Sauerteig führen
Nachdem wir nun wissen, wie viel Sauerteig wir überhaupt benötigen, beginnen wir mit dem «Anfüttern» auf diese Menge.
Das «Füttern» eines Sauerteiges nennt man «Führung».
Es gibt verschiedenen Arten aus der Sauerteigkultur ein vollwertiger Sauerteig zu führen (Stufenführungen). Wichtig ist, dass das zugeführte Wasser immer lauwarm ist und der Sauerteig nie über 40 Grad erwärmt wird. Aus diesem Grund sollte man den Sauerteig nicht in den eingeschalteten Ofen stellen, höchstens bei eingeschalteter Innenbeleuchtung. Dann hat der Ofen ziemlich genau 30 bis 35 Grad.
Die Stufenführungen
Es gibt viele verschiedene Führungen, mit denen
man aus Sauerteig einen Vollsauer (also einen backfertigen
Sauerteig) herstellt. Hier werden nur vier vorgestellt, die für uns
am wichtigsten sind:
1) die klassische Drei-Stufen-Führung (sehr aufwändig, Erfahrung
wird benötigt, dafür aber optimale Führung),
2) die Detmolder Ein-Stufen-Führung (recht einfach, aber bei der
hefelosen Bäckerei nicht ganz optimal, da der Hefeanteil des
Sauerteiges etwas schwach ist) und
3) die «Pöt-Methode»: Eine einfache und modifizierte
Drei-Stufen-Führung, die von mir entwickelt wurde. Sie vereint die
Vorteile der beiden vorher genannten Führungen und ist sehr einfach
auch für den Laien durchzuführen.
4) Eine weitere, computerunterstützte Methode findet sich im
Internet unter der Adresse http://www.holzbäcker.de/html/software.html. In
diesem Rechner kann mittels Microsoft Excel (oder mit der
kostenlosen Open-Office-Version «Calc») der genaue Führungsablauf
mit Mengen und Zeiten errechnet und ausgedruckt werden.
Alle Beispiele gehen hier von einer benötigten Sauerteigmenge von ca. 600 Gramm aus. Sollte man mehr Sauerteig benötigen, so nimmt man entsprechend mehr der angegebenen Mengen. Für weniger reduziert man einfach.
Die klassische Drei-Stufen-Führung
Die Drei-Stufen-Führung ist die klassische Sauerteig-Herstellung über 18 bis 24 Stunden in drei Stufen bei unterschiedlicher Teigtemperatur und -festigkeit. In der ersten Stufe (Anfrischsauer) vermehren sich vor allem die Hefen, in der zweiten (Grundsauer) eher die Säuren. Die dritte Stufe (Vollsauer) dient dem Ausgleich des Verhältnisses von Essig- und Milchsäuren. Diese Teigführung ist recht aufwändig, durch sie erzielt man aber einen besonders ausgereiften Geschmack. Für den Laien ist sie nur schwer durchführbar. Wer viel Zeit und Möglichkeiten zur Kontrolle und Regelung der Temperatur hat, kann es versuchen (für 600 Gramm Sauerteig):
1. Stufe (Herstellung des Anfrischsauers):
Es werden 100 g Mehl mit 100 ml lauwarmem Wasser zu einem weichen Teig gerührt und zu den 50-100 g Anstellgut (Sauerteigkultur) gegeben, Ruhezeit ca. 4 bis 6 Stunden bei 22 bis 26 °C.
2. Stufe (Herstellung des Grundsauers):
Weitere 100 g Mehl werden mit 30-50 ml lauwarmem Wasser dazugegeben und zu einem festen Teig geknetet, Ruhezeit 6 Stunden bei knapp unter 30 °C, oder bis zu 8 Stunden, dann aber mit festerem Teig, kühler (bis zu 22 °C) und mit stärkerer Entwicklung der Essigsäurebakterien.
3. Stufe (Herstellung des Vollsauers):
Wieder 100 g Mehl und 150-180 ml lauwarmes Wasser dazu geben und zu einem sehr weichen Teig rühren, Ruhezeit 3 bis 4 Stunden bei 28 bis 30 °C.
Die Detmolder Ein-Stufen-Führung
Bei der «Detmolder Ein-Stufen-Führung» wird die gesamte zu versäuernde Mehlmenge (300 g) auf einmal zusammen mit 300 g lauwarmem Wasser zum Anstellgut gegeben. Wichtig ist eine gleichbleibende Temperatur des Sauerteiges von ca. 24 bis 28 °C. Nach 15 bis 20 Stunden ist der Vollsauer fertig und kann zum Brotteig verarbeitet werden.
Bei dieser Methode entfallen die Zwischenstufen (Anfrisch- und Grundsauer). Die Sauerteigkultur muss mindestens 5 bis 10 Prozent (besser bis 20 Prozent) des Sauerteiges betragen. Diese Sauerteigführung wurde von der Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung (Detmold) entwickelt, um die Nachteile der Drei-Stufen-Führung, bei der ja alle 6 bis 8 Stunden der Sauerteig nachgeführt werden muss, auszugleichen. Leider ist diese Führung nur für stabile Sauerteigkulturen geeignet, da durch die große Mehlmenge viele Fremdkeime gleichzeitig zum Sauerteig gegeben werden und der Sauerteig damit schneller verderben bzw. umkippen kann. Außerdem wird die Hefe nicht optimal gefördert, so dass dem Teig zum Backen meist Bäckerhefe zugesetzt werden muss. Die Detmolder Ein-Stufen-Führung ist milder in der Säure als die Drei-Stufen-Führung. Deswegen müssen mindestens 40 Prozent der gesamten Roggenmehlmenge versäuert werden.
Es bestand die Notwendigkeit, für den interessierten Laien eine leichte und trotzdem ausreichend säure- und hefeproduzierende Sauerteigführung zu entwickeln. Sie sollte so einfach sein wie die Detmolder Führung, aber gleichzeitig optimale Ergebnisse erzielen wie die klassische Drei-Stufen-Führung. So entstand in vielen Versuchsreihen diese von mir entwickelte Sauerteigführung, schlicht «die Pöt-Methode», oder genauer «Pöts modifizierte Drei-Stufen-Führung» genannt.
1. Stufe (Herstellung des Anfrischsauers):
Es werden 100 g Mehl mit 100 ml lauwarmem Wasser zu einem weichen Teig gerührt und zu 50-100 g Anstellgut (Sauerteigkultur) gegeben, Ruhezeit ca. 6 bis 8 Stunden bei 26 bis 28 °C (zum Beispiel im Badezimmer, Heizungsraum).
2. Stufe (Herstellung des Grundsauers):
Weitere 100 g Mehl werden mit 100 ml lauwarmem Wasser dazugegeben und zu einem weichen Teig gerührt. Ruhezeit ca. 6 bis 8 Stunden bei 22 bis 26 °C (zum Beispiel im Wohnzimmer).
3. Stufe (Herstellung des Vollsauers):
Wieder 100 g Mehl und 100 ml lauwarmes Wasser dazugeben und ebenfalls zu einem weichen Teig rühren, 3 bis 4 Stunden ruhen lassen bei 18 bis 22 °C (Beispiel: Küche oder Treppenhaus).
Nun ist es nicht immer möglich, die genannten und optimalen Temperaturen genau einzuhalten. Die Pöt-Methode funktioniert aber auch mit geringeren Temperaturen, wenn man den Sauerteigansatz je zwei Grad kälter ca. eine Stunde länger gehen lässt. Wichtig ist ferner, dass die Temperaturfolgen fallend sind. Das heißt: die Temperatur sollte von Stufe zu Stufe abnehmen.