154.
Es war lange her, seit Cathy sich zum letzten Mal so allein gefühlt hatte.
Es war eine Zeit, da die Familie Becket eng zusammenrückte.
Ihre Familie.
Eine Zeit der Verbundenheit zwischen Joshua, seinen Eltern, seinem Großvater und seinem Onkel – und auch Cathy empfand nur Liebe für dieses Kind, das bereits kräftig genug war, sich Tag und Nacht die Lunge aus dem Leib zu schreien. Seine Tante Claudia war aus Seattle gekommen, um zu helfen, und es hatte ein paar schmerzhafte Diskussionen gegeben, weil Claudia sich ausgeschlossen fühlte und verletzt war.
Aber das alles – die Verletzungen, die Wunden, die anhaltende Sorge um Saul und die Unsicherheit über Sams berufliche Zukunft –, das alles war Familie und damit beruhigend für Cathy. Doch wenngleich sie in alles eingebunden war und jeder so freundlich zu ihr war wie eh und je, fühlte Cathy sich durch ihre Schuld noch immer isoliert. Schließlich war sie es gewesen, die Kez zu ihnen gebracht hatte.
»Manchmal empfinde ich ähnlich«, hatte Grace bei einem ihrer Gespräche zu ihr gesagt, »weil ich die ganze Zeit mit Lucia zusammengearbeitet habe, ohne etwas von ihrem Schmerz zu spüren.«
Cathy glaubte ihr, doch dieses Wissen brachte ihr keinen Trost.
»Du darfst dir keine Vorwürfe machen«, hatte Sam ihr mehr als einmal gesagt.
»Das tue ich auch nicht«, hatte Cathy erwidert. »Nicht wirklich jedenfalls.«
Sie konnte sehen, dass Sam ihr nicht glaubte, dass er sich Sorgen um sie machte.
Cathy liebte ihn sehr, liebte sie alle ohne Vorbehalte.
Und doch entschied sie, ihnen nicht die Wahrheit darüber zu sagen, wie sie wirklich empfand.
Wem sie wirklich die Schuld gab.
Hätte Cathy es ihnen gesagt, hätten sie sich nur noch mehr Sorgen gemacht und vielleicht darüber nachgedacht, sie genauestens im Auge zu behalten für den Fall, dass sie etwas Dummes tat.
Zum Beispiel, Lucia besuchen.