5.
Die Kellergewölbe der Result Organisation erwiesen sich als sehr großräumig. Außerdem schien der Architekt eine besondere Vorliebe für Labyrinthe zu besitzen. Alle paar Meter gabelte sich ein Gang oder Türen führten in Räume, von denen andere Gänge weiterführten, die sich dann gabelten oder Räume durchzogen, die wieder in andere (sich gabelnde) Gänge führten. Oftmals endeten diese Gänge dann in Sackgassen.
Die schlechten Lichtverhältnisse machten den beiden Agenten und ihrem neuen Begleiter die Suche nach dem Ausgang auch nicht leichter.
Ab und zu trafen sie auf patrouillierende Wächter. Dann warteten Ribotex und Tilbo, während sich Jazzman heranschlich. Die beiden Telepathen hörten meist kurz darauf ein lautes Stöhnen, was bedeutete, dass sie ihren Weg fortsetzen konnten. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass Jazzman durch ein spezielles Unterprogramm 128 Methoden kannte, absolut geräuschlos zu töten. Nur fand er die geräuschvollen angemessener. Bei einem geräuschlosen Mord wusste das Opfer meistens nicht, wie ihm geschah (und nachher hatte es keine Gelegenheit mehr, es in Erfahrung zu bringen). Jazz war der Meinung, dass ein Mensch seinen Tod bewusst miterleben sollte. Immerhin handelte es sich dabei um ein prägendes Erlebnis.
„Es sind erstaunlich wenig Wachen unterwegs“, bemerkte Tilbo grüblerisch.
„Ein Glück für die Wachen“, kommentierte Ribotex. Er konnte kein Blut sehen (besonders nicht sein eigenes) und machte um die gemeuchelten Leichen stets einen großen Bogen.
„Ich halte das für kein gutes Zeichen. Bestimmt bedeutet es, dass sich schon alle darauf vorbereiten, von denVätern abgeholt zu werden.“ Das jungenhafte Gesicht von Tilbo drückte ernste Besorgnis aus. Diese Besorgnis war nicht mit Angst zu verwechseln. Immerhin würde er als Telepath auch mitgenommen werden. Vielmehr machte er sich um all jene Gedanken, denen dieses Privileg nicht zuteil werden würde. Der Teenager fühlte sich auf seltsame Art für sie verantwortlich. Schließlich war es sein Urgroßonkel, der diese Suppe, wenn schon nicht eingebrockt, dann doch wenigstens aufgewärmt hatte. Sein Urgroßonkel hatte es immer nur gut gemeint, ganz klar. In der Geschichte der Menschheit gab es ein stetig wiederkehrendes Übel von verheerenden Ausmaßen. Und das waren einflussreiche Leute, die es gut meinten. Ihre Gräueltaten stellten die der bösartigsten Tyrannen in den Schatten.
„Glaubt ihr beide, dass wir auf dem richtigen Weg nach draußen sind?“ fragte Jazzman ungehalten. Eines seiner Unterprogramme fertigte soeben eine Karte der Kellergänge an, die sie schon passiert hatten. Dieser interne Kartograph arbeitete mit äußerster Präzision, doch leider war der Androide, was das Kartenlesen anbetraf, eher untalentiert.
„Ich habe da so meine Zweifel“, entgegnete Ribotex. „Für mich sieht jeder Gang gleich aus. Fast habe ich den Eindruck, wir würden uns im Kreis...“
Ribotex kam nicht dazu, den Satz zu beenden, weil mit einem Mal sein Unterkiefer herunterklappte. Dies lag weniger an den Nachwirkungen des Kieferbruchs, als eher an dem Anblick, der sich seinen ermattenden Augen präsentierte. Seine Begleiter reagierten ähnlich.
„Wir sind genau da, von wo wir losgegangen sind“, stellte Jazzman matt fest. „Bitte nehmt mir meine Arme und Beine ab. Ich glaube, ich lege mich freiwillig wieder in meine Zelle.“