Es war immer noch dunkel, als Sabiha das Café durch die Hintertür verließ. Sie machte sie zu, ohne hinter sich abzuschließen. Die Luft war kühl und trug noch den Geruch der Nacht in sich. Die Stadt wachte gerade erst auf. Auf dem Dach von Johns Lieferwagen saß Andrés Katze und beobachtete sie, in ihren Augen blitzte ein Lichtstrahl auf. Sabiha ging am Ende des Gässchens nach rechts in die Rue des Esclaves, auf die Métrostation zu. Eine Reinigungsmaschine kroch am Rinnstein entlang, versprühte Wasser und ließ Besenbürsten wirbeln, um den Abfall vom Vortag zusammenzukehren.
Auf dem Bahnsteig warteten außer Sabiha nur wenige Leute. Sie schenkte ihnen keine Beachtung und wurde von ihnen ebenfalls nicht beachtet. Später sollte sie sich, wenn auch nur verschwommen, an die gewölbte Werbetafel erinnern, die ihr gegenüber an der Tunnelwand hing und auf der in goldenen, kursiv gesetzten Lettern, die sich über ein prachtvolles historisches Gebäude zogen, die Botschaft Stolichnaya Vodka prangte. Diese beiden fremdsprachigen Wörter würden ihr immer wieder in den Sinn kommen, wie ein Kehrreim, wie die Lösung eines Rätsels, das ihr keine Ruhe ließ. Als die Bahn kam, stieg sie ein und setzte sich gleich neben die Tür, mit der Handtasche auf den Knien. Sie schloss die Augen und neigte den Kopf zur Seite.
Und so schoss der Zug mit ihr durch schwarze Tunnel dahin, jagte einen brüllenden Flüchtling aus der Unterwelt. Das Kreischen der Gleise in den Kurven klang in Sabihas Ohren wie die Schreie einer Verfolgten. Bis sie sich auf einmal, wie durch ein Wunder, von der Geschwindigkeit und ihrer Einsamkeit geborgen fühlte. Bald schon würde die Sonne aufgehen und die Finsternis vertreiben. Sie spürte einen Anflug von Glück, wie eine erfrischende Brise an einem drückenden Sommerabend in ihrer Heimat – die ihren Vater dazu brachte, von seinem Buch aufzuschauen und sie freudig anzulächeln. Sie hätte nicht sagen können, warum sie in diesem Moment Glück verspürte.
Als die Bahn an ihrer Station hielt, stieg sie aus. Auf den Rolltreppen wimmelte es jetzt von Menschen, die zu den Bahnsteigen strömten, während sie die verbrauchte Nacht hinter sich ließ und dem Tag entgegenfuhr. Ich bin Sabiha, sagte sie sich auf dem Weg nach oben. Ja. Das ist der Name, den meine Mutter und mein Vater mir bei der Geburt geschenkt haben. Ich liebe meinen Namen, und ich halte das Andenken meiner Mutter und meines Vaters in Ehren.
*
Wie immer lief sie den Gang entlang, der zum hinteren Teil der Markthalle führte, und die Männer folgten ihr mit Blicken. Zunächst suchte sie die Damentoilette auf. In der Kabine zog sie ihre Unterhose aus und steckte sie in die linke Manteltasche, dann zog sie eine Binde aus der Handtasche und steckte sie in die rechte Manteltasche. Sie redete sich ein, dass es bloß eine klinische Maßnahme wäre. Auf keinen Fall mit Ekel, Schuld oder Scham verbunden. Nur die Fortführung der zahllosen Prozeduren, die sie und John in den ersten Jahren ihrer Ehe hatten über sich ergehen lassen müssen. Mehr nicht. Ein anderes Mittel zum selben Zweck. Einige dieser Prozeduren waren erniedrigend gewesen. Einige hätten einem fast die Seele zersetzt. Der einzige Unterschied zwischen damals und heute bestand darin, dass diese jüngste Maßnahme nicht offiziell genehmigt worden war. Sabiha hatte dafür kein Formular ausgefüllt, keine Schadensersatzverzichtserklärung für den Fall unvorhergesehener Komplikationen unterschrieben. Es war kein Bestandteil des hocheffizienten französischen Gesundheitssystems. Sie war nur hergekommen, um ein klar definiertes Ziel zu erreichen. Und so würde sie ganz emotionslos an die Sache herangehen. Würde sich der Maßnahme unterziehen. Würde sie klaglos über sich ergehen lassen, wie sie es früher in den Krankenhäusern getan hatte.
Sabiha wickelte sich Toilettenpapier um Daumen und Zeigefinger, um den Klodeckel zu heben, und erleichterte sich, ohne sich hinzusetzen. Beim Anblick der dunkelgrün lackierten Kabinentür dachte sie daran, wie sie als Vierzehnjährige mit ihrer Schwester in einem Krankenhaus in Tunis auf ihre Mutter gewartet hatte. Die ganze Zeit hatten sie auf die glänzende grüne Tür gestarrt, aus der ihre Mutter wie versprochen mit einem neuen Brüderchen oder Schwesterchen treten sollte. Schließlich durften sie und Zahira in das Zimmer gehen, aber es gab kein Brüderchen oder Schwesterchen. Den geduldigen Erklärungen ihres Vaters hatte sie keinen Glauben geschenkt. Sie und ihre Schwester schauten bestürzt aufs Bett, als wäre ihre Mutter mit einem bösen Zauber belegt und gar nicht mehr sie selbst. Wie traurig ihre Mutter gelächelt hatte, von diesem fernen Ort aus, an den ihr totes Kind sie mitgenommen hatte. Die Kabinentür hatte genau dieselbe Farbe wie damals die Zimmertür im Krankenhaus. Sabiha wollte sich von diesen Erinnerungen nicht entmutigen lassen. Nichts sollte sie von ihrem Vorhaben abbringen.
Sie knöpfte ihren Mantel wieder zu und trat in die geräuschvolle, von leistungsstarken Deckenlampen erhellte Markthalle, wo die endlosen Reihen von frischem Obst und Gemüse noch farbiger leuchteten als im Tageslicht. Wie gewaltige gefiederte Insekten fuhrwerkten die gelb-blauen Gabelstapler herum, die Männer weit überragend, und trugen eine Auswahl der vorzüglichsten Waren davon. Als Sabiha bewusst wurde, dass sie ihre Handtasche an die Brust presste, atmete sie locker ein, ließ die Tasche vom Handgelenk baumeln, strich sich mit der anderen Hand das Haar aus der Stirn und straffte die Schultern. Nun schritt sie in ihrer gewohnten Haltung aus, mit erhobenem Kopf, den Blick nach vorn gerichtet, als liefe sie dort, wo sie niemand sehen konnte – in der Wüste, unter dem nächtlichen Sternenhimmel, wo Einsamkeit sich wie Balsam auf die leidende Seele legt, während sie auf die Höhle des schlummernden Löwen zuwanderte. Sie hatte zwar Angst, aber auch endlich die Gewissheit, dass sie ihr Ziel erreichen würde.
Als Sabiha an den zahllosen Ständen vorbeiging, nahm sie die lauten Rufe der Händler, das ganze bunte Spektakel kaum wahr. Traurig und beschämt dachte sie an die Zeit zurück, da John auf ihr Drängen hin mehrfach Samenproben für die einschlägigen Untersuchungen abgeben musste. Fast schien es so, als sollte seine Männlichkeit getestet werden, als wäre John selbst Gegenstand der Untersuchung. An seinen Augen, an seinem zerknirschten Lächeln hatte sie ablesen können, wie gedemütigt er sich dadurch fühlte. Sie hatten nie darüber gesprochen. Als Sabiha erkannte, dass diese grässlichen Untersuchungen und Befragungen ihren sehnlichsten Wunsch nicht erfüllten, sondern entweihten, hatte sie der Sache ein Ende gesetzt. »Wir hören damit auf«, hatte sie eines Tages verkündet. Danach war davon nie wieder die Rede gewesen.
Für die aufwendigen Therapien, die neuesten Verfahren der Reproduktionsmedizin waren sie und John ohnehin nicht in Frage gekommen. Ihnen fehlte ja nichts. Körperlich war bei ihnen alles in Ordnung, und mit der menschlichen Seele befassten sich diese Ärzte nicht. Man riet ihnen, sich an einen Psychologen zu wenden. John war dazu bereit gewesen, sie nicht. Die Entwürdigungen sollten ein Ende haben. Ihre Liebe hatte diesen Prozess nicht unverändert überstanden. Geblieben war das Gefühl von etwas Unvollendetem. Ihr Schweigen bezeugte es jeden Tag aufs Neue. Bis John über Brunos Kindersegen gescherzt und bei ihr eine ungeahnte Reaktion ausgelöst hatte. Das Warten war vorbei. Umso besser.
Als sie sich Brunos Stand näherte, bekam Sabiha eine leichte Gänsehaut. Sie fing an zu zittern, wie immer, wenn ihr eine Prüfung oder Untersuchung bevorstand, nie war es ihr gelungen, diese Anfälle von nervösem Schüttelfrost zu unterdrücken, wenn sie sich hinter der Stellwand auszog und auf den Arzt wartete. Jedes Mal musste sie sich innerlich wappnen, um das Ganze durchzustehen, um Arzt und Krankenschwester anzulächeln, während ihr insgeheim schauderte.
Auf den letzten Metern bläute sie sich ein: Es ist nur eine klinische Maßnahme. Das war ihre bescheidene, persönliche Version einer universellen Moral, der Schlüssel zum Wahren und Guten, der sie vor der eigenen Verzweiflung schützen, der Zauberspruch, der ihre Ungläubigkeit im Keim ersticken sollte. Doch es gab zwei Wörter, die in ihrem Kopf alles andere übertönten und ihre Versuche, sich selbst zu belügen, durchkreuzten: Stolichnaya Vodka. In ihr regten sich Zweifel. Etwas in ihr leistete Widerstand. Protestierte lauthals. Etwas Archaisches. Eine uralte, felsenfeste Überzeugung, die sich von Sabihas Wortgeklingel weder erschüttern noch einlullen ließ. Eine Überzeugung, die viel weiter zurückreichte und von viel größerer Dauer war als klinische Maßnahmen. In diesem Widerstand erkannte sie den Kern der Lieder ihrer Großmutter wieder, die Weisheit der Ahninnen. Diese Frauen ließen sich nicht täuschen. Sabiha hörte das Echo ihres Widerspruchs, hörte den Chor der mythischen alten Berberinnen. Sag die Wahrheit, hatte ihre Großmutter immer gefordert. Sprich sie aus, egal wie sie lautet. Tu, was du nicht lassen kannst, aber lüge unter keinen Umständen. Bekenne dich zu deinen Taten. Nenne die Dinge beim Namen.
Und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, dank der schlichten Wahrheitsliebe ihrer Großmutter: Sie war nicht die erste Frau, die auf diese Weise ihren Kinderwunsch zu erfüllen trachtete. Sabiha blieb jäh stehen, presste sich die Handtasche wieder an die Brust, auf einmal wusste sie, dass ihr Plan so alt war wie die Menschheit. So alt wie die Weiblichkeit. Wie die Mutterschaft. Sie war nicht allein. Ihre Großmutter stand ihr bei.
Dann erblickte sie Bruno. Den breiten Rücken im rot-blau gestreiften Hemd, während er seinen Lieferwagen entlud. Sie hatte das Gefühl, ihn durch ein umgedrehtes Fernrohr zu sehen oder am Ende eines Tunnels, die Händler und Obststände um ihn herum waren völlig verschwommen. Er hingegen war so greifbar, so präsent, dass sie den Atem anhielt. Ruckartig drehte er sich von den offenen Ladetüren weg, drückte behutsam drei Kisten Tomaten an seine Brust, die Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt, die Jeans an den Knien ausgeblichen, die langen schwarzen Haare schwingend und glänzend. In den Armen trug er eine besonders feine Auswahl seiner Lieblingssorten, Grappe Monica, Caspian Pink, Douce de Picardie. Es hätte sich auch um zarteste Rosenarten oder Damen vom Theater handeln können, denen er als echter Kavalier nur zu gern zu Diensten stand.
Plötzlich bekam Sabiha einen leichten Brechreiz, feiner Schweiß drang ihr aus den Poren, während sie darauf wartete, dass er sie sah.
Wie schön er war. Das überraschte sie. Bisher hatte sie seine Schönheit nicht wahrgenommen. Seine starken Arme und Schultern. Seine Gelassenheit. Die Anmut und Geschmeidigkeit seiner Bewegungen. Seine natürliche Männlichkeit. Diese Schönheit empfand sie als Bedrohung, und wenn er in diesem Augenblick vor ihren Augen gestorben wäre, hätte sie keine Trauer verspürt, sondern Erleichterung. Wie sollte sie es nur vollbringen? Aber sie konnte ohnehin nicht mehr zurück. Sie war bereits in diese andere Sphäre vorgedrungen. Ihre alte Wirklichkeit war bedeutungslos geworden.
Als Bruno sie sah, hielt er inne, blieb so reglos stehen wie eine Statue, die schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht, den Mund hatte er leicht geöffnet.
Ohne die Augen von ihr abzuwenden, ging Bruno langsam in die Knie und setzte die Kisten ab, dann richtete er sich wieder auf und stand mit hängenden Armen da. Als sei er angesichts eines nahenden Feindes vor Angst erstarrt und müsste seinen ganzen Mut zusammennehmen, um den Kampf zu bestehen.
Sabiha tat den ersten Schritt.
Sie ging die letzten paar Meter auf ihn zu und stand so dicht vor ihm, dass ihr der vertraute Tomatengeruch in die Nase stieg. Anstatt ihn zu grüßen, sah sie Bruno in die Augen, um ihm zu verstehen zu geben, warum sie hier war. An seinem Blick konnte sie erkennen, dass ihr stillschweigendes Angebot ihn überwältigte und sein Verlangen längst geweckt war. Wortlos drehte er sich um und ging an seinem Stand vorbei zum Lieferwagen zurück. Sabiha wusste, dass sie ihm folgen sollte. Vor den offenen Ladetüren blieb er stehen und reichte ihr die Hand. Sie nahm sie, als handelte es sich bloß um eine ritterliche Geste, und stieg in den Laderaum. Die Berührung seiner Finger jagte ihr einen Schauer über den Rücken, der sie zum Seufzen brachte.
In dem hohen Innenraum stellte sie ihre Handtasche ab und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Seitenwand. Es gelang ihr nicht, ruhiger zu atmen. Der Wagen senkte und hob sich, als Bruno einstieg. Sie hörte ihn die Türen schließen. Kein Licht drang durch ihre zugepressten Lider. Nun spürte sie seine Nähe. Nahm seinen intensiven Geruch wahr, seine schwere Atmung, fühlte, wie seine Finger ihren Mantel aufknöpften und das Kleid hochschoben. Seine Hände auf ihren nackten Oberschenkeln, ein schwaches Stöhnen, als seine Finger ihre Blöße entdeckten. Keuchend lehnte er sich vor, packte Sabiha am Hintern und drückte sie an sich. Sie spreizte die Schenkel und schlang ein Bein um seine Hüfte, um ihn so tief wie möglich aufzunehmen. Er stöhnte auf, am ganzen Körper zitternd, gab unzusammenhängende Laute von sich, klagende oder flehende »Aaahs!«, als stieße man ihm ein Messer in den Bauch.
Die Lust war atemberaubend. Das hatte Sabiha nicht erwartet. Es traf sie wie ein Schock. Sie wollte dagegen ankämpfen, hatte das Gefühl, jeden Halt zu verlieren. Panisch klammerte sie sich an ihn und rief: »Bruno! Oh Gott, Bruno!«
Auf dem Höhepunkt stieß er ein markerschütterndes Heulen aus.
Die ekstatischen Schreie kamen von ihr.
Die Blechwand in ihrem Rücken wölbte sich ächzend nach außen.
Eng umschlungen standen sie da, wie versteinert.
Sabiha schnappte nach Luft und riss sich von ihm los. Sie nahm ihre Unterhose aus der Manteltasche, legte die Binde hinein und zog sich beides über. Danach strich sie sich das Kleid glatt, knöpfte den Mantel zu, tastete im Dunkeln nach ihrer Handtasche. Auch sie zitterte jetzt. Ihr dröhnte der Kopf. Als sie die Tür öffnen wollte, ließ sie ein seltsames Geräusch innehalten. Bruno lag ihr schluchzend zu Füßen. Sabiha wurde plötzlich kalt. Er weinte tatsächlich.
Sie packte den Türgriff, stieß beide Flügel auf und stieg aus. Blindlings eilte sie durch den Gang zum vorderen Teil des Marktes, während hinter ihr Brunos Lieferwagentüren quietschend hin und her schwangen. Sabiha verbot sich jeden Gedanken an ihn. Er war schließlich ein Mann. Warum musste er auf die Knie sinken und in Tränen ausbrechen? Sie fühlte sich nicht in der Lage, am Stand ihrer Freundin Sonja die übliche sorgfältige Gewürzauswahl zu treffen. Nein, sie musste auf der Stelle nach Hause zurück.
Auf dem Weg zum Ausgang empfand Sabiha die widersprüchlichsten Gefühle. Zwischendurch legten sie sich, brachen dann umso stärker wieder hervor, stürmten freudig der Zukunft entgegen. Sie war davon überzeugt, dass Bruno dem Kind, das in ihr geborgen war, den Weg gebahnt hatte. Aber sie war außer sich. Seine Tränen machten ihr Angst. Das Unvorhergesehene, das aus ihrer Handlung erwuchs, aus seiner Seelenpein, aus der unbekannten Sphäre, die sie mit ihm zusammen betreten hatte, ragte auf einmal bedrohlich auf. Damit hatte sie nicht gerechnet. Männer gingen mit ihrem Samen verschwenderisch um und prahlten auch noch damit. Männer betrogen ihre Ehefrauen und lachten einfach darüber. Warum musste ausgerechnet dieser Mann auf die Knie sinken und in Tränen ausbrechen? Brunos Kummer brachte sie aus der Fassung.
Doch als sie die Métrostation ansteuerte, befand sich Sabiha in einem reinen Freudentaumel. Das Ganze wäre ihr wie ein Traum vorgekommen, hätte sie zwischen ihren Beinen nicht die Binde gespürt. Aber es war wirklich passiert. Sie hatte es getan. Und sie war nicht die Erste. So alt wie die Menschheit, dachte sie wieder, so alt wie die Weiblichkeit. Ihr Kind würde nicht länger im ewigen Dunkel verharren. Jetzt hatte es sich ganz langsam auf den Weg zu ihr gemacht. Ihr sehnlichster Wunsch war, die Mutter ihres Kindes zu werden. Ihm das Leben zu schenken, es zu trösten, ihm im Notfall das eigene Leben zu opfern. Und wollte man sie wegen der Art und Weise verurteilen, mit der sie sich ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt hatte, würde sie ihren Richtern in die Augen sehen und sich ohne weiteres schuldig bekennen. Ja, ich habe es getan. Ich habe es für mein Kind getan. Wer sollte sie dafür schon verurteilen? Eine Frau, in deren Leib ein Kind heranwächst, ist nicht allein.