101.
Um Viertel vor vier machte Grace sich ein verspätetes Mittagessen. Nicht, dass sie hungrig gewesen wäre, aber sie schuldete es dem Baby, ein paar Bissen zu sich zu nehmen. Außerdem hatte Lucia angerufen und sich lang und breit entschuldigt, dass sie wegen eines elektrischen Problems daheim geblieben sei.
»Ich wette, Sie haben noch nichts gegessen«, hatte Lucia gesagt.
»Nicht viel«, hatte Grace zugegeben.
»Sie müssen aber essen, Dr. Lucca, das wissen Sie – um des Babys willen, okay?«
Grace hatte sich einen Nudelsalat gemacht, doch nun, da sie am Küchentisch saß, Woody zu ihren Füßen, konnte sie vor lauter Tränen das Essen kaum sehen.
Es war einfach zu viel.
Wenn ihr Sohn auf die Welt kam, hätte er einen zukünftigen Arzt als Onkel haben sollen. Gott allein wusste, was nun aus Sauls Plänen würde. Sein Studium würde auf Monate hinaus unterbrochen sein. Und die große Schwester des Babys war irgendwo unterwegs, zusammen mit der Frau, die Saul das angetan hatte und die eine Serienkillerin sein konnte.
Und was war mit ihrem eigenen Urteilsvermögen? Nach dem schrecklichen, beschämenden Verdacht gegen Terri – und schlimmer noch, ihrer Unfähigkeit, dem armen Gregory zu helfen – war es vielleicht an der Zeit, ihren Job an den Nagel zu hängen und sich darauf zu konzentrieren, Mutter zu sein. Aber war sie überhaupt fit dafür?
Grace schob den Nudelsalat beiseite. Sie konnte nichts essen, ehe Cathy nicht wieder zu Hause war, Saul seine Operationen überstanden hatte und Sam wieder bei ihr war.
Hoffentlich war er dann wieder in der Lage, ihr in die Augen zu schauen, wenn er ihr sagte, dass er sie liebe.