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In gewisser Weise sind
alle Frauen Verwandlungskünstler oder auch Gestaltwandler. Obwohl
ich bis vor wenigen Augenblicken noch angenommen hatte, dass ich
schwanger war, hatte ich es doch schwierig gefunden, mir die
dramatischen Veränderungen vorzustellen, die mein Körper in einer
Schwangerschaft durchmachen würde. Die Vorstellung, irgendwann
einmal ein Baby in den Armen zu halten, war mir noch
unwahrscheinlicher vorgekommen. Mein Verstand mochte es zwar
akzeptiert haben, meine Seele aber im Grunde nicht. Trotzdem hatte
ich gewusst, dass ich mich bald instinktiv darauf einstellen – und
mich also auch verwandeln – würde.
Selbst wenn ich nicht glaubte, dass Red mich
belog, so konnte ich mir dennoch beim besten Willen nicht
vorstellen, dass er sich vor meinen Augen in einen Wolf verwandeln
würde – genauso wenig, wie ich mir vorstellen konnte, selbst meine
Gestalt zu verändern.
Allerdings hatte ich noch immer Halloween vor
Augen, mit seinem plötzlichen Sturm der Gefühle und dem
unerwarteten Höhepunkt. Meine Mutter behauptete immer, ich hätte
als Kind eine besondere Begabung dafür besessen, mich in andere
Kreaturen einzufühlen, was ich dann
als Teenager allerdings abgeblockt hätte. Ich erklärte ihr jedes
Mal, dass ich auch gute Gründe dafür gehabt hätte, mich der
Vernunft zuzuwenden. Außerdem wünschte sich jede Mutter, dass ihr
Kind eine besondere Begabung aufwies, vor allem dann, wenn sie
wusste, dass es in Wahrheit unauffällig und eher gewöhnlich
war.
Ich hatte mich gegen meine Mutter und ihre
Wunschvorstellung von mir gewehrt, indem ich erwachsen geworden war
und mich strikt weigerte, an solche Dinge wie Aromatherapie,
Kristalle, Runen, Astrologie, hellseherische Träume, Votivkerzen
und Voodoo-Zauber zu glauben.
Und nun fand ich mich hier mit Red wieder, der
mir erklärte, sich in einen Wolf verwandeln zu können, wenn er nur
seine Kleider und seine Hemmungen ablegte.
Das Einzige, was ich mir als Kind mehr als alles
in der Welt gewünscht hatte, war, ein Hund zu sein.
Da mir so viele Gedanken durch den Kopf
schössen, wusste ich nicht, was ich sagen sollte, als ich nun den
Mund aufmachte. Aber Red schien zu verstehen, was in mir vorging.
Er kniete vor mir, als wollte er mir einen Heiratsantrag machen,
und wartete ab.
»Was musst du tun?«
Er stand auf und setzte sich neben mich, um dann
meinen Kopf mit beiden Händen zu umfassen. Zärtlich fuhr er mir mit
den Fingern durch die Haare und zog sanft an dem Gummi, bis sich
der Knoten löste und mir die Haare über den Rücken fielen. Ein fast
schon vertrautes Gefühl breitete sich bei seiner Berührung in
meinem Körper aus – eine entspannte Sinnlichkeit, die meine Lider
schwer werden ließ. »Ich muss meine Shorts ausziehen. Könnte uns
hier jemand stören? Plötzlich hereinkommen oder so?«
Ich schüttelte den Kopf. Mein Mund fühlte sich
plötzlich trocken an.
Hörbar sog er die Luft ein. »Mein Gott, Abra, du
riechst so... du riechst so, als... wolltest du mich.«
Ich schluckte. »Das tue ich auch. Aber ich werde
nicht mit dir schlafen, Red.« Ich konnte nicht – nicht nachdem ich
gerade noch geglaubt hatte, von einem anderen Mann schwanger zu
sein.
Er nickte. »Ich muss nur etwas... du weißt
schon, etwas animalisch werden. Meine Instinkte wecken. Das schaffe
ich normalerweise auch mit Hilfe eines Rituals oder mit Musik. Aber
das würde eine Weile dauern. Du hast wahrscheinlich kein Gras da
oder so?«
»Hier bei meiner Mutter gibt es bestimmt so
etwas. Aber ich weiß leider nicht, wo sie es versteckt.«
»Dann wäre es am schnellsten und
wirkungsvollsten, wenn ich dich küsse.«
»Einfach nur küssen?«
Red musste lächeln. »Doc, ein richtiger Kuss
kann etwas sehr Wirkungsvolles sein.«
»Gut, dann ein Kuss. Aber nichts weiter.« Ich
gab mich so prüde, als hätte ich vergessen, dass ich noch vor einem
Monat seinen Penis in meinem Mund hatte.
Er zog seine Shorts herunter. »Da gibt es
allerdings noch etwas.«
»Ja?«
Ich versuchte zwar woanders hinzusehen, doch es
fiel mir nicht leicht. Ich war noch nicht mit vielen Männern
zusammen gewesen und hatte mir über Größe bisher eigentlich keine
Gedanken gemacht. Ein hastiger Blick zeigte mir erneut, dass Red
zwar nicht viel länger als Hunter zu
sein schien, dafür aber breiter. Ich konnte nicht anders. Ich
fragte mich, wie sich das anfühlte. Ohne nachzudenken legte ich
Zeigefinger und Daumen um seinen Penis, um ihn zu messen.
Red sog scharf die Luft ein und schloss die
Augen. »Ich... ich wollte nur noch sagen, dass...«, ich bewegte
meine Finger, und er stöhnte. »wollte... Abra, warte... ich kann
nicht nachdenken, wenn du das tust...«
»Ja?« Ich zog die Hand fort.
Er schluckte und öffnete die Augen. »In meinem
anderen Zustand werde ich mich vermutlich nicht so leicht
zurückhalten können.«
Ich nickte gespielt ernsthaft. »Willst du mir
damit andeuten, dass dein Hundeselbst möglicherweise versuchen
wird, mich zu besteigen?«
Wahrscheinlich war diese Frage nicht allzu
diplomatisch oder einfühlsam formuliert. Red sah mich jedenfalls
mit einer Mischung aus Belustigung und leichter Verärgerung an.
»Ach, halt einfach den Mund«, sagte er schließlich und küsste
mich.
Zuerst war es nichts Außergewöhnliches. Er
drückte nur seine schmalen Lippen auf die meinen und rückte etwas
näher, so dass sein Mund den meinen noch mehr bedeckte. Doch dann
spürte ich seine nackte Brust, wie sie über meine Brüste streifte.
Der Bademantel war mir irgendwie über die Schultern gerutscht. Als
ich versuchen wollte, ihn wieder hochzuziehen, hielt Red meine
Handgelenke fest – und diese Geste ließ alle Sicherungen in mir
durchbrennen. Ich stöhnte leise, woraufhin Red begann, meinen Hals
mit kleinen Bissen zu liebkosen – etwas, das ich von Hunter nicht
kannte. Er schob eine meine Brüste hoch. Die Haut
fühlte sich so empfindlich an wie selten zuvor, und als er die
Spitze in den Mund nahm, schoss ein Blitz von höchster Lust bis in
meinen Schoß hinab.
Ich versuchte mit meinen bandagierten Händen,
seine Haare zu ergreifen, was mir nicht so recht gelingen wollte.
»Ich dachte, du sagtest, nur ein Kuss«, murmelte ich ziemlich
atemlos.
Red grinste. Seine Augen funkelten wölfisch
gelb. »Das war geschwindelt«, erwiderte er und vergrub sein Gesicht
zwischen meinen Brüsten.
»Hör lieber wieder auf«, protestierte ich in dem
Moment, als er den Mund weit öffnete und eine meiner kleinen Brüste
fast ganz darin verschwand. Meine Schenkel öffneten sich, und Red
gab ein unterdrücktes Stöhnen von sich. »Ehrlich – hör auf«, sagte
ich erneut und versuchte, meine Beine zusammenzupressen.
»Rotkäppchen, Rotkäppchen, lass mich ein!« Er
zog meine Schenkel auseinander.
»Red, Red!« Ohne Vorwarnung schluchzte ich los.
Er blickte auf. Alles Spielerische war auf einen Schlag
verschwunden.
»Doc?«
Er setzte sich auf und zog mich in seine Arme,
so dass mein Kopf an seiner Brust zu liegen kam. »Verzeih mir,
Abra. Bitte hör auf zu weinen. Ich mache gar nichts mehr. Okay? Ich
habe aufgehört.«
»Red.«« Ich schluchzte seinen Namen in seinen
Mund und merkte, dass er zuerst verwirrt war und dann begriff. Er
fing von neuem an, mich zu küssen. Wieder spürte ich die kaum
zurückgehaltene Wildheit in ihm. Während seine scharfen Zähne
kleine Markierungen auf meiner Haut hinterließen,
pochte mein Herz vor Angst und Erregung. Als sich unsere Blicke
trafen, begriff ich die Kraft seiner Liebe zu mir – und dass er
bereit war, seine Lust um meinetwillen im Zaun zu halten. Wieder
glitt er zu meinen Schenkeln hinab und ich musste noch heftiger
weinen. Aber diesmal konnte er mein Weinen einordnen und hielt
meine Handgelenke fester als zuvor. Endlich konnte ich mich
fallenlassen und schluchzte laut auf, als mich seine Zunge
schließlich fand.
Zum Glück fragte er mich nicht, ob alles in
Ordnung sei, sondern biss mich sanft auf die zarte Knospe. Ich
verlor jegliches Gefühl der Getrenntheit von mir selbst, das ich in
solchen Situationen bisher immer erlebt hatte. In dem Moment, da
ich meinen Kopf zurückwarf und wie ein Wolf aufheulte, vergaß ich
die Welt um mich herum und bestand nur noch aus reiner
Empfindung.