Aria | Kapitel Einundvierzig
Arias Gedanken überschlugen sich und sprangen von einem Bild zum nächsten: Falken-Tätowierungen, die von Schulter zu Schulter reichten. Aus Buchumschlägen gefertigte Sandalen. Opernarien und Regenwürmer und eine Stimme, so warm wie die Nachmittagssonne. Und sie hatten alle eines gemein: Perry.
Jeder Gedanke führte zu ihm.
Aria saß im Laderaum des Belswan, mit Talon zu ihrer Rechten, Roar zu ihrer Linken und die Augen auf das Fenster in der gegenüberliegenden Wand geheftet. Seit dem Verlassen der Steilküste hatte sie geradeaus gestarrt, den Äther beobachtet und sich gefragt, ob sie vielleicht näher zum Fenster rücken sollte. Ob sie in den Himmel hinausschauen sollte, wo sie vermutlich Perrys Hovercraft sehen konnte.
Auf diese Weise mussten inzwischen mehrere Stunden vergangen sein, da war sie sich fast sicher. Aber andererseits hatte sie den Eindruck, dass ihr Zeitgefühl aus dem Gleichgewicht geraten war.
Nichts war mehr im Gleichgewicht.
Als der Belswan langsamer wurde, machte ihr Magen einen Satz. Aria sprang auf, dicht gefolgt von Roar.
»Was ist los?«, fragte Talon.
Eine Frage, die sich plötzlich alle stellten.
»Wir sind da«, sagte Sable über die Lautsprecher, woraufhin das Gemurmel erstarb. »Oder sollte ich sagen, fast da? Bevor wir die Barriere durchqueren, wollen wir uns noch ein paar Worte von eurem Kriegsherrn anhören. Schieß los, Peregrine.«
Aria hörte, wie Perry sich räusperte. Sofort stiegen ihr Tränen in die Augen, und dabei hatte er noch keinen Ton gesagt.
»Ich … äh … ich war nie ein Mann großer Worte«, setzte er an, »und ich wünschte, das wäre jetzt anders.« Seine Stimme wirkte ruhig und gemächlich, als hätte er alle Zeit der Welt. So, wie er immer klang. »Ihr sollt wissen, dass ich mich stets nach besten Kräften bemüht habe, für euer Wohlergehen zu sorgen – was mir nicht immer gelungen ist. Aber ihr seid auch keine einfache Gruppe. Ich glaube, das darf man ruhig sagen. Manchmal habt ihr mit mir gerungen. Ihr habt mit mir gestritten. Ihr habt von mir erwartet, dass ich mehr bin als nur ein einfacher Jäger. Und euretwegen bin ich das schließlich auch geworden. Deshalb möchte ich jedem Einzelnen von euch dafür danken, dass ihr euch von mir habt führen lassen. Ich danke euch für die Ehre, dass ich euch dienen durfte.«
Damit endete Perrys Rede.
Sable meldete sich wieder zu Wort. »Ich finde, das war sehr schön formuliert. Ein wirklich fähiger Mann, euer junger Kriegsherr. Ihr werdet ihn bald wiedersehen, sobald wir die Blaue Stille erreicht haben.«
Er redete noch weiter, doch Aria hörte nicht mehr zu.
Ihr Blick wanderte wieder zum Fenster. Dann bahnte sie sich einen Weg dorthin, zwischen den Leuten hindurch, die bereitwillig zur Seite rückten. Selbst Sables Soldaten machten Platz für sie. Für Roar, Talon und Brooke, die sich neben ihr an die dicke Glasscheibe drängten.
»Da!«, rief Brooke plötzlich und zeigte in eine Richtung. »Kannst du sie sehen?«