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Harry Wild klopfte seine Pfeife in dem Ascher auf
Cambs Tresen aus. »Also, sagen Sie’s mir nun?«
»Ich weiß überhaupt nichts, Harry, wirklich. Man
hat Mr. Wexford direkt vom Golfplatz geholt, und er ist
buchstäblich hier hereingestürmt. Sie müssen schon warten, bis er
einen Moment Zeit hat. Wir wissen ja gar nicht, wo uns der Kopf
steht. Seit ich bei der Polizei bin, hat es so einen Sonntag nicht
gegeben.«
Das Telefon klingelte. Camb nahm den Hörer ab und
sagte: »Sie haben John Lawrence in Brighton gesehen, meine Dame?
Einen Moment bitte, ich verbinde Sie mit dem zuständigen Beamten.«
Er seufzte. »Das«, sagte er zu Wild, »ist jetzt der
zweiunddreißigste Anruf heute, in dem jemand behauptet, den Jungen
gesehen zu haben.«
»Er ist tot. Mein Informant, der sehr zuverlässig
ist, sagt, er ist tot. Burden hat heute morgen die Leiche gefunden,
und deshalb habe ich Sonntagsdienst.« Wild beobachtete, wie Camb
hierauf reagierte, und fügte dann hinzu: “Ich will nur eine
Bestätigung von Wexford, dann bin ich weg, um die Mutter zu
interviewen.«
»Besser Sie als ich«, meinte Camb. »Heiliger
Strohsack! Nicht für Chinas gesamte Tee-Ernte möchte ich Ihren
Job.«
Nicht im mindesten beschämt, zündete Wild seine
Pfeife wieder an. »Da wir gerade von Tee sprechen, es ist nicht
zufällig welcher da?«
Camb antwortete nicht. Sein Telefon klingelte
wieder. Als er mit einem Mann fertig war, der angab, genau so einen
blauen Pullover gefunden zu haben, wie ihn John Lawrence der
Beschreibung nach getragen hatte, schaute er hoch und sah die
Fahrstuhltür aufgehen. »Hier kommen Mr. Wexford«, sagte er, »und
Mr. Burden. Auf dem Weg ins Leichenschauhaus, würde ich sagen, zu
sehen, was Dr. Crocker inzwischen herausgefunden hat.«
»Ah, Mr. Burden«, sagte Wild, »genau der Mann, den
ich sprechen wollte. Was hat es denn nun auf sich mit dem Fund der
Leiche des vermißten Kindes?«
Burden verpaßte ihm einen eisigen Blick und drehte
sich auf dem Absatz um, aber Wexford bellte: »Warum wollen Sie das
überhaupt wissen? Ihr Revolverblatt erscheint doch nicht vor
Dienstag.«
»Entschuldigen Sie, Sir«, mischte sich Camb ein,
»aber Mr. Wild möchte die Geschichte an die Londoner Blätter
schicken.«
»Ah, Zeilenhonorare, ich verstehe. Nun, es liegt
mir fern, einen Journalisten daran hindern zu wollen, am Sabbat
ehrlich sein Geld zu verdienen. Also, Mr. Burden hat heute morgen
eine Leiche gefunden, in einer der Zisternen im Park von Saltram
House. Sie können schreiben, daß ein Verbrechen angenommen wird.
Die Leiche ist die...« Er hielt kurz inne, »... die eines Kindes
weiblichen Geschlechts, ungefähr zwölf Jahre alt, bisher nicht
identifiziert.«
»Es ist Stella Rivers, nicht wahr?« sagte Wild
gierig. »Kommen Sie schon, lassen Sie einen schwerarbeitenden Mann
nicht hängen. Das könnte die größte Geschichte meiner Karriere
sein. Vermißtes Kind tot in Ruine gefunden. Bisher kein Hinweis auf
verschwundenen Jungen. Ist Kingsmarkham ein neues Cannock Chase?
Ich sehe es schon vor mir, ich...«
Wexford besaß große Selbstbeherrschung. Aber er
hatte auch zwei Töchter und einen Enkel. Er liebte Kinder mit einer
leidenschaftlichen Zärtlichkeit, und seine Beherrschung brach
zusammen. »Verschwinden Sie!« röhrte er. »Sie
Hintertreppenleichenfledderer, Sie! Sie ekelhafter, widerlicher
Schreiberling! Raus hier!«
Wild sah zu, daß er rauskam.
Wenn die Leiche eines Kindes gefunden wird, macht
sich bei Polizisten und in ihrem Revier stets eine bedrückte
Stimmung breit.
Späterhin jagen sie voller Eifer den Mörder des
Kindes, doch zuerst, wenn das Verbrechen eben entdeckt wurde, sind
sie fassungslos und krank bis ins Innerste. Denn dieses Verbrechen
geht am meisten wider die Natur, es ist das lebensverachtendste und
unverzeihlichste.
Nicht im geringsten von seiner scharfen Reaktion
Harry Wild gegenüber beschämt, ging Wexford zum Leichenschauhaus,
wo Dr. Crocker und Burden rechts und links des zugedeckten
Leichnams standen.
»Ich habe Loring geschickt, Ivor Swan zu holen,
Sir«, sagte Burden. »Besser er macht es, als die Mutter.«
Wexford nickte. »Wie ist sie gestorben?«
»Die Leiche hat da seit Gott weiß wie vielen
Monaten gelegen«, sagte Crocker. »Die Experten müssen sich das
genauer ansehen. Ich würde sagen: Asphyxie. Gewalttätiger Druck auf
die Luftröhre. Es sind keine Wunden oder so etwas feststellbar, und
sie wurde auch nicht erwürgt. Kein sexueller Mißbrauch.«
»Wir wußten ja«, sagte Wexford leise, »daß sie
aller Wahrscheinlichkeit nach tot ist. Da dürfte es doch nicht mehr
so schrecklich sein. Dürfte kein so großer Schock mehr sein. Ich
hoffe nur, sie hatte nicht allzugroße Angst, das ist alles.« Er
wandte sich ab. »Ich hoffe, es ist schnell gegangen«, sagte
er.
»So was«, meinte Crocker, »würde man von den Eltern
erwarten, nicht von einem abgebrühten alten Kerl wie dir,
Reg.«
»Ach, halt den Mund. Vielleicht kommt es, weil ich
weiß, daß diese Eltern es nicht sagen werden. Sieh dich mal an, du
verdammter, halbgarer Quacksalber, es macht dir nicht mal was
aus.«
»Also, jetzt hör aber mal...«
“Da ist Mr. Swan«, unterbrach Burden.
Er kam mit Loring zusammen herein. Dr. Crocker hob
das Laken hoch.
Swan schaute hin und wurde bleich. »Das ist
Stella«, sagte er. »Das Haar, die Kleider... Mein Gott, wie
entsetzlich!«
»Sind Sie sicher?«
»Oh, ja. Kann ich mich hinsetzen? Ich habe noch nie
einen toten Menschen gesehen.«
Wexford ging mit ihm in einen der Interviewräume im
Erdgeschoß.
Swan bat um ein Glas Wasser und schwieg, bis er es
ausgetrunken hatte.
»Welch grauenvoller Anblick! Ich bin froh, daß Roz
das nicht gesehen hat. Ich dachte, ich werde ohnmächtig da drin.«
Er wischte sich mit dem Taschentuch übers Gesicht und starrte
blicklos vor sich hin, als sähe er immer noch die Leiche des Kindes
vor sich.
Wexford hatte den Eindruck, sein Grausen wurde nur
durch das hervorgerufen, was die acht Monate in der Zisterne aus
Stella Rivers gemacht hatten, und nicht durch persönliche Trauer,
ein Eindruck, der nicht wesentlich abgeschwächt wurde, als Swan
sagte: »Ich mochte sie, wissen Sie. Ich meine, sie war nicht wie
mein eigenes Kind, aber ich habe ziemlich an ihr gehangen.«
»Das hatten wir ja alles schon, Mr. Swan. Wie gut
kennen Sie das Gelände um Saltram House?«
»Dort ist sie also gefunden worden, ja? Ich weiß
nicht mal, wo das ist.«
»Und doch müssen Sie jedesmal vorbeigekommen sein,
wenn Sie Stella nach ‘Equita’ gefahren haben.«
»Meinen Sie diese Ruine, die man von der Straße aus
sieht?«
Wexford nickte, wobei er den anderen genau
beobachtete. Swan schaute die Wände an, den Boden, alles, nur nicht
den Inspector. Dann sagte er im gleichen Tonfall, in dem man sich
äußern würde, wenn einem das Auto immer wieder Ärger macht: »Ich
weiß nicht, warum so was ausgerechnet mir passieren muß.«
»Was meinen Sie mit: ‘so was’?«
»Ach, nichts. Kann ich jetzt gehen?«
»Niemand hält Sie, Mr. Swan«, sagte Wexford.
Eine halbe Stunde später saßen er und Burden auf
der brökkeligen Mauer und sahen einem halben Dutzend Männern bei
ihrer Arbeit in der Zisterne zu, beim Fotografieren, Abmessen und
Prüfen. Die Sonne schien noch immer warm, und ihr Strahlen gab dem
Ort einen Anstrich von klassischem Altertum. Zerbrochene Säulen
waren hier und da im hohen Gras zu sehen, und die Suche hatte
Tonscherben zutage gefördert.
Es sah eher nach einer archäologischen Ausgrabung
aus als nach der Jagd auf Hinweise in einem Mordfall. Es war nicht
gelungen, Spuren der Knabenstatue zu finden, doch die des Mädchens
lag, wie Burden sie hatte liegenlassen, lag da wie ein totes Ding,
das Gesicht in Efeu vergraben, das metallene Haar goldfarben in der
Sonne wie das Haar von Stella Rivers im Leben.
»Sie werden mich für einen wirklichkeitsfremden
alten Trottel halten«, sagte Wexford nachdenklich, »aber ich kann
nicht anders, als die Analogie zu sehen. Es ist wie ein Omen.« Er
wies auf die Statue und schaute Burden dabei fragend an. »Das
Mädchen ist tot, der Knabe ist verschwunden, jemand hat ihn
mitgenommen.« Er zuckte die Achseln. »Im Leben«, sagte er. »Und in
Bronze. Und der Dieb hat den Knaben womöglich irgendwo in einer
angenehmen Umgebung untergebracht. Kümmert sich um ihn. Die Statue
meine ich natürlich.«
»Na sicher, was sonst? Wahrscheinlich eher das noch
Verwertbare genommen und den Rest weggeschmissen.«
»Gütiger Himmel...« Wexford merkte, daß der
Inspector überhaupt nicht verstand, was er gemeint hatte, und gab
auf. Er hätte wissen müssen, überlegte er, daß es keinen Sinn
hatte, mit Mike irgendwelche Phantasiereisen unternehmen zu wollen.
»Der sie da reingebracht hat«, fuhr er praktischer fort, »hat sich
hier besser ausgekannt als Sie. Sie wußten nicht mal, daß es diese
Zisternen überhaupt gab.«
“Ich bin immer nur im Sommer hiergewesen. Im Winter
sind die Platten nicht so überwuchert.«
»Mal sehen.« Wexford rief Peach herüber. »Sie waren
im Februar mit den Suchtrupps unterwegs, Peach. Haben Sie die
Zisternen gesehen?«
»Wir haben das Anwesen hier am Tag nach Stellas
Verschwinden durchsucht, Sir. Freitag war’s. Die ganze Nacht vorher
hat es gegossen wie aus Eimern, und auch als wir hier waren, hat’s
schlimm geregnet. Die ganze Gegend war ein Schlammsee. Ich würde
sagen, man kam gar nicht auf die Idee, daß da Deckel waren.«
“Ich meine, wir sollten uns mal mit Mrs. Fenn
unterhalten.«
Sie war eine kleine, hellhaarige Person,
hilfsbereit und entsetzt über den Fund, den man keinen halben
Kilometer von ihrem Haus entfernt gemacht hatte.
»Sie war meine begabteste Schülerin«, sagte sie mit
ruhiger Stimme, in der eine Spur Grauen mitschwang. »Ich habe immer
vor meinen Freunden mit ihr angegeben. Stella Rivers, sagte ich -
oder Stella Swan, man wußte nie, welches nun ihr richtiger Name war
- Stella Rivers wird eines Tages eine erstklassige Springreiterin.
Nun wird sie es doch nicht. Mein Gott, es ist so furchtbar.
Ich werde mir nie verzeihen, daß ich sie an dem Tag allein losgehen
ließ. Ich hätte Mr. Swan anrufen sollen. Ich wußte, er war ein
bißchen vergeßlich. Es war nicht das erste Mal, daß er sie versetzt
hat und vergaß, sie abzuholen.«
»Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen«, sagte
Wexford. »Aber sagen Sie, haben Sie gewußt, daß diese Brunnen
Zisternen hatten? Denn, wenn Sie es wußten, so heißt das, andere
Einheimische haben es auch gewußt.«
»Natürlich habe ich das gewußt«, Mrs. Fenn sah
verwirrt aus. »Ach, Sie meinen, weil sie im Sommer zuwachsen?« Ihre
Stirn glättete sich. “Ich reite oft rüber, wenn es trocken ist,
oder ich nehme meine Gäste zum Picknick oder zu einem Spaziergang
mit hin. Ich bin sicher, daß ich auf die Brunnen hingewiesen habe,
weil die Statuen so hübsch sind, nicht wahr?« Mit einem kleinen
Zittern in der Stimme fügte sie hinzu: »Ich glaube, ich kann nie
mehr hingehen.« Sie schüttelte schaudernd den Kopf. »Nach schweren
Regenfällen könnte es schon passieren, daß die Deckel zugeschwemmt
werden, wenn viel Erde vom Abhang des Gartens heruntergespült
wird.«
Draußen waren die Männer dabei, die Steinplatte zu
einem wartenden Lastwagen zu tragen. Im Labor würde sie
ausgedehnten Tests unterzogen werden.
»Wenn er Fingerabdrücke hinterlassen hat«, meinte
Wexford, »dann sind sie von all dem Schlamm und Wasser
weggewaschen. Er hatte das Wetter auf seiner Seite, nicht? Was ist
los? Ist Ihnen was eingefallen?«
»Leider nein.« Burden blickte nachdenklich über die
ruhige Straße und die umliegenden Wiesen. Er schaute nicht zum Haus
zurück, aber er fühlte die blinden, leeren Augen auf sich
gerichtet. “Ich dachte nur an Mrs. Lawrence«, sagte er dann. »Ich
meine, sollte ich nicht zu ihr gehen und...«
Wexford schnitt ihm den Satz mit seiner
Scherenstimme ab. »Martin war da. Ich habe ihn hingeschickt, sobald
wir von Ihrem Fund erfuhren. Es wäre nicht schön für sie gewesen zu
hören, wir haben eine Leiche gefunden, und nicht zu wissen,
wessen.«
»Daran hatte ich gedacht.«
»Sie brauchen sich also heute abend nicht mit ihr
abzugeben. Sie will sicher auch nicht ständig Polizisten bei sich
herumhängen haben. Lassen Sie ihr ein bißchen Ruhe und Frieden.
Abgesehen davon hat sie was von Besuch aus London erwähnt.«
Er brauchte sich nicht mit ihr abzugeben heute
abend... Burden fragte sich, wer dieser Besuch wohl sein mochte.
Mann oder Frau? Schauspieler? Künstler? Vielleicht jemand, der
gierig zuhörte, wenn Gemma über den Kuß erzählte, den sie von einem
sexhungrigen Polizisten bekommen hatte. Nein, er brauchte heute
abend nicht hinzugehen, und auch an keinem anderen Abend mehr, so
gesehen. Der Fall Stella Rivers würde seine ganze Zeit in Anspruch
nehmen, und das war auch besser so. Viel besser, sagte sich Burden
energisch.
Am Sonntag abend waren die Vertreter der
nationalen Presse in großer Zahl angereist, und Wexford hatte
höchst widerwillig eine Pressekonferenz abgehalten. Er mochte
Reporter nicht, aber sie hatten ihren Nutzen. Im großen und ganzen
bewirkte die Publicity, die sie dem Grauen und dem Schmerz
verschafften, wohl mehr Gutes als Schlechtes. Ihre Artikel würden
ungenau sein, die meisten Namen falsch geschrieben - eine
überregionale Tageszeitung hatte einst mehrfach von ihm als
Polizeichef Waterford gesprochen - doch die Öffentlichkeit würde
aufgerüttelt, jemand kam vielleicht mit etwas Hilfreichem. Bestimmt
konnten sie mit Hunderten von Anrufen rechnen und zweifellos mit
weiteren anonymen Briefen wie dem, der heute morgen Martin, Gates
und Loring zu einem Termin in Cheriton Forest veranlaßt
hatte.
Wexford war von zu Hause weggegangen, bevor die
Zeitung kam, und jetzt, um neun, betrat er Braddon’s, um die
Tageszeitungen zu kaufen. Der Laden hatte eben erst aufgemacht,
aber es war jemand vor ihm. Wexford seufzte. Er kannte diesen
grauen, runden Kopf, die kurze, ausgemergelte Gestalt. Sogar jetzt,
wo er unschuldig sechzig Number Six erstand, hatte der Mann
etwas Heimtückisches. »Guten Morgen, Monkey«, sagte Wexford
sanft.
Monkey Matthews zuckte nicht zusammen. Er gefror
kurz und drehte sich dann um. Wenn man ihn von vorn betrachtete,
war leicht zu sehen, wie er zu seinem Spitznamen gekommen war. Er
reckte sein vorspringendes Kinn, kräuselte die Nase und meinte
düster: »Die Welt is doch’n Dorf. Ich komm mit Rube, nur wegen der
Busfahrt, nichts Böses im Sinn, und ‘vor ich noch die erste Lulle
brennen hab, sind mir die Bullen auf den Fersen.«
»Nimm’s nicht so schwer«, sagte Wexford
friedfertig. Er kaufte seine Zeitungen und geleitete Monkey hinaus
auf den Bürgersteig.
»Ich hab nix nich gemacht.«
Das war Monkeys stehende Redewendung, wenn er einen
Polizisten traf, sogar wenn es zufällig war wie jetzt. Burden hatte
einmal erwidert: ‘Zwei Verneinungen ergeben eine Bejahung, da
wissen wir ja, woran wir sind, oder?’
»Lange nicht gesehn.« Wexford verabscheute diese
Redewendung, aber Monkey würde sie verstehen und ärgerlich
finden.
Das tat er. Um eine leichte Verwirrung zu
verbergen, zündete er sich eine Zigarette an und inhalierte gierig.
»Norden gewesen«, sagte er unbestimmt. »Hab’s mal im Teppichhandel
versucht. Liverpool.«
Das würde er später nachprüfen, dachte Wexford bei
sich. Für den Moment begnügte er sich mit einem Schuß ins Blaue.
»Du warst in Walton.«
Bei der Erwähnung des Gefängnisses nahm Monkey die
Zigarette aus dem Mund und spuckte. “Ich und mein Partner«, sagte
er, »‘nen ehrlicheren Kerl findet man nich so leicht, wir hatten so
was wie’n Marktstand, und so’n drekkiger kleiner Schweinehund dreht
uns fünfzig Dutzend Paar Netzstrumpfhosen an. Zweite Wahl
angeblich, aber die Hälfte davon hatte kein Zwickel. Verdammter,
mieser Lockspitzel.«
»Solche Reden möchte ich aber nicht hören«, sagte
Wexford, und etwas milder: »Also wieder bei Ruby, soso? Wird’s
nicht langsam Zeit, daß du eine anständige Frau aus ihr
machst?«
»Me with a wife living?« Unbewußt echote Monkey den
Lear Limerick. “Bigamie, Sir, ist ein Verbrechen«, sagte er.
»Entschuldigen Sie, mein Bus kommt. Ich kann nicht den ganzen Tag
hier rumstehen und klatschen.«
Mit breitem Grinsen beobachtete Wexford, wie er zur
Bushaltestelle auf der Kingsbrook Brücke hastete. Er warf einen
Blick auf die Titelseite der obersten Zeitung, sah, daß Stella von
einem Sergeant Burton in einer Höhle unweit des winzigen Dörfchens
Stowerton gefunden worden war, und aus seinem Grinsen wurde ein
Grollen.