfte dann zur Seite, in den Schatten, den die SoroSuub-Raumyacht warf.

Anji lag noch immer wimmernd mitten auf dem Hangarboden. Jedes Mal, wenn sie sich aufzusetzen versuchte, konnte sie bloß einige Schritte weit taumeln, bevor ihr schwindlig zu werden schien und sie wieder hinfiel. Allana wusste nicht, wie sie ihre Freundin aus dem Hangar bringen sollte. Der Nexu war zwar noch ein Welpe, doch bereits zu groß, als dass Allana ihn hätte tragen können.

Monarg ging auf den Droiden zu, seine Bewegungen gewandt und entschlossen. Allana zuckte zusammen. C-3PO stand zweifellos eine schreckliche Tracht Prügel bevor, und sie hatte keine Ahnung, was er sich dabei gedacht hatte, Monarg herauszufordern.

Die Mechanikerdroiden waren zum Stillstand gekommen, als Monarg den Computer aufgefordert hatte, die Werkstatt abzuriegeln. Jetzt standen sie als stummes Publikum da, und ihre Kopfsensoren schwenkten langsam hin und her, um ihren Meister im Auge zu behalten, als er sich C-3PO näherte.

Monarg blieb vor dem goldenen Droiden stehen, ragte über ihm auf und starrte mit finsterer Miene auf ihn hinab. »Hast du deine Kampfprogramme mittlerweile zu Ende geladen?«

»Nun, um ehrlich zu sein … nein. Es handelt sich um ein großes Datenpaket, und ich muss bestimmte Bereiche davon in aller Eile nach Fehlern durchforsten und kompilieren.«

»Pech für dich.« Monarg legte eine Hand auf C-3POs Brust und stieß zu.

Der goldene Droide taumelte nach hinten, krachte gegen die verriegelte Tür und rutschte auf dem Boden in eine sitzende Haltung. »Sie sind kein Gentleman, Sir.«

»Darüber bin ich mir im Klaren. Das bereitet mir aber keine schlaflosen Nächte.« Monarg rückte vor und trat zu, ein kraftvoller Tritt, der C-3PO seitlich am Kopf traf.

Sein Kopf wackelte, und einen Moment lang verdunkelten sich die glühenden Lichter seiner Augen. »Ach, du liebe Güte!«

Allana musste dem sofort ein Ende machen. C-3PO konnte nicht viel von dieser Art Prügel einstecken. Da würde er innerhalb von Sekunden in Stücken sein. Monarg trat abermals nach C-3PO, diesmal so fest, dass er sich einmal im Kreis um sich selbst drehte und dann zu Boden fiel. Er schrie überrascht und rollte sich auf die Knie, ehe er herumwirbelte und Allana finster anstarrte.

»Warst du das?«, wollte er wissen.

» Was war ich?«, entgegnete Allana.

Monarg schüttelte bloß den Kopf und stand auf, um sich wieder C-3PO zuzuwenden. Allana holte ihr Komlink hervor und schaltete auf die Notfallkanäle um. Doch niemand reagierte auf die Worte, die sie in das Mikrofon flüsterte – als Antwort ertönte bloß ein Rauschen.

Sie starrte Monarg an. Er hatte an alles gedacht.

Nun, nicht an alles. Der Mechanikerdroide, der ihr am nächsten war, hatte ein Ablagetablett voller Werkzeuge, und eins davon war ein extra langer, extra schwerer Hydroschraubenschlüssel.

Wenn sie den hatte und sich vielleicht von hinten an Monarg heranschleichen konnte … Verstohlen bewegte sie sich auf den Droiden zu.

Einige Meter hinter ihr flammten überall auf R2-D2s Rumpf und dem kuppelförmigen Kopf Lichter auf. Sie wiesen auf kein konkretes Bewusstsein hin, jedenfalls anfangs nicht. Die Sequenz, in der die Lichter blitzten, war so etwas wie eine Sprache für Astromech-Mechaniker, die ausführlich darüber diskutieren konnten, für welchen Hochfahrvorgang und Selbsttest jede Lichtfolge stand.

Aber als R2-D2s Hochfahrsequenz seinen Speicher und die Bereiche aktivierte, die für sein logisches »Denken« zuständig waren, begann er, sehr schnell Daten zu verarbeiten – viel schneller, als das einem gerade erwachenden Menschen möglich gewesen wäre.

Auf der anderen Seite der Kuppel, die C-3PO auf seiner Suche nach Antworten so unverfroren betreten hatte, war der Mann, der ihn angegriffen hatte, jetzt dabei, ihn an den Beinen herumzuschwingen und den goldenen Droiden gegen die Wände und auf den Permabetonboden zu donnern.

Der Haltebolzen, mit dem Monarg R2-D2 außer Gefecht gesetzt hatte, lag jetzt einige Meter entfernt auf dem Boden, weggeworfen. Das war gut. Anji war in der Mitte des Hangars auf dem Boden, taumelte im Kreis herum. Das war schlecht.

Allana schlich sich an den Mann heran, ein großes Werkzeug in der Hand, ging von Tisch zu Tisch und nutzte sie als Deckung. R2-D2s Bedrohungsanalysematrix gelangte faktisch zu dem Schluss, dass sie den Mann attackieren würde. Das war beinahe ebenso sicher wie die Tatsache, dass der Angriff scheitern musste.

Die Kom-Frequenzen wurden gestört. Auf R2-D2 warteten mehrere Nachrichten, alle von C-3PO und Allana. Eine von C-3PO war am aktuellsten und mit HÖCHSTE PRIORITÄT markiert.

Er prüfte sie in den Millisekunden, die er darauf wartete, dass seine Motivatoren vollends online gingen.

»Erzwo, ich habe dir einen Aufwach-Befehl übermittelt. Bei dem Glück, das mir für gewöhnlich zuteilwird, hatte er vermutlich keine Auswirkungen, aber falls der Befehl zu dir durchgedrungen ist, nimm bitte zur Kenntnis, dass ich in diesem Augenblick wahrscheinlich gerade zerstört werde. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um eine Verzögerungstaktik meinerseits, in der Hoffnung, dass du rechtzeitig wieder aufwachst, um mich zu retten, oder, noch wichtiger, Miss Amelia. Ich habe das psychologische Profil meines Angreifers angefügt, so, wie es im Computersystem der örtlichen Strafverfolgungsbehörden zu finden war …«

R2-D2s Motivatoren waren jetzt voll funktionsfähig. Er schickte unverzüglich einen Notfallstatusbericht an Zekk und Taryn Zel, ehe er den Dreibein-Rollmodus aktivierte und beinahe lautlos vorwärts rollte.

Monarg bog C-3PO jetzt nach hinten, übte mehr und mehr Druck aus, drohte, den Droiden auf halber Höhe des Rückens auseinanderzubrechen. Das Lächeln auf Monargs Antlitz war sonderbar freundlich. Offensichtlich hatte er seinen Spaß.

R2-D2 war noch keine fünf Meter weit gekommen, als er eine Antwort erhielt, die darauf hinwies, dass Zekk und Taryn über die Situation informiert waren und sie vom Inneren des Hangars aus im Auge hatten. Er fand das verblüffend, da sie ihre Anwesenheit Monarg gegenüber bislang nicht zu erkennen gegeben hatten. Die Lösung dieses Rätsels wurde offensichtlich, als er sich daran erinnerte, dass er angewiesen worden war, ihre Präsenz vor Allana geheim zu halten – und sogar vor C-3PO. Offenbar agierten sie verdeckt und mussten im Verborgenen bleiben, während sie ihnen Unterstützung boten.

R2-D2 steuerte nach rechts, um nach Möglichkeit hinter Monarg zu bleiben, als er sich näherte. Er rollte an Anji vorbei, dann an Allana, die überrascht einen kurzen Atemzug ausstieß, als er vorbeischoss.

Der Astromech öffnete eine externe Abdeckplatte und fuhr eins seiner vielen Werkzeuge aus, einen Bogenschweißer. Er stellte Spannung und die Amperezahl so ein, dass sie weniger wirkungsvoll fürs Schweißen von Metall und umso effektiver gegen lebendes Gewebe war. Als er hinter Monarg rollte, wählte er einen Zielbereich aus – linke Pobacke, eine große und im Augenblick vergleichsweise unbewegte Körperregion – und berührte sie mit seinem Schweißgerät, um Monarg eine Energieladung zu verpassen.

Das Ergebnis war … befriedigend. Monarg schien senkrecht in die Luft zu springen, und die Lautstärke seines Kreischens sorgte dafür, dass er wie die Eröffnungstöne einer planetaren Alarmsirene klang. C-3PO krachte zu Boden und richtete sich zu so etwas wie seiner normalen Haltung auf. Monarg landete hinter ihm, umklammerte seinen Hintern mit den Händen und wirbelte herum, um seinen neuen Angreifer anzustarren.

R2-D2 fuhr sein Schweißgerät in einer, wie er hoffte, bedrohlichen Pose aus und rollte an C-3PO vorbei auf den Menschen zu.

Monarg lief, humpelte, an der geschwungenen Wand entlang, weg von den Droiden. Der Astromech ignorierte ihn und rollte zur Tür hinüber. Er fuhr seinen Datenstecker aus und schob ihn in die Wandbuchse neben der Tür.

Normalerweise hätte es mehrere Minuten gedauert, um das Sicherheitssystem dieser Kuppel zu knacken. So lange hatte es auch gedauert, als sich R2-D2 hier zum ersten Mal Zutritt verschafft hatte. Doch in dem Wissen, dass der Astromech hilflos war, hatte sich Monarg nicht die Mühe gemacht, seine Codes zu ändern. Die Tür entriegelte sich und schwang auf. R2-D2 schwenkte den Kopf herum, um einen Blick auf seine Gefährten zu werfen, und zwitscherte ihnen etwas zu.

C-3PO, der sich mit einem lauten Jaulen seiner Servomotoren noch immer auf die Beine mühte, nickte. »Dem stimme ich zu. Miss Amelia, Erzwo schlägt vor, dass wir jetzt verschwinden. Mit Höchstgeschwindigkeit.«

Allana eilte zu Anji hinüber und grub ihre Hand in das Fell des Nexu, ehe sie den Welpen auf R2-D2 und C-3PO zuführte. Ein Mechanikerdroide griff nach dem gestohlenen Hydroschraubenschlüssel, als sie vorbeiging. Ohne den Droiden richtig anzusehen und groß zu überlegen, schwang sie das Werkzeug nach ihm. Sie reagierte bloß auf das Gefühl drohender Gefahr. Der Schlag war so wirkungsvoll, wie Monargs Tritt nach C-3PO gewesen war: Der Kopf des Droiden ruckte zur Seite, und er kippte um.

Sie erreichte die Tür. »Ich hatte recht!« Dann waren sie und Anji draußen in der Dunkelheit.

»Ja, du hattest recht.« C-3PO watschelte hinter ihr her.

»Du hast dich geirrt.«

»Wenn ich Zähne besäße, würde ich in diesem Moment damit knirschen. Ja, ich habe mich geirrt.«

R2-D2 übermittelte einen letzten Befehl an die Kuppel, ehe er im Fahrwasser seiner Freunde davonrollte. Die Türhälften schlossen sich hinter ihm. Als sie sich verriegelten, vernahm R2-D2 das unverwechselbare Geräusch einer abgefeuerten Blasterpistole, deren Schuss gegen den dicken Durastahl der geschlossenen Tür hämmerte.

Der Astromech wusste, dass der Abriegelungsbefehl, den er gegeben hatte, Monarg nicht allzu lange aufhalten würde, doch jede Verzögerung war hilfreich – besonders im Hinblick darauf, wie Anji umhertaumelte. Darüber hinaus würden die Befehle ans Kom-Zentrum, die er ausgegeben hatte, den Mann einige Zeit lang daran hindern, Unterstützung anzufordern, was sich sogar als noch wichtiger erweisen konnte.

»Hast du wirklich so was wie ein ultimatives Kampfprogramm?«

»Oh nein, junge Herrin. Ich bin mir sicher, dass mich selbst an meinem besten Tag ein Vierjähriger niederringen könnte.«

»Dann sollten wir uns lieber beeilen und Anji an Bord des Falken bringen«, meinte Allana.

»Sie sieht nicht besonders gut aus, und ich glaube nicht, dass Monarg sehr nett zu ihr wäre, wenn er uns noch mal in die Finger bekommt.«

»Davon können wir ausgehen«, stimmte C-3PO zu. »Auf der Suche nach dir habe ich mir Zugriff auf lokale Dateien über unseren Freund Monarg und sein Strafregister verschafft. Er neigt dazu, sich zu betrinken und seine Nachbarn in unvorhergesehene gewaltsame Auseinandersetzungen zu verwickeln. Ich habe sein Verhalten einer psychologischen Analyse unterzogen und ein Prognoseprogramm durchlaufen lassen. Aus dem daraus resultierenden Profil geht hervor, in welchen Situationen man bei ihm, wie man so sagt, gewisse ›Knöpfe drücken‹ sollte. Als ich die Kuppel betrat und sah, dass Erzwo zwar inaktiv, aber vom Haltebolzen befreit war, unternahm ich Schritte, um ihn aufzuwecken und die Aufmerksamkeit unseres Gastgebers dann auf mich selbst gerichtet zu halten, während Erzwo wieder zu sich kam.«

»Das war ein guter Plan.«

»Vielen Dank, Miss.«

»Ich wünschte, all deine Pläne wären so gut.«

C-3PO seufzte bloß.

Während sie die Einstiegsrampe des Millennium Falken hinauf liefen, watschelten und taumelten, hörten sie, wie die Tür von Monargs Kuppel aufkrachte.

Allana sah R2-D2 besorgt an. »Können wir ihn draußen halten?«

Der Astromech wartete oben an der Rampe, bis Anji an ihm vorbeigetaumelt war, ehe er ein lokal begrenztes Kom-Signal an die Computer des Falken schickte. Die Rampe bewegte sich nach oben, rastete ein und verriegelte sich. Er pfeifte C-3PO an.

»Erzwo sagt, äh, nein. Oder vielmehr bloß für einige Minuten. Wir haben es hier mit einem wütenden, entschlossenen Mechaniker mit einer Halle voller Werkzeug zu tun. Darüber hinaus ist seine Werkstatt hier die erfolgreichste, und sein Strafregister, aus dem hervorgeht, dass er wegen seines betrunkenen Randalierens noch nie länger als eine Nacht eingesperrt wurde, deutet darauf hin, dass er mit den hiesigen Behörden auf gutem Fuße steht.«

»Und was machen wir jetzt?«

»Wir nehmen selbstverständlich über Kom mit ihm Verbindung auf und drohen ihm mit rechtlichen Konsequenzen, falls er sein aggressives Verhalten nicht einstellt.«

Allana sah C-3PO mit finsterer Miene an, ehe sie ins Cockpit des Falken lief. »Oma und Opa werden wissen, was zu tun ist.« Sie sprang auf den Pilotensessel und ließ den Blick über die beunruhigend komplexe Kom-Konsole schweifen. Seit Han und Leia sie vor zwei Jahren adoptiert hatten, hatte Han Allana mit dem gemischten Stolz eines Schiffseigners und Großvaters jedes Detail der Schiffssteuerung gezeigt. Das hatte er wieder und wieder getan, hatte sie für kurze Zeit sogar den Steuerknüppel übernehmen und sie einfache Flugmanöver absolvieren lassen.

Jetzt wusste sie, was zu tun war. Sie aktivierte die Kom-Konsole, wartete auf die Bestätigung, dass das System online war und sämtliche lokalen und Satellitenübertragungen regulär empfing. Sie schaltete die Konsole auf die übliche, voreingestellte Frequenz ihrer Großeltern und aktivierte das Mikrofon. »Hallo? Ähm, hier ist der Millennium Falke. Wir müssen ganz schnell mit Han und Leia sprechen.«

Es erfolgte keine Reaktion.

»Bitte? Anji ist verletzt.«

»Vergiss nicht, ›over‹ zu sagen, junge Herrin!«

»Bitte, over? Hallo? Bitte, ist da jemand? Er wird bald kommen, um uns zu holen.«

Niemand antwortete ihr.

AM UFER DES ROTKIEMENSEES, DATHOMIR

Ben hatte wieder seinen Umhang um sich geschlungen, doch diesmal eher wegen der Wärme, denn als Tarnung.

Sein ganzes Leben lang hatte er gehört, wie sein Vater amüsierte, aber hochgradig kritische Bemerkungen über Versammlungen von sich gegeben hatte. Dass sie reine Zeitverschwendung seien und für gewöhnlich lediglich Leuten ein Forum boten, um ihren Beschwerden Luft zu machen, anstatt Probleme zu lösen.

Und diese Versammlung war dafür ein Musterbeispiel. Clanführer sowohl von den Herabregnenden Blättern als auch von den Zerbrochenen Säulen und die Außenwelt-«Ratgeber«

saßen um ein Lagerfeuer herum, das neben dem Lager errichtet worden war, und diskutierten. Eine Frau der Herabregnenden Blätter, grauhaarig und so hager, dass man es schon fast als ausgezehrt bezeichnen konnte, hatte das Wort – was bedeutete, dass sie den knotigen, von einem Schädel gekrönten Stab hielt, der darauf hinwies, dass sie abgesehen von den Clanführern die einzige Person war, der es in diesem Moment erlaubt war zu sprechen. »Offenkundig unterscheidet sich Gesprengte Ketten in keiner Weise von Zerbrochene Säulen. Der Name hat allein zum Stamm der Männer Bezug und ignoriert die Herabregnenden Blätter. Das ist ein lächerlicher Vorschlag.«

Mehrere der Versammelten – besonders von den Männern – erhoben protestierend ihre Stimmen, doch Kaminne und Tasander brachten sie mit einem Wink zum Schweigen und wiesen auf den Stab der Sprecherin. Die, die protestiert hatten, hoben die Hände und streckten die Finger nach der Frau aus, die den Stab widerwillig an einen schwarzbärtigen Mann von den Zerbrochenen Säulen weiterreichte.

Er erhob sich. »Man kann es nun einmal nicht jedem recht machen. Wir müssen uns

entscheiden und unsere Entscheidung mit Nachdruck durchsetzen. Wir können uns keine Gedanken darüber machen, ob jedes Mitglied beider Clans damit zufrieden ist. Ich bin für … Rostige Fesseln

Wieder wurden unglückliche Stimmen laut, wieder gingen Hände in die Luft.

Ben seufzte. Er wünschte, die Stammlose Sha wäre hier gewesen. Von allen Leuten bei dieser Zusammenkunft besaß sie vermutlich den besten Einblick in die Clantraditionen, ohne durch Loyalität einem der beiden Clans gegenüber beeinflusst zu werden. Allerdings hatte er Sha seit einigen Stunden nicht gesehen.

Die Frage, welchen Namen der vereinte Clan tragen sollte, schien eher von zweitrangiger Bedeutung zu sein, doch seit er sich dem Lagerfeuer-Rat angeschlossen hatte, musste Ben feststellen, dass die Vereinigung einfach nicht stattfinden konnte, solange darauf keine Antwort gefunden war. Und die Art und Weise, wie die beiden Seiten voreingenommen ihre Sicht der Dinge vertraten, während sie vorgaben zu versuchen, allen dabei zu gerecht zu werden, war ein Verbrechen.

Motiv, Mittel, Gelegenheit. Das waren die Fragen, die man klären musste, um festzustellen, wer ein Verbrechen begangen hatte. Sobald man wusste, wer einen Grund dafür hatte, eine Untat zu begehen, und wie dieser Grund aussah, wer über die erforderlichen Mittel verfügte, um es zu begehen, und wem sich die Gelegenheit dazu bot, lag die Antwort auf der Hand.

Bei diesem Verbrechen, bei dem es darum ging, die Namensgebung eines Stamms der des anderen vorzuziehen, standen Mittel und Gelegenheit nicht zur Debatte. Das Motiv allerdings war klar – welchen Grund hatten die beiden Clans, Namen zu unterstützen, die sich allein auf sie selbst bezogen, die sie über die anderen erhoben? Ben vermutete, dass das Ganze nichts weiter als einem Mangel an Fantasie auf ihren Seiten geschuldet war – dem, und einem Mangel an Verständnis davon, wofür ihre Clannamen standen.

Er dachte darüber nach, während die unnütze Diskussion weiter wütete. Dann hob er in einer Ruhepause die Hand, während sich Mitglieder beider Clans einander finster anstarrten.

Olianne, die gerade gesprochen hatten, wirkte verärgert, reichte ihm aber dennoch den Sprecherstab.

Er erhob sich. Einige Leute schauten verwirrt drein, dass er das Wort ergreifen würde. Sein Vater wirkte bloß amüsiert.

»Darf ich annehmen, dass sich der Name Herabregnende Blätter in gewisser Weise auf euren Platz in der Welt bezieht – ihr lebt in den Wäldern, unter freiem Himmel, ihr wollt einen Verweis auf die Natur?«

Ben schaute von einem Mitglied der Herabregnenden Blätter zum anderen, während er sprach.

Firen Nuln nickte, obwohl sie ein bisschen unsicher wirkte. »Der Name ist uralt, deshalb wissen wir nicht, was die Angehörigen des Clan-Rats im Sinn hatten, als sie ihn wählten. Aber, ja, das ist die allgemeine Auffassung.«

Ben wandte sich an Tasander. »Und Zerbrochene Säulen. In gewisser Weise verstehe ich den Sinn, der hinter diesem Namen steckt: Wir brechen mit den Traditionen der Vergangenheit, die uns zu Sklaven machten.«

Tasander nickte. »Das stimmt genau. Die Säulen repräsentieren die Gesellschaft, wie sie ehemals war. Einen falschen Lebensweg.«

»Dann habe ich einen Vorschlag.« Ben nahm einen Atemzug, während er seine Gedanken ordnete. »›Ich bin so alt wie die Zeit und doch fortwährend neu geboren. Nichts lebt ohne mich, und ohne mich ist alle Hoffnung dahin. Die Kinder von gestern lächeln mich an, so wie die Kinder von morgen es auch tun werden.‹« Er hielt inne und schaute in die Runde, um die versammelten Clan-Mitglieder wortlos dazu aufzufordern, sein Rätsel zu lösen.

Sie schwiegen einen Moment lang, ehe Kaminne überrascht dreinschaute. »Die Sonne.«

Ben nickte. »Genau. Sogar noch älter als die Natur auf Dathomir. Aber doch jeden Tag neu. Damit verbindet sie in gewisser Weise den Symbolismus eurer beiden Namen.«

Die Versammlung reagierte mit – größtenteils zustimmendem – Gemurmel. Firen hob ihre Hand, einen nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht. Ben reichte ihr den Stab und setzte sich wieder.

Luke lehnte sich zu ihm herüber, um ihm ins Ohr zu flüstern. »Nicht übel.«

»Jedenfalls habe ich ihnen was zum Nachdenken gegeben.«

»Und dazu hast du dich einer ihrer eigenen Gebräuche bedient. Politisch ausgesprochen gewieft von dir.« Luke lehnte sich zurück.

Ben lächelte, erfreut über das Lob, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder der Versammlung zuwandte.

Nachdem sie eine Viertelstunde lang zusammengekauert hatten, schlugen Tasander und Kaminne den Namen Clan der Strahlenden Sonne für die vereinte Gruppe vor. Es gab Einwände, aber weniger als bei den anderen Namen – und niemand vertrat die Ansicht, dass die Strahlende Sonne mehr für den einen als für den anderen Clan stand.

Halliava deutete himmelwärts, während die Diskussion weiterging. »Das ist ein gutes Zeichen.«

Ben und die anderen schauten nach oben. Dort war ein glühendes, winziges Ding, das in weiten Kreisen herumschwirrte. Es gab ein schwaches gelbes Licht ab, das in unregelmäßigen Abständen intensiver wurde und verblasste, wie ein Glühstab mit Fehlfunktion.

»Eine Funkenfliege.« Das war Drola von den Zerbrochenen Säulen. »Für gewöhnlich sieht man die nur, wenn es draußen kühler ist.«

»Seht, noch eine!« Kaminne wies auf einen anderen Bereich des Himmels, wo eine zweite Funkenfliege ihrer sprunghaften Route folgte.

Die versammelten Dathomiri schien der Symbolismus der hübschen Insekten aufzuheitern, und innerhalb einer Minute hatten sich dem luftigen Spektakel viele weitere Funkenfliegen angeschlossen. Dann schien es am Firmament nur so vor ihnen zu wimmeln, von Hunderten von Funkenfliegen, und Ben konnte sehen, wie Männer und Frauen beider Clans überall im Lager ihre Hälse reckten, um zu den leuchtenden Mustern emporzublicken, die die Insekten mit ihren Bahnen beschrieben.

Eine Funkenfliege schwirrte herab und ließ einen Mann erstrahlen, der keine fünf Meter von Ben entfernt war. Der Mann erstarrte nervös, als das langflügelige, durchschimmernde Insekt von seinem Ellbogen zum Handgelenk marschierte, während das phosphoreszierende Glühen, das in seinem Körper erzeugt wurde, im selben Rhythmus ab- und zunahm wie bei den Funkenfliegen über ihren Köpfen.

Dann zuckte das Schwanzende des Insekts hernieder und streifte das Handgelenk des Mannes. Ein großer Funken sprang vom Schwanz über, und ein Fleck seiner Haut von einem Zentimeter Durchmesser schwärzte sich. Rauch stieg von der Stelle auf, und der Mann brüllte und scheuchte das Insekt davon.

Das schien wie ein Signal auf die anderen Insekten zu wirken. Wogen von Lichtern strömten vom Himmel herab. Die Funkenfliegen blieben in einheitlichen Mustern, bis sie eine Höhe von ein oder zwei Metern über dem Boden erreichten. Dann schwärmten sie aufs Geratewohl aus, fielen über die Dathomiri her, stachen mit ihren glühendheißen Funken zu.

Überall im Lager wurden Rufe und Schreie laut. Ben sah, wie zwei Funkenfliegen auf ihn zubrummten. Er schnippte mit dem Finger nach jeder einzelnen und schnalzte die Insekten davon.

Sie zogen einen Kreis und schwirrten auf der Suche nach leichterer Beute davon.

Mit einem Mal war sein Vater an Bens Seite. »Wieder die Nachtschwestern. Kannst du es fühlen?« Er verscheuchte mit der Hand eine kleine Wolke Funkenfliegen von seinem Gesicht. Die Insekten prallten auf den Boden. Einige drehten sich unverzüglich wieder auf die Beine und stiegen erneut in die Luft empor.

Ben legte seine Hand auf das Heft seines Lichtschwerts, zügelte sich dann aber. In dieser Umgebung ein aktiviertes Lichtschwert zu schwingen, umringt von panischen, schmerzerfüllten Dathomiri, die jetzt in alle Richtungen davonzulaufen begannen und in ihrem Bestreben, den stechenden Insekten zu entgehen, wild hin und her sprangen, konnte sich als fatal erweisen. »Nein, kann ich nicht.«

»Konzentrier dich, mein Sohn! Oder halte mir die Viecher vom Leib, während ich mich konzentriere …«

Ben entschied sich für Letzteres. Luke schloss die Augen und entspannte sich, um in eine meditative Haltung zu verfallen – eine Entscheidung, die angesichts des Durcheinanders fliegender, stechender Insekten und fliehender, brüllender Stammesmitglieder um ihn herum sonderbar wirken mochte. Ben blieb in seiner Nähe, umkreiste seinen Vater und scheuchte Funkenfliegen von Luke und sich selbst fort.

Von jemandem dichtbei stieg eine Feuerlohe auf, die sich zum Himmel hin ausbreitete und einer Woge gleich emporloderte, um eine ganze Wolke Funkenfliegen in Flammen aufgehen zu lassen. Rauch stieg von den Flammen auf, die sich in der Luft ausbreiteten, und Ben sah, wie Funkenfliegen in den Rauch hineinschwirrten und sogleich die Orientierung verloren.

Er warf einen Blick auf die Quelle der Flammen. Es war Carrack, der mit seiner Rüstung kämpfte, während er von mindestens einem ganzen Schwarm Funkenfliegen heimgesucht wurde. In einer Hand hielt er die Tülle eines Flammenwerfers, die der große Mann trotz seines abgelenkten Zustands auf die dichtesten Wolken von Funkenfliegen in seiner Nähe gerichtet hielt.

Lukes Augen öffneten sich ruckartig. Er wandte sich den Bäumen zu, die das Lager umgaben – in Richtung des Hains von Bäumen, in dem sie sich letzte Nacht mit Olianne und Vestara getroffen hatten. »Sie sind da draußen, verteilt, mehrere von ihnen. Doch ein paar von ihnen kann ich sehr deutlich wahrnehmen.«

»Lass uns gehen!«

Gemeinsam liefen die Jedi mit vollem Tempo los, im Zickzack, um fliehenden Clan-Mitgliedern und den sie verfolgenden Funkenfliegen auszuweichen.

Han, der eine mit Seewasser getränkte Decke wie eine flexible Keule schwang, blieb in Leias Nähe und versuchte, ihr die Funkenfliegen vom Leib zu halten. Bislang war ihm das ziemlich gut gelungen. Sie hatte bloß ein Brandmal am Oberarm, und er hatte eins auf der Stirn. Sie ging durch das Lager, als würde sie die Funkenfliegen um sie herum nicht wahrnehmen. Ihre Aufmerksamkeit war auf die größeren Ansammlungen hoch droben am Himmel gerichtet. Han hatte den Eindruck, als würden die Insekten Angriffe auf Ziele auf dem Boden fliegen, ehe sie wieder in die Luft aufstiegen, sich neu formierten und zu neuen Attacken ansetzten. Das Ganze hatte eine unheimliche Ähnlichkeit mit Sternenjäger-Angriffsmustern und erinnerte ihn nicht im Geringsten an das Verhalten von Insekten.

An den Stellen, die Leia betrachtete, während sie ihre Aufmerksamkeit von Funkenfliegenschwarm zu Funkenfliegenschwarm schweifen ließ, gerieten die Insekten ins Wanken und brachen ihre Formation. Allerdings schien es ihr nicht möglich zu sein, diese Wirkung bei ihnen aufrechtzuerhalten, sodass sie sich zwangsläufig wieder neu formierten.

Sie schüttelte den Kopf. »Sie werden streng kontrolliert. Sehr organisiert. Ich wünschte, Valin Horn wäre hier. Er hat sich immer sehr gut auf so etwas verstanden.«

»Haltet sie mir vom Leib! Ich brauche Hilfe!« Das war Carrack, der noch immer mit Rüstung und Flammenwerfer kämpfte.

Han warf Leia einen Blick zu, und sie nickte. Gemeinsam trotteten sie zu dem großen Söldner hinüber.

Carrack stieß seine Waffe – ein langes Rohr mit einem Abzug am einen Ende und einer Tülle am anderen, das am Abzugsende durch Schläuche mit einer großen Metallflasche verbunden war, die gegenwärtig auf dem Boden schleifte – in Hans Hände. Der große Mann hatte Brandmale auf beiden Wangen, doch er trug den Großteil seiner Rüstung. »Ich brauche bloß ein paar Sekunden.«

»Die hast du.« Han nahm die Waffe. Ohne sich damit aufzuhalten, um Rat zu fragen oder um Bedienungsanleitungen zu bitten – was ihm schließlich ganz und gar nicht ähnlich gesehen hätte –, richtete er das Mündungsstück nach oben auf die nächstbeste große Insektenwolke und drückte den Abzug.

Eine erfreulich helle Flammensäule stieg von der Tülle auf und schoss in die Funkenfliegenwolke – hinein und hindurch, um noch fünfzig oder mehr Meter weiter durch die Luft zu schießen. Der Flammenstrahl erhellte das Lager vom einen Ende zum anderen.

Leia nahm Hans Decke, rollte sie zu so etwas wie einer Peitsche zusammen und schnalzte damit wie mit einer Peitschenschnur, um hier drei Funkenfliegen vom Himmel zu holen, dort eine.

»Vielleicht ein bisschen weniger, Schatz.«

»Nein, mir gefällt es so.« Han ließ den Abzug los, zielte und feuerte von Neuem. Wieder wurde das Lager in Schattierungen von Rot und Orange gebadet, als Insekten aus einer Entfernung von fünfzig Metern vaporisiert wurden.

Ein breites Grinsen trat in Hans Gesicht. »Warum hatte ich eigentlich nie selbst eins von diesen Dingern?«

Leia warf ihm einen ungläubigen Blick zu, bevor sie sich wieder darauf konzentrierte, die Insekten von ihnen dreien fernzuhalten. »Weil das so wäre, als würde man Kinder mit Thermaldetonatoren spielen lassen.«

»Das Ding gefällt mir.« Han schwang das Rohr herum, was den Flammenstrahl am Himmel einen Bogen beschreiben ließ. Insekten flohen, als das Feuer sie erreichte. »Ich habe einen Flammenwerfer

»Verdammt noch mal, Carrack, siehst du, was du angerichtet hast?«

Carrack rammte seinen Helm nach unten. Han vernahm das plötzliche Surren von Maschinenteilen, als der Helm in Position einrastete und die Systeme überall in der Rüstung zum Leben erwachten.

Carrack hob den überdimensionalen Blaster auf, der zu seinen Füßen lag, und drehte sich langsam, um den fernen Waldrand ins Auge zu fassen. »Infrarot aktiviert. Han, pass auf, dass du das Feuer nicht vor mich lenkst, sonst blendest du mich!«

Han schwenkte sein neues Spielzeug mit unvermindertem Grinsen zur Seite, sodass die Flamme größtenteils über und hinter Carrack die Luft versengte. »Was siehst du?«

»Reglose Personen im Wald, die mit dreißig bis vierzig Metern Abstand zueinander Position bezogen haben. Frauen, allesamt. Ich habe zwei Männer, die sich auf sie zubewegen, aber nicht direkt auf eine der Frauen zusteuern. Oh, es sind die Skywalkers.«

Han sah, wie mehr und immer mehr der Dathomiri trotz der frostigen Kälte des Wassers in den See liefen. Sie wateten hinein, bis sie so aufrecht stehen konnten, dass bloß noch ihre Köpfe emporragten. Die Taktik schien nicht zu funktionieren: Funkenfliegen schwirrten zu ihnen herab, setzten sich auf ihre Kopfhaut, stachen und verbrannten sie durch ihr Haar hindurch, und mit jeder verstreichenden Minute sammelten sich da draußen Hunderte Viecher mehr.

Han schaute zu seiner Frau hinüber. »Du kannst die Macht doch wie ein großes öffentliches Lautsprechersystem benutzen, oder?«

»Ich kann mir Gehör verschaffen, ja.«

»Dann sag denen da draußen im See, dass sie sich auf zehn unter Wasser ducken sollen und zähl dann runter!«

»Ihr da im Wasser!« Leia schien ihre Stimme nicht über die Senatslautstärke hinaus zu heben, die sie sich angewöhnt hatte, seit sie eine Jugendliche gewesen war, doch irgendwie drangen ihre Worte dennoch in alle Winkel des Lagers. »Wenn ich ›null‹ rufe, taucht unter! Zehn … neun …«

Neben Han hob Carrack sein Blastergewehr an die Schulter. Er feuerte nicht sofort.

Stattdessen rammte er ein Magazin mit etwas, das wie kleine zylindrische Granaten aussah, in den unteren Ladeschacht. Über dem normalen Visier der Waffe klappte ein rechteckiger Sichtschirm auf, und Han konnte die Bilder sehen, die darauf dargestellt wurden, menschenförmige Umrisse in einem grünen Licht. Carrack murmelte etwas, das durch den Helm kaum zu verstehen war: »Ziel eins, eins fünf sieben Komma drei Meter.« Er drehte sich eine Winzigkeit, und eine neue Silhouette erschien auf dem Bildschirm. »Ziel zwei, eins drei vier Komma zwei Meter.«

»Zwei … eins … null!«

Han sah, wie die Köpfe der Dathomiri im See unter Wasser tauchten. Er zielte nach unten und ließ seine Flamme über die Wasseroberfläche fegen. Sein Feuerstoß verbrannte Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Insekten, und Rauch, der von der Stelle aufstieg, verwirrte weitere Funkenfliegen und riet ihnen davon ab, in ihrem Fahrwasser nach unten zu schwirren.

»Weg!« Carrack feuerte und schob den Granatwerferaufsatz seiner Waffe sogleich ruckartig vor und zurück. Er zielte erneut und feuerte unverzüglich wieder. »Weg!« Er zielte. »Weg!« Er feuerte.

Er gab fünf Salven ab, bevor das erste Geschoss in der Ferne explodierte.

Ben gelangte zu dem Schluss, dass es selbst für einen Jedi eine schlechte Idee war, in völliger Dunkelheit mit voller Geschwindigkeit durch einen Wald zu rennen. Er streifte einen Baum, stach sich die Schulter und krachte durch einen Dornenbusch, bevor sein Nervensystem den ersten Schmerz seines zerkratzten Fleisches registrierte. Weiter vorn schien es für Luke besser zu laufen, wenn auch nicht wirklich gut. Ben hörte, wie sein Vater gegen einen tief hängenden Ast schlug, und der verärgerte Ausruf des Mannes bestand aus einem Wort, von dem Ben nie geglaubt hatte, es ihn jemals sagen zu hören.

Noch einige Schritte weiter und Ben stolperte über etwas, das sich wie ein langer, aus Fleisch bestehender Baumstamm anfühlte. Er landete mit einer anmutigen Rolle auf dem Boden und erhob sich. »Stang!«

»Bist du in Ordnung?«

»Mir geht’s gut.« Ben trat einige Schritte zurück und streckte die Hand nach dem Gegenstand aus, der ihn zu Fall gebracht hatte. Er hatte ein schlechtes Gefühl deswegen.

Seine Hand berührte ein Gesicht. Die Haut war kalt. »Hier ist eine Leiche.«

»Unsere Widersacher verbergen sich in der Macht. Eine Fokusumkehr. Je näher wir kommen, desto undeutlicher wird meine Wahrnehmung – uff!« Lukes Ausruf wurde vom Peitschen von Ästen und einem gewaltigen Tschuk begleitet.

»Dad!« Ben stürmte auf den Lärm zu.

Dann war da noch mehr Krach, eine Menge davon. Weniger als dreißig Meter entfernt, oben links von Ben, ging eine Sprengladung hoch. Ben warf sich instinktiv flach auf den Boden. Eine Sekunde später detonierte noch ein Sprengsatz, weiter vorn, rechts von Ben.

In Abständen von etwa einer Sekunde explodierten weitere Sprengladungen, jede weiter von Ben und Luke entfernt. Als es vorüber war, hob Ben den Kopf. Nicht allzu weit entfernt konnte er eine Baumgruppe brennen sehen. Weiter rechts von ihm loderte noch eine. »Dad?«

»Ich bin in Ordnung.« Direkt voraus wurde die Dunkelheit kurz durchbrochen, als in einer Höhe von etwa vier Metern Lukes Lichtschwert aufflammte. Ben sah, wie sich die glühende Klinge bewegte, um etwas zu durchtrennen, das wie eine Reihe von Ranken aussah. Dann sauste das Lichtschwert – vermutlich mit Luke – zu Boden. Ben hörte nicht, wie Luke aufkam, doch der Abstieg des Lichtschwerts fand ein Ende.

Ben ging zu ihm. »Was ist passiert?« Im glühenden Schein des Lichtschwerts konnte er das Gesicht seines Vaters sehen. Luke wirkte unverletzt.

Luke wies mit seiner Waffe in die Luft hinauf. »Eine Netzfalle. Mit einem schweren Stein als Gegengewicht. Außerdem waren da einige Stacheln mit einer gummiartigen Substanz darauf, vermutlich Gift, aber ich bin ihnen ausgewichen. Der Stolperdraht und das Netz waren dort ausgelegt, wo die Bäume am weitesten auseinanderstehen, genau dort, wo jemand langkommen würde, der aus dem Lager läuft.«

»Klasse.« Ben versuchte, seine Aufmerksamkeit auf die Macht zu konzentrieren, doch entweder war er zu durcheinander, oder die Gegner waren jetzt weiter entfernt.

»Sie sind in Bewegung.« Lukes Tonfall spiegelte weder Zufriedenheit noch Enttäuschung wider. »Ich denke, die Gefahr ist fürs Erste gebannt.«