Brötchen und Kleinteile

Eine Herausforderung für jeden Hobbybäcker sind sicher die eigenen frischen Sonntagsbrötchen. Und die natürlich möglichst so, dass man sie von den gekauften Brötchen nicht unterscheiden kann.

 

Das Grundrezept ist einfach: 500 g Weizen-, Dinkel, oder Roggenmehl, 250 g Sauerteig, 1 Teel. Salz und ausreichend lauwarmes Wasser (ca. 300 ml). Ergänzt werden kann dieses Rezept vielfältig und nach Geschmack mit Butter, Buttermilch, Öl, Mandeln, Sonnenblumenkernen usw. Zum Bestreuen eignen sich Mohn- und Sesamsaat, Kümmelsamen, Leinsamen, Grobsalz oder geriebener Käse.

 

Alles wird ausreichend und gut gemischt und dann zehn Minuten intensiv geknetet (außer bei Roggenmehl). Danach lassen wir den Teig ca. 40 Minuten warm ruhen, ehe wir ihn noch mal durchkneten und dann in 50 g-Stücke teilen. Diese werden zu runden Brötchen geformt, kurz in warmes Wasser getunkt und dann in die gewünschten Saaten gedrückt.

 

Die Teiglinge lassen wir 90 Minuten ruhen, ehe wir sie tief einschneiden und in den auf 220 °C vorgeheizten Ofen schieben. Am Anfang gießen wir eine Tasse Wasser auf ein mitaufgeheiztes Backblech (die Ofenklappe schnell wieder schließen). Nach 15 bis 20 Minuten sind die Brötchen fertig und können herausgeholt werden.

 

Brötchen formen

 

Immer wieder kommt die Frage auf, warum das Kleingebäck, in das wir so viel Liebe stecken, sich als so abhängig von der Schwerkraft erweist und sich wie ein «Amerikaner» flach macht.

 

Ein kleiner Ausflug in die Lehre vom Teig-Gehenlassen erklärt die Hintergründe: Jeder (Hefe-)Teig hat zwei Tendenzen: erstens sich zu vergrößern (und das in alle Richtungen) und zweitens sich der Schwerkraft zu beugen, was ihn flach werden lässt wie einen schmelzenden Schneemann.

 

Was kann man dagegen tun?

Man muss versuchen, die eine Kraft «Aufgehen» so einzusetzen, dass sie die andere Kraft «Schwerkraft» möglichst aufhebt. Das geht nicht, höre ich Sie jetzt sagen? Es geht! Wetten? Der Bäcker macht es jeden Tag und was der kann, können wir auch. Nur fehlt dem Anfänger eine gute Anleitung und natürlich ein wenig Übung. Aber das kann man mit ein paar Tricks umgehen, dann dauert es eben ein paar Sekunden länger. Aber wir haben ja, was der Bäcker nicht hat: Zeit!

 

Schauen wir uns einmal einen Klumpen Teig an. Nichts als ein Haufen Mehl-Wasser-und-sonstiges-Pampe. Mehr oder weniger fest. Aber eben ein Haufen Pampe, die keine Struktur hat. Wenn wir diese Pampe in Ruhe gehen lassen wie sie will, wird der Klumpen zwangsläufig größer und flach. Denn er geht in alle Richtungen (wie die Stacheln eines Kaktus) und diese «alle Richtungen» unterliegen gleichzeitig der Schwerkraft.

 

Ändern wir eben einfach die Struktur des Teiges! Verpassen wir ihm eine längliche schmale Struktur. Wie die Holzringe eines auf dem Boden liegenden Stammes. Also eine Struktur, die senkrecht zur Oberfläche des Backbleches steht (und sich damit nicht «neigen» kann).

 

So viel die Theorie! Nun zur Praxis:

1. Variante (Profi-Methode):

Wir schleifen die Teiglinge wie der Bäcker. Dazu nehmen wir einen runden kleinen Teigbatzen (ca. 50 g, also für ein einzelnes Brötchen) und legen ihn flach auf die Arbeitsplatte. Darauf legen wir die flache Hand und machen eine kleine Drehbewegung, so dass sich der Teigling leicht unter der Hand mitbewegt (wie ein Kugellager). Wenn wir nun langsam aber stetig die Hand zu einer «Hohlhand» formen (und dabei weiter runddrehen!), passiert folgendes: Die äußeren Teigschichten werden langsam aber sicher unter den Teigbatzen gedrückt. Wenn man das lange genug macht (d. h. vier bis fünf «Umdrehungen»), hat der Teig genug Spannung erhalten, um der Schwerkraft zu trotzen. So macht es der Bäcker (und das gleichzeitig mit zwei Händen und in zwei Sekunden).

 

2. Variante (Fingerspitzen-Methode):

Wir nehmen einen gut geformten Batzen Teig (wieder 50 g für ein Brötchen) zwischen die Finger- und Daumenspitzen beider Hände. Und nun geht es los: Wir ziehen mit den Fingerspitzen den Teig am Daumen vorbei, gleichzeitig drücken wir den beigezogenen Teig mit den Daumen in den Teigling. Zwei- bis dreimal reicht. Danach leicht die Form nachdrücken und auf das Backblech damit («Daumenloch» nach unten). Bäcker mögen mir jetzt bitte nicht das Buch um die Ohren schlagen! Diese Variante ist natürlich nur eine Verballhornung des Schleifens. Aber wir sind keine Bäcker und diese Formung ist für den Anfänger einfacher als die Profimethode.

 

3. Variante (Nudelholz-Methode):

Jeder 50-g-Teigbatzen wird mit dem Nudelholz handflächengroß ausgerollt (mit etwas Übung kann man den Teig auch mit der Faust drücken) und dann locker aufgerollt. Etwas nachformen und auf das Backblech damit (Naht nach unten). Aufmerksame Leser werden eine Parallele zum Baguette-Rezept erkennen (ja, ich gebe es zu!). Wenn man den Teigfladen beidseitig aufrollt, bekommt man die länglichen Brötchen mit der Längsfalte.

Brötchenkruste

Oft verzweifelt man an der Brötchenkruste. Vom Bäcker ist man die blättrige Kruste gewohnt, die man nach Möglichkeit nachahmen will.

 

Dazu zwei Nachrichten:
Zuerst die schlechte: Genauso, wie der Bäcker es schafft, wird es uns nicht gelingen. Aus zwei Gründen: Erstens haben wir keine so tollen Profi-Öfen wie die Bäcker und zweitens verhilft auch die chemische Industrie dem Können des Bäckers noch weiter nach.

 

Aber wir wollen lieber mit ganz natürlichen Zutaten backen. Und an dieser Stelle deshalb nun die gute Nachricht: Unsere Krusten werden zwar nur fast so gut, wie die Bäckerbrötchenkrusten, dafür aber viel gesünder!

 

Dazu muss man wissen, dass auch einem Bäcker die Brötchenkruste nur gelingt, wenn er Mehl mit sehr geringer Type (550) nimmt. Jedes Vollkornbrötchen wird immer eine weiche Kruste haben oder nach ein paar Stunden bekommen, genauso, wie wenn man Fett, Öl oder Milch als Flüssigkeit im Brötchen verwendet.

 

Dann müssen wir die Bäckeröfen möglichst gut nachbilden. Dies erreichen wir, wie im vorherigen Kapitel bereits beschrieben, indem wir nicht auf Backblechen, sondern auf Brotbacksteinen backen. Nun müssen diese Backsteine, die wir auf einem Blech oder einem Kuchengitter so tief wie möglich in den Ofen schieben (aber nicht auf den Boden legen!), sehr intensiv und lange vorgeheizt werden. Rechnen wir vorsichtshalber mit mindestens 40 Minuten bei größtmöglicher Hitze. Vorteilhaft ist es oft, beim Vorheizen die Umluft einzuschalten.

 

Danach werden die Brötchenteiglinge, die ca. 90 Minuten gegangen sind, eingeschossen und mit Dampf in 15 Minuten bei voller Ober- und Unterhitze abgebacken.

 

Schwaden

Schwaden meint: «mit Dampf» anbacken.

 

Immer wieder liest man den Rat «Schale mit Wasser mit in den Ofen stellen». Ein echter Bäcker schwadet mit 8-12 Litern heißem Dampf, den er bei Backbeginn in den Backraum einblasen lässt und den er nach ein paar Minuten durch das Öffnen der Klappen wieder ablässt. Was soll also ein kleines Becherchen, das womöglich auch noch kaltes Wasser enthält? Besser wird es, wenn man 0,25 l Wasser einfach auf ein mitgeheiztes Backblech gießt. Wem das nicht geheuer ist und wer Angst um seinen Ofen hat, kann eine neue und saubere Sprühflasche nehmen, wie zum Wäscheeinsprühen, und vier- bis fünfmal in den Ofen sprühen (Nebel-Einstellung). Aber bitte nicht auf die Lampe zielen, denn das Abdeckglas würde unweigerlich zerspringen.

Der Sauerteig - das unbekannte Wesen
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