Wie von Hortensius vorausgesagt, versiegelte Glabrio am Morgen nach Verres’ heimlicher Abreise das Haus und untersagte Verres’ Bank, Geldmittel für ihn zu transferieren — zu spät natürlich; Geld war von allen Wertgegenständen am leichtesten zu transportieren. Man brauchte nur ein Stück Papier, das man am Ende der Reise irgendwo vorlegte.
»Glabrio stellt ein Komitee zusammen, das die Entschädigung regeln soll«, sagte Cicero zu Hiero von Lilybaeum. »Ich fürchte jedoch, sie wird nicht allzu üppig ausfallen. Verres hat all sein Geld aus Rom fortgeschafft. Allerdings sieht es so aus, als hätte er die Kunstschätze aus Siziliens Tempeln zum größten Teil hiergelassen. Leider gilt das nicht für die Juwelen und das kostbare Geschirr, das er Privatleuten gestohlen hat. Auch davon konnte er allerdings nicht alles verschwinden lassen, es war einfach zuviel. Die Sklaven, die er zurückließ, sind ein erbärmlicher Haufen, aber wir haben von ihrem Haß auf Verres profitiert, denn sie haben uns mit Vergnügen mitgeteilt, daß er den größten Teil der Beute auf seinem Grundstück bei Cortona lagert. Bestimmt sind die Brüder Metellus auf dem Weg dorthin, aber ich habe mit meinem Freund Caesar gesprochen, der schneller reist als irgend jemand, den ich kenne. Deshalb wage ich die Voraussage, daß die Abordnung des Gerichts vor den Metellern in Cortona eintreffen wird. Vielleicht finden wir dort noch so manches, was nach Sizilien gehört.«
»Wohin ist Gaius Verres gegangen?« fragte Hiero neugierig.
»Ich glaube, er ist unterwegs nach Massilia. Es ist beliebt bei den Kunstliebhabern unter unseren Exilanten.«
»Wir sind jedenfalls überglücklich, daß wir unser nationales Erbe wiederhaben«, sagte Hiero strahlend. »Vielen Dank, Marcus Tullius. Vielen Dank!«
»Ich glaube, ich werde euch zu danken haben«, sagte Cicero sanft. »Vorausgesetzt, ihr seid mit meiner Prozeßführung so zufrieden, daß ihr nächstes Jahr unser Abkommen über das Getreide erfüllt. Die Spiele der Plebs werden erst im November nächsten Jahres stattfinden, also braucht ihr das Getreide nicht von der diesjährigen Ernte zu nehmen.«
»Es ist uns ein Vergnügen, dich zu bezahlen, Marcus Tullius. Und ich verspreche dir, daß du das Volk von Rom mit einer großartigen Getreideverteilung wirst beglücken können.«
»Und so«, sagte Cicero später zu seinem Freund Titus Pomponius Atticus, »hat dieser seltene Ausflug in das Reich der Anklage einen Gewinn abgeworfen, den ich bestens gebrauchen kann. Ich werde mein Getreide für zwei Sesterzen pro Scheffel kaufen und es für drei verkaufen. Der Extra-Sesterz sollte mehr als genug sein, um die Transportkosten zu decken.«
»Verkauf es für vier Sesterzen pro Scheffel und steck ein bißchen Geld in die eigene Tasche«, sagte Atticus. »Du hast es bitter nötig.«
Cicero war schockiert. »Das würde ich nie tun, Atticus! Die Zensoren könnten sagen, ich hätte mich bereichert, indem ich ein verbotenes Honorar für meine Dienste als Rechtsanwalt angenommen habe.«
»Oh, Cicero!« seufzte Atticus. »Du wirst nie ein reicher Mann werden. Ein Mann mag Arpinum verlassen, aber man wird ihm Arpinum nie austreiben können. Du denkst wie ein Landedelmann, Cicero!«
»Ich denke wie ein ehrlicher Mann«, sagte Cicero. »Und darauf bin ich sehr stolz.«
»Soll das etwa heißen, daß ich kein ehrlicher Mann bin?«
»O nein!« schrie Cicero entsetzt. »Du bist ein römischer Geschäftsmann hohen Ranges — für dich gelten ganz andere Regeln. Ich bin kein Caecilius, aber du bist einer!«
Atticus wechselte das Thema. »Wirst du den Prozeß gegen Verres in einem Buch dokumentieren?«
»Ja, ich habe daran gedacht.«
»Auch die großen Reden der actio secunda, die du nie gehalten hast? Hast du im voraus welche vorbereitet?«
»Aber ja! Ich mache immer grobe Entwürfe meiner Reden, Monate bevor ich sie halten will. Allerdings muß ich die Reden der actio secunda modifizieren, weil ich eine Menge Dinge einfügen will, die ich bereits in der actio prima angesprochen hatte. Ich muß sie ein bißchen aufmotzen, versteht sich.«
»Versteht sich«, sagte Atticus feierlich.
»Warum fragst du?«
»Ich denke daran, mir ein Hobby zuzulegen, Cicero. Das Geschäftsleben ist langweilig, und die Leute, mit denen ich dabei zu tun habe, sind noch langweiliger. Also werde ich einen kleinen Laden eröffnen, mit einer großen Werkstatt im Hinterhaus — auf dem Argiletum. Sosius wird einen Konkurrenten bekommen, denn ich will einen Verlag gründen. Wenn du nichts dagegen hast, hätte ich gerne die Exklusivrechte an deinem ganzen künftigen Werk. Du würdest ein Zehntel des Kaufpreises von jedem Buch bekommen, das ich verkaufe.«
»Großartig!« Cicero strahlte. »Abgemacht, Atticus, abgemacht!«
Im April, kurz nachdem die neugewählten Zensoren Mamercus als Princeps Senatus bestätigt hatten, verkündete Pompeius, er werde Siegesspiele abhalten. Sie sollten Mitte Sextilis beginnen und unmittelbar vor dem Beginn der ludi Romani am vierten September enden. Pompeius sah höchst zufrieden aus, als er die Ankündigung machte, denn außer den Spielen hatte er noch einen anderen Grund, sich zu freuen. Er hatte nämlich einen Coup gelandet, der für einen Mann aus Picenum immense Bedeutung besaß. Seine verwitwete Schwester Pompeia würde keinen anderen als Publius Sulla sive Sextus Perquitienus, den Neffen des toten Diktators Sulla, heiraten. Ja, die Familie Pompeius aus Nordpicenum war im Begriff, in die beste römische Gesellschaft aufzusteigen. Sein Vater hatte sich noch mit den Lucilii begnügen müssen. Er selbst aber hatte sich mit den Mucii, den Licinii und den Cornelii verbunden! Welch eine Genugtuung!
Crassus war es völlig egal, wen Pompeius’ Schwester zu ihrem zweiten Ehemann wählte. Ihn störten vielmehr die Spiele. »Er will, daß die Landbevölkerung über zwei Monate lang in Rom bleibt und mit Geld um sich wirft!« sagte er zu Caesar. »Und das in der schlimmsten Sommerhitze! Die Ladenbesitzer werden in der ganzen Stadt Statuen von ihm aufstellen, und die vielen alten Leutchen, die im Sommer gerne ein paar zusätzliche Sesterzen verdienen, indem sie Feriengäste aufnehmen, werden dahinschmelzen vor Dankbarkeit!«
»Es ist gut für Rom. Und es bringt Geld.«
»Ja, aber was habe ich davon?« stöhnte Crassus.
»Du mußt dich eben mit einer eigenen Veranstaltung ins Spiel bringen.«
»Dann sage mir wie — und wann? Die apollinischen Spiele dauern bis zu den Iden des Monats Quinctilis, dann finden im Abstand von jeweils fünf Tagen Wahlen statt — die kurulischen, die des Volkes und die der Plebs. An den Iden des Quinctilis will Pompeius seine verdammte Staatspferd-Parade abhalten. Und nach den Wahlen der Plebs bleibt zwar jede Menge Zeit, um einkaufen zu gehen, aber nicht, um zurück aufs Land zu fahren und wiederzukommen, denn Mitte Sextilis fängt er schon mit seinen Siegesspielen an. Sie dauern fünfzehn Tage! Wie protzig! Und unmittelbar darauf finden die Römischen Spiele statt. Beim Jupiter, seine Volksbelustigungen werden die Hinterwäldler eher drei als zwei Monate in der Stadt halten, Caesar. Und was ist mit mir? Es wird sein, als ob ich überhaupt nicht existierte!«
Caesar wirkte überhaupt nicht beunruhigt. »Ich habe eine Idee«, sagte er.
»Sprich dich aus«, sagte Crassus. »Soll ich mich vielleicht als Pollux verkleiden?«
»Und Pompeius als Castor? Das würde mir gefallen. Aber genug der Scherze! Was immer du tust, Marcus, muß mehr kosten, als Pompeius für seine Veranstaltungen ausgibt. Anders kannst du ihn nicht ausstechen. Bist du bereit, ein riesiges Vermögen auszugeben?«
»Ich würde so ziemlich alles geben, um nach meiner Amtszeit besser dazustehen als Pompeius!« schnaubte Crassus. »Schließlich bin ich der reichste Mann Roms — seit zwei Jahren schon.«
»Mach dir keine Illusionen«, sagte Caesar. »Du machst keinen Hehl aus deinem Reichtum, und niemand hat je behauptet, reicher zu sein. Unser Pompeius ist jedoch ein typisches Mitglied des grundbesitzenden Landadels, und er ist sehr verschwiegen, was sein Vermögen betrifft. Es ist größer als das deinige, Marcus, das garantiere ich dir! Als der Ager Gallicus offiziell zu italischem Gebiet erklärt wurde, sind die Grundstückspreise dort in die Höhe geschnellt. Pompeius hat mehrere Millionen Morgen der besten Ländereien Italiens in seinem Besitz — ich sage in seinem Besitz, nicht gemietet oder gepachtet — und das nicht nur in Umbria und Picenum. Er hat all die herrlichen Ländereien geerbt, die den Lucilii am Golf von Tarentum gehörten, und er ist gerade rechtzeitig aus Africa zurückgekehrt, um ein paar wunderschöne Ufergrundstücke am Tiber, am Volturnus, am Liris und am Aternus zu erwerben. Nicht du bist der reichste Mann Roms, sondern Pompeius, das kannst du mir glauben.«
Crassus glotzte Caesar fassungslos an. »Das ist nicht möglich!«
»O doch! Nur weil ein Mann nicht hinausposaunt, wie reich er ist, muß er noch lange nicht arm sein. Du gibst mit deinem Geld an, weil du früher einmal arm warst. Wenn Pompeius seine Veteranen mit Land versorgt, wirkt das ungemein großzügig, aber ich wette, daß er das Land nur verpachtet und ihnen keine Besitzurkunden ausstellt. Das bedeutet, daß alle seine Veteranen den Zehnten entrichten. Pompeius ist eine Art König, Crassus. Er hat sich nicht umsonst Magnus genannt. Für seine Leute ist er der König. Und daß er jetzt erster Konsul ist, heißt für ihn nur, daß die Macht seines Königreichs gewachsen ist.«
»Ich bin zehntausend Talente schwer«, sagte Crassus barsch.
»Das sind zweihundertfünfzig Millionen Sesterzen für einen Buchhalter«, sagte Caesar lächelnd. »Machst du damit jährlich zehn Prozent Gewinn?«
»Natürlich.«
»Würdest du auf den Gewinn dieses Jahres verzichten?«
»Du meinst, ich soll tausend Talente ausgeben?«
»Genau das meine ich!«
Dies war ein schmerzlicher Gedanke, das war Crassus deutlich anzusehen. »Ja, das würde ich. Wenn ich damit Pompeius ausstechen kann, sonst nicht!«
»Am Tag vor den Iden des Sextilis, also vier Tage, bevor Pompeius’ Siegesspiele beginnen, findet das Fest des Herkules Invictus statt. Wie du dich vielleicht erinnerst, hat Sulla dem Gott ein Zehntel seines Vermögens geopfert, indem er das Volk von Rom an fünftausend Tischen bewirtete.«
»Wie könnte ich das vergessen? Der schwarze Hund hat das Blut des ersten Opfertiers getrunken. Es war das einzige Mal, daß ich Sulla wirklich entsetzt gesehen habe. Seine Graskrone fiel in das entweihte Blut.«
»Vergiß das Grauen von damals, Marcus«, sagte Caesar. »Ich garantiere dir, wenn du ein Zehntel deines Vermögens dem Herkules Invictus opferst, wird kein schwarzer Hund auch nur in der Nähe sein. Du gibst wie Sulla ein öffentliches Bankett, aber an zehntausend Tischen! All die Leute, die sonst vielleicht ans Meer gefahren wären, bleiben dieses Jahr in Rom, um sich ein Schauspiel nach dem anderen anzusehen — und nichts wird sie mehr beglücken als ein Fest, bei dem alles umsonst ist.«
»Zehntausend Tische? Selbst wenn ich jeden einzelnen fußhoch mit Muränen, Austern, Flußaalen und Meeräschen belade, wird mich das keine zweihundert Talente kosten. Außerdem hat man, wenn man sich den Bauch vollgeschlagen hat, vielleicht wirklich das Gefühl, daß man nie mehr hungrig sein wird, aber trotzdem hat man schon am nächsten Tag wieder Hunger. Feste sind nach einem Tag vergangen und vergessen, Caesar.«
»Richtig«, sagte Caesar. »Aber«, fuhr er träumerisch fort, »du hast ja von tausend Talenten erst zweihundert Talente ausgegeben. Nehmen wir an, daß sich zwischen Sextilis und November etwa dreihunderttausend römische Bürger in Rom aufhalten. Bei der normalen Getreidezuteilung hat jeder Bürger Anspruch auf fünf modii Getreide. Das ist ein medimnus pro Monat, zum Preis von fünfzig Sesterzen — ein niedriger Preis, aber natürlich nicht ganz so niedrig wie der Großeinkaufspreis. Also macht das Schatzamt selbst in mageren Jahren wenigstens einen kleinen Gewinn. Dieses Jahr wird jedoch nicht mager sein. Und zu deinem Glück war auch das letzte Jahr nicht mager. Du wirst nämlich dein Getreide aus der letztjährigen Ernte kaufen müssen.«
»Kaufen?« fragte Crassus verwirrt.
»Ich bin noch nicht zu Ende. Fünf Scheffel Getreide mal drei Monate... mal dreihunderttausend Bürger Das sind viereinhalb Millionen Scheffel, und die kosten ungefähr achthundert Talente.
Und genau diese achthundert Talente«, schloß Caesar triumphierend, »wirst du ausgeben, mein lieber Marcus. Du wirst nämlich drei Monate lang monatlich fünf Scheffel Getreide an alle römischen Bürger verteilen. Und zwar nicht verbilligt, sondern umsonst!«
»Ungemein großzügig«, sagte Crassus mit ausdruckslosem Gesicht.
»Genau! Und eine Maßnahme, die gegenüber allen Plänen des Pompeius einen entscheidenden Vorteil hat. Seine Spiele werden nämlich schon über zwei Monate zu Ende sein, wenn du deine letzte Ration Getreide verteilst. Und wenn das Gedächtnis so kurz ist, wie du meinst, dann beherrschst du zuletzt allein das Feld. Ganz Rom wird dank Marcus Licinius Crassus freies Getreide essen, von dem Monat an, in dem die Preise explodieren, bis zu dem Monat, in dem sie wegen der neuen Ernte wieder fallen. Du wirst ein Held! Und sie werden dich ewig lieben!«
»Immerhin werden sie dann vielleicht aufhören, mich einen Brandstifter zu schimpfen«, grinste Crassus.
»Da liegt der Unterschied zwischen deinem Reichtum und dem des Pompeius.« Caesar grinste ebenfalls. »Das Geld des Pompeius fliegt nämlich nicht als Asche durch die römische Luft. Es ist höchste Zeit, daß du dein Image etwas aufpolierst, Marcus Crassus!«
Da Crassus die riesige Menge Weizen über Strohmänner einkaufte und nicht ein Sterbenswörtchen darüber verlauten ließ, daß er am Tag vor den Iden des Sextilis ein Zehntel seines Vermögens dem Herkules Invictus opfern wollte, konnte Pompeius völlig unbeschwert seine eigenen Pläne verfolgen, ohne die geringste Ahnung, daß er Gefahr lief, ausgestochen zu werden.
Pompeius wollte ganz Rom — und ganz Italien — beweisen, daß die schlechten Zeiten vorüber waren, und wie hätte er das besser tun können, als indem er das ganze Land in einen Taumel von Festen und Feiertagen stürzte. Das Konsulat von Gnaeus Pompeius sollte der Bevölkerung als eine Zeit des Wohlstands und der Freiheit in Erinnerung bleiben, als eine Zeit ohne Angst, Hungersnot und Bürgerkrieg. Wenn man von einem starken Element der Selbstbeweihräucherung absah, hatte Pompeius wirklich lautere Absichten: Die kleinen Leute, die nicht wichtig genug gewesen waren, um unter den Proskriptionen zu leiden, sprachen in letzter Zeit immer häufiger sehnsüchtig von den Tagen, als Sulla Diktator gewesen war. Nach dem Konsulat des Gnaeus Pompeius Magnus aber sollte Sullas Herrschaft in ihrem Gedächtnis wieder einen bescheideneren Platz einnehmen.
Anfang Quinctilis begann die Landbevölkerung in Massen nach Rom zu strömen, und die meisten Besucher wollten bis Mitte September in der Stadt logieren. Auch viele Römer blieben dieses Jahr, selbst wenn sie zu den oberen Klassen gehörten, in der Stadt, anstatt wie sonst an die Küste zu fahren. Pompeius war sich bewußt, daß dies die Verbrechens- und Krankheitsraten beträchtlich steigern konnte, und setzte sein hervorragendes organisatorisches Talent ein, um dieser Gefahr vorzubeugen. Er ließ ehemalige Gladiatoren in den Alleen und Seitengassen der Stadt patrouillieren, befahl den Liktoren, ein Auge auf die Gauner und Betrüger zu haben, die das Forum Romanum und andere Versammlungsorte unsicher machten, ließ die Badebecken des Tribariums vergrößern und bepflasterte unzählige freie Wände mit Plakaten, die dazu aufriefen, gutes Trinkwasser zu verwenden, seine Notdurft nur in den öffentlichen Latrinen zu verrichten, sich die Hände zu waschen und schlechtes Essen zu meiden.
Pompeius war sich nicht sicher, ob die Landleute wirklich alle verstanden, was für eine Sensation es war, daß der erste Konsul Roms vor seiner Wahl nur Ritter gewesen und erst bei seiner Inauguration am Neujahrstag Senator geworden war. Deshalb hatte er beschlossen, ihnen diese Tatsache durch die Parade der Staatspferde zu verdeutlichen. Also hatten seine Zensoren Clodianus und Gellius die transvectio, wie die Parade hieß, wieder ins Leben gerufen, die schon jahrzehntelang nicht mehr stattgefunden hatte.
Gaius Gracchus hatte nämlich die Senatoren auf eine sehr künstliche Weise von den Rittern getrennt. Er hatte sie beispielsweise für die Zenturiatskomitien keine eigenen Zenturien bilden lassen, sondern sie blieben wie eh und je auf die ersten Zenturien der ersten Klasse verteilt. Auch hatte er ihnen das Recht auf ein Staatspferd nicht genommen. Eine solche Maßnahme hätte noch größeren Zorn verursacht, als er mit seinen Reformen ohnehin schon hervorrief. Das Staatspferd war nämlich ein überaus wichtiges Privileg, weil es nur den Mitgliedern der ursprünglichen achtzehn Zenturien zustand, deren Zahl noch immer auf je hundert Mitglieder beschränkt war. Wer eines Staatspferds nicht mehr für würdig befunden wurde, wurde aus den achtzehn führenden Zenturien ausgestoßen, und das hätte sich kein Senator gefallen lassen. Als die Zensoren des Pompeius die transvectio wieder einführten, verfügten trotzdem viele Senatoren über kein Staatspferd mehr, denn sie waren dazu übergegangen, ihren Söhnen, Brüdern oder Neffen, die dem Senatorenstand noch nicht angehörten, das Familienstaatspferd zu überlassen. Andere aber hatten wie Pompeius Strabo eisern an ihrem persönlichen Recht auf das Tier festgehalten, denn es stellte nach wie vor ein gewaltiges Prestigeobjekt dar.
In den politisch unruhigen Zeiten des Gaius Gracchus hatten die Volkstribunen einmal versucht, die Institution des Staatspferds abzuschaffen. Warum, hatten sie gefragt, sollte der Staat ausgerechnet die achtzehnhundert Reittiere jener achtzehnhundert Männer bezahlen, die ein solches Reittier am leichtesten selbst bezahlen konnten? Die Tribunen hatten sich jedoch nicht durchsetzen können. Es hätte den Besitzern der Staatspferde zwar kaum etwas ausgemacht, für ihr Pferd aufkommen zu müssen, aber sie wollten keinesfalls die dignitas verlieren, die mit dem Besitz eines Staatspferds verbunden war. Und so waren die Senatoren nicht in spezielle Zenturien gesteckt worden, und sie hatten das Recht auf ein Staatspferd nicht verloren.
Allerdings hatten die Volkstribunen mit ihrem Sparvorschlag genügend Wirbel gemacht, daß man die Staatspferde aus der Schußlinie nehmen mußte. Nach dem Tod von Gaius Gracchus hatten die Zensoren aufgehört, die jährliche Parade der Staats- pferde an den Iden des Quinctilis abzuhalten — bis der Konsul Gnaeus Pompeius Magnus sie wieder einführte, um mit Hilfe seines Staatspferds Furore zu machen.
Die Parade begann an den Iden des Quinctilis, als sich die achtzehnhundert Inhaber von Staatspferden im Morgengrauen vor dem Tempel des Mars Invictus versammelten, der im Inneren des Circus Flaminius auf dem Marsfeld lag, und dem Gott ein Opfer darbrachten. Danach bestiegen sie ihre Staatspferde, ritten in feierlicher Prozession, eine Zenturie nach der anderen, durch das Tor zwischen den Gemüsemärkten am Velabrum entlang zum Vicus Iugarius, dem sie folgten, bis sie zum unteren Forum Romanum kamen. Dort schwenkten sie nach rechts und ritten das Forum hinauf zu einer eigens errichteten Tribüne vor dem Tempel von Castor und Pollux, wo die Zensoren sie erwarteten. Wer bei der Tribüne angelangt war, stieg ab und führte sein Staatspferd vor die Zensoren, die Pferd und Reiter einer genauen Inspektion unterzogen. Beide mußten nämlich den uralten Vorschriften des Ritterstands genügen, sonst konnten die Zensoren dem Mann das Pferd entziehen und ihn aus den achtzehn ursprünglichen Zenturien ausstoßen. In der Vergangenheit war dies durchaus vorgekommen; besonders Cato der Zensor war für die Strenge seiner Inspektionen bekannt gewesen.
Die transvectio war eine solche Sensation, daß halb Rom versuchte, sich als Zuschauer aufs Forum zu drängen, auch wenn sich die meisten Schaulustigen schließlich damit begnügen mußten, die Parade auf ihrem Weg vom Circus Flaminius auf das Forum an sich vorüberziehen zu lassen. Jeder erdenkliche Aussichtspunkt war schwarz von Menschen — Dächer, Säulenhallen, Treppen, Hügel, Felsen, Bäume. Händler mit Nahrungsmitteln, Fächern, Sonnenschirmen und Getränken schoben sich durch die Menge, priesen aus vollem Hals ihre Waren an, stießen mit ihren Bauchläden an Kinderköpfe und gaben die Schimpfwörter doppelt zurück, mit denen sie belegt wurden. Jeder von ihnen hatte einen Sklaven dabei, der den Bauchladen wieder auffüllen mußte und die Langfinger in der Menge davon abhalten sollte, sich die Ware oder die Einnahmen anzueignen. Kleinkinder wurden hochgehalten und pißten auf die Köpfe unter ihnen, Säuglinge schrien, Kinder wuselten zwischen den Beinen der Zuschauer umher, Bratensaft tropfte auf Tuniken und bildete einen hübschen Kontrast zu den Flecken der Eiercreme, Schlägereien brachen aus, Leute wurden ohnmächtig oder erbrachen sich, und alle aßen ununterbrochen. Kurz, es war ein typisch römischer Festtag.
Der Zug der Ritter bestand aus achtzehn Zenturien, und jeder wurde ihr traditionelles Emblem vorangetragen — Wolf, Bär, Maus, Vogel, Löwe und so weiter. Da der Weg an einigen Stellen ziemlich schmal wurde, konnten nicht mehr als vier Ritter nebeneinander reiten. Daher bestand jede Zenturie aus fünfundzwanzig Reihen, und der ganze Zug war fast eine Meile lang. Alle Männer trugen Rüstungen, manche waren unglaublich alt und wirkten bizarr; andere waren neu und erglänzten in Gold und Silber, wie die des Pompeius. Seine Familie war erst spät in die achtzehn ersten Zenturien aufgestiegen, und sie besaß keine alte Rüstung, die als etruskisch oder latinisch hätte durchgehen können. Nichts aber kam den Staatspferden gleich. Es waren ausnahmslos hervorragende Tiere, rassige Schimmel oder graue Schecken aus den Rosea Rura. Sie waren mit allen erdenklichen Medaillons und Schmuckstücken behängt, ihre Sättel waren aufs Kostbarste verziert, das Zaumzeug bestand aus gefärbtem Leder, und sie trugen phantastische Decken. Manche waren darauf dressiert, graziös die Hufe zu heben, anderen hatte man Silber- oder Goldfäden in Mähne und Schwanz geflochten.
Die prachtvolle Inszenierung war ganz darauf angelegt, Pompeius zur Geltung zu bringen. Es wäre praktisch unmöglich gewesen, jeden einzelnen Reiter genau zu inspizieren. Dann hätte die Parade mindestens dreißig Stunden gedauert, selbst wenn die Zensoren sich sehr beeilt hätten. Der Zenturie des Pompeius war jedoch einer der vorderen Plätze zugewiesen worden, so daß die Zensoren nur etwa dreihundert Männer feierlich fragen mußten, wie sie hießen, zu welchem Stamm sie gehörten, wie der Name ihres Vaters laute und ob sie an mindestens sechs Feldzügen teilgenommen oder mindestens zehn Jahre lang gedient hätten. Danach wurden die — zuvor festgestellten — Vermögensverhältnisse gutgeheißen, und der Befragte führte sein Pferd von dannen.
Als die erste Reihe der vierten Zenturie vom Pferd stieg, war Pompeius dabei; und auf dem Forum trat eine erwartungsvolle Stille ein, die nicht zuletzt den Agenten zu verdanken war, die Pompeius geschickt in der Menge plaziert hatte. Seine goldene Rüstung blitzte in der Sonne, der Purpur der Konsulwürde flatterte um seine Schultern und mischte sich mit dem Scharlachrot des Feldherrn. Sein großes weißes Pferd trug ein Geschirr aus scharlachrotem Leder und goldene phalerae. Auch er selbst war großzügig mit Ritterabzeichen und Medaillons behängt, und der scharlachrote Busch seines attischen Helms bestand aus einer wogenden Masse gefärbter Reiherfedern.
»Name?« fragte Clodianus, der erste Zensor.
»Gnaeus Pompeius Magnus!« brüllte Pompeius.
»Stamm?«
»Clustumina!«
»Vater?«
»Gnaeus Pompeius Strabo, Konsul!«
»Hast du an sechs Feldzügen teilgenommen oder zehn Jahre gedient?«
»Ja!« schrie Pompeius, so laut er konnte. »Zwei Feldzüge im Bundesgenossenkrieg, einer, um das belagerte Rom zu verteidigen, zwei mit Lucius Cornelius Sulla in Italien. Ein Feldzug in Sizilien, einer in Africa, einer in Numidien, einer zur Verteidigung Roms gegen Lepidus und Brutus, sechs in Spanien und einer, um mit den Anhängern des Spartacus aufzuräumen! Das sind insgesamt sechzehn Feldzüge, und außer denen, die ich als Kadett mitgemacht habe, fanden sie alle unter meinem Oberbefehl statt!«
Die Menge tobte, schrie, jubelte und applaudierte mit Händen und Füßen; ein Beifallssturm nach dem anderen brandete an die schmerzenden Ohren der Zensoren und der restlichen Teilnehmer der Parade, so laut, daß manches Pferd scheute und mancher Reiter unsanft auf dem Pflaster landete.
Bis der Lärm schließlich abebbte, dauerte es seine Zeit, denn Pompeius hatte sich die Zügel um den Arm geschlungen, war auf den freien Platz vor dem Tempel getreten und hatte dort kleine Kreise gezogen, wobei er seinerseits der Menge applaudiert hatte. Danach rollten die Zensoren ihre Listen zusammen, nahmen Platz und sahen feierlich nickend zu, wie die restlichen vierzehn Zenturien im Trab an ihnen vorüberritten.
»Was für eine Schau!« knurrte Crassus, dessen Staatspferd sich im Besitz seines ältesten Sohnes Publius befand, der inzwischen zwanzig war. Er und Caesar hatten das Ereignis auf der Loggia von Crassus’ Haus beobachtet. Es hatte früher Marcus Livius Drusus gehört und bot einen wunderbaren Blick auf das Forum. »Was für eine Farce!«
»Aber genial inszeniert, Crassus, wirklich genial! Du mußt zugeben, daß Pompeius die besten Noten für Erfindungsreichtum und Volkstümlichkeit verdient hat. Seine Spiele werden wahrscheinlich noch besser werden.«
»Sechzehn Feldzüge! Und bei allen, außer denen seiner Kadettenzeit, will er der Feldherr gewesen sein. Daß ich nicht lache! Gewiß, nach dem Tod seines Vaters war er ungefähr eine Marktwoche lang Feldherr bei der Belagerung Roms, und in dieser Zeit hat er nichts anderes getan, als die Armee seines Vaters auf den Rückmarsch nach Picenum vorzubereiten. Und Sulla hat ihm in Italien gezeigt, wo’s langgeht, und Metellus Pius ebenfalls, und Catulus war gegen Lepidus und Brutus der eigentliche Feldherr. Und was hältst du von seiner letzten Behauptung, er habe mit den >Anhängern des Spartacus< aufgeräumt? Beim Jupiter, wenn wir unsere eigenen Karrieren so großzügig interpretieren würden wie er die seine, dann wären wir alle große Feldherren!«
»Du kannst dich damit trösten«, sagte Caesar, »daß Catulus und Metellus Pius wahrscheinlich genau dasselbe sagen.« Aber auch seine Eitelkeit war verletzt. »Der Mann ist ein Emporkömmling aus der tiefsten italischen Provinz!«
»Ich hoffe, mein Plan mit dem freien Getreide wird funktionieren.«
»Er wird funktionieren, Marcus Crassus, das verspreche ich dir.«
Pompeius kehrte voller Begeisterung in sein Haus in der Carinae zurück, aber das Hochgefühl war nicht von Dauer. Am folgenden Morgen verkündeten Crassus’ Herolde, der Konsul Marcus Licinius Crassus werde am Fest des Herkules Invictus dem Gott ein Zehntel seiner gesamten Besitztümer opfern, indem er ein öffentliches Fest an zehntausend Tischen veranstalten und den größten Teil des Opfers dazu verwenden werde, jedem römischen Bürger, der sich in Rom aufhalte, im September, Oktober und November jeweils fünf Scheffel Weizen zu spenden.
»Wie konnte er es wagen!« schrie Pompeius Philippus an, der gekommen war, um ihm zu seiner Vorstellung bei der transvectio zu gratulieren — und um zu sehen, wie der große Mann auf Crassus’ Schachzug reagieren werde.
»Sehr geschickt von ihm«, sagte Philippus. »Bei Spielen sind die Kosten zu unüberschaubar, aber die Nahrungsmittelpreise kennt jeder. Die Römer können sich also schnell ausrechnen, wieviel das alles kostet. Sie wissen jeden Preis, von der Muräne bis zur Salzsprotte. Selbst wenn sie sich die Salzsprotte gar nicht leisten können, fragen sie auf dem Markt, was sie kostet. Sie wissen auch ganz genau, wieviel Crassus für den Weizen bezahlt hat und wie viele Scheffel er kaufen mußte. Uns werden die Ohren weh tun vom Klicken der Rechenbretter.«
»Darf ich dich so verstehen, daß sie zu dem Ergebnis kommen werden, daß Crassus mehr für sie ausgegeben hat als ich?« fragte Pompeius mit einem Glitzern in den Augen.
»Ich fürchte ja.«
»Dann muß ich meine Agenten verbreiten lassen, wie teuer Spiele sind. Wieviel wird Crassus ausgeben? Was meinst du?«
»Etwa tausend Talente.«
»Crassus? Tausend Talente?«
»Mindestens.«
»Dafür ist er doch viel zu geizig!«
»Nicht dieses Jahr, Magnus. Deine Großzügigkeit und dein schauspielerisches Talent haben unseren großen Ochsen offensichtlich dazu gebracht, mit beiden Hörnern zuzustoßen.«
»Was kann ich tun?«
»So gut wie nichts, außer absolut traumhafte Spiele abzuhalten.«
»Du hast mir nicht alles gesagt, Philippus!«
Die fetten Kinnbacken wabbelten, die dunklen Augen flackerten. Dann seufzte Philippus, zuckte die Achseln und sagte: »Nun ja, besser du hörst es von mir als von einem deiner Feinde. Es ist das freie Getreide, mit dem Crassus dich ausstechen wird.«
»Meinst du, weil er ihnen die leeren Bäuche füllt? Es gibt dieses Jahr keine leeren Bäuche in Rom!«
»Er wird im September, Oktober und November jeweils fünf Scheffel freies Getreide an jeden römischen Bürger verteilen. Das sind neunzig Tage lang täglich zwei Ein-Pfund-Laibe Brot. Und der größte Teil dieser neunzig Tage fällt in die Zeit, wo deine ganze Serie von Spielen vorbei ist. Alle werden dich und deine Taten vergessen haben. Dagegen wird bis Ende November jeder Römer, der in ein Brot beißt, dankbar an Marcus Licinius Crassus denken. Er kann einfach nicht verlieren, Magnus!«
Es war lange her, daß Pompeius zum letzten Mal einen Wutanfall bekommen hatte, aber derjenige, den er jetzt zur alleinigen Erbauung von Lucius Marcius Philippus bekam, war einer seiner besten. Er riß sich die Haare büschelweise aus, kratzte sich die Wangen und den Hals blutig und holte sich am ganzen Körper blaue Flecken, als er in seiner Wut gegen die Wand rannte und sich auf den Boden warf. Er vergoß eine wahre Flut von Tränen, zerbrach Möbel und Kunstwerke in tausend Stücke, und sein Geheul drohte das Dach vom Haus zu blasen. Mucia Tertia kam erschrocken herbeigerannt, warf einen kurzen Blick auf die Szene und ergriff entsetzt die Flucht. Die Sklaven taten das gleiche. Nur Philippus blieb sitzen und sah Pompeius fasziniert zu, bis Varro den Raum betrat.
»Großer Gott!« flüsterte Varro.
»Eindrucksvoll, nicht?« sagte Philippus. »Er ist jetzt schon viel ruhiger. Du hättest sehen sollen, wie er noch vor ein paar Minuten tobte. Schrecklich!«
»Ich habe es früher schon gesehen«, sagte Varro, als er vorsichtig um die hingestreckte Gestalt auf den schwarz-weißen Marmorfliesen herumgeschlichen war und sich neben Philippus auf die Liege setzte. »Er hat bestimmt von Crassus’ Schachzug erfahren!«
»Genau. Wann hast du ihn in diesem Zustand gesehen?«
»Als seine Elefanten nicht durch die Porta Triumphalis paßten«, sagte Varro so leise, daß ihn der auf dem Rücken liegende Pompeius nicht hören konnte; er wußte nie genau, wieviel bei einem solchen Wutanfall Schauspielerei war und wieviel echte Pein, die wirklich jede Wahrnehmung der Außenwelt ausgelöscht hätte. »Auch als Carrinas ihm bei der Belagerung von Spoletium entschlüpfte. Er kann es einfach nicht ertragen, wenn ihm jemand einen Strich durch die Rechnung macht.«
»Der Ochse hat mit beiden Hörnern zugestoßen«, sagte Philippus nachdenklich.
»Der Ochse«, sagte Varro sarkastisch, »hat zur Zeit drei Hörner. Und das dritte soll — wenn man dem Klatsch der Weiber glauben darf — bei weitem das größte sein.«
»Dann hat es sicher einen Namen.«
»Gaius Julius Caesar.«
Pompeius richtete sich sofort auf. Seine Kleider waren zerrissen, Gesicht und Kopfhaut bluteten. »Was ist mit Caesar?« rief er.
»Nur daß er Crassus beraten hat, wie er sich beliebt machen kann«, sagte Varro.
»Wer hat dir das erzählt?« Pompeius sprang auf die Füße und nahm das Taschentuch, das Philippus ihm reichte.
»Palicanus.«
»Er muß es wissen«, sagte Philippus und stöhnte angeekelt, als Pompeius die Nase lautstark in sein Taschentuch leerte.
»Caesar versteht sich gut mit Crassus, das weiß ich«, sagte Pompeius dumpf. »Er hat letztes Jahr alle Verhandlungen geführt. Und er hat vorgeschlagen, daß wir den Volkstribunen ihre Macht zurückgeben.« Dies mit einem häßlichen Seitenblick auf Philippus, der keinen Vorschlag dieser Art gemacht hatte.
»Ich habe gewaltigen Respekt vor Caesars Fähigkeiten«, sagte Varro.
»Crassus auch — und mir geht es nicht anders.« Pompeius sah immer noch häßlich drein. »Nun ja, jetzt weiß ich wenigstens, zu welcher Partei Caesar gehört.«
»Caesar gehört nur zu Caesars Partei«, sagte Philippus. »Das solltest du nie vergessen. Und du solltest dir Caesar warmhalten, wenn du klug bist. Auch wenn er Crassus geholfen hat. Einen Caesar wirst du immer brauchen, besonders, wenn ich tot bin — und das kann nicht mehr allzulange dauern. Ich bin zu fett, um siebzig zu werden. Lucullus fürchtet Caesar! Und das will was heißen. Es gibt nur einen Mann, den Lucullus ebenfalls fürchtete: Sulla! Sieh dir diesen Caesar scharf an, und denk an Sulla!«
»Wenn du sagst, ich soll ihn mir warmhalten, dann werde ich das tun, Philippus«, sagte Pompeius großzügig. »Aber es wird lange dauern, bis ich vergessen habe, daß er mir mein Konsulat ruiniert hat!«