Kapitel 23
»Wie sehe ich aus?«, fragte Tammy Nick, als sie nach unten ins Wohnzimmer ging.
»Einfach hinreißend, mein Schatz«, sagte Nick und bewunderte das sensationelle schulterfreie Kleid, dessen grüne Farbe genau zu Tammys Augen passte. »Die Klatschkolumnisten werden sprachlos sein.« Er legte ihr seine Hände auf die Schultern und gab ihr einen Kuss. »Ich bin sehr, sehr stolz auf dich. Hier.« Er reichte ihr ein kleines Samtkästchen.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Ein Geschenk, zur Erinnerung an diesen Abend.«
»Danke, mein Schatz.« Tammy öffnete das Kästchen, darin lag eine zierliche alte Peridotkette. »Die ist ja wunderschön«, hauchte sie. »Und sie passt genau zu meinem Kleid. Wie aufmerksam von dir.«
»Sie ist rund hundertfünfzig Jahre alt«, sagte Nick lächelnd, als sie sich umdrehte, damit er die Kette für sie schließen konnte. »So.«
Sie drehte sich in seinen Armen wieder um und gab ihm einen Kuss. »Ich finde die Kette wunderschön. Und ich liebe dich«, fügte sie leise hinzu.
»Ja?« Er hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. »Wirklich?«
»Ja, wirklich.«
Er streichelte sie am Hals, dann wanderte seine Hand zu ihrem Dekolleté hinunter. »Sollen wir deine Einladung einfach vergessen und den Abend hier verbringen?«
»Schön wär’s, aber ich glaube, wir sollten jetzt aufbrechen. Also los.« Tammy holte tief Luft. »Gehen wir.«
Um acht Uhr war die Party in vollem Gang. Draußen hatten sich Paparazzi postiert, um die ankommenden und abfahrenden Gäste abzulichten, auf dem Bürgersteig wurde Tammy von einem Kamerateam interviewt.
Amy genoss den Abend in vollen Zügen. Alle waren sehr nett und sagten immer wieder, wie schön sie aussehe. Außerdem hatte sie einen neuen Freund gefunden, der Martin hieß, freiberuflicher Fotograf war und sie gleichermaßen mit Champagner wie mit Komplimenten versorgte.
»Sie könnten wirklich jederzeit Karriere als Fotomodell machen.«
Seine Hand streichelte ihr sacht die Schulter, als sie plötzlich merkte, dass jemand sie vom Eingang her anstarrte. Ihr Herz setzte einen Schlag aus.
»Entschuldigen Sie mich, Martin, ich glaube, ich muss kurz an die frische Luft.« Sie entwand sich seinem Griff und ging zur Tür, wo er stand.
»Kennen wir uns?«, fragte er grinsend.
»Was in aller Welt machst du denn hier?«, fragte sie.
»Ich war zum Lunch mit meiner Lektorin in London. Eigentlich wollte ich nicht herkommen, obwohl Tammy mir freundlicherweise eine Einladung geschickt hat, weil ich mich bei solchen Events nicht wohlfühle. Aber ich wohne mehr oder weniger um die Ecke, also dachte ich, dass ich auf dem Weg zum Laden, um Brot und Milch zu holen, doch mal vorbeischauen könnte. Dann sah ich durchs Fenster tatsächlich diese Schönheit, die von einem haarigen Affen begrabscht wird. Wer ist der Dreckskerl?«, fragte Sebastian und deutete mit dem Kopf auf Martin.
»Ach, ein Modefotograf«, antwortete Amy achselzuckend.
»Und wo ist dein Mann?«
»Zu Hause. Er hat’s nicht geschafft.«
»Du willst mir also sagen«, flüsterte Sebastian ihr ins Ohr, »dass du für einen Abend und eine Nacht ganz allein hier in London bist?«
»Ja.«
»Na, und da du so …« Sebastian schüttelte den Kopf beim Versuch, die richtigen Worte zu finden, »unglaublich zauberhaft aussiehst, empfinde ich es als meine Pflicht, dich vor Schwerenötern wie dem Kerl da drüben zu beschützen.« Er küsste sie auf den Hals. »Ich will dich, jetzt sofort.«
»Entschuldigt.« Tammy drängte sich zu ihnen vor, und Amy lief über und über rot an. »Wie geht es Ihnen, Sebastian? Schön, dass Sie gekommen sind.«
»Sehr gut«, antwortete Sebastian ungerührt. »Darf ich Ihnen meine Glückwünsche zu einem eindeutig triumphalen Abend aussprechen?«
»Sie dürfen.« Tammy strahlte. »Es läuft tatsächlich sehr gut. Es sind wirklich alle gekommen, und die Presse wird auch berichten. Hört mal, wenn ich euch nicht mehr sehe, ein paar von uns gehen hinterher zum Essen ins La Familigia, gleich bei der King’s Road. Es wäre wirklich schön, wenn ihr beide mitkämt.«
»Tammy!«, rief eine Stimme aus dem Inneren.
»Ich komme!« Sie nickte ihnen zu. »Entschuldigt. Ciao, ihr beide.«
»Guter Gott«, flüsterte Amy, als Tammy in der Menge verschwand. »Sie muss es mitgekriegt haben.«
»Amy, meine Liebe, wir sind hier nicht in Southwold, und Tammy ist nicht deine Freundin Marie. Sie ist eine kosmopolitische, intelligente Frau, die es nicht die Bohne interessiert, ob wir eine Affäre haben oder nicht«, sagte Sebastian.
»Wie du das sagst, klinge ich absolut provinziell«, meinte Amy.
»Ich habe keine Frau gesehen, die weniger provinziell wirkt als du heute Abend, mein Liebling. Und jetzt komm, lass uns die Gelegenheit nutzen und uns einen schönen Abend machen.«
Amy wusste, dass sie zu viel Champagner getrunken hatte, aber sie war mitten in London in einem himmlischen Kleid auf einer schicken Party mit Sebastian an ihrer Seite, was das Allerschönste war.
Eine Stunde später flüsterte er ihr ins Ohr: »Können wir jetzt gehen? Mir reicht’s.«
»Aber ich habe gerade so viel Spaß, ich mag noch nicht gehen. Zehn Minuten noch«, bettelte sie.
Schließlich gelang es ihm, sie zur Tür und dann auf den Bürgersteig zu schieben. »Komm, du musst etwas in den Magen bekommen«, sagte er.
»Mir geht’s bestens«, sagte sie und hickste, dann drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange – und im selben Moment erleuchtete ein Blitzlicht ihre Gesichter.
»Mr. Girault, verraten Sie uns den Namen Ihrer Begleitung für die Bildunterschrift?«, fragte der Fotograf.
»Nein, verdammt noch mal!«, antwortete Sebastian barsch und zog die kichernde Amy die Straße entlang, bevor noch weitere Bilder gemacht werden konnten. »Das haben wir gerade noch gebraucht, Liebling. Das Bild könnte in irgendeinem Groschenblatt landen!«
»Meinst du, sie drucken uns in Hello ab?« Amy hüpfte unsicher die Straße entlang, und wider Willen musste Sebastian lächeln.
»Wie schön, dass du dich so darüber freuen kannst, aber ich weiß nicht, ob dein Mann das auch so sehen wird.«
»Hello liest er nicht, und ehrlich gesagt, heute Abend ist mir schnuppe, wer es sieht.«
»Morgen früh vielleicht nicht mehr«, murmelte Sebastian und schob sie in den Laden, der rund um die Uhr geöffnet hatte, um etwas zu essen zu besorgen, damit Amy wieder nüchtern wurde. Dann ging er mit ihr zu Sloane Gardens und schloss die Tür zu seiner Wohnung auf. Amy tänzelte hinein und fiel aufs Sofa. »Ach, der Abend war so traumhaft«, seufzte sie und streckte die Arme nach Sebastian aus. Er zog sie fest an sich. »Und ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch, du betrunkenes Ding. Jetzt bleib hier, und ich mache dir einen Kaffee und etwas Toast.«
Als Sebastian wieder ins Wohnzimmer kam, war Amy eingeschlafen. Seufzend holte er eine Decke, breitete sie über sie und ging allein in sein Schlafzimmer.