XI.

 

Fünf Tage später erreichte Xander Harros Heimatdorf und lenkte das Pferd zur Hütte des Schiffers. Harros Weib hörte ihn kommen und steckte neugierig den Kopf zur Tür heraus. »Ach, du bist es! Wo ist mein Mann? Warum hast du ihn nicht mitgebracht?«

»Der ist noch auf dem Strom. Er kann ja nicht ohne seinen Kahn zurückkehren. Ich bin vorausgeritten und will meine Sachen holen.«

»Komm herein!« Die Frau gab die Tür frei und sah zu, wie der Ritter eintrat und sich der Schifferkleidung entledigte. Als er nackt vor ihr stand, verzog sie missbilligend das Gesicht. »Damit kannst du bei mir nicht prunken. Ich bin meinem Mann ein treues Weib.«

Xander musterte sie verächtlich. »Bei Gott, ehe ich auf so etwas wie dich steige, schlage ich meinen Prügel gegen die Wand. Wie kann Harro es nur aushalten, das Bett mit dir zu teilen?«

»Im Gegensatz zu dir weiß er, dass er überall ein wohlfeiles Loch finden kann. Eine richtige Ehefrau ist jedoch mehr wert als eine kurze Rammelei.« Mit diesen Worten drehte sie dem Ritter den Rücken zu und trat an den Herd, um ihre Suppe vor dem Überkochen zu bewahren.

Xander kleidete sich in sein eigenes Gewand und begann seine Rüstung anzulegen. Barsch forderte er die Alte auf, ihm die Schnallen zuzuziehen. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie es nur tat, um ihn so rasch wie möglich loszuwerden. Als Xander das Gewicht seines Schwertes an seiner Seite spürte, schnaufte er erleichtert und schüttelte die Erinnerung an die Knechtsdienste, die er auf dem Prahm hatte leisten müssen, mit einer ärgerlichen Bewegung ab.

Die Schifferfrau trat zur Tür und öffnete sie mit einer unmissverständlichen Geste. Doch Xander schloss die Tür mit einem Tritt, legte der Alten fast im gleichen Atemzug die Hände um den Hals und brach ihn wie einen dürren Zweig. Dann ließ er sie mit einem Ausdruck des Ekels auf ihre Lagerstatt fallen. Er überzeugte sich noch einmal, dass das Weib wirklich tot war, verließ die Hütte und schwang sich auf seinen Gaul.

Wenig später hatte er die Herberge erreicht, in der er sein Ritterpferd untergestellt hatte. Auch dort hielt er sich nicht auf, obwohl der Wirtsknecht ihm die Vorzüge des Essens und der Schankmägde anpries, sondern zahlte die geforderte Summe und ritt scheinbar ohne jede Eile davon. Innerlich zerfraß er sich immer noch vor Sorge um die Sicherheit seiner Herrin. Zwar hatte er mit Harro und dessen Weib zwei Zeugen ausgeschaltet, doch wenn Marie Adlerin, wie Alke es mehrfach behauptet hatte, wirklich mit dem Teufel im Bunde war, mochte es ihr gelingen, zurückzukommen und Frau Hulda ins Unglück zu stürzen. Jetzt wünschte er, er hätte diese Hure ersäuft und das Kind in einer größeren Stadt auf die Stufen einer Kirche gelegt in der Hoffnung, dass sich jemand seiner erbarmte oder es in einem Waisenhaus Obdach fand.

Xander ahnte nicht, dass der größte Nutznießer seiner Morde an den Schiffersleuten Fulbert Schäfflein hieß. Nachdem die Tote entdeckt worden war und kurz darauf die Nachricht die Runde machte, dass Harros Leiche bei Vallendar an Land getrieben worden sei, kaufte der Handelsherr dem Erben die Hütte für eine geringe Summe ab. Dann ließ er seine Knechte den Fußboden aufgraben, bis sie auf den Tontopf mit den Gulden stießen. Das Geld entschädigte ihn nicht nur für die Ausgaben, zu denen Frau Hulda ihn gezwungen hatte, sondern machte Maries Beseitigung sogar noch zu einem ausgezeichneten Geschäft.

Das Vermächtnis der Wanderhure
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