Sabiha kehrte an einem Dienstag von der Beerdigung ihres Vaters zurück. Das Café war still und verlassen. Im Speisesaal standen die Stühle umgedreht auf den Tischen. Die Vorhänge vor dem großen Fenster waren zugezogen – zum allerersten Mal. Um kurz nach zwölf stand Sabiha in der Küche, um das Mittagessen für sich und John zuzubereiten, als ein Schatten auf die Wand fiel. Sie drehte sich um. In der Hintertür stand ein junger Mann von achtzehn oder zwanzig Jahren. Er ähnelte Bruno so sehr, dass es gespenstisch war. Und er trug eine Kiste Tomaten.

»Guten Morgen, Madame Patterner«, sagte er. »Ich bin Bruno Fiorentino, der Sohn. Ich werde das Geschäft meines Vaters weiterführen, denn er hätte es bestimmt so gewollt.« Er war sehr nervös, und seine Rede wirkte wie einstudiert. »Mein Vater hatte große Achtung vor Ihnen und Monsieur Patterner. Meine Familie gibt weder Ihnen noch Monsieur die Schuld am tragischen Schicksal, das uns ereilt hat. Meines Wissens haben Sie selbst erst vor kurzem Ihren Vater zu Grabe getragen. Dafür möchte ich Ihnen das herzliche Beileid meiner Familie aussprechen. Ein solcher Verlust ist schwer zu verkraften.« Der junge Mann trat einen Schritt vor. »Bitte nehmen Sie diese Kiste Tomaten als Geschenk meiner Familie an. Von nun an bin ich zuständig, wie mein Vater es gewollt hätte.« Er setzte die Kiste auf dem Boden ab und richtete sich wieder auf.

Sabiha konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Sie fasste sich an die Kehle, so bewegt war sie. Sie fürchtete, weinen zu müssen, wenn sie den jungen Mann ansprach.

»Ich kann Ihr Geschenk leider nicht annehmen«, sagte sie. »Und für Sie lohnt es sich nicht, wieder herzukommen. Unsere Gäste sind alle fort. Sie sind vor der Polizei geflohen und halten sich entweder versteckt oder sind nach Tunesien zurückgekehrt.«

»Es werden neue Gäste kommen.« Er lächelte. »Ihre Kochkunst ist berühmt.«

Sein Lächeln ließ Bruno in den Augen seines Sohnes wieder lebendig werden.

»Das Chez Dom ist unwiderruflich geschlossen«, sagte sie und wandte sich ab, um ihre Tränen zu verbergen. »Wir ziehen nach Australien. Gehen Sie«, forderte sie ihn freundlich auf. »Gehen Sie bitte.« Sabihas Gesicht war von Tränen überströmt. Sie wischte sie nicht weg. »Es tut mir so leid. Aber ich kann nichts für Sie tun.« Sie wandte sich ihm wieder zu und sagte noch einmal: »Gehen Sie, Bruno, bitte!«

Er warf einen hilflosen Blick auf die Kiste, bevor er sie aufhob, und murmelte: »Aber die Tomaten sind doch ein Geschenk meiner Familie, Madame.«

Als Sabiha sah, wie gedemütigt er sich fühlte, ging sie auf ihn zu und legte ihm die Hand auf den Arm, wie eine Mutter es vielleicht bei ihrem Sohn tun würde, als Abschied vor einer langen Reise. Vor lauter Tränen brachte sie kein Wort heraus.