21. Kapitel
JEDI-HÜGELLAGER, DATHOMIR
In der dunkelsten Stunde der Nacht lag Ben Skywalker wach in seinem Schlafsack, in einer der langwierigen Wachphasen, die er zwischen kurzen Schlafperioden erlebte. Trotz der Unbequemlichkeit des dünnen Betts auf hartem Stein hätte er gut schlafen können, trotz der Gefahr, in der sie sich befanden, hätte er sich durch Meditation in einen friedlichen Zustand versetzen können. Doch ein Teil von ihm wollte wachsam sein, um jede Veränderung direkt zu registrieren.
Und so bemerkte er es sofort, als das Kribbeln dunkler Machtenergie über ihn hinweghuschte.
Es war ein seltsames Gefühl. Er stellte es sich so vor, als würde jemand das Ende eines Wollknäuels halten und das Knäuel selbst quer durch den Raum werfen, wo es von einem Freund aufgefangen wurde, um einen einzelnen Garnstrang zwischen ihnen zu spannen. Aber hier war das Garn Machtenergie, hoch über seinem Kopf, die nun unsichtbar in der Luft hing.
Ben erhob sich lautlos und blickte nach oben. Er sah bloß Sterne, ein glänzendes Meer davon, ein Anblick, der sich einem bloß Hunderte von Kilometern abseits von Städten und Lichtern bot.
In seiner Nähe ertönten Geräusche. Er sah, wie eine Frau aufstand und in die Höhe starrte, so wie er es getan hatte. Er konnte sie auch fühlen, stark und unverwechselbar in der Macht – Kaminne.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Himmel zu. Er hielt seine Stimme leise, kaum mehr als ein Flüstern. »Irgendeine Ahnung, was das ist?«
»Der Beginn eines Zaubers, der als Kontrollgeflecht bekannt ist. Einige Hexen kennen ihn als Kettenstange, andere als Führungsnetz.«
»Was bewirkt dieser Zauber?«
»Er verschafft einem die feste und schwer zu unterbrechende Kontrolle über Tiere in einem weiten Umkreis.«
»Natürlich.«
»Einen Zauber wie diesen haben sie vermutlich auch bei den Funkenfliegen benutzt. Aber der hier ist mächtiger, also werden die Tiere, die sie diesmal schicken, einen stärkeren Willen besitzen. Sie …«
Sie brach ab, als Ben fühlte, wie ein weiterer Faden Machtenergie über ihnen vorbeischoss.
Der erste hatte sich von Südwesten nach Nordosten bewegt, dieser bewegte sich von Südosten nach Nordwesten.
Kaminne stieß ein gereiztes Seufzen aus. »Sie spinnen ihr Netz rasch. Hier ist keine Raffinesse am Werk wie bei den Funkenfliegen, hier geht es bloß um Schnelligkeit. Ich werde das Lager wecken.« Sie drehte sich um und stupste mit dem Zeh die dunkle Frauengestalt an, die am nächsten bei ihr schlief.
Ben ging zur Südwestkante des Hügels hinüber und schaute zu der Stelle hinunter, wo sein Vater sein sollte. Er konnte Luke nicht sehen, doch er konnte ihn dort spüren, wach und wachsam.
Minuten später waren Dutzende weitere Machtfäden über sie hinweggeglitten, und die Krieger und Hexen beider Clans waren geweckt worden. Jetzt kamen keine neuen Fäden mehr hinzu, doch Ben konnte fühlen, wie sich das Energiegeflecht langsam absenkte, wie ein beinahe gewichtsloses Netz, das in einer zähen Flüssigkeit versank.
Überall auf der Hügelkuppe erwachten Fackeln und Glühstäbe zu leuchtendem Leben. Ben fiel auf, dass sich die Clan-Mitglieder an ihre jeweiligen Clanführer wandten, um ihre Anweisungen zu bekommen, obwohl doch er vordergründig der Herr des Lagers war. Tasander formierte seine Krieger – vorne die Speere, Bögen und Blaster dahinter – als Keil inmitten des südwestlichen Hangs. Kaminne teilte ihre Streitkräfte in zwei Einheiten auf und brachte jeweils eine Einheit – Krieger vorn und Hexen dahinter – zu beiden Seiten von Tasanders Keil in Stellung. Die Verstärkung und alle Nichtkämpfer blieben in der Mitte des Lagers.
Und nichts geschah. Aus den Wäldern, die den Hügel umgaben, drang kein einziger Laut.
Das Surren der Insekten war gänzlich verstummt. Jetzt ging ein zunehmend unruhigeres Murmeln von den Dathomiri aus.
Ben gelangte zu einem Schluss und hüpfte oben auf einen Felsen. »Alle mal herhören!«
Die Dathomiri drehten sich um und sahen ihn an.
»Das, was jetzt passiert, nennen das Imperium und die Allianz psychologische Kriegsführung. Ihr fragt euch: Warum greifen sie nicht an? Weil sie wollen, dass ihr immer nervöser und nervöser werdet. Sie wollen, dass eure Nerven bloßliegen. Werdet ihr zulassen, dass ihnen das gelingt?«
»Niemals!« Das war Drolas Stimme.
Andere wiederholten das Wort. Drolas Stimme erhob sich über die ihren. »Feiglinge verstecken sich und warten. Krieger lachen sie aus.« Und er begann zu lachen, ein gezwungenes und unnatürliches Gelächter.
Weitere fielen ein, Frauen genau wie Männer, und das Gelächter schwoll an. Ben stellte sich vor, wie es die Hügelflanke hinunter und in die Bäume ringsum strömte.
Er hüpfte vom Felsen und sah Dyon neben sich.
»Ein guter Gedanke, Jedi.«
Ben gab sich gelassen. »Mein Cousin war ein Meister in psychologischer Kriegsführung.«
»Dein Cous … oh.«
Ben spürte ein Zucken über sich, als wäre eine aus Machtenergie bestehende Riesenspinne auf ihr Netz geklettert. Dann vernahm er aus dem Südwesten das Damm-Damm-Damm von Schritten – von großen, schweren Schritten.
Weiter unten durchbrachen im Schein von Sternen- und Mondlicht drei humanoide Gestalten die Baumlinie und liefen auf den Hügel zu, mit einer Geschwindigkeit, die keinem Menschen – außer einem Jedi – möglich war.
Rancoren!
»Bögen, Blaster, Feuer nach eigenem Ermessen!« Das war Tasander. »Speere, haltet euch bereit!« Kaminne rief ihren Kriegerinnen und Hexen ähnliche Anweisungen zu.
Weit unten, auf halbem Weg zwischen Boden und Hügelspitze, erwachte ein kurzer grüner Balken Licht zum Leben – Lukes Lichtschwert.
Ben nahm sein eigenes Lichtschwert in die Hand, verzichtete jedoch darauf, sich der Speer-Linie anzuschließen. So sehr er auch dort sein wollte, um dabei zu helfen, der ersten Wucht des Rancor-Angriffs standzuhalten, wusste er doch, dass er von wesentlich größerem Nutzen sein würde, wenn er Lücken in der Kampflinie stopfte, wenn und falls sie zu versagen drohte.
Aus den Taschen seiner Weste zog Dyon zwei identische kleine Blasterpistolen hervor. Er stand da und machte sich bereit, auf den ersten Rancor zu feuern, der die Kuppe des Hügels voraus erklomm.
Die imaginäre Machtspinne tat einen weiteren Schritt. Machtenergiefäden wurden nach unten gedrückt. Ben fluchte vor sich hin. Er wollte sich nicht von den Ereignissen ablenken lassen, die sich dort unten abspielten.
Die Rancoren erreichten den Fuß des Hangs und eilten nach oben, halb laufend und halb kletternd. Der veränderte Anstiegswinkel drosselte ihr Tempo kaum. Als die Rancoren die Hälfte des Hangs hinter sich gebracht hatten, sah Ben, wie das Lichtschwert seines Vaters mit der Schnelligkeit einer Sternschnuppe herumschwang. Dann verschwand es, als der Leib des mittleren Rancors zwischen Ben und Luke geriet – auf einmal heulte der mittlere Rancor vor Wut und Schmerz auf, schleppte sich langsamer und dann gar nicht mehr vorwärts und wurde von den anderen beiden zurückgelassen.
Blasterfeuer und unsichtbare Pfeile regneten auf die Rancoren hernieder. Die Salven erhellten sie mit kurzen Lichtblitzen, schienen sie jedoch nicht im Mindesten zu verlangsamen.
Und dann waren die beiden Rancoren plötzlich auf dem Gipfel und brüllten. Zuerst waren bloß ihre Pranken und Schädel zu sehen, dann hievten sie sich höher, wuchteten ihre Hüften auf die Hügelkuppe.
Die Speermänner der Zerbrochenen Säulen in der Mitte und die Speerfrauen der Herabregnenden Blätter an den Seiten drängten voran, um Waffen mit Stahlspitzen und behelfsmäßige Pfähle in die Leiber der Rancoren zu rammen. Doch die Bestien rückten weiter vor, und eine Sekunde später ragten beide über den Kriegern auf.
Und Ben konnte fühlen, wie an anderen Machtfäden gezupft wurde. Er riss seine Aufmerksamkeit von den Rancoren los und warf einen Blick zur anderen Seite hinüber.
Dyon zielte mit einem Blaster auf den Rancor ganz rechts. Ben packte sein Handgelenk und stieß es wieder nach unten. Er wandte sich dem Kampf zu. »Greift von hinten an!«
Niemand hörte auf ihn. Er legte etwas Machtenergie hinter seine Worte. »Greift von hinten an, Verstärkungseinheiten nach hinten!«
Einige Köpfe drehten sich um, doch in dem Tumult und dem Durcheinander reagierte niemand.
Nun, zumindest hatte er Dyons Aufmerksamkeit. Er deutete in Richtung des Nordwesthangs. »Da lang!« Dann sprang er von Fels zu Fels auf den Osthang zu.
Bevor er den Hang erreichte, hievte sich ein Rancor über den Kamm. Er bewegte sich, als wäre er von irgendeinem uralten Artilleriegeschütz präzise hierhergefeuert worden, und landete vor ihm. Sofort streckte das Biest seine Pranken nach Ben aus und brüllte.
Er sprang von dem Felsen, auf dem er gelandet war, und katapultierte sich nach rechts, um über die unebene steinerne Oberfläche zu rollen, ehe er sich mit dem in seiner Hand glühenden Lichtschwert erhob.
Jetzt, wo er dem Rancor so nahe war, konnte er selbst im matten Mondlicht erkennen, dass das Ungetüm mit Stücken grober Lederrüstung versehen war. Eine solche Rüstung bot praktisch keinen Schutz gegen die Energie eines Lichtschwerts, doch die Rancoren hatten bereits von Natur aus Knochen und Muskeln, die so dick waren, dass es schwer war, sie zu verletzen. Ben schlug nach dem Knie der Bestie, durchtrennte zähes Leder und Haut, um zweifellos bis zur Kniescheibe durchzudringen, doch der Rancor heulte bloß auf und fegte mit einem Arm vor sich herum. Ben sprang über den Arm hinweg, und der Hieb ging vorbei, füllte die Luft jedoch mit fliegenden Steinen und Lagervorräten. Mit einem dumpfen Klank prallte etwas Metallisches von Bens Kopf ab.
Plötzliche Benommenheit vermasselte seinen akrobatischen Salto, er drehte sich zu weit, landete hart auf seinen Fersen und fiel unbeholfen auf sein Hinterteil.
Und dann war da diese Klaue, die wieder nach ihm griff. Er rollte sich zur Seite und stellte mit Verspätung fest, dass sein Lichtschwert weg war. Die Pranke des Rancors pflügte durch ein Zelt, das neben der Stelle stand, wo er eben noch saß. Er vollführte einen Rückwärtshandstand, kam wieder auf die Füße und schüttelte seinen Kopf, um den Schwindel loszuwerden.
Ah, da war sein Lichtschwert, noch immer aktiviert! Die Klinge war auf ein Lederzelt gefallen und hatte sich durch das Material geschnitten. Ben streckte die Hand danach aus, und die Waffe flog in seine Finger.
Der Rancor tat zwei Schritte und war wieder in Reichweite. Das Vieh stürzte sich auf ihn.
Ben sprang vor, schnellte mit einem Purzelbaum zwischen seinen Beinen hindurch und kam ganz am Rande des Hügels aus der Rolle heraus wieder auf die Beine. Er drehte sich um, um seinem Gegner die Stirn zu bieten.
Der Rancor wirbelte herum und sprang von Neuem auf ihn zu. Ben hüpfte auf dem
Felskamm an der Kante entlang, und das Biest schwenkte um. Dann wechselte er die Richtung, rollte mit einem Purzelbaum an dem Ungetüm vorbei und schlug nach der Rückseite seines bereits verwundeten Knies.
Er traf, ein guter Hieb. Er vermochte nicht zu sagen, ob er das Biest außer Gefecht gesetzt hatte, doch als er sich erhob, wusste er, dass er sein Ziel erreicht hatte. Der Rancor schlug um sich und fiel über die Kante des Hügels.
Ben sah zu, wie das Biest in die Tiefe stürzte. Der Rancor rollte den Hang hinunter, krachte auf dem Weg nach unten gegen einen Vorsprung nach dem anderen und löste so eine kleine Steinlawine aus. Dann landete er unten auf dem Boden, und Felsbrocken der Lawine ergossen sich auf ihn.
Doch selbst da rührte sich das Ungetüm noch. Es rollte sich unter dem Steinhagel weg und mühte sich auf die Beine. Dann humpelte es auf die Bäume zu.
Ben drehte sich um und sah sich Dyon gegenüber.
Dyon mochte vielleicht kein Jedi sein, doch er besaß deren akrobatische Fähigkeiten. Er sprang, er rollte sich ab, er wirbelte herum, er prallte zurück, während er mit seinen kleinen, leistungsschwachen Blastern die ganze Zeit über auf Brust, Gliedmaßen und Visage des Rancors feuerte. Der konstante Feuerstrom der Waffen sah aus wie die Energiesalven einer Blasterbatterie in Miniaturform.
Aber der Rancor ging nicht zu Boden und schien nicht langsamer zu werden, obwohl sein gesamtes Antlitz und der gepanzerte Körper mit Brandmalen übersät waren.
Allerdings geriet das Ungetüm etwas aus dem Gleichgewicht. Dyon vollführte einen schönen Sprung, einen fliegenden Seittritt, der den Rancor just in dem Moment an der Schläfe traf, als er sich ein Stück über den anderen Kamm des Hügels hinauslehnte. Dyon prallte von dem Aufprall zurück und landete hart, um sich in dem Bemühen, außerhalb seiner Reichweite zu bleiben, von dem Rancor wegzurollen. Der Rancor schwankte, stürzte jedoch nicht. Ben sprang in diese Richtung, in dem Wissen, dass er die Bestie nicht erreichen konnte, bevor sie ihr Gleichgewicht zurückgewann.
Dann war da jemand anderes, eine schlanke Gestalt mit blasser Haut, die Dyons Tritt nachahmte. Diese Gestalt traf den Rancor sogar mit noch mehr Wucht als Dyon und landete geschickter, um in einer gut ausbalancierten Hocke mit beiden Füßen aufzukommen.
Der Rancor stieß ein furchtsames Raunen aus, dann kippte er um. Als Ben zu der Kante gelangte, konnte er hören, wie das Ungetüm den Hang hinunterkrachte.
Die kleine Gestalt war Vestara. Sie zeigte Dyon den hochgereckten Daumen.
Dyon warf einen Blick auf die zahlreichen Anzeigen am Knauf seiner Waffen, ehe er sie einsteckte. »Vielen Dank. Das war genau im richtigen Moment.«
Sie rieb sich die Hände, wie um Staub abzuschütteln. »Ich habe meinen Dienst als
Wasserträgerin getan, etwas meditiert und gelesen, bevor ich beschloss, hier rüberzukommen und zu sehen, ob irgendwas Interessantes los ist.«
Dyon lachte amüsiert.
Ben unterdrückte ein Aufwallen von Verärgerung. Er schaute zurück zum Südwesthang.
Dort waren keine Rancoren. Dathomiri standen am Rand, schüttelten Speere und andere Waffen in Richtung des Talbodens, und einige jubelten, doch in ihren Stimmen schien nicht sonderlich viel Überzeugung zu liegen.
Und zwischen ihnen lagen Leiber, Verletzte und Tote. Selbst in der Dunkelheit glaubte Ben, sechs oder sieben zu sehen. Er eilte dorthin.
Und jetzt ertönte das Geräusch von Gelächter aus vielen Kehlen, das von den Bäumen rings um den Hügel aufstieg – unterkühltes Frauengelächter.
Am Rande des Südwesthangs hielten die Anführer eilig eine Besprechung ab, während sich die Clan-Mitglieder um die Toten und Verletzten kümmerten. Weiter den Hang hinunter sah Ben die Lichtschwertklinge seines Vaters, der ihm damit grüßend und zuversichtlich zuwinkte. Dann verschwand sie, als Luke das Schwert ausschaltete, um die Batterie zu schonen.
»Rancoren!« Tasander spie das Wort beinahe aus. »War doch eigentlich klar, dass sie einen Angriff wählen würden, der unseren Verteidigungsvorteil praktisch zunichtemachen würde. Wie dumm von mir, nicht an Rancoren zu denken.«
Kaminne schüttelte den Kopf. »Wir sind anfällig gegen sie, ja, aber nicht so sehr, als wären wir in einem Flachland-Lager. Hierherzukommen war trotz allem die richtige Entscheidung.«
Ben gestikulierte, um Firens Blick auf sich zu lenken. »Du bist die Rancortrainerin der Herabregnenden Blätter, richtig?«
Sie nickte.
»Können wir irgendetwas tun, um die Art und Weise zu unterbrechen, wie die Nachtschwestern sie kontrollieren?«
»Ich glaube nicht. Die Nachtschwestern haben ihre Taktik mit Bedacht gewählt.«
»Hast du dir vor Einbruch der Nacht einen Überblick über unsere Lage verschafft?«
Sie nickte.
»Also, wir wissen, dass sie an Stellen im Südwesten, im Osten und im Nordwesten hochklettern können. Sonst noch irgendwo?«
»Eigentlich überall, aber bloß an diesen Stellen können sie schnell nach oben klettern, und bei einer Stelle im Nordosten.« Sie dachte darüber nach. »Den Nordhang können sie vermutlich überhaupt nicht erklimmen. Der ist am steilsten, und wir haben diese Klippe als Latrine benutzt.
Selbst Rancoren dürfte es widerstreben, es dort zu versuchen.«
Mehrere Anführer und Unteranführer glucksten.
Kaminne warf einen Blick über die Kante. Vom Waldrand drang nicht länger Gelächter zu ihnen herüber, doch es stand außer Frage, dass ihre Gegnerinnen noch immer da waren. »Ich wünschte, wir wüssten, wie viele Rancoren sie haben. Bloß diese fünf?«
»Mindestens zwanzig. Vielleicht dreißig.« Firen klang unglücklich, aber was das betraf, schien sie sich auch sicher zu sein.
Tasander warf ihr einen neugierigen Blick zu. »Woher weißt du das?«
»Aufgrund ihres Knurrens, als sie näher kamen. Rancoren sprechen nicht, aber sie verfügen über eine komplexe Reihe von Lauten, von denen ich viele kenne. Das Knurren, das sie von sich gaben, bedeutete so viel wie ›Seht, wie ich kämpfe!‹, und der Tonfall war der, den sie benutzen, um die Aufmerksamkeit der Herde zu erzwingen. Nicht die Aufmerksamkeit eines einzelnen Gefährten, nicht die von Wurfgeschwistern, nicht die einer Jagdgruppe … sondern die einer gesamten Herde.«
Ben führte im Kopf rasch einige Berechnungen durch. Er schätzte, dass sich auf der Hügelkuppe mindestens zweihundert wehrhafte Kämpfer aufhielten. Hinzu kamen weitere fünfzig, die vermutlich zu schwach, verletzt oder zu jung waren, um ihnen eine große Hilfe zu sein. Selbst mit den Hexen standen die Chancen gegen dreißig Rancoren damit ziemlich schlecht. Für gewöhnlich brauchten Hexen mehr Zeit als Jedi oder Sith, um ihre Machtkräfte einzusetzen.
Doch Clan-Mitglieder und Jedi waren nicht die einzigen Mittel, die ihnen zur Verfügung standen. »Ich nehme über Komlink Kontakt zu Yliri auf, um sie anzuheuern, die Jadeschatten oder Moms Jäger hier rauszubringen. Wir können dem umliegenden Wald ein Bombardement verpassen, das die Nachtschwestern niemals …« Sein Blick fiel auf Dyon, der den Kopf schüttelte. »Nicht?«
Selbst im Mondlicht wirkte Dyon mürrisch. »Die Dathomiri lernen mehr und mehr von anderen Welten. Vor einigen Minuten habe ich versucht, meine letzte Aktualisierung hochzuladen.
Es hat nicht funktioniert. Kom-Übertragungen werden gestört. Vermutlich haben sie mit den Düsenschlitten einiges an fortschrittlicher Kom-Ausrüstung hergeschafft, vielleicht auch einen Kom-Experten von einem anderen Planeten.«
»Zweifellos eine Frau.« Drola klang unwirsch.
Tasander bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Noch ein Wort, das die Unstimmigkeiten in unseren Reihen nährt, Drola, und du gehst da runter auf eine Nachtaufklärungsmission. Geradewegs den Schlund eines Rancors hinab.«
Drola verstummte.
Tasander beugte sich vor und kratzte mit einem Felsbrocken einen Kreis in den flachen Stein zu seinen Füßen. Er teilte ihn in zwei Hälften, ehe er eine Hälfte in drei Teile aufteilte. Es war ein schlichtes Kreisdiagramm. »Wir lassen die Hälfte unserer Kampfkraft bei diesem Hang, da wir hier von mehreren Rancoren gleichzeitig angegriffen werden können. Dann bezieht je ein Sechstel bei den anderen drei Schwachpunkten Stellung. Unterführer, ich will, dass die Kampfkraft zwischen den drei kleineren Formationen gleichmäßig aufgeteilt wird. Los geht’s!«
Die Männer erhoben sich. Die Frauen der Herabregnenden Blätter nicht. Sie sahen Kaminne an.
Sie schaute überrascht zwischen ihnen hin und her, und dann wurde ihre Miene düster. »Bis wir etwas anderes erklären, spricht Tasander für mich, und ich spreche für Tasander. Jeder, der an mir zweifelt, jeder, der dieses Vorgehen infrage stellt, jeder, der zögert, das zu tun, was die anderen Anführer sagen, wird ganz nach vorn an die Front geschickt. Noch vor Luke Skywalker.«
Die Frauen standen rasch auf, um sich den Männern anzuschließen.
Ben suchte ihren Blick. »Du brauchst dich nicht schlecht zu fühlen. Zivilisierte Politiker sind noch viel schlimmer.«
»Inwiefern?«
»Weil die Inkompetenten nicht sofort automatisch getötet werden. Manchmal werden sie sogar wiedergewählt.«