20. Die Art der Elfen
Eberhard weckte uns. Ich schlug meine Augen auf und hörte gedämpft seine Stimme vor der Tür, verstand aber nicht ein Wort. Ich dachte nur, dass es nicht unbedingt zur Gewohnheit werden musste.
Lea schlief noch tief und fest und wurde nicht einmal wach, als ich aufstand. Ich hatte befürchtet, dass sie heute Morgen ein blaues Auge haben könnte, aber es war kaum noch etwas zu sehen. Ich genoss einen Moment lang ihren Anblick, sah zur Tür, seufzte und weckte sie.
»Guten Morgen«, sagte sie mit einem Lächeln. Der Raum war kühl, aber nicht kalt. Was auch immer es sie gekostet hatte, diesen Zauber zu wirken, er hatte die ganze Nacht gehalten und war jetzt erst am Abklingen. Vielleicht war die Kälte auch zurückgegangen, aber daran glaubte ich irgendwie nicht mehr.
»Guten Morgen«, antwortete ich ihr. Ich sah sie an, dann beugte ich mich hinunter zu ihr und gab ihr einen Kuss. Sie kam mir entgegen, und ich versank in ihrem Mund, bis das Hämmern an der Tür langsam zu mir durchsickerte.
»Ich glaube, da will jemand etwas von uns«, sagte sie, als sie sich von mir löste. Sie zog ihr Nachtgewand aus und ihren Waffenrock an. Dann griff sie sich Steinherz, eine automatische Geste, die mich seufzen ließ, und ging zur Tür. Diesmal bat sie Eberhard herein.
Unser Wirt sah müde aus und verzweifelt.
»Kommt herein und sagt uns, was geschehen ist.«
Er folgte ihrer Einladung und stellte dabei eine dampfende Kanne auf den Tisch. »Ich dachte, ich bringe Euch einen Tee mit. Ein heißes Getränk ist bei dieser Kälte sicherlich willkommen. Auch wenn es mir hier nicht so kalt vorkommt.« Mit ihm kam die Kälte vom Gang herein: So viel zu der Hoffnung, das Wetter könnte sich gebessert haben.
Ich bediente mich an dem Tee, während sich Lea weiter anzog.
»Wir haben kräftig geheizt«, sagte ich.
Er sah den Kamin an. »Vielleicht zieht dieser Kamin besser. Ich habe geheizt wie ein Verrückter, dennoch mussten wir bis auf ein Stockwerk alle anderen im Turm aufgeben.«
»Zu viele Außenwände«, meinte ich. »Sagt, ist etwas passiert, diese Nacht?«
»Das kann man wohl sagen. Aber wo anfangen?« Er massierte sich die Nasenwurzel. »Ich bin so müde, dass ich mich kaum noch aufregen kann. Es gab Ärger bei den Händlern, die Dunkelelfe hat einen der Wächter bewusstlos geschlagen.«
»So, wie ich sie kennen gelernt habe, ist das beinahe rücksichtsvoll von ihr.«
Er sah mich von der Seite an. »Vielleicht. Auf jeden Fall wird das Euer Problem werden, Ser, denn sie sagte, Ihr würdet Euch darum kümmern.«
»Ich?«
»Was hat denn er damit zu tun?«, fragte Lea und zog ihre Rüstung über den Kopf. Sie bewegte dabei die Hüften, damit die feinen Kettenglieder an ihr herunterrutschen, und sowohl Eberhard als auch ich schauten ihr dabei zu. Als sie mit dem Kopf durch die Kragenöffnung kam, sah sie unsere Blicke. »Was?«
Eberhard schluckte. »Sie sagte, dass die Wache den Herbergsfrieden gebrochen habe. Sie hat Euch als eine Art Richter ausgewählt und sagte, Ihr solltet entscheiden, was mit dem Mann passieren soll.«
Ich verdrehte die Augen. »Das hat mir gerade noch gefehlt.« Ich hatte keine Ahnung, was zu tun war. Wieso ausgerechnet ich? »Und weiter? Was ist mit dem Werwolf?«
»Das ist noch viel schlimmer! Eine der Wachen des Barons …«
»Welcher Baron?«, fragte Lea.
»Der Adlige mit den zwei Töchtern und drei Wachen«, vermutete ich, und der Wirt nickte.
»Er ist der Baron von Klemmfels. Also, die eine Wache, dieser Sternheim, und eine der Wachen des Händlers Rigurd hörten in der Nacht ein Geräusch. Sie sahen nach, und die andere Wache, ich glaube der Name ist Varosch, sagte, er habe das Biest gesehen, wie es sich im Lager zu schaffen machte. Er hat dann die Tür zum Lager verbarrikadiert und behauptet jetzt, das Biest wäre dort noch eingesperrt. Damit können wir nicht mehr zum Lager oder zum Stall, bis wir die Tür wieder öffnen.« Er sah uns erwartungsvoll an.
»Ihr habt nicht zufällig die Hoffnung, dass wir das tun, oder?«, fragte Lea. Sie zog ihren Gürtel zu und hängte ihr Langschwert ein. Dann streckte sie die Hand nach Steinherz aus, das in ihre Hand sprang und von ihr am Schultergurt eingehängt wurde.
»Ihr seid die Einzigen, denen ich das zutraue«, erklärte der Wirt. »Niemand anders würde es tun.«
Lea sah mich Hilfe suchend an. »Vielleicht«, sagte ich. »Geschah sonst noch etwas?« Ich sah ihm an, dass ihm noch etwas auf dem Herzen lag.
»Ja. Einer meiner Knechte, Martin, ist spurlos verschwunden«, sagte er leise. »Er hat die Nacht über dafür gesorgt, dass im Schankraum die Kamine beheizt werden. Der Baron sagte, er habe heute Morgen vor nicht ganz einer Kerzenlänge gesehen, wie er in die Küche ging. Dort kam er nicht wieder heraus.« Er runzelte die Stirn. »Von der Küche aus kann man in den Hof, in die Waschküche, in den Kühlraum und in die Schankstube. Er ist nirgends zu finden, und der Baron schwört bei allen Göttern, dass es Martin nicht möglich gewesen wäre, ungesehen wieder herauszukommen. Es scheint, als habe der Baron Kreuzschmerzen gehabt und nicht zu schlafen vermocht.«
»Das glaube ich gerne, dass der Herr Baron eher an weiche Betten gewöhnt ist«, sagte Lea etwas spitz.
Ich nahm noch einen Schluck Tee. »Sagt, Eberhard, gibt es Legenden über diesen Gasthof? Ich meine, in den letzten Tagen ist hier eine Menge Merkwürdiges passiert. Ist so etwas schon einmal vorgekommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Ser. Ich müsste es doch wissen, oder? Natürlich geschieht immer mal wieder etwas, der Hof ist nun schon seit fast dreihundert Jahren in Familienbesitz.«
»Was passiert denn so zum Beispiel?«, fragte Lea. Sie stand neben mir und hatte ihre Hand auf meine Schulter gelegt. Ich weiß nicht, ob sie es tat, ohne darüber nachzudenken; ich jedenfalls spürte diese Hand deutlich. Sie gab mir ein warmes Gefühl.
»Na, ab und zu verschwindet mal einer der Gäste«, sagte Eberhard. »Aber es ist wahrscheinlicher, dass er sich bei Nacht und Nebel davonmacht, um die Zeche zu prellen, als dass ihm etwas zugestoßen ist. Dann soll es noch in einem der Räume spuken.« Er sah uns an. »Das ist ausgemachter Blödsinn. Es ist der Raum, den Janos und seine Männer haben. Es wird berichtet, dass dort ab und zu ein Stöhnen zu hören wäre. Ich habe nie etwas gehört.«
»Nun, wenn Janos und seine Kumpane von Geistern geärgert werden, soll mir das recht sein«, meinte Lea.
»Es ist nur, gelinde gesagt, etwas merkwürdig, was so alles hier in den letzten Tagen geschah. Der Werwolf …«
»Wenn es einer ist«, warf Lea ein.
Ich nickte. »Wenn es einer ist, ist das schon seltsam genug. Die Kammer unter dem Turm hingegen – irgendwann musste man sie ja mal finden, aber …«
»Aber es ist zu viel auf einmal«, ergänzte Lea. Sie sah zu mir herüber. »Viel zu viel auf einmal.«
»Was habt Ihr vor?«
»Erst mal werden wir frühstücken. Dabei können wir ja herausfinden, was Zokora sich eigentlich denkt. Dann schauen wir uns an, ob dein Zauber an der Kellertür funktioniert hat. Danach suchen wir Martin, und bei der Gelegenheit schauen wir uns auch mal den Werwolf an.«
Sowohl Eberhard als auch Lea starrten mich an.
Ich zuckte mit den Schultern. »Was sollen wir sonst tun? Die Zeit, untätig herumzusitzen, ist vorbei.«
»Aber sollten wir nicht zuerst nach Martin suchen?«, fragte Eberhard mit leiser Stimme.
»Ihr habt schon selbst in den genannten Räumlichkeiten nachgesehen, nicht wahr?«
Er nickte.
»Wir werden nach dem Frühstück noch mal nach ihm sehen. Ich habe allerdings so meine Befürchtungen.« Er wollte etwas sagen, doch ich hob die Hand und unterbrach ihn. »Egal, was es ist, erst einmal werde ich frühstücken. Für Panik wird nachher noch Zeit sein.«
»Das will ich nicht hoffen«, sagte Lea trocken. »Es sieht aus, als ob der Tag nicht so gut weitergeht, wie er anfing.« Eberhard sah von ihr zu mir, war aber schlau genug, nichts zu sagen.
»Rührei mit Schinken, frisch gebackenes Brot, eine Tasse Tee. Eigentlich wäre nichts dagegen zu sagen, wenn es nicht so kalt wäre.« Lea rümpfte die Nase. »Ich schwöre, es stinkt hier von Tag zu Tag mehr.«
Ich machte eine gleichgültige Geste. »Mach dir keine Gedanken, Leandra. Wenn du nicht darauf achtest, wirst du es bald nicht mehr merken.« Ich war mir da nicht ganz so sicher. Mittlerweile überlegte ich mir, ob man nicht vielleicht doch mal lüften könnte, aber allein der Gedanke, die Kälte hereinzulassen, ließ mich frösteln.
»Ich würde ein Königreich für ein heißes Bad geben«, sagte sie.
Ich sah sie ungläubig an. »Um dir anschließend den feuchten Tod zu holen? Bei dieser Kälte ist baden lebensgefährlich. Du bist verrückt.«
»Unser Medikus am Hof sagte, dass baden gut für die Gesundheit wäre. Er empfahl sogar, jeden Tag zu baden.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Was soll das bringen?«
»Er sagte, es würde auch die Läuse vertreiben.«
»Die wird man auch durch Baden nicht los. Öl und Haare abscheren ist die einzige Möglichkeit.«
»Es gibt auch einen kleinen Spruch, der gegen sie hilft. Danach lassen einen die Viecher fast eine Woche lang in Ruhe.«
»Wirklich?«, fragte ich hoffnungsvoll.
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Hast du etwa Läuse, Havald?«
»Sagen wir es so, ich hatte schon welche. Aber so ein kleiner Zauber erscheint mir einfacher, als sich mit stinkendem Öl einzureiben.«
»Wenn du unter Läusen leidest, kann ich schnell …«
Ich brach ein Stück vom Brot ab und tunkte es in den Honig. »Ich sagte, ich habe keine.« Ich sah mich im Gasthof um. »Aber ich glaube, es wird ein paar geben, die für eine Kur dankbar wären.«
»Havald …«, sagte Lea und sah gebannt an mir vorbei. Ich drehte mich um. Es war Zokora, die mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck die Treppe herunterkam. An einer ledernen Leine führte sie Rigurd, der reichlich dämlich lächelte.
Der andere Händler sprang auf. »Lasst ihn auf der Stelle frei!« Ein paar der Wachen des Händlers standen auch auf und legten die Hände an die Knäufe ihrer Schwerter.
»Musste das sein?«, stöhnte ich. »Sie lässt aber auch nichts aus!«
Zokora blieb am Fuß der Treppe stehen und schien überrascht. »Redest du mit mir, Mensch?«
»Ja, verdammt.« Der andere Händler gab seinen Wachen ein Zeichen. Nun standen alle auf, einige, wie es mir schien, eher widerwillig. Einer von ihnen hatte ein blaues Auge und eine frisch gebrochene Nase. Er schien nicht besonders geneigt, sich einzumischen, der Blick, den er Zokora zuwarf, wirkte eher furchtsam. Wahrscheinlich war das die Wache, die in der Nacht mit der dunklen Elfe aneinander geraten war.
Die Worte des anderen Händlers, ich glaube, er hieß Holgar, bestätigten dies im nächsten Moment. »Ich habe noch Verständnis dafür gehabt, dass Ulgor es vielleicht übertrieb, als er Euch anfasste, aber das geht zu weit. Auf der Stelle lasst Ihr Rigurd frei!«
Zokora blinzelte. »Warum sollte ich ihn freilassen?« Entweder war sie eine gute Schauspielerin oder sie verstand wirklich nicht. Es war auf jeden Fall die falsche Antwort; zwei der Wachen zogen ihre Schwerter und begannen sich in ihre Richtung zu bewegen.
»Haltet ein«, sagte ich.
»Das geht Euch nichts an«, sagte der andere Händler.
»Ich werde den ersten Mann niederschlagen, der auch nur einen Schritt weitergeht, bevor wir nicht herausgefunden haben, um was es hier eigentlich geht«, sagte ich und trat einen Schritt vor.
Die beiden Wachen sahen mich eher verblüfft als eingeschüchtert an.
»Rigurd«, rief ich über meine Schulter, ohne einen Blick von den beiden Wachen vor mir zu lassen. »Vielleicht könnt Ihr es erklären.«
»Ähm …«, meinte Rigurd.
»Du darfst sprechen«, sagte Zokora.
»Sie hat ihn bezaubert!«, rief der Händler. »Ein kleines Kind kann das sehen!«
»Holgar, es ist anders, als du denkst«, hörte ich Rigurd sagen. Er klang peinlich berührt. »Wir sind übereingekommen, dass ich, solange wir hier sind, ihr Liebhaber bin.«
»Dass du überhaupt bei einer Dunkelelfe liegen kannst, werde ich nie verstehen!« Holgar klang richtig empört. »Was wird deine Frau dazu sagen?«
»Sie wird es verstehen«, sagte Rigurd.
»Du spinnst, wenn du das glaubst. Und was hat es mit der Leine auf sich?«
»Sie hat es mir erklärt. Das macht man so bei ihnen.«
»Sie ist aber nicht in ihren verfluchten Höhlen! Wie konntest du dich dazu zwingen lassen?«
»Ähm … es ist nur das Zeichen, dass ich im Moment ihr gehöre – und ich wollte es so.«
»Du wolltest es so?«, fragte Holgar ungläubig.
»Ja«, antwortete Rigurd mit einer Stimme, die nun sicherer klang. »Wenn du dich wieder beruhigst, erkläre ich es dir vielleicht. Ich sage nur so viel: Du hättest nicht anders gehandelt.« Er wandte sich an die beiden Wachen vor mir.
»Palus, Jan. Ihr lasst den Blödsinn sein. Ich sage euch schon, wann ihr euren Lohn verdienen könnt. Das ist jedenfalls der falsche Moment.«
Holgar stand kopfschüttelnd da. »Erkläre mir einfach mal, warum du das mit dir machen lässt«, sagte er, nun deutlich leiser.
Rigurd lachte. »Das ist einfach. Ich bin zwei Dutzend und neun. In meinem ganzen götterverdammten Leben habe ich noch nie so viel Spaß im Bett gehabt! Ich habe die ganze Nacht bei ihr gelegen, und mir ging es in meinem ganzen Leben noch nie so gut!«
Ein Raunen ging durch die Menge, und ich sah, wie viele der Gäste Zokora mit einem abschätzenden Gesichtsausdruck musterten.
»Da wäre noch etwas«, ergriff ich die Gelegenheit. »Ich hörte, es hätte in der Nacht ein Vorkommnis gegeben. Jemand hat die Herbergsruhe gebrochen.«
»Und was geht das Euch an, Havald?«, rief dieser Holgar in einer spöttischen Stimme. »Wurdet Ihr zum Obmann gewählt, als ich nicht hinsah?«
»Nein«, antwortete ich und fixierte ihn. »Aber die Herbergsruhe ist heilig. Und ich werde solche Vorfälle nicht dulden.« Er wollte noch etwas sagen, überlegte es sich aber anders.
»Ulgor«, sagte ich, und die Wache sah mich furchtsam an. »Was geschah in dieser Nacht?«
»Verzeiht, Herr, ich weiß, es war ein Fehler, aber …«
»Sagt uns einfach, was geschah«, unterbrach ich ihn.
»Ich begleitete meinen Herrn hoch zu seinem Zimmer. Ich wartete vor der Tür, dann hörte ich, wie er aufschrie. Ich stürzte in den Raum …«
»Er schrie auf?«, mischte sich Holgar wieder ein. »Was hat sie ihm angetan?«
»Nichts, was ich hier erörtern möchte«, antwortete Rigurd mit scharfem Tonfall. Er musterte Ulgor. »Er hat die Lage missverstanden.«
»Gut. Aber was geschah dann?«, fragte ich.
»Ich sah die Dunkelelfe über ihm knien, ich hatte mein Schwert gezogen …« Ulgor sah zu Boden, es fehlte nur noch, dass er mit den Füßen scharrte. Jedenfalls lief er rot an.
»Jetzt redet schon, Mann«, sagte ich ungehalten. Ich wollte in Ruhe frühstücken und hatte keine Lust, ihm die Würmer einzeln aus der Nase zu ziehen. »Was ist geschehen?«
»Ich nahm ihm sein Schwert ab und warf ihn raus«, sagte Zokora. Alle sahen sie ungläubig an. Ulgor überragte sie um mindestens vier Handbreit und wog bestimmt doppelt so viel wie die zierliche Dunkelelfe. »Damit er sich daran erinnert, brach ich ihm die Nase und den kleinen Finger.« Sie sah mich mit ihren dunklen Augen an. »Ich teilte ihm mit, dass Havald über ihn richten würde, aber das erscheint mir nun nicht mehr nötig.« Sie schwenkte ihren dunklen Blick nun hinüber zur Wache. »Hast du die Lektion gelernt, Ulgor, Wache des Rigurd?«
Er nickte eifrig.
»Damit soll es gut sein. Dies ist mir nicht so wichtig wie etwas anderes.« Sie schaute sich im Raum um, und auf wem auch immer ihr Blick landete, der sah betreten zu Boden. »Denn ich wünsche nun zu frühstücken«, verkündete Zokora und begab sich an mir vorbei und zwischen den Wachen hindurch, die sie nur fassungslos beobachteten, zu ihrem Tisch. Rigurd folgte brav an der Leine.
Ich hörte deutlich, wie Ulgor erleichtert ausatmete. Ich nickte ihm zu, mehr gab es nicht zu sagen. Ich hatte meine Zweifel, ob er jemals wieder auf die Idee kommen würde, sich gegen die Dunkelelfe zu stellen.
»Leute, kümmert euch um eure eigenen Belange«, rief ich in die Menge. »Setzt euch hin, frühstückt … und wenn ihr etwas denkt, behaltet es für euch.«
Mit diesen Worten setzte auch ich mich wieder hin und nahm mein Stück Brot auf.
Ich sah zu Lea hinüber, die beide Hände vor das Gesicht hielt, ihre Schultern bebten.
»Lea?«, fragte ich besorgt.
Sie nahm die Hände weg. »Ich glaube das einfach nicht«, sagte sie mit erstickter Stimme, »an die Leine gelegt …« Sie prustete los, um dann schallend zu lachen.
»So lustig ist das nun auch nicht. Die Situation war ernst! Das hätte ins Auge gehen können.«
»Das ist es aber nicht«, sagte sie und versuchte offensichtlich, sich wieder zu beruhigen, auch wenn sie sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. »Ich lerne nur wieder etwas.«
»Was denn?«, fragte ich, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort hören wollte.
»Zwei Dinge. Dass Dunkelelfen nicht ganz so Schrecken erregend sind, wie ich dachte, und dass ein Mann – wenn er nur genügend Fleischeslust verspürt – sich freiwillig an die Leine legen lässt!« Sie sah mich an und prustete wieder los. »Dein Gesichtsausdruck! Ich frage mich gerade, ob das für jeden Mann gilt.«
Ich lehnte mich zurück und setzte ein freundliches Lächeln auf. »Leandra.«
»Ja?«, antwortete sie, immer noch kichernd.
»Ich verrate dir etwas. Es gilt nicht nur für Männer.«
»Vielleicht finden wir es noch heraus«, sagte sie leise und verschwörerisch, und ihre Augen funkelten.